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Zukunftsweisende Lebensorte in Oberösterreich
Oberösterreichische Nachrichten

Zum diesjährigen Daidalos-Preis wurden insgesamt 89 Projekte eingereicht. Und alle Projekte zusammengefasst betrachtet, war die Qualität ähnlich hoch wie vor zwei Jahren.

25. Oktober 2014 - Lorenz Potocnik
Trotzdem war die Auswahl herausfordernder, weil die Kategorien so unterschiedlich gute Objekte beinhalteten. Im Bereich der Bildung und des Kommunalbaus haben die vergangenen vier Jahre überraschend interessante und zukunftsweisende Um- und Neubauten hervorgebracht. Im Gegensatz dazu scheint der institutionelle Wohnbau in einer gewaltigen Krise zu stecken.

Die ursprünglich gewählten Einreichungskategorien Wohn-, Bildungs- und Kommunalbau traten bei der genaueren Begutachtung dann auch weitgehend in den Hintergrund. Die guten Projekte hatten nämlich eines gemeinsam: Sie entzogen sich der Festlegung auf eine bestimmte Nutzung oder eine bestimmte Typologie. Stattdessen stellen sie vielschichtige Bauwerke dar, in denen Lehren, Lernen, Wohnen, Spielen, Kultur, Essen – sprich das Leben zusammenkommt. Weil der Daidalos-Architekturpreis auf der Suche nach genau solchen gesellschaftlich innovativen Projekten ist, hat sich die Jury entschlossen, die üblichen Kategorien aufzulösen und aus den neun nominierten Projekten die drei „zukunftsweisendsten Lebensorte“ zu nominieren. Und von diesen Orten, an denen man Zukunft spüren kann, sind in Oberösterreich einige wirklich herausragende entstanden.

Kindergarten: Frech und frisch

Der Kindergarten in der Solar City von X-Architekten (Linz/ Wien) ist ein vorbildhafter Erlebnisraum für Kinder und Betreuer. Es handelt sich um einen reinen Holzbau in Niedrigstenergiebauweise. Das Grundstück liegt am Übergang der Wohnbebauungen zu der künstlich angelegten Landschaft rund um den Weikerlsee. Alle Gruppenräume orientieren sich ins Grüne und nach Süden. Beste natürliche Belichtung versteht sich damit von selbst. Im Inneren gibt es keine Gänge im herkömmlichen Sinn. Stattdessen sind die Erschließungsflächen so angelegt, dass sie in den Pausen und bei Schlechtwetter voll genutzt werden können. Mittendrin ist der multifunktionale „Marktplatz“, der als Zentrum dient. Hier wird gegessen, hier kann aber auch die Krabbelstube erweitert werden und hier finden auch die größeren Treffen statt.

Die zeltartige Dachform unterstreicht den verspielten Charakter des Hauses, im Inneren variieren dadurch überall die Raumhöhen.

Geduckt im Gelände

Die Landwirtschaftliche Berufs- und Fachschule für Garten und Landschaftsbau „Ritzlhof“ in Haid ist Ausbildungsstätte und zum Teil Wohnort für jährlich ca. 600 Schüler. Der bereits mit dem Bauherrenpreis ausgezeichnete Bau wurde von den Architekten Raimund Dickinger und Mario Ramoni entworfen. Der Zubau duckt sich ins Gelände, schafft gleichzeitig einen neuen Eingang zum bestehenden denkmalgeschützten Schulkomplex. Ein unterirdischer Gang verbindet Alt- mit Neubau. Typologisch folgt der Zubau dem bestehenden Gutshof. Ähnlich einem hier üblichen Vierkanter bilden ein Atrium und ein Mehrzwecksaal den zentralen Innenhof. Unterrichtsräume, Bibliothek, Foyer und Garderobe ordnen sich drumherum.

Auf dem mit Sichtbeton ausgeführten Sockel des Untergeschosses bildet der filigrane Holzbau eine pavillonartige Struktur. Alles ist sehr hell, Farbe wurde in dem von Holz dominierten Bau nur wo nötig eingesetzt, der Blick in die Landschaft bzw. auch im Gegenzug die Einblicke von außen in die Schule prägen die Raumstimmung. Bei einer Ausbildung, die sich größtenteils draußen abspielt, sehr stimmig.

Kopenhagen in Feldkirchen

Einen „langen Prozess“ nennen die Architekten Fasch&Fuchs aus Wien die Entstehungsgeschichte des neuen Schul- und Kulturzentrums in Feldkirchen. Dieser begann 2005 mit der Umsetzung des Kulturzentrums und endet vorläufig mit dem Um- und Zubau für die Schule. In Summe ist ein lebendiges Hybrid entstanden, das noch dazu dem Ort einen ganz neuen Mittelpunkt schenkt.

Konsequent nach Prinzipien des offenen Lernens konzipiert, erinnert im ganzen Komplex nichts an eine herkömmliche Schule. Gänge gibt es praktisch nicht. Stattdessen organisiert sich alles um den zentralen, über mehrere Geschosse laufenden Veranstaltungsort. Jeder Unterrichtsraum ist von außen einsehbar.

Gegessen wir in der Aula und im Garten. Dank der Überlagerungen und Offenheit kommt ein Gefühl von Kinder-Universität und Campus auf. Kinder sitzen in ihren individuellen Lernkojen und grüßen den vorübergehenden, neugierigen Besucher nur kurz. Dann wird konzentriert weitergearbeitet.

Diese Architektur bietet den besten Rahmen für die neuesten Erkenntnisse der Pädagogik. Hier wurde von allen Beteiligten ein mutiger Schritt nach vorne gemacht. Ähnlich offene Schulen kennt man derzeit vor allem aus Skandinavien und insbesondere aus Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen.

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Für den Beitrag verantwortlich: Oberösterreichische Nachrichten

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