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Vom Wert des Freiraums für Unternehmen
TEC21

Die Gestaltung ihrer Freiräume nutzen Unternehmen immer bewusster als strategisches Instrumentarium. Was zunächst das Spektrum der urbanen Landschaft bereichert, wird schnell problematisch, wenn Kommunen sich zurückziehen und den privaten Bauherren das Feld überlassen.

30. November 2014 - Nicole Uhrig
Während sich das Thema der Corporate Architecture als Kommunikationsinstrument für Unternehmen schon wesentlich früher etablieren konnte, wird indessen auch in Corporate Landscapes investiert. Handelt es sich beim Auftraggeber um ein Unternehmen, ist die Berücksichtigung der Corporate Identity CI meist Teil der landschaftsarchitektonischen Entwurfsarbeit. Die CI besteht aus den drei Komponenten Corporate Design, Corporate Behaviour und Corporate Communication und ist das zentrale strategische Instrument für die gezielt eingesetzte Selbstdarstellung und Verhaltensweise eines Unternehmens.

Strategien grüner Unternehmenskommunikation

Während sich die Corporate Landscapes der 1980er- bis in die 2000er-Jahre noch stärker über das Corporate Design definierten, verschiebt sich der Schwerpunkt der Entwurfsstrategien heute immer mehr in Richtung der Komponenten Corporate Communication und Behaviour. Häufig wurde die Landschafts­architektur eines Unternehmensstandortes lediglich als grüne Visitenkarte betrachtet, welche die Architektur aufwerten und mittels repräsentativer, qualitätsvoller Gestaltung Hochwertigkeit im weitesten Sinne vermitteln sollte.

Mit dem Ziel, die CI eines Unternehmens möglichst treffsicher zu kommunizieren, haben sich mit der Zeit differenziertere Strategien entwickelt, die weit über den ästhetischen und funktionalen Mehrwert einer gelungenen Landschaftsarchitektur hinausgehen. Vom schlichten Transfer grafischer Symbole und Logos in den Freiraum über die Aufwertung des Arbeitsumfelds für aktive und rekreative Erholungsmöglichkeiten bis hin zu gezielten Angeboten zur Interaktivität im Freiraum, die auf emotionale Erlebnisse und auf die Identifikation mit dem Unternehmen abzielen.

Unternehmensverantwortung

In den letzten Jahren ist das Thema der Unternehmensverantwortung innerhalb des Corporate-Identity-Konzeptes in seinem Stellenwert weit nach vorne gerückt. Vor dem Hintergrund von Wirtschaftskrisen, Missmanagement und Umweltproblemen gewinnt die Kommunikation über das Verhalten eines Unternehmens und die Unternehmensethik im Sinne von Sozialverträglichkeit und Verpflichtung gegenüber Mensch und Umwelt zunehmend an Bedeutung. Diese unternehmerische Verantwortung für das Gemeinwohl prägte den Begriff Corporate (Social) Responsibility CSR. Konkret geht es um Initiativen zu Themen wie Ökologie, Naturschutz, Nachhaltigkeit, Kunst, Kultur, eine ethisch korrekte Personalpolitik und allgemein soziale Themen. Eine Studie des imug Instituts für Markt–Umwelt–Gesellschaft an der Universität Hannover konnte beweisen, dass CSR-relevante Informationen zum Unternehmen sogar Kaufrelevanz besitzen.[1] Eine Vernachlässigung der CSR ist für das Image eines Unternehmens hingegen längst nicht mehr zeitgemäss.

Privater Raum, öffentliche Nutzung?

In der Entwicklung der Corporate Landscapes lässt sich neben einem sich verstärkenden, leider nicht selten nur vordergründig[2] eingesetzten Umweltengagement vor allem ein Trend zur «open door policy» ­erkennen. Vermehrt geben Unternehmen den gestalteten Freiraum ihres privaten Grundstücks zur öffentlichen Nutzung frei. Damit verfolgen sie dreierlei Ziele: erstens einer geforderten Corporate Transparency nachzukommen und Aufgeschlossenheit zu zeigen, zweitens im Rahmen der CSR gesellschaftliches Engagement zu zeigen und drittens eine direkte Kontaktstelle zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit als potenziellem Kunden herzustellen.

Angesichts mangelnder Budgets der öffentlichen Hand zur Unterhaltung öffentlicher Freianlagen wird jene Art der öffentlich-privaten Raumproduktion dankbar angenommen. In Kopenhagen gestalten die SEB Bank und das Unternehmen KPMG die Vorplätze ihrer Headquarter als öffentliche Stadträume, der üppige Garten der Helvetia Versicherung in St. Gallen fungiert als öffentliche Wegeverbindung zur benachbarten Universität, und Berlin wurde kürzlich um eine öffentlich nutzbare Dachterrasse auf der Bikini Concept Mall bereichert.

Risikopotenzial

Zwar kommt mit der Investition in öffentlich nutzbare Baukultur Verantwortung für das Gemeinwohl zum Ausdruck, und das Potenzial, das sich damit für die Aufenthaltsqualität unserer Städte in Zukunft ergibt, ist nicht zu unterschätzen. Durchaus könnten Landschaftsarchitekten auch vermehrt als Vermittler zwischen Unternehmen und verschiedenen Interessengruppen agieren, synergetisch wirksame Allianzen und Win-Win-Beziehungen erarbeiten, gemeinsame Ziele identifizieren oder Konflikte moderieren. Doch ist die Problematik solch hybrider Räume, die sich im Spannungsfeld zwischen privat und öffentlich befinden, seit Langem bekannt.[3] Ein Unternehmen ist in erster Linie wirtschaftlich motiviert und kann sich jederzeit von seinem Engagement zurückziehen oder von seinem Hausrecht Gebrauch machen, indem Öffnungszeiten vorgegeben werden, allgemeine Grundrechte wie die Demonstrations- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt oder bestimmte Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen werden.

Aus diesem Grund können jene vermeintlich ­öffentlichen Freiräume immer nur als «add-on» zu einem bestehenden Grundgerüst aus funktionsfähigen, öffentlichen Freiräumen in der Stadt verstanden werden. Ein Ersatz für fehlende Investitionen der öffentlichen Hand sind sie nicht.


Anmerkungen:
[01] Vgl. Institut für Markt–Umwelt–Gesellschaft (Hg.): Wirkungen von vergleichenden Untersuchungen zur Corporate Social Responsibility bei Verbrauchern – am Beispiel der Stiftung Warentest. imug Arbeitspapier 16 /2006. Hannover, 2006.
[02] Als «Greenwashing» bezeichnet man den Versuch von Unternehmen, ein «grünes Image» zu erlangen, ohne die entsprechenden Massnahmen im Rahmen des Umweltengagements umzusetzen.
[03] Vgl. Forschungsprojekt STARS «Stadträume in Spannungsfeldern» (2007–2011), RWTH Aachen.

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Für den Beitrag verantwortlich: TEC21

Ansprechpartner:in für diese Seite: Judit Soltsolt[at]tec21.ch

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