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werk, bauen + wohnen 11-17
Im Gebrauch
werk, bauen + wohnen 11-17
zur Zeitschrift: werk, bauen + wohnen
Monat für Monat beschreiben und analysieren wir Konzepte, Räume, Grundrisse und Konstruktionen kürzlich fertiggestellter Bauwerke. Aber können wir deren Qualitäten wirklich beurteilen? Diese zeigen sich doch erst in der Wirklichkeit, nach Jahren oder Jahrzehnten, im Zusammenspiel oder Zusammenprall der Architektur mit den ökonomischen und ökologischen Kräften, vor allem aber mit den Nutzern, denen sie dient – und denen sie sich ausliefert. Im Gebrauch also. Die Wirkungsgeschichte der Architektur sollte uns genauso beschäftigen wie ihre Ideengeschichte. Es lässt sich nicht behaupten, dass Architekten heute die Funktion von Bauten geringschätzen. Doch im Unterschied zur Funktion – die vom Bauherrn im Pflichtenheft, von der Politik in Gesetzen oder von Lobbygruppen in Regularien festgehalten wird – entspringt der Gebrauch nicht der Vorstellung, sondern der Realität des Gebauten. Dass sich ein Bauwerk in der Regel über seine ganze Lebenszeit der Kontrolle der Architektinnen und Architekten entzieht, relativiert deren Autorschaft. Und im Gebrauch legen die Nutzer kleine Schwächen und grosse Fehler eines Gebäudes oft schonungslos offen.
Eine Architektur des Gebrauchs ist immer eine «Architektur von unten», die man in zwei Richtungen suchen kann. Zum einen denken wir hier an Bauten, die unmittelbar durch den Körper geformt sind – und sei es auch durch die Körper von Elefanten – zum anderen an den umgekehrten Fall: Architektur als neutrale Struktur, die für unterschiedliche Aneignungen und Interpretationen offenbleibt – als Gefäss, in das sich der Gebrauch der Menschen einschreibt. In beiden Fällen verschafft der Fokus auf den Gebrauch der Architektur eine Legitimität, die wenig mit ihrer Autonomie gemein hat.
Das ist zweifellos ein höherer Anspruch als derjenige einer Baukunst, die nur sich selbst genügen muss. Denn die Arbeit aus und mit der Perspektive des Gebrauchs kann das Handlungsfeld von Architekten auf ungewohnte politische und soziale Territorien ausweiten und über die Einweihung eines Gebäudes hinaus verlängern. Dorthin, wo Architektinnen und Architekten bis zu einem gewissen Punkt auch die Kontrolle über ihre Werke verlieren und ihre Anliegen im Dialog mit Laien innerhalb schwieriger Aushandlungsprozesse einbringen müssen. Dorthin, wo es gute Architekturschaffende am meisten braucht.

An der Schnittstelle
Gedanken zum Gebrauch in der Architektur
Tibor Joanelly und Roland Züger

Hoffnung aus Trümmern
Stadtregeneration des Quartiers Granby in Liverpool von Assemble
Rosamund Diamond, Assemble (Illustrationen)

Tür an Tür mit dem Tier
Ein Dorf für Elefanten und Menschen von Rahul Mehrotra
Ariel Huber (Text und Bilder)

Bettnische, Bedienvorschrift
Wie in Japan der Raum gebraucht wird
Tibor Joanelly

Verborgene Vielfalt
Diakonie Bethanien in Zürich von E2A
Alois Diethelm, Georg Aerni und Rasmus Norlander (Bilder)

Havarierter Segler
Die Vele di Scampia in Neapel von Francesco Di Salvo
Danilo Capasso, Katalin Deér (Bilder)

Zudem:
werk-notiz: Was leisten Stadtbildkommissionen? Die diesjährige Chefbeamtentagung des BSA richtete den Fokus auf die Expertengremien, die das grosse Ganze im Auge behalten sollen.
Debatte: Der Städtebau der letzten achtzig Jahre hat immer nur Siedlungen hervorgebracht und kaum je wirkliche Quartiere. Der Stadtplaner Jürg Sulzer plädiert dagegen für das Prinzip des Baublocks und einen Städtebau, der städtische Räume entstehen lässt.
Wettbewerb: Im Industriegebiet Hochbord am Rand von Dübendorf entsteht eine Überbauung für alternatives Wohnen und Arbeiten. Conen Sigl haben den Studienauftrag mit einem bildhaften Projekt gewonnen.
Recht: Fensterläden aus Aluminium sind auch in einer Ortsbildschutzzone wie dem Regierungsplatz in der Churer Altstadt zulässig, urteilt das Bundesgericht. Dies erhöht auch den Druck auf die eigentlichen Schutzobjekte.
Bücher: Die 1960er Jahre sind die Zeit der Corporate Raumfindung Identity, auch in der Architektur. Kornel Ringli moniert in einem schön illustrierten Buch eine fehlende Gesamtsicht. Und um bei Kultigem zu bleiben: Neu erschienen sind ein Reisebüchlein zu Palladio und ein Bildband zur Architektur der Gattung Haus.
Ausstellungen: Das Deutsche Architekturmuseum zeigt Frau Architekt, eine provozierende und überfällige Ausstellung. Ausserdem: Kunst und Bau in der Berner Stadtgalerie Progr – und eine Ausstellungstrilogie zum Kulturgut Seilbahn.
Kolumne: Architektur ist …menschenlos
Bengalischer Strom: Bangladesch kennt man durch Spendenaufrufe und allenfalls von der Etikette im T-Shirt. Das mehrheitlich muslimische Land im Mündungsgebiet von Ganges, Brahmaputra und Meghna steht aber auch für einen seit seiner Gründung stetig fliessenden Strom an architektonischer Innovation und Zuversicht. Eine Reportage aus einem Land mit einer erstaunlichen Architekturkultur.
werk-material: Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain in Zollikon von Ballmoos Krucker Architekten, Zürich
werk-material: Erweiterung Bürgerheim Villa Quisisana in Arbon von raumfindung architekten, Rapperswil

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Verlag Werk AG

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