Bauwerk
Dachausbau Karajangasse
SWAP Architektur, Martin Grimus - Wien - 2019
28. Dezember 2022 - Az W
Mitte der 1990er Jahre setzte in Wien ein Boom an gründerzeitlichen Dachausbauten ein. Zunächst waren diese reine Luxusangelegenheit und vollzogen sich in bevorzugten Lagen innerhalb des Gürtels. Mittlerweile sind Dachausbauten als Möglichkeit, die historische Stadt zu verdichten, im geförderten Wohnbau und in Lagen außerhalb des Gürtels angekommen.
Die Standardlösung gemäß den in Wien geltenden Vorschriften ist, den Ausbau unter einem weit steileren (bis 45 Grad geneigten), höheren neuen Dach mit Gaupen und Dachschrägenfenstern unterzubringen. Das Haus bleibt vorgeblich dasselbe, seine Proportionen ändern sich jedoch maßgeblich. Sowohl für den Stadtraum als auch für die Innenräume (schräge Wände, Ausblick nur nach oben) sind dies oft unbefriedigende Lösungen.
Eine alternative Herangehensweise ist es, das Dach als neuen Bauplatz zu interpretieren. Diesen Zugang wählten Martin Grimus und SWAP Architektur in ihrem Dachausbau in der Karajangasse im 20. Bezirk. Das Projekt geht auf die Initiative von Martin Grimus zurück, der damit auch für sich und seine Familie Wohnraum schaffen wollte – ohne über endlose Ressourcen zu verfügen. Der Architekt als Bauträger – das ist eine für die Qualität oft glückliche Situation. Für die Planung und den Bau tat sich Grimus mit dem (holz)bauerfahrenen Büro von SWAP Architektur zusammen.
Die Wahl des Bauplatzes ist ideal: Der Altbau ist ein anspruchsloses viergeschossiges Gründerzeithaus, dessen Fassadengliederung im 20. Jahrhundert abgeschlagen worden war. Das Haus befindet sich im 20. Bezirk, außerhalb der innerstädtischen „Luxuszone“ für Dachaufbauten, dennoch stadtnah und vor allem nah an einem der großen Wiener Parks, dem Augarten. Es ist ein Eckhaus, das vom Nachbargebäude um ein Geschoß überragt wird. An dessen Höhenlinie konnte der Dachaufbau anschließen.
SWAP Architektur und Martin Grimus setzten auf den Altbau ein eigenständiges zweigeschossiges Haus, das drei Wohnungen enthält, eine davon eine Maisonettewohnung. Es gibt keinerlei Dachschrägen. Auch wenn die Architekten damit auf einige Quadratmeter Grundfläche verzichteten, ergeben sich so höhere Raum- und Nutzungsqualitäten und die Bewohner:innen haben Ausblick auf die Stadt.
Das Projekt hatte die Unterstützung des damaligen Dezernatsleiters Robert Kniefacz in der Magistratsabteilung 19. Kniefacz steht für eine Phase, in der die Stadt Wien sich aktiv um beispielgebende Lösungen in der relativ neuen Planungsaufgabe von Dachausbauten der Gründerzeit bemüht hatte und dafür auch einen Expert:innen Beirat befragte.
SWAP Architektur und Martin Grimus konzipierten ihr „Haus auf dem Haus“ in der Karajangasse als Terrassenbau. Das zweigeschossige Volumen wird durch eingeschnittene und auskragende Terrassen gegliedert, die sicht- und witterungsgeschützt sind. Sämtliche Wohnungen verfügen sowohl zur Straße als auch zum Hof über Außenräume, die direkt von den Wohnungen aus zugänglich sind. Alle drei Wohnungen haben außerdem Zugang zur gemeinsamen Dachterrasse. Die Maisonettewohnung und die im 2. Dachgeschoß gelegene Wohnung sind über eine außenliegende Stiege mit der Dachterrasse verbunden. Die Wohnung im 1. Dachgeschoß ist mit der Dachterrasse über eine Stahlwendeltreppe verbunden, die in einen Lichtschacht eingebaut wurde, der auch als Bibliothek fungiert.
Der Aufbau ist großteils ein – gewichtssparender – Holzbau. Ein hoher Vorfertigungsgrad ermöglichte eine rasche Bauabwicklung.
Der Blick aus den Wohnungen nicht nur zum Himmel (wie bei Dachrägenfenstern) sondern auch auf die umgebende Stadt schafft eine Verankerung mit dieser. In der Karajangasse geht die Sichtverbindung nicht nur zum Augarten sondern auch zum schräg gegenüberliegenden Brigittenauer Gymnasium, das 1938 in ein Gestapo Gefängnis umgewandelt worden war, zu dessen Inhaftierten Bruno Kreisky und Fritz Grünbaum zählten.
Vor den weitgehend verglasten Außenwänden des Dachaufbaus liegt ein außenliegender Sonnen- und Sichtschutz aus Faserbetonplatten, der an Stahlträgern laufend teilweise falt- und verschiebbar ist. Die Farbgebung in unterschiedlichen Erdtönen entspricht auch dem Wunsch der MA19 nach einem formalen Anschluss der neuen Fassaden an die Putzfassade des Gründerzeitbaus. Bereichernd für den Stadtraum sind insbesondere die begrünten Außenräume. Der Dachausbau ist einerseits ein eigenständiges Haus auf dem Altbau. Andererseits versucht er nicht, die Umgebung großspurig zu übertrumpfen. Die historische Stadt wurde auf eine Art verdichtet, die nicht nur Nutzraum sondern eine neue Qualitätsebene schafft. (Text: Maria Welzig)
Die Standardlösung gemäß den in Wien geltenden Vorschriften ist, den Ausbau unter einem weit steileren (bis 45 Grad geneigten), höheren neuen Dach mit Gaupen und Dachschrägenfenstern unterzubringen. Das Haus bleibt vorgeblich dasselbe, seine Proportionen ändern sich jedoch maßgeblich. Sowohl für den Stadtraum als auch für die Innenräume (schräge Wände, Ausblick nur nach oben) sind dies oft unbefriedigende Lösungen.
Eine alternative Herangehensweise ist es, das Dach als neuen Bauplatz zu interpretieren. Diesen Zugang wählten Martin Grimus und SWAP Architektur in ihrem Dachausbau in der Karajangasse im 20. Bezirk. Das Projekt geht auf die Initiative von Martin Grimus zurück, der damit auch für sich und seine Familie Wohnraum schaffen wollte – ohne über endlose Ressourcen zu verfügen. Der Architekt als Bauträger – das ist eine für die Qualität oft glückliche Situation. Für die Planung und den Bau tat sich Grimus mit dem (holz)bauerfahrenen Büro von SWAP Architektur zusammen.
Die Wahl des Bauplatzes ist ideal: Der Altbau ist ein anspruchsloses viergeschossiges Gründerzeithaus, dessen Fassadengliederung im 20. Jahrhundert abgeschlagen worden war. Das Haus befindet sich im 20. Bezirk, außerhalb der innerstädtischen „Luxuszone“ für Dachaufbauten, dennoch stadtnah und vor allem nah an einem der großen Wiener Parks, dem Augarten. Es ist ein Eckhaus, das vom Nachbargebäude um ein Geschoß überragt wird. An dessen Höhenlinie konnte der Dachaufbau anschließen.
SWAP Architektur und Martin Grimus setzten auf den Altbau ein eigenständiges zweigeschossiges Haus, das drei Wohnungen enthält, eine davon eine Maisonettewohnung. Es gibt keinerlei Dachschrägen. Auch wenn die Architekten damit auf einige Quadratmeter Grundfläche verzichteten, ergeben sich so höhere Raum- und Nutzungsqualitäten und die Bewohner:innen haben Ausblick auf die Stadt.
Das Projekt hatte die Unterstützung des damaligen Dezernatsleiters Robert Kniefacz in der Magistratsabteilung 19. Kniefacz steht für eine Phase, in der die Stadt Wien sich aktiv um beispielgebende Lösungen in der relativ neuen Planungsaufgabe von Dachausbauten der Gründerzeit bemüht hatte und dafür auch einen Expert:innen Beirat befragte.
SWAP Architektur und Martin Grimus konzipierten ihr „Haus auf dem Haus“ in der Karajangasse als Terrassenbau. Das zweigeschossige Volumen wird durch eingeschnittene und auskragende Terrassen gegliedert, die sicht- und witterungsgeschützt sind. Sämtliche Wohnungen verfügen sowohl zur Straße als auch zum Hof über Außenräume, die direkt von den Wohnungen aus zugänglich sind. Alle drei Wohnungen haben außerdem Zugang zur gemeinsamen Dachterrasse. Die Maisonettewohnung und die im 2. Dachgeschoß gelegene Wohnung sind über eine außenliegende Stiege mit der Dachterrasse verbunden. Die Wohnung im 1. Dachgeschoß ist mit der Dachterrasse über eine Stahlwendeltreppe verbunden, die in einen Lichtschacht eingebaut wurde, der auch als Bibliothek fungiert.
Der Aufbau ist großteils ein – gewichtssparender – Holzbau. Ein hoher Vorfertigungsgrad ermöglichte eine rasche Bauabwicklung.
Der Blick aus den Wohnungen nicht nur zum Himmel (wie bei Dachrägenfenstern) sondern auch auf die umgebende Stadt schafft eine Verankerung mit dieser. In der Karajangasse geht die Sichtverbindung nicht nur zum Augarten sondern auch zum schräg gegenüberliegenden Brigittenauer Gymnasium, das 1938 in ein Gestapo Gefängnis umgewandelt worden war, zu dessen Inhaftierten Bruno Kreisky und Fritz Grünbaum zählten.
Vor den weitgehend verglasten Außenwänden des Dachaufbaus liegt ein außenliegender Sonnen- und Sichtschutz aus Faserbetonplatten, der an Stahlträgern laufend teilweise falt- und verschiebbar ist. Die Farbgebung in unterschiedlichen Erdtönen entspricht auch dem Wunsch der MA19 nach einem formalen Anschluss der neuen Fassaden an die Putzfassade des Gründerzeitbaus. Bereichernd für den Stadtraum sind insbesondere die begrünten Außenräume. Der Dachausbau ist einerseits ein eigenständiges Haus auf dem Altbau. Andererseits versucht er nicht, die Umgebung großspurig zu übertrumpfen. Die historische Stadt wurde auf eine Art verdichtet, die nicht nur Nutzraum sondern eine neue Qualitätsebene schafft. (Text: Maria Welzig)
Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien
Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzig
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