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Drei Kirchen, drei Häuser
1896 auf einer steilen Wiese am Westhang des unteren Eisacktal errichtet, 1928 von Hubert Lanzinger sachlich-modernistisch umgestaltet und seit 70 Jahren bis ins Detail unverändert: die Sommerfrische-Pension Briol – ein Insidertip.
28. August 1999 - Judith Eiblmayr
Neben dem frischen Sommer ist die Sommerfrische ein mit (Alt-)Österreich eng verbundener Begriff, der angeblich bereits seit dem 16.Jahrhundert existiert. Es waren naheliegenderweise die Städter, die Sommerfrische aus gesundheitlicher Notwendigkeit heraus „erfunden“ haben. Schon geraume Zeit bevor einem das bodennahe Ozon während der Sommermonate den Aufenthalt in den Ballungsräumen verleidete, pflegte man sich an die gute Luft in höhere Lagen zurückzuziehen.
Hitze und Staub trieben zum Beispiel die Wiener, die es sich leisten konnten, ins Rax- und Semmeringgebiet oder ins Salzkammergut. Seit der Errichtung der Ei enbahnstrecke über den Brenner im Jahre 1867 wählten die Adeligen allerdings auch gerne Südtirol als Ort für die sommerliche Erholung. Das mildere Klima an der Südseite der Alpen, die durch Wein- und Apfelanbau kultivierte Landschaft und nicht zuletzt die Schönheit der Dolomiten machten die Strapazen der weiten Anreise zweifellos wett. Die Sommerfrische sei sogar hier erfunden worden, indem sich die Bozner Bürger schon im Mittelalter während der heißen Jahreszeit nach Oberbozen, auf den Ritten verzogen hätten, ist in dem kleinen Buch „Ein Sommer in Dreikirchen “von Erich Kofler zu erfahren.
Durch das Eindringen der Städter in die Bergwelt entwickelte sich im19.Jahrhundert ein neuer Haustypus: Die Sommerfrische-Villa brachte städtisches Typologiedenken in die ländliche Gegend. Anders als mit dem Aufkommen der Fremdenverkehrsindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg, die versuchte, Touristenmassen alles für sie Gebaute als ursprünglich bäuerlich zu verkaufen, waren diese reinen Sommerhäuser, die gegen die Unbill des Winters einfach dicht gemacht wurden, nicht um eine erzwungene Originärität bemüht. Sie wurden vielmehr an der neu entdeckten und romantisierten Schönheit der alpinen Landschaft orientiert und eher mit historistischen Stilattributen versehen.
Ein besonders schöne Beipiel der Sommervillen-Architektur in Südtirol au den zwanziger Jahren findet sich in Bad Dreikirchen am Westhang des unteren Eisacktals. Auf 1200 Meter Seehöhe, in der Nähe dieses aus drei Kirchen und drei Häusern gebildeten Weilers, fügen sich neben anderen zwei unveränderte Häuser de bekannten Tiroler Architekten Lois Welzenbacher malerisch in die Landschaft ein. Es war eine kultivierte Bozner Kaufmannsfamilie, die Welzenbacher diesen seinen ersten Bauauftrag gegeben hatte.
Im Besitz der Familie Settarisbefand sich neben dem Dreikirchner Badhaus praktisch der halbe Berg, den sie durch eine konzertierte Familien- und Ankaufspolitik Ende de 19.Jahrhunderts an ich gebracht hatte: Heinrich Settari schenkte seiner Frau Johanna zu jeder Geburt eines Kindes eine Wiese oder einen Wald in der Gegend, sodaß sich diese nach 15 Kindern zu einem stattlichen Anwesen zusammenfügen ließen.
Die zahlreichen Nachkommen sollten in Dreikirchen ihre zweite Heimat und möglichst ein eigenes Heim besitzen, und so wurden nebst den Häusern von Welzenbacher, in noblem Abstand voneinander vereinzelt Sommerhäuser für die „Bergfamilie “errichtet reit bestehende adaptiert. Dem Umstand, daß sich diese große Gebiet in der Hand einer einzigen, zwar weitverzweigten, aber offenbar unzerstrittenen Familie befindet, ist es zu danken, daß sich hier nach wie vor keine Appartementburgen und Wellness-Hotel breitgemacht haben. Durch die Landschaft, die fast parkähnlich gepflegt wirkt, führt keine öffentliche Straße –Touristen finden somit zwar über Wanderwege Zutritt, jedoch keine freie Zufahrt, was als natürliches Tourismusregulativ gut zu funktionieren scheint.
Inmitten diese Idylls steht nun ein Gebäude, das es schafft, da Erlebnis der unverfälschten Landschaft um jenes einer unverfälschten Architektur für die interessierte Allgemeinheit zu ergänzen. Johanna Settari hatte 1896 veranlaßt auf 1300 Meter Höhe auf der steilen „Prioler Wiese “mit herrlicher Aussicht eine Dependance zum Badhaus Dreikirchen zu errichten. Es wurde ein typische Kurgebäude mit talseitig tiefen Loggien und einem voluminösen Satteldach.
Einer ihrer Schwiegersöhne, der Maler Hubert Lanzinger, betätigte sich auch als Architekt und plante 1928 den Umbau des Gebäudes. Lanzinger war Innsbrucker, hatte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien studiert, erhielt 1909 das Rom-Stipendium und 1911 eine Ausstellung in der Wiener Secession. Er war es gewesen, der Lois Welzenbacher, mit dem er eng befreundet war und in den frühen zwanziger Jahren einige gemeinsame Ausstellungen gestaltete, in die Familie Settari eingeführt hatte. Anders als Welzenbacher, der in Wien die Gewerbeschule absolviert, jedoch nicht dort, sondern in München studiert hatte, dürfte Lanzinger stark der Wiener Moderne verhaftet gewesen sein.
Die Möglichkeit, ein Gebäude nach den Gesichtspunkten des modernen (Bau-)Körperverständnisse, auch im Sinne einer neuen Haltung gegenüber der Natur gestalten zu können, muß wohl eine große Herausforderung gewesen sein. Nachdem die Berge mit Hilfe der Technik, durch Eisenbahn und Seilbahnen bezwungen waren, sollte Naturnähe nicht länger auf passives Sommerfrischlertum beschränkt bleiben. Man begann die Natur zu erobern: durch Wandern, Bergsteigen und Klettern und im Winter durch Skifahren. Die Strenge, mit der man begann, den menschlichen Körper am Berg zu messen, wurde auch in der Architektur gefordert, und so waren es reduzierte Formen, mit denen auch ein Hau zeigen sollte, „was es wirklich kann “.Lanzinger, der angeblich mit Adolf Loo bekannt und zweifellos von ihm beeinflußt war, setzte diesen puristischen Ansatz so gelungen um, daß ihm ein zeitlos stimmiges Ambiente gelungen ist.
Er ließ von der alten Pension Briol die massiven Grundmauern stehen, das Satteldach hingegen wurde abgetragen und durch ein dem Hang entgegenlaufend geneigtes Pultdach ersetzt. Eine Verblendung aus Lärchenholz im obersten Geschoß, die eine horizontale Attika ausbildet, verleiht dem Gebäude von drei Seiten kubische Wirkung. Ostseitig schließt eine Loggiakonstruktion an, die von vier mächtigen weiß gestrichenen achteckigen Holzsäulen getragen wird, von der aus sich einem der überwältigende Blick auf die Dolomiten und ins Eisacktal bietet. Neben der weiß verputzten Fassade wird das Äußere durch das Olivgrün der glatten Fensterläden geprägt.
Auch das Innere gestaltete Hubert Lanzinger völlig neu, räumlich bestimmend dabei ist die innere Erschließung. Mittig in der Längsachse des Baukörpers liegt eine einläufige, durch ein Oberlicht erhellte Treppe, die an drei Seiten von den Gängen zu den Zimmern um schlossen wird. So bildet sich ein zentraler kommunikativer Raum aus, der die zwei oberen Geschosse mit den Gästezimmern an das Erdgeschoß mit Gaststube, Aufenthaltsraum und Küche anbindet.
Da Haus besitzt zwei Eingänge, den Haupteingang im Erdgeschoß an der Südseite und, bedingt durch die Hanglage, einen im ersten Obergeschoß an der Nordseite, der über eine Wiese zum zugehörigen ovalen Schwimmbecken und zu den Wanderwegen führt. Durch die axiale Verbindung der beiden über die Stiege wird hausintern eine angenehme Durchlässigkeit und Entflechtung der Wegeführung erzeugt.
Das vorherrschende Material im Haus ist Weichholz: für Böden, Treppe, Wandtäfelungen und einen Großteil des Mobiliars. Die großen Fensteröffnungen werden nicht durch Vorhänge verhängt, bei der Dekoration beschränkte sich der Künstler auf eine feine Strichführung vereinzelt an den weißen Wänden. Hubert Lanzinger entwarf auch ein Stuhlmodell au Lärchenholz, da im ganzen Hau eingesetzt wird und bei dem, im besten Loosschen Sinne, der Sessel nicht neu erfunden wurde, sondern als ideale, bequeme Ergänzung der fixen Elemente dient.
Das Erstaunliche an dieser Gestaltung ist, daß durch den sachlichen Einsatz dem Holz seine unangenehme Rustikalität genommen wird. Der Künstler hat die Wärme des Materials Holz eingesetzt, um die Wärme der Sonne im Hau weiterzuleiten, und nicht, um substituierend eine künstliche Heimeligkeit zu erzeugen. Das umgebaute „Briol“ war für die Sommerfrische, als „Sonnentempel in freier Höhe“, als Treffpunkt geplant und mußte langen Winternächten konzeptionell nichts entgegenhalten.
Diesem Umstand entsprechend, hat Hubert Lanzinger ein – wie man heute sagen würde – perfektes Design entwickelt, das auch nach siebzig Jahren bis ins Detail unverändert geblieben ist. Zwei Bäder pro Stockwerk bieten einen ausreichenden Hygienestandard, statt eines eingebauten Waschbeckens finden sich in jedem Zimmer nach wie vor die Waschschüssel und ein Wasserkrug aus Porzellan, ohne daß dies inszeniert oder die Bequemlichkeit beschneidend wirken würde.
Die Pension Briol muß in ihrer Funktion nicht mehr bieten als in den zwanziger Jahren und konnte daher auch in ihrer Form unverändert bleiben. Insider schätzen dies schon seit langer Zeit, in Zeiten von Fun-Sport und Erlebnisbad wird jedoch immer mehr Menschen bewußt, was die Moderne mit der „Reduktion auf das Wesentliche“ gemeint hat und wie wichtig dieser Ansatz für eine echte geistige wie körperliche Regeneration des Städters vom streßgeladenen Arbeitsalltag ist.
Hitze und Staub trieben zum Beispiel die Wiener, die es sich leisten konnten, ins Rax- und Semmeringgebiet oder ins Salzkammergut. Seit der Errichtung der Ei enbahnstrecke über den Brenner im Jahre 1867 wählten die Adeligen allerdings auch gerne Südtirol als Ort für die sommerliche Erholung. Das mildere Klima an der Südseite der Alpen, die durch Wein- und Apfelanbau kultivierte Landschaft und nicht zuletzt die Schönheit der Dolomiten machten die Strapazen der weiten Anreise zweifellos wett. Die Sommerfrische sei sogar hier erfunden worden, indem sich die Bozner Bürger schon im Mittelalter während der heißen Jahreszeit nach Oberbozen, auf den Ritten verzogen hätten, ist in dem kleinen Buch „Ein Sommer in Dreikirchen “von Erich Kofler zu erfahren.
Durch das Eindringen der Städter in die Bergwelt entwickelte sich im19.Jahrhundert ein neuer Haustypus: Die Sommerfrische-Villa brachte städtisches Typologiedenken in die ländliche Gegend. Anders als mit dem Aufkommen der Fremdenverkehrsindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg, die versuchte, Touristenmassen alles für sie Gebaute als ursprünglich bäuerlich zu verkaufen, waren diese reinen Sommerhäuser, die gegen die Unbill des Winters einfach dicht gemacht wurden, nicht um eine erzwungene Originärität bemüht. Sie wurden vielmehr an der neu entdeckten und romantisierten Schönheit der alpinen Landschaft orientiert und eher mit historistischen Stilattributen versehen.
Ein besonders schöne Beipiel der Sommervillen-Architektur in Südtirol au den zwanziger Jahren findet sich in Bad Dreikirchen am Westhang des unteren Eisacktals. Auf 1200 Meter Seehöhe, in der Nähe dieses aus drei Kirchen und drei Häusern gebildeten Weilers, fügen sich neben anderen zwei unveränderte Häuser de bekannten Tiroler Architekten Lois Welzenbacher malerisch in die Landschaft ein. Es war eine kultivierte Bozner Kaufmannsfamilie, die Welzenbacher diesen seinen ersten Bauauftrag gegeben hatte.
Im Besitz der Familie Settarisbefand sich neben dem Dreikirchner Badhaus praktisch der halbe Berg, den sie durch eine konzertierte Familien- und Ankaufspolitik Ende de 19.Jahrhunderts an ich gebracht hatte: Heinrich Settari schenkte seiner Frau Johanna zu jeder Geburt eines Kindes eine Wiese oder einen Wald in der Gegend, sodaß sich diese nach 15 Kindern zu einem stattlichen Anwesen zusammenfügen ließen.
Die zahlreichen Nachkommen sollten in Dreikirchen ihre zweite Heimat und möglichst ein eigenes Heim besitzen, und so wurden nebst den Häusern von Welzenbacher, in noblem Abstand voneinander vereinzelt Sommerhäuser für die „Bergfamilie “errichtet reit bestehende adaptiert. Dem Umstand, daß sich diese große Gebiet in der Hand einer einzigen, zwar weitverzweigten, aber offenbar unzerstrittenen Familie befindet, ist es zu danken, daß sich hier nach wie vor keine Appartementburgen und Wellness-Hotel breitgemacht haben. Durch die Landschaft, die fast parkähnlich gepflegt wirkt, führt keine öffentliche Straße –Touristen finden somit zwar über Wanderwege Zutritt, jedoch keine freie Zufahrt, was als natürliches Tourismusregulativ gut zu funktionieren scheint.
Inmitten diese Idylls steht nun ein Gebäude, das es schafft, da Erlebnis der unverfälschten Landschaft um jenes einer unverfälschten Architektur für die interessierte Allgemeinheit zu ergänzen. Johanna Settari hatte 1896 veranlaßt auf 1300 Meter Höhe auf der steilen „Prioler Wiese “mit herrlicher Aussicht eine Dependance zum Badhaus Dreikirchen zu errichten. Es wurde ein typische Kurgebäude mit talseitig tiefen Loggien und einem voluminösen Satteldach.
Einer ihrer Schwiegersöhne, der Maler Hubert Lanzinger, betätigte sich auch als Architekt und plante 1928 den Umbau des Gebäudes. Lanzinger war Innsbrucker, hatte an der Akademie der Bildenden Künste in Wien studiert, erhielt 1909 das Rom-Stipendium und 1911 eine Ausstellung in der Wiener Secession. Er war es gewesen, der Lois Welzenbacher, mit dem er eng befreundet war und in den frühen zwanziger Jahren einige gemeinsame Ausstellungen gestaltete, in die Familie Settari eingeführt hatte. Anders als Welzenbacher, der in Wien die Gewerbeschule absolviert, jedoch nicht dort, sondern in München studiert hatte, dürfte Lanzinger stark der Wiener Moderne verhaftet gewesen sein.
Die Möglichkeit, ein Gebäude nach den Gesichtspunkten des modernen (Bau-)Körperverständnisse, auch im Sinne einer neuen Haltung gegenüber der Natur gestalten zu können, muß wohl eine große Herausforderung gewesen sein. Nachdem die Berge mit Hilfe der Technik, durch Eisenbahn und Seilbahnen bezwungen waren, sollte Naturnähe nicht länger auf passives Sommerfrischlertum beschränkt bleiben. Man begann die Natur zu erobern: durch Wandern, Bergsteigen und Klettern und im Winter durch Skifahren. Die Strenge, mit der man begann, den menschlichen Körper am Berg zu messen, wurde auch in der Architektur gefordert, und so waren es reduzierte Formen, mit denen auch ein Hau zeigen sollte, „was es wirklich kann “.Lanzinger, der angeblich mit Adolf Loo bekannt und zweifellos von ihm beeinflußt war, setzte diesen puristischen Ansatz so gelungen um, daß ihm ein zeitlos stimmiges Ambiente gelungen ist.
Er ließ von der alten Pension Briol die massiven Grundmauern stehen, das Satteldach hingegen wurde abgetragen und durch ein dem Hang entgegenlaufend geneigtes Pultdach ersetzt. Eine Verblendung aus Lärchenholz im obersten Geschoß, die eine horizontale Attika ausbildet, verleiht dem Gebäude von drei Seiten kubische Wirkung. Ostseitig schließt eine Loggiakonstruktion an, die von vier mächtigen weiß gestrichenen achteckigen Holzsäulen getragen wird, von der aus sich einem der überwältigende Blick auf die Dolomiten und ins Eisacktal bietet. Neben der weiß verputzten Fassade wird das Äußere durch das Olivgrün der glatten Fensterläden geprägt.
Auch das Innere gestaltete Hubert Lanzinger völlig neu, räumlich bestimmend dabei ist die innere Erschließung. Mittig in der Längsachse des Baukörpers liegt eine einläufige, durch ein Oberlicht erhellte Treppe, die an drei Seiten von den Gängen zu den Zimmern um schlossen wird. So bildet sich ein zentraler kommunikativer Raum aus, der die zwei oberen Geschosse mit den Gästezimmern an das Erdgeschoß mit Gaststube, Aufenthaltsraum und Küche anbindet.
Da Haus besitzt zwei Eingänge, den Haupteingang im Erdgeschoß an der Südseite und, bedingt durch die Hanglage, einen im ersten Obergeschoß an der Nordseite, der über eine Wiese zum zugehörigen ovalen Schwimmbecken und zu den Wanderwegen führt. Durch die axiale Verbindung der beiden über die Stiege wird hausintern eine angenehme Durchlässigkeit und Entflechtung der Wegeführung erzeugt.
Das vorherrschende Material im Haus ist Weichholz: für Böden, Treppe, Wandtäfelungen und einen Großteil des Mobiliars. Die großen Fensteröffnungen werden nicht durch Vorhänge verhängt, bei der Dekoration beschränkte sich der Künstler auf eine feine Strichführung vereinzelt an den weißen Wänden. Hubert Lanzinger entwarf auch ein Stuhlmodell au Lärchenholz, da im ganzen Hau eingesetzt wird und bei dem, im besten Loosschen Sinne, der Sessel nicht neu erfunden wurde, sondern als ideale, bequeme Ergänzung der fixen Elemente dient.
Das Erstaunliche an dieser Gestaltung ist, daß durch den sachlichen Einsatz dem Holz seine unangenehme Rustikalität genommen wird. Der Künstler hat die Wärme des Materials Holz eingesetzt, um die Wärme der Sonne im Hau weiterzuleiten, und nicht, um substituierend eine künstliche Heimeligkeit zu erzeugen. Das umgebaute „Briol“ war für die Sommerfrische, als „Sonnentempel in freier Höhe“, als Treffpunkt geplant und mußte langen Winternächten konzeptionell nichts entgegenhalten.
Diesem Umstand entsprechend, hat Hubert Lanzinger ein – wie man heute sagen würde – perfektes Design entwickelt, das auch nach siebzig Jahren bis ins Detail unverändert geblieben ist. Zwei Bäder pro Stockwerk bieten einen ausreichenden Hygienestandard, statt eines eingebauten Waschbeckens finden sich in jedem Zimmer nach wie vor die Waschschüssel und ein Wasserkrug aus Porzellan, ohne daß dies inszeniert oder die Bequemlichkeit beschneidend wirken würde.
Die Pension Briol muß in ihrer Funktion nicht mehr bieten als in den zwanziger Jahren und konnte daher auch in ihrer Form unverändert bleiben. Insider schätzen dies schon seit langer Zeit, in Zeiten von Fun-Sport und Erlebnisbad wird jedoch immer mehr Menschen bewußt, was die Moderne mit der „Reduktion auf das Wesentliche“ gemeint hat und wie wichtig dieser Ansatz für eine echte geistige wie körperliche Regeneration des Städters vom streßgeladenen Arbeitsalltag ist.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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