Artikel
Vorhang auf in pinker Mission
Die Architekten von UN Studio haben einer niederländischen Kleinstadt ein umstrittenes Theater ins Zentrum hineingepflanzt. Nicht nur die Architektur ist auffällig, sondern auch der damit verbundene, geschickt getarnte Bildungsauftrag.
25. Oktober 2014 - Wojciech Czaja
„Ich liebe dieses Haus, und ich liebe diese satten, knalligen Farben“, sagt Reggy Barra. Der 63-Jährige, graumeliertes Haar und beschwingter Doppelschritt auf der Fluchtwegtreppe hinauf in den Bühnenturm, ist Direktor des neuen Theater de Stoep in Spijkenisse, einer Art Schlafretorte am südwestlichen Stadtrand von Rotterdam. „Das Theater de Stoep als Institution gibt es schon seit den Siebzigerjahren, aber die bisherigen Spielstätten waren nicht besonders attraktiv. Jetzt haben wir endlich ein schönes, dramatisches Zuhause.“
Was üblicherweise in samtiges Theaterrot getüncht ist, erleuch- tet hier in kräftigen Him- und Brombeerfarben: Vorhang, Saal, Bestuhlung, Teile des Foyers, ja sogar die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen hier in fluglotsenhafter Manier Pink, Magenta, Violett. Nachts erleuchtet das weiße Theatergebäude, dessen 22 Meter hoher Bühnenturm sich unter einem geschmeidigen Buckel versteckt, in einem - wie könnte es anders sein - leuchtenden Rosa. Kreisrunde Ausschnitte in der Fassade und eine entsprechende Beleuchtung und Lackierung machen's möglich.
„Wissen Sie, das ist auch einer der Gründe, warum wir uns für dieses Projekt entschieden haben“, erklärt Barra, der dem futuristischen, vom Wind gezeichneten Entwurf des Amsterdamer Büros UN Studio im Rahmen eines EU-weiten Verfahrens den Vorzug gab. „Spijkenisse ist eine nicht besonders schöne Stadt mit wenig Farbe. Das Leben hier ist nicht gerade das bunteste.“
Oder, um es weniger metaphorisch auszudrücken: Mit seinen fast 80.000 Einwohnern weist Spijkenisse die niedrigste Bildungsrate der gesamten Niederlande auf. Kulturelle Einrichtungen haben es hier schwer. Mit der modernen, unterschwelligen Gestaltung des Hauses und dem breiten Repertoire an Gastspielen - die Aufführungen reichen von Kasperltheater und The Sound of Music bis hin zu klassischen Konzerten und Tschaikowskys Nussknacker - will man wieder mehr Publikum ins Theater locken.
„Ich bin davon überzeugt, dass das gelingen wird“, sagt Ben van Berkel, Chefarchitekt bei UN Studio. „Denn es gibt nichts Magischeres als diese lebendige, undefinierbare Energie zwischen Publikum und Bühne.“ Was für die beiden Säle mit 650 und 200 Sitzplätzen zählt, das wird auch in den drei Foyers mit visuellem Pathos zelebriert: Parkettboden, aalglatt geschleckte Wände und loungige Kaffeehaustische am unteren Ende der Rampen und Treppen geben den Blick auf Wasser und Theatervorplatz frei. Vor zwei Wochen war die offizielle Eröffnung.
Das Theater de Stoep (Baukosten 25,9 Millionen Euro) ist eine sehr clevere Neuinterpretation eines klassischen Theaterbetriebs. Das zeigt sich allein schon daran, wie die traditionellen Elemente eines solchen Hauses gestaltet wurden. Zurück in den Bühnenturm, Herrn Barra auf den Fersen. Statt immernächtlicher Schwärze dringt über große Fenster Tageslicht auf den Bühnenboden. „Wir haben nicht immer nur Aufführung, es wird bei uns auch ganz normal gearbeitet und geprobt“, erklärt der Direktor. „Warum sollen die Schauspieler, Sänger und Techniker also nicht auch ein bisschen Sonne haben? Am Abend machen wir die Schotten dann dicht.“
Unter den Einwohnern Spijkenisses wird das Haus mit gemischten Gefühlen wahrgenommen. „Die Gemeinde ist eh schon pleite, und jetzt auch noch so ein unnötiges Ding mitten in der Stadt“, sagt eine Passantin, die anonym bleiben will, mit ziemlich erboster Stimme. „Eine Konditorei oder ein Supermarkt wären besser gewesen.“ Auch andere rümpfen immer wieder die Nase, wenn sie am neuen de Stoep vorbeigehen. Die Stadtregierung hat sich mit ihrer Bildungsoffensive ein hehres Ziel gesetzt. „Keine Sorge, das wird schon“, sagt Barra. Er muss es ja wissen, schließlich leitet der ehemalige Pop-Manager den Betrieb schon seit 22 Jahren. „Unser Trick ist: Wir tarnen Kultur als Unterhaltung. Das knallige Pink unterstützt uns in unserer Mission.“
Was üblicherweise in samtiges Theaterrot getüncht ist, erleuch- tet hier in kräftigen Him- und Brombeerfarben: Vorhang, Saal, Bestuhlung, Teile des Foyers, ja sogar die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen hier in fluglotsenhafter Manier Pink, Magenta, Violett. Nachts erleuchtet das weiße Theatergebäude, dessen 22 Meter hoher Bühnenturm sich unter einem geschmeidigen Buckel versteckt, in einem - wie könnte es anders sein - leuchtenden Rosa. Kreisrunde Ausschnitte in der Fassade und eine entsprechende Beleuchtung und Lackierung machen's möglich.
„Wissen Sie, das ist auch einer der Gründe, warum wir uns für dieses Projekt entschieden haben“, erklärt Barra, der dem futuristischen, vom Wind gezeichneten Entwurf des Amsterdamer Büros UN Studio im Rahmen eines EU-weiten Verfahrens den Vorzug gab. „Spijkenisse ist eine nicht besonders schöne Stadt mit wenig Farbe. Das Leben hier ist nicht gerade das bunteste.“
Oder, um es weniger metaphorisch auszudrücken: Mit seinen fast 80.000 Einwohnern weist Spijkenisse die niedrigste Bildungsrate der gesamten Niederlande auf. Kulturelle Einrichtungen haben es hier schwer. Mit der modernen, unterschwelligen Gestaltung des Hauses und dem breiten Repertoire an Gastspielen - die Aufführungen reichen von Kasperltheater und The Sound of Music bis hin zu klassischen Konzerten und Tschaikowskys Nussknacker - will man wieder mehr Publikum ins Theater locken.
„Ich bin davon überzeugt, dass das gelingen wird“, sagt Ben van Berkel, Chefarchitekt bei UN Studio. „Denn es gibt nichts Magischeres als diese lebendige, undefinierbare Energie zwischen Publikum und Bühne.“ Was für die beiden Säle mit 650 und 200 Sitzplätzen zählt, das wird auch in den drei Foyers mit visuellem Pathos zelebriert: Parkettboden, aalglatt geschleckte Wände und loungige Kaffeehaustische am unteren Ende der Rampen und Treppen geben den Blick auf Wasser und Theatervorplatz frei. Vor zwei Wochen war die offizielle Eröffnung.
Das Theater de Stoep (Baukosten 25,9 Millionen Euro) ist eine sehr clevere Neuinterpretation eines klassischen Theaterbetriebs. Das zeigt sich allein schon daran, wie die traditionellen Elemente eines solchen Hauses gestaltet wurden. Zurück in den Bühnenturm, Herrn Barra auf den Fersen. Statt immernächtlicher Schwärze dringt über große Fenster Tageslicht auf den Bühnenboden. „Wir haben nicht immer nur Aufführung, es wird bei uns auch ganz normal gearbeitet und geprobt“, erklärt der Direktor. „Warum sollen die Schauspieler, Sänger und Techniker also nicht auch ein bisschen Sonne haben? Am Abend machen wir die Schotten dann dicht.“
Unter den Einwohnern Spijkenisses wird das Haus mit gemischten Gefühlen wahrgenommen. „Die Gemeinde ist eh schon pleite, und jetzt auch noch so ein unnötiges Ding mitten in der Stadt“, sagt eine Passantin, die anonym bleiben will, mit ziemlich erboster Stimme. „Eine Konditorei oder ein Supermarkt wären besser gewesen.“ Auch andere rümpfen immer wieder die Nase, wenn sie am neuen de Stoep vorbeigehen. Die Stadtregierung hat sich mit ihrer Bildungsoffensive ein hehres Ziel gesetzt. „Keine Sorge, das wird schon“, sagt Barra. Er muss es ja wissen, schließlich leitet der ehemalige Pop-Manager den Betrieb schon seit 22 Jahren. „Unser Trick ist: Wir tarnen Kultur als Unterhaltung. Das knallige Pink unterstützt uns in unserer Mission.“
[ Die Reise erfolgte auf Einladung von Rotterdam Partners. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom