Artikel
Lückenhafte Baulandschaft
Eigentumswohnungen »Urban Spaces« in Bukarest (RO)
Die von ADN BA entworfenen Wohnungsbauten in Bukarest stellen eine behutsame Nachverdichtung dar und experimentieren mit Wohntypologien und den Grenzen zwischen innen und außen sowie zwischen öffentlich und privat.
1. September 2014 - Stefan Ghenciulescu
Das Wohnprojekt steht in einem typischen Viertel der erweiterten Bukarester Innenstadt, inmitten eines bunten Nebeneinanders von Kirchen, eingeschossigen Einfamilienhäusern des späten 19. Jahrhunderts samt Gärten und Lauben sowie Villen und Wohnblocks der klassischen Moderne. Da in der unmittelbaren Nachbarschaft weder Einzeldenkmale noch Denkmalschutzzonen ausgewiesen sind, schreitet der architektonische Wildwuchs munter voran – immer höhere, autistisch wirkende Bauten ohne jegliche gestalterische oder städtebauliche Qualität entstehen. Hauptanliegen des Entwurfs von ADN BA waren daher eine geordnete Nachverdichtung und das Angebot zeitgemäßer Eigentumswohnungen mit flexiblen Grundrissen in Gebäuden, die einige der typischen Merkmale der Umgebung aufnehmen. Da das Bukarester Stadtgefüge relativ heterogen und lückenhaft ist und geschlossene, einheitliche Straßenzüge selbst in der Innenstadt selten sind, konzipierten die Architekten ihre Wohnanlage ebenfalls als uneinheitliche, vielschichtige und komplexe Baulandschaft. Zunächst verteilten sie die laut Bauordnung für das Grundstück zulässige Baumasse auf zwei Baukörper. Einer der Baukörper liegt direkt an der Straße, der andere zum Innenhof hin; zusammen mit Höfen und Gärten bilden sie ein Ensemble, durch das eine breite Passage führt. Für eine weitere Auflockerung sorgen verschiedene Gebäudeeinschnitte und Abstufungen, über die sich die Bauten an die Traufhöhen der Nachbargebäude anpassen. Das wichtigste Instrument für die Auflösung der Anlage und Eingliederung in die umgebende Bebauung sind aber die vielfältigen, meist privaten Terrassen, Balkone und Loggien. Selbst die kleinste Wohneinheit besitzt einen Freisitz. Die Wohnungen im EG öffnen sich zu Privatgärten und Souterrainhöfen hin, diejenigen in den obersten Stockwerken genießen den Vorzug großzügiger Terrassen. Alle übrigen Apartments sind von einer filigranen Struktur, einem System aus Loggien und Balkonen, die zu wirklichen Wohnräumen im Freien werden, umgeben. Das ist insofern ungewöhnlich, da die meisten Investoren, um eine maximale Rendite zu erzielen, auf die Umsetzung großzügiger Balkone verzichten.
Die Wohnungen an der Dogarilor Straße sind zwar verhältnismäßig klein und sicher keine Luxusapartments, sie sprechen aber eine gebildete und eher junge Mittelschicht an; Leute, die mit wenig Raum auskommen, dafür aber auf einen guten Wohnungszuschnitt und eine zentrale Lage Wert legen.
Doch die Vielfalt beschränkt sich nicht auf die Gebäudehülle und das Angebot unterschiedlicher, privater Außenräume. Keine Wohnung gleicht der anderen. Die Bandbreite reicht von Ein- bis Vierzimmerwohnungen und von ein- bis dreigeschossigen Apartments. Viele der kleineren Einheiten wurden so geplant, dass sie bei Bedarf zu größeren Wohnungen zusammengelegt werden können.
Gemeinschaftssinn stärken
»Gemeinsam wohnen anstatt nur Wohnungen zusammenzubringen«, das ist das erklärte Motto der Gesamtplanung. Auch in punkto gemeinschaftliches Denken und Handeln will die Anlage ein Zeichen setzen. Im Souterrain gibt es einen Gemeinschaftsraum mit Küche und Bar – einen Ort für Treffen zwischen den Bewohnern, aber auch ein eventueller halböffentlicher Raum für das gesamte Quartier. Außerdem teilen sich die Bewohner die Höfe (die Privatgärten ausgenommen). Es gibt eine kleine Spielzone und eine »Baumbank« als Raummittelpunkt. Ein Experiment stellt die große Gemeinschaftsterrasse dar. Die Architekten haben dabei v.a. an die Besitzer der kleinsten Wohnungen gedacht, damit auch sie einen großen, immerhin halbprivaten Außenraum zur Verfügung haben. Trotzdem, so enthusiastisch alle den eigenen Freisitz preisen, die Terrasse wird bisher noch recht wenig genutzt.
Das Konstruktionsraster bestimmt die Raumgliederung. Ein leichter Metallgitterrahmen zieht sich um Loggien, Erker und Balkone herum. Die Metallgitter dienen dabei sowohl als Brüstungen als auch als Raumteiler, Sonnen- und Blickschutz. Zwischen den einzelnen Apartments kaschieren sie Abstellräume und individuelle Klimageräte. Der obere Teil des Metallrahmens soll noch einen Sonnenschutz in Form einer Textilbespannung bekommen.
Das Raster wird als Instrument der »geordneten Fragmentierung«, die den ganzen Entwurf bestimmt, konsequent weitergezogen. Die Außenhaut ist nicht verputzt, sondern wird durch sichtbare Faserzementplatten gegliedert. Pixelflächen aus knallgelben und weißen Wandmosaiken bedecken das Äußere der Eintrittsbereiche. An den Wänden der Flure und Treppenhäuser werden über verschiedene Materialien und Oberflächen – gestrichene Klinker, Keramik- oder Blechpaneele, kleine Tafeln, auf denen Familienmitglieder, Nachbarn oder Besucher ihre Botschaften hinterlassen können – unterschiedlich große Felder definiert.
Große Glasflächen in der Fassade, die von den Eigentümern sehr positiv bewertet werden, führen das Licht bis ins Innere der ziemlich tiefen Wohnungen. Da aber nur ein kleiner Teil der Wohnungen bereits vor dem letzten Winter bezogen wurde, gibt es zu Wärmeverlusten und Wohnkomfort in der kalten Jahreszeit noch keine Erfahrungswerte. Der barrierearme Übergang zwischen innen und außen, die raumhohen Fenster und die Abfolge von Erkern und Loggien erzeugen einen fließenden Raum, der die Grenzen zwischen innen und außen verschwimmen und auch die kleinsten Wohneinheiten großzügig wirken lässt. Generell funktioniert das Balkonraster als Sonnenschutz gut; etwas problematisch sind aber die südlich ausgerichteten Erker und Wohnzimmerfenster. Schon erscheinen die ersten Gardinen, es werden sicher weitere folgen. Auch beginnen die Bewohner ihre Terrassen und Balkone zu begrünen, mit der Zeit wird sich das Bild der rundum freundlichen Wohnanlage also verändern: es wird reicher, individueller, an manchen Ecken wilder, aber höchstwahrscheinlich immer noch kohärent sein.
Es zeugt durchaus von Mut, einen derart unkonventionellen Bau zu finanzieren. Die Rechnung ist für die Bauherren aber aufgegangen, trotz wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind alle Wohnungen verkauft. Einen Preis müssen die Bewohner allerdings zahlen: Immer mehr Leute (und bei Weitem nicht nur Architekten) kommen vorbei, um sich das Gebäude anzusehen. Was angesichts der Glasfronten und zahlreichen Einschnitte sicher ein klein wenig störend sein kann.
Die Wohnungen an der Dogarilor Straße sind zwar verhältnismäßig klein und sicher keine Luxusapartments, sie sprechen aber eine gebildete und eher junge Mittelschicht an; Leute, die mit wenig Raum auskommen, dafür aber auf einen guten Wohnungszuschnitt und eine zentrale Lage Wert legen.
Doch die Vielfalt beschränkt sich nicht auf die Gebäudehülle und das Angebot unterschiedlicher, privater Außenräume. Keine Wohnung gleicht der anderen. Die Bandbreite reicht von Ein- bis Vierzimmerwohnungen und von ein- bis dreigeschossigen Apartments. Viele der kleineren Einheiten wurden so geplant, dass sie bei Bedarf zu größeren Wohnungen zusammengelegt werden können.
Gemeinschaftssinn stärken
»Gemeinsam wohnen anstatt nur Wohnungen zusammenzubringen«, das ist das erklärte Motto der Gesamtplanung. Auch in punkto gemeinschaftliches Denken und Handeln will die Anlage ein Zeichen setzen. Im Souterrain gibt es einen Gemeinschaftsraum mit Küche und Bar – einen Ort für Treffen zwischen den Bewohnern, aber auch ein eventueller halböffentlicher Raum für das gesamte Quartier. Außerdem teilen sich die Bewohner die Höfe (die Privatgärten ausgenommen). Es gibt eine kleine Spielzone und eine »Baumbank« als Raummittelpunkt. Ein Experiment stellt die große Gemeinschaftsterrasse dar. Die Architekten haben dabei v.a. an die Besitzer der kleinsten Wohnungen gedacht, damit auch sie einen großen, immerhin halbprivaten Außenraum zur Verfügung haben. Trotzdem, so enthusiastisch alle den eigenen Freisitz preisen, die Terrasse wird bisher noch recht wenig genutzt.
Das Konstruktionsraster bestimmt die Raumgliederung. Ein leichter Metallgitterrahmen zieht sich um Loggien, Erker und Balkone herum. Die Metallgitter dienen dabei sowohl als Brüstungen als auch als Raumteiler, Sonnen- und Blickschutz. Zwischen den einzelnen Apartments kaschieren sie Abstellräume und individuelle Klimageräte. Der obere Teil des Metallrahmens soll noch einen Sonnenschutz in Form einer Textilbespannung bekommen.
Das Raster wird als Instrument der »geordneten Fragmentierung«, die den ganzen Entwurf bestimmt, konsequent weitergezogen. Die Außenhaut ist nicht verputzt, sondern wird durch sichtbare Faserzementplatten gegliedert. Pixelflächen aus knallgelben und weißen Wandmosaiken bedecken das Äußere der Eintrittsbereiche. An den Wänden der Flure und Treppenhäuser werden über verschiedene Materialien und Oberflächen – gestrichene Klinker, Keramik- oder Blechpaneele, kleine Tafeln, auf denen Familienmitglieder, Nachbarn oder Besucher ihre Botschaften hinterlassen können – unterschiedlich große Felder definiert.
Große Glasflächen in der Fassade, die von den Eigentümern sehr positiv bewertet werden, führen das Licht bis ins Innere der ziemlich tiefen Wohnungen. Da aber nur ein kleiner Teil der Wohnungen bereits vor dem letzten Winter bezogen wurde, gibt es zu Wärmeverlusten und Wohnkomfort in der kalten Jahreszeit noch keine Erfahrungswerte. Der barrierearme Übergang zwischen innen und außen, die raumhohen Fenster und die Abfolge von Erkern und Loggien erzeugen einen fließenden Raum, der die Grenzen zwischen innen und außen verschwimmen und auch die kleinsten Wohneinheiten großzügig wirken lässt. Generell funktioniert das Balkonraster als Sonnenschutz gut; etwas problematisch sind aber die südlich ausgerichteten Erker und Wohnzimmerfenster. Schon erscheinen die ersten Gardinen, es werden sicher weitere folgen. Auch beginnen die Bewohner ihre Terrassen und Balkone zu begrünen, mit der Zeit wird sich das Bild der rundum freundlichen Wohnanlage also verändern: es wird reicher, individueller, an manchen Ecken wilder, aber höchstwahrscheinlich immer noch kohärent sein.
Es zeugt durchaus von Mut, einen derart unkonventionellen Bau zu finanzieren. Die Rechnung ist für die Bauherren aber aufgegangen, trotz wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind alle Wohnungen verkauft. Einen Preis müssen die Bewohner allerdings zahlen: Immer mehr Leute (und bei Weitem nicht nur Architekten) kommen vorbei, um sich das Gebäude anzusehen. Was angesichts der Glasfronten und zahlreichen Einschnitte sicher ein klein wenig störend sein kann.
Für den Beitrag verantwortlich: deutsche bauzeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: Ulrike Kunkel