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Zaha Hadid 1950–2016
Zaha Hadid zählte zu den wichtigsten Architektinnen der Gegenwart. Die Pritzker-Preis-Trägerin setzte auch in Österreich Zeichen – etwa mit der Bergiselschanze oder der Bibliothek auf dem WU-Campus. Gestern, Donnerstag, ist sie 65-jährig in Miami gestorben.
1. April 2016 - Wojciech Czaja
„Die Kritiker sprechen sich oft gegen meine Projekte aus, weil sie ihnen zu innovativ sind und weil sie solche Geometrien in der Architektur noch nie zuvor gesehen haben“, sagte Zaha Hadid vor einigen Jahren in einem Interview. „Aber wissen Sie: Wenn ich mich je durch die internationale Meinung über meine Arbeit hätte beeinflussen lassen, dann hätte ich den Job schon vor zwanzig Jahren hingeschmissen.“
Das hat sie nicht. Mit rund 950 Projekten weltweit war Hadid nicht nur eine der meistbauenden, sondern auch eine der wichtigsten zeitgenössischen Architektinnen des 20. und 21. Jahrhunderts. Als erste Frau, die mit dem Pritzker-Preis (2004) ausgezeichnet wurde, galt sie zudem als Avantgardistin, Gallionsfigur und Wegbereiterin eines neuen Selbstverständnisses in der Architekturszene.
Am Donnerstag ist sie in einem Krankenhaus in Miami, wo sie wegen einer Bronchitis behandelt wurde, an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben.
Hadid wurde 1950 in Bagdad geboren und entwarf als Kind ihr eigenes Kinderzimmer, das in der irakischen Hauptstadt von der Hautevolee etliche Male kopiert wurde. Sie besuchte eine katholische Klosterschule in Bagdad sowie Internate in der Schweiz und Großbritannien. Bereits mit elf Jahren wusste sie, dass sie Architektin werden wollte.
Internationale Studien
Sie studierte Mathematik an der American University of Beirut und Architektur an der Architectural Association School in London. Die zunächst erlernte Welt der Zahlen, Vektoren und hochgradigen Funktionskurven ließ sie nie wieder los. Bereits die Collagen und Architekturzeichnungen der frühen Jahre, mit deren Verkauf sie ihre ersten Berufsjahre finanzierte, gaben einen vielversprechenden Ausblick auf ihr späteres Schaffen. 1988 wurde sie, noch ohne je etwas gebaut zu haben, in der Ausstellung Deconstructivist Architecture am New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) porträtiert.
Allein, bis zu ihrem ersten realisierten Projekt sollten noch viele Jahre vergehen. 1993 schließlich, nach einem langen Kampf um ihre Position in der damals männlich dominierten Architektenschaft, wurde auf dem Areal des Möbelherstellers Vitra in Weil am Rhein ihre extravagante Feuerwehrstation eröffnet.
„Wir müssen uns endlich von der Schachtel und vom alles bestimmenden 90-Grad-Winkel verabschieden“, meinte sie damals. Und sie meinte es ernst. Die Winkel im Feuerwehrhaus waren so spitz, dass die Feuerwehrautos im Notfall nicht ohne Reversieren hinausfahren konnten. Heute dient das anekdotenreiche Gebäude als Museum und Ausstellungshaus.
In den darauffolgenden zwei Jahrzehnten legte Hadid, die sich – quasi als Abbild ihrer eigenen Architekturidee – gerne mit Stilettos und mit Stücken des japanischen Modedesigners Issey Miyake kleidete, eine einzigartige Karriere hin, die sie zur bekanntesten und bedeutendsten Gegenwartsarchitektin machte. „Niemand hatte auf das zeitgenössische Bauen der letzten Jahrzehnte mehr Einfluss als Zaha Hadid“, sagt Kollege und Freund Richard Rogers.
Zahlreiche bekannte Projekte
Zu Hadids bekanntesten Bauten zählen das Rosenthal Center for Contemporary Arts in Cincinnati (2003), das Wissenschaftsmuseum phæno in Wolfsburg (2005), das MAXXI-Museum in Rom (2010), das Opernhaus in Guangzhou (2010), das Riverside Museum in Glasgow (2011), das Heydar Aliyev Centre in Baku (2014) sowie das letzten Sommer fertiggestellte Messner Mountain Museum in Südtirol.
In Österreich baute Hadid, die von 2000 bis 2015 an der Universität für Angewandte Kunst in Wien unterrichtete, die spektakuläre Skisprungschanze am Bergisel, die Innsbrucker Hungerburgbahn, die Wohnhausanlage über den Otto-Wagner-Bögen in Wien-Spittelau sowie das Library and Learning Center auf dem neuen WU-Campus im Wiener Prater.
Darüber hinaus entwarf sie Möbel, Lampen, Bühnenbilder, Schuhe für Melissa und United Nude sowie eine Weinflasche für den österreichischen Winzer Leo Hillinger. Kritisiert wurde sie zuletzt vor allem dafür, dass sie für Auftraggeber aus diktatorischen Staaten arbeitete und sich zunehmend selbst zitiere.
„Neider hatte ich immer schon“, sagte Zaha Hadid. „Das stört mich nicht. Das ist nur Ausdruck dafür, dass die Menschen verlernt haben, an die Möglichkeit des Phantastischen zu glauben. Ich will meine Phantasie ausreizen. Bis zuletzt.“ Das ist ihr gelungen.
Das hat sie nicht. Mit rund 950 Projekten weltweit war Hadid nicht nur eine der meistbauenden, sondern auch eine der wichtigsten zeitgenössischen Architektinnen des 20. und 21. Jahrhunderts. Als erste Frau, die mit dem Pritzker-Preis (2004) ausgezeichnet wurde, galt sie zudem als Avantgardistin, Gallionsfigur und Wegbereiterin eines neuen Selbstverständnisses in der Architekturszene.
Am Donnerstag ist sie in einem Krankenhaus in Miami, wo sie wegen einer Bronchitis behandelt wurde, an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben.
Hadid wurde 1950 in Bagdad geboren und entwarf als Kind ihr eigenes Kinderzimmer, das in der irakischen Hauptstadt von der Hautevolee etliche Male kopiert wurde. Sie besuchte eine katholische Klosterschule in Bagdad sowie Internate in der Schweiz und Großbritannien. Bereits mit elf Jahren wusste sie, dass sie Architektin werden wollte.
Internationale Studien
Sie studierte Mathematik an der American University of Beirut und Architektur an der Architectural Association School in London. Die zunächst erlernte Welt der Zahlen, Vektoren und hochgradigen Funktionskurven ließ sie nie wieder los. Bereits die Collagen und Architekturzeichnungen der frühen Jahre, mit deren Verkauf sie ihre ersten Berufsjahre finanzierte, gaben einen vielversprechenden Ausblick auf ihr späteres Schaffen. 1988 wurde sie, noch ohne je etwas gebaut zu haben, in der Ausstellung Deconstructivist Architecture am New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) porträtiert.
Allein, bis zu ihrem ersten realisierten Projekt sollten noch viele Jahre vergehen. 1993 schließlich, nach einem langen Kampf um ihre Position in der damals männlich dominierten Architektenschaft, wurde auf dem Areal des Möbelherstellers Vitra in Weil am Rhein ihre extravagante Feuerwehrstation eröffnet.
„Wir müssen uns endlich von der Schachtel und vom alles bestimmenden 90-Grad-Winkel verabschieden“, meinte sie damals. Und sie meinte es ernst. Die Winkel im Feuerwehrhaus waren so spitz, dass die Feuerwehrautos im Notfall nicht ohne Reversieren hinausfahren konnten. Heute dient das anekdotenreiche Gebäude als Museum und Ausstellungshaus.
In den darauffolgenden zwei Jahrzehnten legte Hadid, die sich – quasi als Abbild ihrer eigenen Architekturidee – gerne mit Stilettos und mit Stücken des japanischen Modedesigners Issey Miyake kleidete, eine einzigartige Karriere hin, die sie zur bekanntesten und bedeutendsten Gegenwartsarchitektin machte. „Niemand hatte auf das zeitgenössische Bauen der letzten Jahrzehnte mehr Einfluss als Zaha Hadid“, sagt Kollege und Freund Richard Rogers.
Zahlreiche bekannte Projekte
Zu Hadids bekanntesten Bauten zählen das Rosenthal Center for Contemporary Arts in Cincinnati (2003), das Wissenschaftsmuseum phæno in Wolfsburg (2005), das MAXXI-Museum in Rom (2010), das Opernhaus in Guangzhou (2010), das Riverside Museum in Glasgow (2011), das Heydar Aliyev Centre in Baku (2014) sowie das letzten Sommer fertiggestellte Messner Mountain Museum in Südtirol.
In Österreich baute Hadid, die von 2000 bis 2015 an der Universität für Angewandte Kunst in Wien unterrichtete, die spektakuläre Skisprungschanze am Bergisel, die Innsbrucker Hungerburgbahn, die Wohnhausanlage über den Otto-Wagner-Bögen in Wien-Spittelau sowie das Library and Learning Center auf dem neuen WU-Campus im Wiener Prater.
Darüber hinaus entwarf sie Möbel, Lampen, Bühnenbilder, Schuhe für Melissa und United Nude sowie eine Weinflasche für den österreichischen Winzer Leo Hillinger. Kritisiert wurde sie zuletzt vor allem dafür, dass sie für Auftraggeber aus diktatorischen Staaten arbeitete und sich zunehmend selbst zitiere.
„Neider hatte ich immer schon“, sagte Zaha Hadid. „Das stört mich nicht. Das ist nur Ausdruck dafür, dass die Menschen verlernt haben, an die Möglichkeit des Phantastischen zu glauben. Ich will meine Phantasie ausreizen. Bis zuletzt.“ Das ist ihr gelungen.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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