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Wiener Fernbusterminal steckt fest
Der Standard

Die Stadt will nach der Trennung von Investor Ariel Muzicant den internationalen Busbahnhof in deutlich reduzierter Form selbst bauen. Doch es laufen Rechtsstreitigkeiten.

28. Mai 2024 - David Krutzler
Für die Stadt Wien ist es ein zentrales Infrastrukturprojekt: Der seit Jahren geplante internationale Fernbusterminal beim Ernst-Happel-Stadion soll die Busreise-Möglichkeiten von und nach Wien auf ein modernes Niveau heben. Und er soll auch dafür sorgen, dass Touristinnen und Touristen bei der Ankunft ein angenehmes erstes Bild von Wien erhalten. Der größte Busbahnhof befindet sich derzeit in Erdberg unter einer Brücke der A23 (Südosttangente) und ist schon ordentlich in die Jahre gekommen.

Doch das Vorhaben in der Leopoldstadt kommt nicht richtig vom Fleck. Noch immer ist kein Baustart in Sicht. Dabei hätte nach ursprünglichen Plänen der Fernbusterminal inklusive eines 105-Meter-Hochhauses und eines weiteren mehrstöckigen Gebäudes im kommenden Jahr fertiggestellt sein sollen. Zunächst gab die Stadt im Oktober 2023 die Kündigung des Vertrags mit der privaten Investorengruppe DBR (Donau Busterminal Realisierungs GmbH) um Ariel Muzicant bekannt. Diese hätte das Gesamtprojekt umsetzen und finanzieren sollen. Und vor zwei Wochen kündigte Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) an, dass die Stadt den Fernbusterminal auf eigenes Risiko ohne privaten Partner errichten will. Angedacht ist vorerst eine Schmalspurvariante ohne Schnickschnack, also nur ein Busbahnhof ohne weitere Gebäude. Verantwortlich ist nun die städtische Wiener Standortentwicklung GmbH (WSE), eine Tochterfirma der Wien Holding.
Rechtsstreit anhängig

Aber auch bei diesem neuen Plan gibt es noch zahlreiche Unsicherheiten. Denn Investor Muzicant geht davon aus, dass die Kündigung des DBR-Vertrags durch die Stadt unrechtmäßig erfolgt ist, wie er im Gespräch mit dem STANDARD betont. Der Rechtsstreit ist gerichtsanhängig. „Die Stadt kann derzeit gar nichts errichten“, sagt Muzicant. Er kritisiert, dass die Stadt mit Plänen arbeite, „die uns gehören. Vieles ist unser geistiges Eigentum.“ Der Zwist zwischen DBR und Stadt Wien ist jedenfalls eskaliert. Das zuständige Handelsgericht Wien hat nun „zur Prüfung etwaiger Vergleichspotenziale“ ein Mediationsverfahren vorgeschlagen, wie ein Sprecher der städtischen Firma WSE auf Anfrage bestätigt. Erste Gespräche mit der seitens des Gerichts vorgeschlagenen Mediatorin starten laut Muzicant diese Woche. Bis zum Frühherbst soll eine Lösung gefunden werden.

Worum geht es? Die WSE hat den Standpunkt, dass derzeit „rechtskonform eine Planung für den Fernbusterminal erarbeitet“ wird. „Dafür ist keine Übertragung der Werknutzungsrechte notwendig.“ Doch Muzicants Pläne für den Busterminal haben ihren Preis. Offen ist, ob sich der geschasste Investor und die Stadt auf eine „Ablösesumme“ einigen können. Kommt es zu keinem außergerichtlichen Deal, müssen die Gerichte entscheiden – was mit weiteren Verzögerungen für das Projekt verbunden wäre. Erst recht, wenn das Gericht zur Auffassung gelangen sollte, dass die Kündigung der DBR unrechtmäßig erfolgt ist.

Die Fronten sind verhärtet. Die Stadt wirft Muzicant vor, dass er Risiko und Mehrkosten des Projekts auf die Stadt abwälzen wollte. Eine Kündigung sei alternativlos gewesen. So hatte Muzicant bereits vor einem Jahr erhebliche Probleme bei der Finanzierung angesichts des schwierigen Marktumfelds eingeräumt und Einsparungen im zweistelligen Millionenbereich beim Gesamtprojekt angekündigt. Der Investor selbst attackiert die Stadt: Diese habe das Projekt verkehrt aufgezogen und massive Fehler bei der Ausschreibung gemacht. So sei im Vorfeld nicht genau definiert und abgegrenzt worden, wer was bezahlen muss. Konkret soll jene Gesellschaft, die den Busterminal betreiben soll und aus den Firmen Blaguss, Gschwindl und Dr. Richard besteht, zusätzliche Forderungen gestellt haben. „Die Stadt weiß nicht, wie man PPP (öffentlich-private Partnerschaften, Anm.) macht“, sagte Muzicant.

Baustart 2025 angestrebt

Trotz der Gerichtsverfahren strebt die Stadt „eine möglichst rasche Umsetzung mit einem Baustart 2025“ an, wie es auf Anfrage von der WSE heißt. „Das Projekt hat weiterhin höchste Priorität für die Stadt Wien.“ Zu den geschätzten Baukosten sei „noch keine Aussage möglich“. Muzicant rechnet aber damit, dass nur für den Busbahnhof ohne Zusatzgebäude mindestens 80 Millionen Euro fällig werden. Dazu lasse sich die Stadt den Baurechtszins der DBR in Höhe von insgesamt 70 Millionen Euro entgehen. „Die Stadt wird viel Steuergeld ausgeben“, meint Muzicant.

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