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Aus anderem Holz geschnitzt
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Alljährlich vergeben, alljährlich jede Aufmerksamkeit wert: die Bauherrenpreise – Anmerkungen zum heurigen Jahrgang.

15. November 2014 - Romana Ring
Gestern war es so weit: Im Rahmen eines feierlichen Festaktes im Wiener Odeon wurden die Preisträgerinnen und Preisträger des Bauherrenpreises der Zentralvereinigung der Architektinnen und Architekten Österreichs – ZV – bekannt gegeben. Es wurden jene Menschen geehrt, deren Beitrag zum Gelingen beispielhafter Architektur aus guten Gründen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden soll.

Der Bauherrenpreis der ZV ist ein prominenter Preis. Das liegt zunächst am hohen Qualitätsniveau, das die Ausschreibung fordert. Gesucht waren immerhin: „exzeptionelle Lösungen, die in intensiver Kooperation von Bauherren und Architekten realisiertwurden, die in architektonischer Gestalt und innovatorischem Charakter vorbildlich sind und darüber hinaus einen positiven Beitrag zur Verbesserung unseres Lebensumfeldes leisten“.

Um mit dem Auswahlverfahren nicht hinter die Ernsthaftigkeit des eigenen Anspruchs zurückzufallen, organisiert die ZV die Entscheidungsfindung in zwei Stufen: In jedem Bundesland besichtigte eine eigene Nominierungsjury die eingereichten Objekte – österreichweit heuer 110 an der Zahl – und nominierte maximal vier davon für den Bauherrenpreis. Die Hauptjury, bestehend aus der ZV-Präsidentin – der Architektin Marta Schreieck –, dem Architekturpublizisten Otto Kapfinger und dem Architekten Zvonko Turkali, machte sich dann auf ihre vier Tage währende Besichtigungsreise und wählte aus 27 vorgeschlagenen Objekten die sieben Preisträger des Jahres 2014 aus.

Die Architektenschaft treibt also einen erheblichen Aufwand, um Bauherren dafür zu ehren, ihre ureigenen Interessen gewahrt zu haben. Denn wem, als der Bauherrschaft selbst, ist denn zunächst gedient, wenn ein Projekt gut, ja vorbildlich gelingt? Das ist zweifellos richtig.

Dennoch ist der Rückzug vieler Entscheidungsträger auf die einfach berechenbaren Kennwerte eines Bauwerks in einer nahezu undurchschaubar komplex gewordenen Welt zumindest nachvollziehbar. Oder erklärt die Überfülle an technischen und kulturellen Möglichkeiten die Anspruchslosigkeit eines bestürzend großen Anteils heute agierender Auftraggeber? Solange ein Gebäude nicht einstürzt, seine Funktionen einigermaßen erfüllt und ungefähr das kostet, das man für seine Errichtung auszugeben bereit war, ist man zufrieden. Was erlaubt ist, das gefällt, und mit den Auswirkungen eines Projektes auf sein Umfeld setzt man sich nur auseinander, wenn man seitens einer Behörde dazu gezwungen wird.

Da sind die von der ZV ausgezeichneten Bauherren aus einem völlig anderen Holz geschnitzt: „Das Kennenlernen, die Wertschätzung, das gegenseitige Anhören und Zuhören und das uneingeschränkte Vertrauen bildeten die Grundlage für alle Entscheidungen.“ So schildert etwa Heinz Tesar die Zusammenarbeit mit den Halleiner Schwestern Franziskanerinnen, für die er den – nun ausgezeichneten – Neubau ihres Generalrats in Oberalm im Bundesland Salzburg geplant hat. Die Ordensfrauen haben die Wahl ihres Architekten mit Hilfe eines sorgfältig vorbereiteten Architekturwettbewerbes getroffen und dabei großes Augenmerk auf die umfassende Kommunikation ihrer Bedürfnisse gelegt.

Mit der Diözese Gurk ist eine zweite katholische Institution mit dem Preis der ZV ausgezeichnet worden. Die ebenfalls aus einem geladenen Architekturwettbewerb als Sieger hervorgegangenen Winkler + Ruck Architekten aus Klagenfurt haben den ehemaligen Probsthof in Gurk zur Schatzkammer umgedeutet. Der ausdrückliche Wunsch der Bauherrschaft, der Verwendung heimischer Baumaterialien wie dem Lärchenholz ebenso den Vorzug zu geben wie lokal ansässigen Handwerksbetrieben bei der Auftragsvergabe, zeigt ihr Verantwortungsbewusstsein für die wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung eines Projektes.

Diese einem Bauprojekt innewohnende Gestaltungsmacht hat sich die Gemeinde Ischgl, die heurige Preisträgerin in Tirol, zunutze gemacht. Die gesamte Dorfgemeinschaft hat den Bau des vom Innsbrucker Architekturbüro Parc geplanten Kulturzentrums mitgetragen und freut sich nun über einen Ort in ihrer Gemeinde, der weder dem Geschäft noch der Dienstleistung gewidmet ist.

Gemeinschaftssinn und Verantwortungsbewusstsein für das Umfeld prägen das Handeln des burgenländischen Preisträgers, Johannes Stimakovits. Heri&Salli aus Wien haben für ihn den Neubau seines Firmengebäudes in Steinberg-Dörfl geplant. Face of buildings ist zwar auf die Detailplanung von Stahl-Glas-Fassaden spezialisiert. Der neue Firmensitz ist dennoch ein konstruktiver Holzbau geworden, dessen prägnant gefaltete Hülle aus vorgefertigten Elementen hauseigene Entwicklungen wie Schiebefenster oder Beschattungsanlagen experimentell mit dem Baustoff Holz umsetzt. Viel eher als Lebenswelt denn als Arbeitsstätte konzipiert, ist der Bau nicht zuletzt das Ergebnis einer regen Beteiligung der Mitarbeiter an den Entscheidungsprozessen.

Ein Kollektiv als Bauherrschaft – der Werkraum Bregenzerwald –, das gleichzeitig die Ausführung des eigenen Gebäudes in jahrelangem Austausch mit dem für die Planung gewonnenen Architekten, Peter Zumthor, realisiert und sich dabei als Pionier ebenso bodenständiger wie experimentierfreudiger Handwerkskunst erweist: Das ist der heurige Preisträger des Bundeslandes Vorarlberg.

Auch das eine der beiden Wiener Preisträger-Projekte ist mit der Hilfe von Eigenleistungen seiner Nutzer umgesetzt worden: die von Gaupenraub +/– geplante Vinzirast – mittendrin in der Währinger Straße. Der Verein Vinzenzgemeinschaft Sankt Stephan, Cecily Corti und Doris Kerbler haben ein leer stehendes, von Hans Peter Haselsteiner gespendetes Biedermeierhaus in eine Wohn- und Arbeitsstätte für obdachlose Menschen und Studierende verwandelt. Das angeschlossene Lokal ohne Konsumzwang führt auch einer breiten Öffentlichkeit vor Augen, dass hohe Planungsqualität und angemessene Bescheidenheit gut harmonieren.

Die Auszeichnung der Gemeinnützigen Bau-, Wohn-, und Siedlungsgenossenschaft Neues Leben für den Pan-Wohnpark in der Wiener Ernst-Melchior-Gasse schließlich würdigt eine ganz ähnliche Haltung. Die drei von Werner Neuwirth (Wien), von Ballmoos Krucker Architekten (Zürich) und Sergison Bates architects (London) geplanten Häuser bieten ihren Bewohnern unter der Einhaltung der üblichen Kostenlimits eine räumliche Vielfalt, die Begriffen wie Individualität und Gemeinschaft gleichermaßen gerecht wird.

Die nominierten und preisgekrönten Objekte des ZV-Bauherrenpreises 2014 werden in einer Sonderausgabe des Architekturmagazins „architektur.aktuell“ und im Rahmen einer Ausstellung (ab 17.November zunächstim Wiener Ringturm) der Öffentlichkeit vorgestellt.

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