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Profil

Studium der Landschaftsökologie an der Universität für Bodenkultur in Wien
Seit 1990 eigenes Büro für Landschaftsplanung in Geras im Waldviertel

Lehrtätigkeit

Lektorin an der Univ. für Bodenkultur, Schwerpunkt Ingenieurbiologie

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Artikel

1. Oktober 2001 zolltexte

In Geras gibt es Freilandschweine beim Kirchenwald

Der Begriff „Qualität“ lässt sich bei Lebensmitteln tierischer Herkunft nicht allein mit Beschaffenheitsmerkmalen wie Geschmack oder Ernährungs- und Gesundheitswert definieren.

Für mich ist es etwas ungewöhnlich, über Schweineproduktion zu schreiben, nicht nur weil ich beruflich andere Schwerpunkte setze, sondern auch, weil ich Vegetarierin bin. Doch dieses Projekt erscheint mir eine wesentliche Grundlage für eine vertretbare Fleischproduktion zu sein, deshalb will ich davon erzählen.

Im Osten von Geras ist der Kirchenwald. Dort hat man vor ca. 20 Jahren einen Energiewald gepflanzt. Vor zwei Jahren wurden Gehege des Stiftes Geras für die Freilandschweine angelegt. In diesem Frühjahr waren die Gehege leicht zu finden – Seuchenteppiche auf allen Wegen, die zum Kirchen-wald führen, zeigten die Richtung an.
Bei den Gehegen angekommen, wird man meist herzlich begrüßt, neugierige große und kleine Schweine drängen zum Zaun, um bald wieder zufrieden in der Erde zu wühlen, suhlen, naschen, spielen, und was sie sonst noch gerne tun.

Wissenschaftliche Begleitforschung

Dieses Freilandschweine-Projekt wird sehr genau beobachtet und begleitet: Von der Universität für Bodenkultur in Wien wird es wissenschaftlich betreut durch ao. Prof. Dr. Sigurd Konrad vom Institut für Nutztierwissenschaften, Abteilung Tierhaltung, weiters von Ökoland, der Vermarktungsorganisation des Ernte-Verbandes, auch vom Verein „Vier Pfoten“, von „Ja natürlich!“, dem Betreuer des Stiftes DI Sigfried Zehetner und vom Tierarzt Dr. Ingomar Hofbauer. Aber auch die Bauern der Region schenken dieser Freilandhaltung eine zum Teil auch skeptische Aufmerksamkeit, das Projekt ist zum Thema an den Wirtshaustischen geworden.

Die Aufgabenstellung der wissenschaftlichen Begleitung umfasst „die Gewinnung praktisch anwendbarer Informationen zu Standortwahl und Gehegeausstattung sowie der verhaltensgerechten Sauen-, Ferkel- und Mastschweinehaltung im Freiland unter Berücksichtigung möglicher ökologischer und hygienischer Auswirkungen“, so die Überschrift des Zwischenberichts.
Beobachtet und dokumentiert wird der Zeitraum vom März 2001 bis März 2003.

Herr DI Zehetner hat mir diesen Zwischenbericht freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Ich möchte daraus Folgendes zusammenfassen:
„Der Begriff „Qualität“ lässt sich bei Lebensmitteln tierischer Herkunft nicht allein mit Beschaffenheitsmerkmalen wie Geschmack oder Ernährungs- und Gesundheitswert definieren. Das Konsumverhalten orientiert sich auch daran, ob Produkte umweltverträglich und auf ethisch zu verantwortende Weise hergestellt werden. Daraus leiten sich neue Perspektiven für die Tierhaltung ab.

Der ethische Aspekt führt zunächst zur Frage nach der geeigneten Haltungsform der Tiere. In der Stallhaltung erweisen sich selbst unter günstigen Bedingungen einige Ansprüche der Tiere als unerfüllbar. Schweine finden in den komplexen Verhaltensabläufen von Erkundung, Futtersuche und Futteraufnahme nur im Freiland dafür geeignete Bedingungen vor. Für das auf Umgebungstemperaturen und den jeweiligen physiologischen Zustand sensibel reagierende thermo-regulatorische Verhalten fehlen in Stallhaltungssystemen die adäquaten Voraussetzungen. Im Sozialverhaltensbereich kommt es durch beengte Bewegungsflächen im Stall in vielfältiger Weise zu Beeinträchtigungen des tierlichen Wohlbefindens.

Die zuletzt in Diskussion gekommene Freilandhaltung von Schweinen kann eine artgemäße und alternative Haltungsform sein, wenn geeignete genetische Herkünfte eingesetzt werden und in den Freilandgehegen Strukturen und Einrichtungen vorhanden sind oder geschaffen werden, die den Ansprüchen der Schweine entsprechen. Zur Möglichkeit, die Tiere auf einfache Art und Weise artgemäß zu halten, kommt die Ersparnis von Investitionskos-ten und die Gewähr, einen hohen Qualitätsstandard im erzeugten Produkt zu erreichen (KONRAD und LAISTER 2000).
Der ganzheitliche Ansatz des eingangs definierten Qualitätsbegriffes lässt sich nur in biologisch wirtschaftenden Betrieben erfüllen. Die im vorliegenden Projekt beschriebene Schweine-Freilandhaltung findet daher ausschließlich auf Betrieben mit biologischer Wirtschaftsweise statt.“

Hier müsste man genauer nachfragen, denn ich glaube, dass auch ein herkömmlicher Betrieb mit bestimmten Voraussetzungen (z. B. Futterzusammensetzung) eine Freilandhaltung verwirklichen kann.
Durch dieses Projekt sollen, aufbauend auf Erkenntnisse der Freilandhaltung – hier gibt es z. B. eine Studie zur Freilandhaltung von Schweinen in Österreich (BARTH, 1999) – weitere wesentliche Kenndaten, Erfahrungen und Informationen hinsichtlich der Standortwahl, des Aufbaues und Betriebes dieser Tierhaltungsform sowie der Qualitätssicherung und Vermarktung der erzeugten Produkte gewonnen werden, die auch anderen Betrieben zugute kommen.

„Der Häufigkeit nach wurden vor allem die bessere Gesundheit der Tiere, die artgemäße Tierhaltung, die hohe Produktqualität, die geringen Investitionskosten sowie die besseren Vermarktungsmöglichkeiten und der Bezug zu den Konsumenten genannt. Beklagt wurde von allen Betriebsleitern der Mangel an praktisch anwendbaren Informationen und einschlägiger Fachliteratur.“
Offene Fragen

Im Frühjahr 2000 wurde mit einer Freilandhaltung von Mastschweinen begonnen. Aufbauend auf bestehende Erfahrungen wurden Gehege eingerichtet.
Eine konsequente Umsetzung der Schweine-Freilandhaltung macht auch die Miteinbeziehung der Ferkelerzeugung in das Freilandhaltungskonzept erforderlich. Zu den noch offenen Fragen hinsichtlich Nährstoffeintrag, den Einflüssen auf den Boden und das Wasser kommt von den TierhalterInnen gerade in diesem Bereich die Forderung nach einem Mindestmaß an Verfahrenssicherheit in der Haltung von Sauen, der Aufzucht von Ferkeln und einer bedarfs- und verhaltensgerechten Fütterung von Schweinen in ganzjähriger Freilandhaltung.

Es gibt noch Informationsdefizite bezüglich saisonaler Einflüsse auf Zucht- und Mastleistungen. So werden im Rahmen des Geraser Projektes Verhaltensprotokolle erstellt, mit denen saisonale Betreuungsprofile erstellt und die örtliche Verteilung von Kot- und Harnausscheidungen dokumentiert werden können. Weitere Untersuchungsvarianten zur Reduktion punktueller Nährstoffeinträge sind ein umtriebsorientierter Ruheplatzwechsel sowie die Einstreu am Vorplatz der Schlafhütte mit oder ohne Umzäunung.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Genetik:
„Konkurrenzfähig zu anderen Haltungssystemen wird die Freilandhaltung dann, wenn von den eingesetzten Zuchtsauen eine vergleichbare Reproduktionsleistung (Anzahl abgesetzter Ferkel pro Sau und Jahr) erwartet werden kann. Neben den physiologischen Reproduktionsleistungen wie Wurfgröße und Laktation kommt in der Freilandhaltung den Muttereigenschaften eine besondere Bedeutung zu.
Von den Mastschweinen im gegenständlichen Projekt der Freilandhaltung werden zwar auch gute Mastleistungseigenschaften (hohe Tageszunahmen bei geringem Futterverbrauch) und ein möglichst hoher Magerfleischanteil im Schlachtkörper erwartet. Eine genetisch zumindest ebenso klare Disposition muss allerdings für Fitnesseigenschaften (Widerstandskraft, Bewegungsleistung) und Fleischbeschaffenheitsmerkmale (organoleptische, ernährungsphysiologische und verarbeitungstechnologische Eigenschaften) vorhanden sein (KONRAD 1985).
Die EU-Verordnung 1804/99 zur ökologischen Tierhaltung schreibt für die genetische Herkunft der Schweine unter anderem vor:
- Rassen oder Linien sollen so gewählt werden, dass bestimmte, für die Intensivhaltung typische Krankheiten oder Gesundheitsprobleme vermieden werden (BSE-Fleisch, Stress-Syndrom, plötzlicher Tod
- Einheimischen Rassen und Linien ist der Vorzug zu geben.
Die Festlegungen betreffend die einzusetzenden genetischen Herkünfte der Schweine werden aufgrund der Ergebnisse des Geraser Mastschweine-Projektes 2000 (KONRAD und LAISTER 2000) und den Leistungsprofilen der Schweinerassen in den Landeszuchtverbänden NÖ, OÖ und STMK getroffen.“
Im Geraser Projekt werden herkunftsbezogene Reproduktions- und Mastleistungsdaten sowie Daten des Schlachtkörpers und der Fleisch- und Fettbeschaffenheit vergleichend analysiert.

Wie leben denn die Schweine?

„Schweine leben arttypisch in Gruppen zusammen, deren kleinste Einheit die Familiengruppe ist. Diese besteht aus einem Mutterschwein und den Nachkommen. Mehrere Mutterschweine (meist 4 - 6), die häufig miteinander verwandt sind, bilden einen Familienverband. Die Gruppenzusammensetzung ist nicht starr, sondern ändert sich im Jahresverlauf, vor allem während der Rausche- und Wurfzeit. Der Eintritt der Rausche wird durch saisonale und insbesondere durch das soziale Gefüge der Gruppe beeinflusst (STOLBA und WOOD-GUSCH 1984, 1989).
Die Sauen werden über den ganzen Reproduktionszyklus in der Gruppe gehalten und bleiben während der gesamten Nutzungsdauer zusammen. Hierdurch werden stabile soziale Bindungen möglich, was der Synchronisation der reproduktiven Abläufe in der Sauengruppe dienen dürfte (DÖCKE 1994).“

In Geras wird das Sozialverhalten sowie im Speziellen das Geburtsvorbereitungsverhalten der Sau dokumentiert. Zum Zeitpunkt des Abferkelns muss den Sauen für die Dauer von etwa 10 bis 14 Tagen die Möglichkeit geboten werden, sich von der Gruppe zu isolieren. Die Bereitstellung geeigneter Einrichtungen wie Wurfhütten, deren Ausstattung und die nötigen Betreuungsmaßnahmen sind in der prä- und postnatalen Phase wichtig. Ein weiterer Punkt ist das Absetzen der Ferkel. Dies stellt für Ferkel und Sauen eine Stressbelastung dar. Ferkel werden von dem vertrauten Muttertier getrennt und üblicherweise in neuer Umgebung mit fremden Artgenossen zusammengebracht. „In der natürlichen Familiengruppe ist die Entwöhnung der Ferkel keine spontane Unterbrechung der Säugeperiode, sondern das Ende eines langsamen Prozesses im Alter von 12 bis 18 Wochen“ (JENSEN und RECEN 1989). Nach der natürlichen Entwöhnung von der Muttersau bleiben die Jungtiere in der Familiengruppe.
Es gibt weitere spezielle Untersuchungen zu den Mastschweinen (zum Beispiel Untersuchungen zur Entwicklung und zum Sozialverhalten von Mastschweinen im Freiland nach zeitlich unterschiedlicher Isolation von den Muttertieren), zur Fütterung, Hygiene sowie Ökologie und Wirtschaftlichkeit.

Eine umfassende Literaturzusammenstellung kann auf Wunsch gerne zur Verfügung gestellt werden. Anfragen sind am besten direkt an DI Zehetner zu richten, der im Stift Geras erreichbar ist.
Das Schweinefleisch ist nicht nur bei einer geladenen Verkostung im Hilton (Herbst 2000), sondern auch jederzeit im Supermarkt erhältlich; bei der Qualitätsbeschreibung muss ich mich auf Auskünfte anderer verlassen.

9. Oktober 1998 zolltexte

Warum ich mit der Liebe arbeite. Landschaftsplanung ist eine Beziehungskiste?

Die Schlagwörter „Natur – Liebe – Macht“ prägen unsere Arbeit wesentlich mehr als wir uns eingestehen. Ich versuche im folgenden Beitrag aufbauend auf meine Intuition und meine Erkenntnisse meine Arbeitsweise zu beschreiben.

Die Schlagwörter „Natur – Liebe – Macht“ prägen unsere Arbeit wesentlich mehr als wir uns eingestehen. Ich versuche im folgenden Beitrag aufbauend auf meine Intuition und meine Erkenntnisse meine Arbeitsweise zu beschreiben.

Ich arbeite mit Menschen, mit der Natur, mit Landschaft und spüre schon lange ein Unbehagen, wenn zum Beispiel von wertvoller und von weniger wertvoller Natur gesprochen wird. Ich fühle mich nicht wohl, wenn versucht wird Landschaft „an sich“ zu beurteilen. Ich empfinde mich nicht als losgelöst von den Menschen, der Natur und der Landschaft, wenn ich gebeten werde Vorschläge zu entwickeln. Ich stehe in Beziehung zu ihnen bzw. baue ich eine Beziehung auf. Beziehungen möchte ich nicht werten, ich horche hin und nehme wahr – Menschen und Natur. Die Landschaft, besser Kulturlandschaft, ist hier für mich Ausduck der Beziehung und der Einstellung der Menschen zu ihr. In einer Beziehung hat für mich eine Einteilung in „gut oder böse“ oder eine Bewertung in „wertvoll oder nicht wertvoll“ keinen Platz. Ich versuche hinzuhorchen, mit einer Achtsamkeit und anzunehmen und mit der Beziehung zu leben. Wie mache ich das in meiner Arbeit?

Die Kunst des Liebens

Zuerst möchte ich von den Gefühlen erzählen, von meinen und von den Gefühlen der Menschen, denen ich begegne, wenn ich mit „Natur“ arbeite. Denn wenn die Kulturlandschaft die Einstellung der Menschen und ihre Gefühle zu ihr widerspiegelt, beschäftige ich mich zuerst damit. Deutlich sind emotionale Ausbrüche bei Diskussionen um Bäume zu erkennen. Die Polarität von BaumliebhaberInnen und -mörderInnen, dieser auf beiden Seiten entfremdete Zustand ist selbst in unseren ländlichen Gemeinden immer stärker zu bemerken. Die LiebhaberInnen begegnen den Bäumen emotional, erfüllt von vielschichtigen, mystischen Gefühlen, ohne tatsächlich um den Baum zu wissen, wie er funktioniert, wie er leben würde, wenn er dürfte. In zwanzig Jahren wäre die Infrastruktur einer Stadt zerstört, wenn sich städtisches Grün, vor allem Bäume, ungehindert ausbreiten könnte. Bäume selbst sind also durchaus in der Lage, ihr Befinden in einer „feindlichen“ städtischen Welt zu verbessern, wenn ihnen dieser Raum gewährt wird. Werden die Bäume so geliebt, um ihnen dies zu ermöglichen? Bemühen sich die LiebhaberInnen in ihrer Liebe nicht eigentlich nur um sich selbst?

Ich liebe die Natur. Ich lebe in einer wunderschönen Landschaft und fühle mich in ihr geborgen. Durch zahlreiche unterschiedliche Erlebnisse habe ich ein starkes Band zu bestimmten Orten, die ich wie in einem Ritual immer wieder aufsuche, um zur Ruhe zu kommen, zu mir zu kommen und Kraft zu schöpfen. Ich liebe die Natur oder liebe ich nur die Gefühle, die sie in mir hervorruft? Was heißt für mich, für uns, lieben? Bedeutet dies, daß ich das Wesen des anderen wahrnehmen, annehmen und achten kann? Wer kann so lieben?
Ein lieber Freund und Philosoph, Wolfgang Müller-Funk, hat in einem Buch über die Rückkehr der Bilder geschrieben (MÜLLER-FUNK, 1988). Ich selbst habe Bilder und alle Menschen, denen ich bisher begegnet bin, haben Bilder von der Natur. Die Landschaft ist eine Projektionsfläche von Wünschen und Sehnsüchten und vielem mehr. Das Naturerleben täuscht Zeitlosigkeit vor (oder wir erleben Zeitlosigkeit, sind die Zeit los für einen Moment) und hüllt uns in sie ein. Wir erleben Geborgenheit und Freiheit und möchten dies festhalten, weil wir Angst haben sie zu verlieren. Wir halten Bilder fest, weil wir sie nicht verlieren möchten, Bilder, die wir lieben. Denn im Grunde fühlen wir uns getrennt von der Natur, ein riesiger Spalt klafft zwischen unseren vermeintlich objektiven Erkenntnissen, nachvollziehbaren Messungen und Daten und unserer eigenen Wesenheit bzw. der Wesenheit unserer Natur, der Natur.

Bei den Diskussionen mit KollegInnen um eine wertende Landschaftsplanung, um „der Landschaft gerecht“ zu werden, versuche ich nun darauf aufmerksam zu machen, daß vielmehr die eigene Person mit ihren Gefühlen und ihrem Willen im Vordergrund steht, als es sich die Beteiligten selbst eingestehen! Durch die Art der Anwendung der naturwissenschaftlichen Instrumente, das Zerlegen der vorgefundenen Vielfalt und das Zusammenfügen nach „objektivierten“ Kriterien wird eine Basis für Machtentscheidungen geschaffen, welche den Menschen und ihrem Lebensraum nicht „gerecht“ werden können!

Deshalb möchte ich von einer noch immer unreflektierten Natursehnsucht sprechen, welche uns erfüllt und diese Art der Anwendung von Instrumenten mit hervorbringt. In meiner Arbeit versuche ich die Denk- und Fühlmuster anzusprechen.

Bewegung bringt Bewegtheit

Damit ermögliche ich eine Auseinandersetzung mit der eigenen Situation, der Lebenswelt und Umwelt, um gemeinsam etwas über diese Muster zu erfahren, wie sie das Handeln bestimmen und wie wir lernen können anders zu handeln. Wichtig ist hier über ein gemeinsames Erleben und Austauschen (z.B. bei Begehungen) eine verbindende Basis zu schaffen, eine vereinbarte gemeinsame Wirklichkeit, auf der wir aufbauen können. Und ich beginne nicht mit Vegetationsaufnahmen oder anderen Kartierungen. Ich beginne mit der Motivation, mit dem Sinn unseres Zusammentreffens und der gemeinsamen Arbeit. Wenn ich z.B. zu einer Besprechung mit Menschen zusammentreffe (Doern-Verein, Bauerngemeinschaft ...), schlage ich vor, zuerst einen Spaziergang durch den Ort oder über die Felder zu machen. Das gemeinsame Gehen, der Rhythmus, das Außer-Atem-Kommen, das Innehalten schaffen ein gemeinsames Erleben und Ankommen. Dabei wird über alles gesprochen, übers Ausbringen, über die Ernte. Ich sehe Spuren und frage nach. Es entsteht eine vollkommen andere Stimmung, als wenn wir uns zusammengesetzt hätten. Sehr schön zeigt sich das bei einem Landentwicklungsprojekt, dem „Genußwege“-Projekt in Geras. Mit befreundeten Bäuerinnen und Bauern entwickelte sich die Idee, und nun nimmt mittlerweile eine Bauerngemeinschaft daran teil, die sich sehr umfassend mit ihrer Lebenssituation und damit mit der Bewirtschaftung des Landes auseinandersetzt. Die meisten Besprechungen finden derzeit bei gemeinsamen Wanderungen statt, zu denen nunmehr auch ich eingeladen werde.

„Es ist sinnlos, nach dem Sinn zu suchen, wenn nicht die Sinne entfaltet sind!“ (PECHTL, 1995)
Um nicht nur auf der physischen, materiellen Ebene zu arbeiten, sondern auch die seelische und geistige Dimension zu achten, habe ich den Zugang über die Sinne gefunden, den Zugang zu den Menschen und zur Landschaft und zu meiner Achtsamkeit. Ja und zum Nachdenken über die Natursehnsucht und zum Arbeiten mit ihr.

Waldgeister und verzauberte Steine

Das Naturbewußtsein archaischer Kulturen bedeutete ein Eingebettet-Sein in das natürliche Universum, der Mensch empfand sich von diesem abhängig und zugleich auf dieses einwirkend. Er verstand sich dabei als Teil der Natur, umgeben von einer lebendigen Ganzheit. Dieses Bewußtsein ist anscheinend nicht ausrottbar, mit ihm verbinden sich oft tiefe Sehnsüchte der Menschen nach einer natürlichen, freien und gesunden, nicht entfremdeten Lebensweise, eine Paradiessehnsucht. Vor allem in Krisen- und Umbruchzeiten zeigte und zeigt diese Sehnsucht vielfältige und bunte Blüten.

Nicht nur das Mittelalter war „magisch“ und „verzaubert“. Steine, Bäume, Felsen und vieles mehr wurden als lebendig angesehen und der Mensch war direkter Teilnehmer der Rhythmen der Natur. Dieses alte Naturbewußtsein wird in wachsenden Teilen der Naturschutzbewegung als Basis des ökologischen Gleichgewichtes gesehen.

Im 16./17. Jahrhundert setzte der große Wandel im Naturbewußtsein ein. Durch den Einfluß von Descartes, New-ton und Bacon wurde das organische, spirituelle und belebte mittelalterliche Weltbild durch das Begreifen der Welt als einer großen „Maschine“ ersetzt (vgl. GUGENBERGER, SCHWEIDLENKA, 1987). Eine neue Erkenntnismethode setzte sich durch, Subjekt und Objekt wurden nunmehr getrennt. „Sobald der Mensch sich selbst mit der äußeren Welt in Widerspruch setzt, ist der erste Schritt zur Philosophie geschehen. Mit jener Trennung zuerst beginnt Reflexion: von nun an trennt er, was die Natur auf immer vereinigt hatte, trennt den Gegenstand von der Anschauung, den Begriff vom Bilde, endlich (indem er sein eigenes Objekt wird) sich selbst“ (SCHELLING, 1985). Mit den vermehrt erzielten Erfolgen konnte nichts den Glauben der Naturwissenschafter an der Objektivität ihres Weltbildes zweifeln lassen.

Diese „neue“ Einstellung prägte die weitere historische Entwicklung, die Industrialisierung bis zum Atomstaat wie auch den Aufbau gesellschaftlicher Organisationen. Die Eigenlogik von Technik und Kapital, verbunden mit einer sich dynamisch entwickelnden Naturwissenschaft ermöglichte diese Entwicklung bis heute.

Die Spätromantiker verlagerten dann die Bedeutung der Natur von einer Quelle der Inspiration zu einem Fluchtort, der sie über die Schlechtigkeit der Welt hinwegtrösten sollte. Die Natur wurde zu einem ästhetischen Objekt, das der Erholung diente und das man bestaunte. Sie war fremd, ein Spiegel der eigenen Stimmungen und Gefühle. Auch heute wird der ästhetische Wert einer Landschaft angeführt und versucht, Natur an sich zu beurteilen, abgekoppelt von den Menschen, die dazu beigetragen haben, daß sie so aussieht, wie sie aussieht. Mit unserem schon sehr umfangreichen Wissen über ihre Entwicklung, über ihre einzelnen Elemente und deren Zusammenhänge und Wechselwirkungen stehen wir vor dem Problem, was machen wir damit? Es wird ein „unnatürlicher“ Naturschutz betrieben (weil z.B. „natürlich“ für mich Entwicklung und Veränderung bedeutet, also Lebendigkeit im Sinn von Geboren-Werden, Sein, Werden, Sterben, Geboren-Werden ...), der trennt anstatt die Gesamtheit zu betrachten. Die Probleme von Landschaften sind in erster Linie Probleme von Menschen, auch wenn erstere davon betroffen sind.

Sinnliche Planung –
lebendige Naturachtung

Wenn ich fordere, daß die Gesamtheit betrachtet werden sollte, und daß ich eine lebendige Naturachtung verfolge anstatt eines unnatürlichen Naturschutzes, muß ich näher ausführen, was ich darunter verstehe. Mit der oben angeführten Einstellung wurden also bestimmte Errungenschaften und Erkenntnisse unserer Zivilisation erst möglich. Ebenso deutlich zeichnet sich die Ratlosigkeit ab, wie wir mit unseren Erkenntnissen umgehen sollen. Wolfgang Holzner beschreibt dies so schön, daß die Ursache darin liegt, wie wir diese Wissenschaft betreiben. Er bezeichnet dies als das „VWaWV-Syndrom (viel Wissen, aber wenig Verständnis)“ (HOLZNER, 1988). Weil mehr dazu gehört als die Beherrschung des wissenschaftlichen und planerischen Handwerks. Wir fühlen uns getrennt von der Natur, der Spalt zwischen unseren objektivierten Erkenntnissen und unserer eigenen Wesenheit und der Wesenheit der Natur scheint unüberbrückbar. Ich überbrücke, indem ich in Beziehung trete und über die naturwissenschaftlichen und planerischen Instrumente hinaus erfahrungswissenschaftlich arbeite (vgl. SCHNEIDER, 1989). Unter Gesamtheit verstehe ich nicht eine riesige Ansammlung von Daten, sondern vielmehr ein Einbringen aller Erfahrungen, der Beteiligten, in den Planungsprozeß.

Un-sinnliche Planung
ist sinn-lose Planung

Und nun komme ich wieder zurück zu: „Es ist sinnlos, nach dem Sinn zu suchen, wenn nicht die Sinne entfaltet sind!“ In meiner Arbeit mit Menschen spreche ich die Denk- und Fühlmuster, die Natursehnsucht an, weil ich sie dadurch ernst nehme. Und über ein Ansprechen einiger Sinne, im Austausch darüber, kann ich die Beteiligten erreichen, daß sie sich selbst aus ihren Erkenntnissen und Handlungen nicht mehr ausklammern. Sie können ein Gefühl der eigenen Kompetenz entwickeln.

Am Beginn - Einfühlen statt Einreden

Wenn ich in meiner Arbeit mit Menschen zusammentreffe, versuche ich in mir eine Stimmung für die Begegnungen zu erlangen, um wahrnehmen und annehmen zu können. Man sagt auch wertschätzende Akzeptanz dazu. Voraussetzung dafür ist für mich, daß es mir gelingt zuerst meinen eigenen inneren Dialog anzuhalten. Erst später im Austausch bringe ich mich wieder ein. Auch meine persönliche Geschichte und mein Wissen muß ich hintanhalten, obwohl mich meine Geschichte hierher geführt hat.

Lebendiger Pragmatismus
statt systematischer Perfektionismus

Die Wissenschaft der Ökologie und das Planungsinstrumentarium ist für mich wie ein Hilfsmittel. So wie Wolfgang Holzner vorschlägt, spielerisch rein pragmatische Ansätze auszuprobieren, die laufend ohne Rücksicht auf widerspruchsfreie Gedankengebäude und „Lehrmeinungen“ modifiziert und angepaßt werden dürfen: „Da man ohnehin davon ausgehen muß, daß die Vielfalt und Komplexität des Lebendigen unendlich ist und daher nie ausreichend erforscht werden wird können, strebt man in der angewandten Ökologie nicht nach möglichst vollständigen Unterlagen, sondern nach den unbedingt notwendigen Mindestdaten.“ Sehr ähnlich drückt sich auch Gerda Schneider aus, wenn sie für eine Landschaftsplanung mit „Herz, Hand und Verstand“ (SCHNEIDER, 1989) plädiert.

Über die erarbeitete gemeinsame Wirklichkeit habe ich die Basis, Wissen einzubringen und zu bekommen. Ich suche Informationen über die Nutzungen, über die Geschichte (auch Sagen, Legenden und Anekdoten) und gebe Informationen über Naturhaushalt, eigene Untersuchungen, Auswirkungen der derzeitigen Nutzungen, über Förderprogramme etc. weiter. So kann eine Auseinandersetzung mit der eigenen Lebenswelt und Umwelt entstehen. Und der Weg der kleinen Schritte in Richtung eines achtungs- und verantwortungsvollen Umgangs mit der Natur kann eingeschlagen werden.


Literatur:
Gugenberger, E., SCHWEIDLENKA, R. (1987): „Mutter Erde, Magie und Politik“. Wien.
Holzner, W. (1998): „Die Landschaft als dynamisches Netzwerk – Zum Umgang mit Kulturlandschaften“. Wien.
Müller-FunK, W. (1988): „Die Rückkehr der Bilder“. Wien.
Pechtl, W. (1995): „Zwischen Organismus und Organisation“. Linz.
Schelling, F.W.J. (1985): Ausgewählte Schriften.
SchneideR, G. (1989): „Die Liebe zur Macht“. Kassel.