Bauwerk
Tivoligasse – Woody M
Freimüller Söllinger Architektur - Wien - 2022
18. Oktober 2023 - Az W
Zu den Planungsmiseren im ländlichen Raum und an der Stadt-Peripherie gehören freistehende Supermarkt-Bauten mit ihren ausgedehnten betonierten Parkplatzflächen. Auch im innerstädtischen Raum gibt es derartige Situationen. Das Architekturbüro Freimüller Söllinger und der Bauträger Palmers Immobilien stießen 2013 auf ein Grundstück mit eingeschoßigem Supermarkt und Parkplatz für 40 PKW im Zentrum von Meidling. Ein innerstädtischer Ort mit bester Versorgungslage und Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Hier zusätzlichen Wohnraum zu schaffen und außerdem den städtischen Raum aus der Okkupation durch Autos zu befreien, bedeutet auch einen Gewinn für das Quartier.
Anstelle von Supermarkt und Parkplatz errichteten Freimüller Söllinger einen Sockelbau und auf diesem, quergestellt zur umgebenden Wohnbebauung, vier locker gesetzte fünf- bzw. sechsgeschossige Wohnhäuser. Die Querstellung der Wohnhäuser ermöglicht vielfältige Durchblicke und freie Sichtachsen für die angrenzenden Wohnbauten aus den 1950er bis 1980er Jahren. Der Sockel, der den Supermarkt und Gemeinschaftseinrichtungen der Wohnanlage aufnimmt, ist zum neuen Durchgangsweg hin als bewegter Körper ausgeformt. Die vier Wohnhäuser sind leicht gegeneinander verschwenkt. Ein urbanistisches Konzept, das Lebendigkeit in den Stadtraum bringt.
Zur Lebendigkeit trägt auch die reiche Begrünung anstelle der versiegelten Parkplatzfläche bei. Die Bereiche zwischen den Wohnhäusern – das Dach des Sockels – gestaltete Carla Lo Landschaftsarchitektur als landschaftlichen Grünraum. Der neu geschaffene Geschwister Spitzer Weg, benannt nach den Betreiber:innen des Margaretener Lichtspielkinos, deren drei Schwestern 1942 im KZ ermordet wurden, ermöglicht nun eine Querung des bisher unpassierbaren Areals zu Fuß und mit dem Fahrrad. Zum neuen Weg hin rückt der Sockelbau zurück und gibt Raum für einen mit Sträuchern, Bäumen und Gräsern begrünten Streifen.
An der Kreuzung zur Bonygasse weitet sich der Geschwister Spitzer Weg zu einem Platz. Eine Freitreppe führt hier auf das Wohnplateau und ebenerdige Zugänge erschließen Gemeinschaftsräume und die Fahrradgarage. Die Geländeneigung von der Bonygasse zur Tivoligasse nahmen die Architekt:innen als gestalterisches Element auf.
Der bewegte Sockelverlauf erzeugt entlang des Fußwegs kleine Plätze und freundliche Zugangsbereiche zu den Wohnhäusern. Großflächige Verglasungen im Sockelgeschoß zum Weg hin bilden ein raum- und lichtatmosphärisch für innen und außen wichtiges Architekturelement und bringen ebenfalls Lebendigkeit in den Stadtraum.
Eine weitere Projekt-Innovation ist die Konstruktion der Wohnbauten aus Holz. Die konstruktiven Teile bestehen aus Brettsperrholz und wurden als Fertigteile von der Firma Theurl aus Osttirol geliefert. Um Material zu sparen nehmen die Deckenstärken, genau den statischen Anforderungen entsprechend, nach oben hin ab. Die Decken sind aus Sichtholz. Brand- und Schallschutz stellten hohe Anforderungen, die es protoypisch zu lösen galt.
Jedem Holzhaus ist an der einen Längsseite ein Balkongerüst und an der anderen ein Erschließungsgerüst in Form von Laubengängen und einem Liftturm vorgestellt. Der gesamte Baukörper inklusive Betonsockel ist, abgesehen von Erschließungsgerüst, einheitlich mit gehobelten Holzbrettern verkleidet.
Die 85 freifinanzierten Wohnungen bestehen in den Obergeschossen 1-3 (bzw. 4) aus Klein(st)wohnungen mit Loggia-artigem Balkon; sie sind zum Laubengang hin durchgesteckt. In den beiden obersten Geschossen stufen sich die Baukörper an ihren Schmalseiten in großzügigen ost- oder westorientierten Terrassen zurück. Auch die Wohnungen sind hier größer. Die Wohnungstrennwände können generell jedoch versetzt werden und somit sind künftige Anpassungen der Wohnungsgrößen möglich. Sämtliche Wohnungen verfügen über großzügige Wand zu Wand Verglasungen.
Das Ensemble bildet mit seiner lebendigen Baukörper-Setzung, mit der reichen Begrünung, dem Material Holz sowie der Durchwegung einen neuen Identifikationsort für die Umgebung. (Text: Maria Welzig)
Anstelle von Supermarkt und Parkplatz errichteten Freimüller Söllinger einen Sockelbau und auf diesem, quergestellt zur umgebenden Wohnbebauung, vier locker gesetzte fünf- bzw. sechsgeschossige Wohnhäuser. Die Querstellung der Wohnhäuser ermöglicht vielfältige Durchblicke und freie Sichtachsen für die angrenzenden Wohnbauten aus den 1950er bis 1980er Jahren. Der Sockel, der den Supermarkt und Gemeinschaftseinrichtungen der Wohnanlage aufnimmt, ist zum neuen Durchgangsweg hin als bewegter Körper ausgeformt. Die vier Wohnhäuser sind leicht gegeneinander verschwenkt. Ein urbanistisches Konzept, das Lebendigkeit in den Stadtraum bringt.
Zur Lebendigkeit trägt auch die reiche Begrünung anstelle der versiegelten Parkplatzfläche bei. Die Bereiche zwischen den Wohnhäusern – das Dach des Sockels – gestaltete Carla Lo Landschaftsarchitektur als landschaftlichen Grünraum. Der neu geschaffene Geschwister Spitzer Weg, benannt nach den Betreiber:innen des Margaretener Lichtspielkinos, deren drei Schwestern 1942 im KZ ermordet wurden, ermöglicht nun eine Querung des bisher unpassierbaren Areals zu Fuß und mit dem Fahrrad. Zum neuen Weg hin rückt der Sockelbau zurück und gibt Raum für einen mit Sträuchern, Bäumen und Gräsern begrünten Streifen.
An der Kreuzung zur Bonygasse weitet sich der Geschwister Spitzer Weg zu einem Platz. Eine Freitreppe führt hier auf das Wohnplateau und ebenerdige Zugänge erschließen Gemeinschaftsräume und die Fahrradgarage. Die Geländeneigung von der Bonygasse zur Tivoligasse nahmen die Architekt:innen als gestalterisches Element auf.
Der bewegte Sockelverlauf erzeugt entlang des Fußwegs kleine Plätze und freundliche Zugangsbereiche zu den Wohnhäusern. Großflächige Verglasungen im Sockelgeschoß zum Weg hin bilden ein raum- und lichtatmosphärisch für innen und außen wichtiges Architekturelement und bringen ebenfalls Lebendigkeit in den Stadtraum.
Eine weitere Projekt-Innovation ist die Konstruktion der Wohnbauten aus Holz. Die konstruktiven Teile bestehen aus Brettsperrholz und wurden als Fertigteile von der Firma Theurl aus Osttirol geliefert. Um Material zu sparen nehmen die Deckenstärken, genau den statischen Anforderungen entsprechend, nach oben hin ab. Die Decken sind aus Sichtholz. Brand- und Schallschutz stellten hohe Anforderungen, die es protoypisch zu lösen galt.
Jedem Holzhaus ist an der einen Längsseite ein Balkongerüst und an der anderen ein Erschließungsgerüst in Form von Laubengängen und einem Liftturm vorgestellt. Der gesamte Baukörper inklusive Betonsockel ist, abgesehen von Erschließungsgerüst, einheitlich mit gehobelten Holzbrettern verkleidet.
Die 85 freifinanzierten Wohnungen bestehen in den Obergeschossen 1-3 (bzw. 4) aus Klein(st)wohnungen mit Loggia-artigem Balkon; sie sind zum Laubengang hin durchgesteckt. In den beiden obersten Geschossen stufen sich die Baukörper an ihren Schmalseiten in großzügigen ost- oder westorientierten Terrassen zurück. Auch die Wohnungen sind hier größer. Die Wohnungstrennwände können generell jedoch versetzt werden und somit sind künftige Anpassungen der Wohnungsgrößen möglich. Sämtliche Wohnungen verfügen über großzügige Wand zu Wand Verglasungen.
Das Ensemble bildet mit seiner lebendigen Baukörper-Setzung, mit der reichen Begrünung, dem Material Holz sowie der Durchwegung einen neuen Identifikationsort für die Umgebung. (Text: Maria Welzig)
Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien
Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzig
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