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Zur Untermiete im Teilzeitsommerhaus
Timesharing hat viel Unglück über die Immobilienwelt gebracht. Doch nun mehren sich auch hierzulande die Projekte, bei denen man sich ins Ferienhaus nicht wochenweise einkauft, sondern einmietet - in Weiden am See etwa, wo vor kurzem ein Projekt fertiggestellt wurde.
5. Juli 2014 - Wojciech Czaja
Babou hat einen alles andere als einfachen Job. Der von Isabelle Huppert gespielte, arbeitslose Paradiesvogel steigt in Paris ins Auto und landet, von chronischer Geldnot getrieben, im belgischen Oostende, um dort, ausgerechnet dort, Timesharing-Apartments zu verkaufen. Was in Urlaubsländern wie Spanien eine Zeitlang hoch im Kurs war, entpuppt sich an der kalten Nordseeküste als schweres, fast aussichtsloses Unterfangen. Umso dramatischer klingt in diesem Zusammenhang der Filmtitel des 2010 erschienenen Melodrams: Copacabana.
Abseits der Cinematografie jedoch ist Timesharing ein Stichwort, das in den letzten Jahren immer seltener auftaucht. Nach der Immobilienkrise in Spanien, die dieses Modell der auf mehrere Eigentümer verteilten Ferienwohnung überhaupt erst gebar und einigermaßen marktfähig machte, sind Timesharing-Immobilien fast vollständig von der Bildfläche verschwunden. Das Stigma des unseriösen, bisweilen aggressiven Geschäfts hängt dem Teilzeiteigentum bis heute nach.
„Die Projekte, die es in der Vergangenheit gegeben hat, sind fast alle baden gegangen“, sagt Stefan Eder von der Rechtsanwaltskanzlei Benn Ibler. „Soviel ich weiß, gibt es in Südeuropa, vor allem in Spanien, und hier mit Fokus auf Mallorca, sowie in den USA in Florida noch vereinzelte Timesharing-Immobilienprojekte. Aber der Trend ist eindeutig vorbei. Der Konsument ist vorsichtiger und kritischer geworden.“
Auch die wenigen Versuche, Teilzeiteigentum in Österreich zu etablieren, sind längst Geschichte. Als Beispiel nennt Eder ein Timesharing-Wohnhaus, das ein britischer Betreiber vor einigen Jahren in Schladming vermarkten wollte. Schwarze Zahlen waren nicht in Sicht. „Doch dafür hat sich anstelle des Miteigentums in Europa ein etwas gemäßigteres Modell entwickelt, das man eher als Timesharing-Miete oder Timesharing-Leasing bezeichnen könnte“, so Eder.
Der Vorteil daran: „Man ist nicht mehr finanziell auf viele Jahrzehnte gebunden und kann wie bei einem Mietvertrag jederzeit aussteigen“, erklärt Jutta Repl von der Wiener Arbeiterkammer, zuständig für Konsumentenschutz im Bereich Reise, auf Anfrage des STANDARD und empfiehlt, eine Online-Tauschplattform einzurichten, wo die Mieterinnen und Mieter auf unkomplizierte Weise Mietzeitfenster tauschen können.
„Anders als beim Timesharing-Eigentum, wo in den letzten Jahren viele Fälle zur Bearbeitung im Europäischen Verbraucherzentrum (VBZ) gelandet sind, weil es kaum möglich war, aus einem bestehenden Vertrag auszusteigen, ist man bei der Timesharing-Miete viel flexibler.“ Und das bei weitaus geringeren Geldsummen. Der tatsächliche Unterschied zum Miteigentum - bei dem aufgrund fehlender Parifizierung, wie Anwälte warnen, einem das Objekt ohnehin niemals gehören wird - ist gering.
Projekt am Neusiedler See
Eines dieser neuen Miet-Timesharing-Modelle, die in Österreich allmählich das Licht der Welt erblicken, befindet sich in Weiden am See. Unter dem Titel „We share our home“ haben die beiden Kreativwirtschafter Albert Handler und Ulrike Tschabitzer-Handler unter der Adresse Markt 67 erst kürzlich ein Haus fertiggestellt, das sie in Form von Timesharing an gleichgesinnte Interessenten weitervermieten wollen. Vor wenigen Tagen hat die Vermarktung begonnen.
„Wir hatten schon längere Zeit nach einem Zweitwohnsitz am Neusiedler See gesucht und sind dann auf dieses Grundstück im historischen Ortskern gestoßen“, erzählt Tschabitzer-Handler. „Ursprünglich wollten wir das Haus sanieren und innen etwas modernisieren. Doch als uns dann mitten im Bau die Außenmauer zusammengefallen ist, war klar, dass wir neu bauen müssen.“
Das Resultat dieser neuen, von Architektin Claudia Cavallar entwickelten Strategie ist ein 70 Quadratmeter großes Häuschen in Ziegelbauweise, das sich so unauffällig in den Ortsbestand duckt, als wäre es immer schon dagewesen. Innen gibt es unterschiedliche Zimmer und Zonen in Holzbauweise, die Platz für bis zu vier Personen bieten. Bestückt ist das Ganze mit Vintage-Möbeln vom Flohmarkt. Alles sehr loftig.
„Wir sind mit unserem Haus sehr zufrieden, doch Tatsache ist, dass man so ein Haus als Eigentümerin nur wenige Wochen und Wochenenden im Jahr nutzen kann“, so Tschabitzer-Handler. „So ist die Idee entstanden, das Haus in all den anderen Wochen geblockt an Interessenten weiterzuvermieten.“ Konkret: Für einen jährlichen Beitrag in der Höhe von 4000 Euro kann man sich für insgesamt acht Wochen einmieten, aufgeteilt auf mehrere Zeitfenster in unterschiedlichen Saisonen.
„So ein Modell ist zwar nicht neu, aber doch interessant“, sagt Rechtsanwalt Nikolaus Vasak. „Auf jeden Fall schlage ich für beide Parteien, also für Mieter und Vermieter vor, einen Mietvertrag aufzusetzen, um mögliche Unklarheiten zu klären.“ Der Grund: Laut Mietrechtsgesetz (MRG) sind „Wohnungen oder Wohnräume, die vom Mieter bloß als Zweitwohnung zu Zwecken der Erholung oder der Freizeitgestaltung gemietet werden“ (Paragraf 1, Absatz 2) vom bundesweiten MRG ausgenommen. Hier gilt es, eine individuell abgestimmte Vereinbarung bezüglich Pflichten und Rechte zu treffen.
Und Oliver Koch, auf Immobilienrecht spezialisierter Anwalt, erklärt: „Gegen Timesharing auf Mietbasis ist nichts einzuwenden. Ich empfehle lediglich, im Mietvertrag gewisse Aspekte wie Instandhaltung und Umgang mit Sachbeschädigung abzuklären, und zwar unabhängig davon, ob man sich für eine Woche oder für ein halbes Jahr einmietet. Auf diese Weise kann man einem etwaigen Streit vorbeugen.“
Ein Haus mit Eigenleben
Das sei kein Problem, meint Markt-67-Vermieterin Ulrike Tschabitzer-Handler. Es sei vertraglich alles ganz genau festgelegt. „Wir sind und bleiben die Eigentümer des Objekts, es gibt eine Haushaltsversicherung, und sollte jemand ein Häferl zerschlagen, so werden wir ihn bitten, am Flohmarkt einen passenden Ersatz zu besorgen. Auf diese Weise wird das Haus ein gewisses, von uns nicht immer beeinflussbares Eigenleben entwickeln.“
Timesharing hat sich von Eigentum auf Miete verlagert. Die unguten Methoden des Konsumenten-um-den-Finger-Wickelns, die Babou noch anwenden musste, um zu einem positiven Abschluss zu kommen, sind vorbei. ?
p www.markt67.at
Abseits der Cinematografie jedoch ist Timesharing ein Stichwort, das in den letzten Jahren immer seltener auftaucht. Nach der Immobilienkrise in Spanien, die dieses Modell der auf mehrere Eigentümer verteilten Ferienwohnung überhaupt erst gebar und einigermaßen marktfähig machte, sind Timesharing-Immobilien fast vollständig von der Bildfläche verschwunden. Das Stigma des unseriösen, bisweilen aggressiven Geschäfts hängt dem Teilzeiteigentum bis heute nach.
„Die Projekte, die es in der Vergangenheit gegeben hat, sind fast alle baden gegangen“, sagt Stefan Eder von der Rechtsanwaltskanzlei Benn Ibler. „Soviel ich weiß, gibt es in Südeuropa, vor allem in Spanien, und hier mit Fokus auf Mallorca, sowie in den USA in Florida noch vereinzelte Timesharing-Immobilienprojekte. Aber der Trend ist eindeutig vorbei. Der Konsument ist vorsichtiger und kritischer geworden.“
Auch die wenigen Versuche, Teilzeiteigentum in Österreich zu etablieren, sind längst Geschichte. Als Beispiel nennt Eder ein Timesharing-Wohnhaus, das ein britischer Betreiber vor einigen Jahren in Schladming vermarkten wollte. Schwarze Zahlen waren nicht in Sicht. „Doch dafür hat sich anstelle des Miteigentums in Europa ein etwas gemäßigteres Modell entwickelt, das man eher als Timesharing-Miete oder Timesharing-Leasing bezeichnen könnte“, so Eder.
Der Vorteil daran: „Man ist nicht mehr finanziell auf viele Jahrzehnte gebunden und kann wie bei einem Mietvertrag jederzeit aussteigen“, erklärt Jutta Repl von der Wiener Arbeiterkammer, zuständig für Konsumentenschutz im Bereich Reise, auf Anfrage des STANDARD und empfiehlt, eine Online-Tauschplattform einzurichten, wo die Mieterinnen und Mieter auf unkomplizierte Weise Mietzeitfenster tauschen können.
„Anders als beim Timesharing-Eigentum, wo in den letzten Jahren viele Fälle zur Bearbeitung im Europäischen Verbraucherzentrum (VBZ) gelandet sind, weil es kaum möglich war, aus einem bestehenden Vertrag auszusteigen, ist man bei der Timesharing-Miete viel flexibler.“ Und das bei weitaus geringeren Geldsummen. Der tatsächliche Unterschied zum Miteigentum - bei dem aufgrund fehlender Parifizierung, wie Anwälte warnen, einem das Objekt ohnehin niemals gehören wird - ist gering.
Projekt am Neusiedler See
Eines dieser neuen Miet-Timesharing-Modelle, die in Österreich allmählich das Licht der Welt erblicken, befindet sich in Weiden am See. Unter dem Titel „We share our home“ haben die beiden Kreativwirtschafter Albert Handler und Ulrike Tschabitzer-Handler unter der Adresse Markt 67 erst kürzlich ein Haus fertiggestellt, das sie in Form von Timesharing an gleichgesinnte Interessenten weitervermieten wollen. Vor wenigen Tagen hat die Vermarktung begonnen.
„Wir hatten schon längere Zeit nach einem Zweitwohnsitz am Neusiedler See gesucht und sind dann auf dieses Grundstück im historischen Ortskern gestoßen“, erzählt Tschabitzer-Handler. „Ursprünglich wollten wir das Haus sanieren und innen etwas modernisieren. Doch als uns dann mitten im Bau die Außenmauer zusammengefallen ist, war klar, dass wir neu bauen müssen.“
Das Resultat dieser neuen, von Architektin Claudia Cavallar entwickelten Strategie ist ein 70 Quadratmeter großes Häuschen in Ziegelbauweise, das sich so unauffällig in den Ortsbestand duckt, als wäre es immer schon dagewesen. Innen gibt es unterschiedliche Zimmer und Zonen in Holzbauweise, die Platz für bis zu vier Personen bieten. Bestückt ist das Ganze mit Vintage-Möbeln vom Flohmarkt. Alles sehr loftig.
„Wir sind mit unserem Haus sehr zufrieden, doch Tatsache ist, dass man so ein Haus als Eigentümerin nur wenige Wochen und Wochenenden im Jahr nutzen kann“, so Tschabitzer-Handler. „So ist die Idee entstanden, das Haus in all den anderen Wochen geblockt an Interessenten weiterzuvermieten.“ Konkret: Für einen jährlichen Beitrag in der Höhe von 4000 Euro kann man sich für insgesamt acht Wochen einmieten, aufgeteilt auf mehrere Zeitfenster in unterschiedlichen Saisonen.
„So ein Modell ist zwar nicht neu, aber doch interessant“, sagt Rechtsanwalt Nikolaus Vasak. „Auf jeden Fall schlage ich für beide Parteien, also für Mieter und Vermieter vor, einen Mietvertrag aufzusetzen, um mögliche Unklarheiten zu klären.“ Der Grund: Laut Mietrechtsgesetz (MRG) sind „Wohnungen oder Wohnräume, die vom Mieter bloß als Zweitwohnung zu Zwecken der Erholung oder der Freizeitgestaltung gemietet werden“ (Paragraf 1, Absatz 2) vom bundesweiten MRG ausgenommen. Hier gilt es, eine individuell abgestimmte Vereinbarung bezüglich Pflichten und Rechte zu treffen.
Und Oliver Koch, auf Immobilienrecht spezialisierter Anwalt, erklärt: „Gegen Timesharing auf Mietbasis ist nichts einzuwenden. Ich empfehle lediglich, im Mietvertrag gewisse Aspekte wie Instandhaltung und Umgang mit Sachbeschädigung abzuklären, und zwar unabhängig davon, ob man sich für eine Woche oder für ein halbes Jahr einmietet. Auf diese Weise kann man einem etwaigen Streit vorbeugen.“
Ein Haus mit Eigenleben
Das sei kein Problem, meint Markt-67-Vermieterin Ulrike Tschabitzer-Handler. Es sei vertraglich alles ganz genau festgelegt. „Wir sind und bleiben die Eigentümer des Objekts, es gibt eine Haushaltsversicherung, und sollte jemand ein Häferl zerschlagen, so werden wir ihn bitten, am Flohmarkt einen passenden Ersatz zu besorgen. Auf diese Weise wird das Haus ein gewisses, von uns nicht immer beeinflussbares Eigenleben entwickeln.“
Timesharing hat sich von Eigentum auf Miete verlagert. Die unguten Methoden des Konsumenten-um-den-Finger-Wickelns, die Babou noch anwenden musste, um zu einem positiven Abschluss zu kommen, sind vorbei. ?
p www.markt67.at
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