Bauwerk

Selbstbestimmtes Wohnen „Am Meisenbühel“
Inprogress Architektur Consulting, Pichler & Traupmann, Kai Hagmüller, Bettina Bauer, site.at, Gitschthaler Aichholzer & Partner, hobby a., nonconform - Wien (A) - 2010
Selbstbestimmtes Wohnen „Am Meisenbühel“, Foto: Martina Frühwirth
Selbstbestimmtes Wohnen „Am Meisenbühel“, Foto: Martina Frühwirth
28. März 2010 - Az W
Beim Spaziergang entlang der neuen Häuser vermeint man sich hier, am Rande des Lainzer Tiergartens, überraschend in einer Musterhaussiedlung: Sieben Bauplätze (in Summe ca. 6000 m²) wurden zeitgleich von sieben verschiedenen Architekturbüros beplant. Bereits in der Frühphase wurden durch einen Masterplan die Sichtbeziehungen sowohl zum Wienerwald, als auch zur Stadt für jedes Haus in Abstimmung zu den benachbarten Objekten festgelegt.

Die Sichtkorridore bilden einen Mehrwert dieses Bauherrenmodells. Das Gelände hat 15% Hangneigung, eine gute Voraussetzung für den Fernblick. Den Architekt:innen gelang es in nachbarschaftlichen Abstimmungsprozessen, die Sichtkorridore tatsächlich freizuhalten. Das Haus von Pichler & Traupmann am oberen Ende des Geländes, dort, wo die Spaziergänger entlang der Tiergartenmauer vorbeiflanieren, eröffnet dank großzügiger Verglasung der Außenhaut sogar einen Blick durch das Haus hindurch, hinunter auf Wien.

Mit den Landschaftsplanern wurden Rahmenbedingungen für die Freiraumgestaltung festgelegt und vertraglich verankert, wie z.B. einheitliche Stützwände aus Waldviertler Gneiss, keine Umzäunungen innerhalb der Siedlung. Doch bereits vor Fertigstellung des siebenten und letzten Hauses wird sichtbar, dass eine Vereinbarung nur schwer einzuhalten sein wird: der Verzicht auf Umzäunungen. Angesichts der zahlreichen Swimmingpools (die Idee eines Gemeinschaftspools ließ sich nicht durchsetzen), wäre ein freier Zugang zu diesen Pools ein Sicherheitsrisiko, schließlich wohnen in sechs der sieben Häuser Familien mit (kleinen) Kindern. Letztlich ist die Abzäunung für manche der Bauherren auch eine willkommene Markierung der Grundstücksgrenze.

1/9 der Gesamtfläche bildet den sogenannten Anger und entwickelt sich entlang der mittigen Erschließungsstraße und definiert Flächen für die Allgemeinnutzung, z.B. Spielflächen und temporäre Stellplätze für Gäste. Diese Fläche ist ein gemeinsames Eigentum, demgemäß hat jeder Mitspracherecht, wie mit der Privatstraße umgegangen wird. Gegenwärtig sorgt die Haftungsfrage für Diskussionen unter den Bauherren und Baufrauen, denn der Meisenbühel liegt entlang einer beliebten Route für Spaziergänger und Mountainbiker. Im Falle eines Unfalls auf dem Gelände der sieben Häuser haften die Eigentümer. Überlegt wird ein Schranken, vielleicht wird die Absicherung in Form eines genormten Schildes als Haftungsausschluss ausreichen. Auch die mitunter totale Einsehbarkeit der Wohnräume führt bei manchen Bauherren zum Wunsch nach mehr Abgrenzung.

Wer sich für ein Bauherrenmodell wie das „Selbstbestimmte Wohnen“ am Meisenbühel entscheidet, sollte die Bereitschaft mitbringen, sich auf ­Diskussionen einzulassen – sowohl in der Planungsphase, als auch im Zusammenleben. (Text: Martina Frühwirth)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at