Zeitschrift

TEC21 2007|39
Bahnarchitektur
TEC21 2007|39
zur Zeitschrift: TEC21
Verlag: Verlags-AG
Bahnhöfe stehen zwischen Bahn und Stadt (oder Bahn und Dorf) und damit am Schnittpunkt zweier Systeme. Egal, ob man die beiden Systeme als gegensätzlich betrachtet ­ die lineare, dynamische Bahn und der lokal verankerte, aus «Immobilien» bestehende Ort ­ oder ob man beides, Stadt und Bahn, als Netz begreift: Der Bahnarchitektur fällt die Aufgabe zu, zwischen den zwei Systemen zu vermitteln. Als Übergänge zwischen zwei Sphären mit je grosser kultureller Bedeutung müssen Bahnhöfe nicht nur hohe funktionale Aufgaben erfüllen, sondern auch auf symbolischer Ebene als transitorische Orte funktionieren. Oder weniger kompliziert: Je wichtiger uns die Bahn wieder wird, desto schöner und publikumsfreundlicher müssen unsere Bahnhöfe sein.

Der in Bau befi ndliche TGV-Bahnhof in Lüttich von Santiago Calatrava (ab S. 30) verspricht beide Aufgaben, die städtebaulich-symbolische wie die funktionale, mit Bravour zu meistern. Zunächst fällt aus der Distanz die grosse Form ins Auge, das grosse Dach aus Stahl und Glas. Es erinnert mit seinen Vordächern und seinen Perrondachverlängerungen an einen Stachelrochen, der sich auf dem Grund der Stadt niedergelassen hat. Doch erfreulicherweise erschöpft sich die Architektur nicht in der grossen symbolischen Geste. Unter dem monumentalen Bogen über dem Bahnhofplatz öffnet sich der ebenerdige Zugang in die Bahnhofhalle. Die übersichtliche, fussgänger- und passagierfreundliche Erschliessung setzt sich als Prinzip durch die gesamte Anlage hindurch fort bis ins Parkhaus und ins Stadtviertel auf dem Hügel hinter dem Bahnhof.

Der Fall der Aussersihler Bahnviadukte (ab S.22) zeigt exemplarisch, dass sogar Kunstbauten solche Qualitäten entwickeln und räumlich wie symbolisch zwischen Bahn und Stadt vermitteln können. Man kann hier zwar nicht vom einen ins andere System umsteigen, doch die Viaduktanlage mit ihren über hundert Gewölben und rund zwei Dutzend Stahl- und Betonbrücken lässt sich teilweise begehen, und die Steinbögen werden bald wieder mit Ladeneinbauten gefüllt. Indem sie in geschwungener Linie durch die rasterförmige Blockrandbebauung im Zürcher Industriequartier schneiden, schaffen Wipkinger- und Letten-Viadukt neben, auf und unter sich eine ausserordentlich abwechslungsreiche Abfolge von Stadträumen. Als lebendiges Museum der Brückenbaugeschichte, als Zeugen der Stadtentwicklung, aber auch wegen ihrer starken Wirkung als Ort im Schnittpunkt der zwei Systeme Bahn und Stadt haben die Aussersihler Viadukte eine Bedeutung, die ihren Schutz und ihre Pfl ege als Baudenkmal ohne weiteres rechtfertigen.
Ruedi Weidmann

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