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Eleganz der Nachkriegsmoderne
Schweinfurt feiert den Architekten Erich Schelling
7. März 2005 - Ursula Seibold-Bultmann
Nüchtern gerastert, farblich dezent und von einfachen Baukörpern bestimmt: Die deutsche Architektur nach 1945 zielte auf Bescheidenheit. Ganze Stadtbilder wurden damals von Architekten geprägt, deren Individualität statt aus grossen Gesten aus Merkmalen wie der Proportionierung, der Konstruktion oder der Qualität der Bauausführung spricht und deren Namen eher im Hintergrund blieben. Das badische Karlsruhe etwa verdankt sein heutiges Gesicht viel weniger dem prominenten Egon Eiermann, der an der dortigen Hochschule lehrte und dessen 100. Geburtstag deshalb jüngst von einer Ausstellung in der Städtischen Galerie markiert wurde (NZZ 21. 9. 04), als vielmehr dem im gleichen Jahr geborenen Erich Schelling (1904-1986). Kurz nach seinem 100. Geburtstag wird nun Schellings Schaffen vom Museum Georg Schäfer in Schweinfurt in einer von Wilfried Wang kuratierten Schau vorgestellt, die anhand von Plänen, Fotografien, Originalzeichnungen und drei Modellen einen gerafften Überblick über 25 Projekte bietet.
Schellings wichtigstes Werk bleibt die Karlsruher Schwarzwaldhalle (1953) mit ihrem konstruktiv kühnen sattelförmigen Hängedach und ihrer schlank strukturierten Fassade. Aber auch das Theater der Stadt Schweinfurt (1961-66) mit seinen zur Horizontale hin orientierten polyedrischen Formen beweist Schellings Sinn für dezente Eleganz und perfekte lineare Detaillierung. Mit dem Schweinfurter Industriellen Georg Schäfer durch den Wiederaufbau von dessen Kugellagerwerk verbunden, plante der Architekt 1959 ein spannungsvoll und leicht in die Landschaft gestelltes Museum für Schäfers herausragende Kunstsammlung, das jedoch - anders als der jetzige Bau von Volker Staab (1998-2000) - nicht zur Ausführung kam. Stattdessen löste Schelling als Verfasser des Generalbebauungsplans für das Kernforschungszentrum Karlsruhe (1955-86) und als Architekt des Hochflussreaktors und Instituts Max von Laue / Paul Langevin in Grenoble (1968-70) zwei der technisch und planerisch aktuellsten Bauaufgaben seiner Zeit.
Die risikofreudigen Wettbewerbsbeiträge des Architekten zeigen, dass es ihm über die gebaute Architektur hinaus stets auch um architektonisches Vordenken ging. Eine Würdigung wichtiger Entwürfe von nicht realisierten Projekten ist denn auch Anliegen der 1992 begründeten Erich-Schelling-Architekturstiftung in Karlsruhe, die alle zwei Jahre ihre mit insgesamt 30 000 Euro dotierten Preise für Architektur und Architekturtheorie verleiht. Unter den bisherigen Preisträgern finden sich Zaha Hadid, Peter Zumthor und Kazuyo Sejima. Der Theoriepreis ging unter anderem an Stanislaus von Moos, nicht zuletzt für Verdienste um die Zeitschrift «archithese» (1998); 2004 erhielt ihn der Soziologe Manuel Castells für seine Analysen aktueller Wandlungsprozesse in den Städten.
[ Bis 3. April. Als Katalog dient die 1994 von der Erich-Schelling-Architekturstiftung edierte Werkmonographie. Euro 29.-. ]
Schellings wichtigstes Werk bleibt die Karlsruher Schwarzwaldhalle (1953) mit ihrem konstruktiv kühnen sattelförmigen Hängedach und ihrer schlank strukturierten Fassade. Aber auch das Theater der Stadt Schweinfurt (1961-66) mit seinen zur Horizontale hin orientierten polyedrischen Formen beweist Schellings Sinn für dezente Eleganz und perfekte lineare Detaillierung. Mit dem Schweinfurter Industriellen Georg Schäfer durch den Wiederaufbau von dessen Kugellagerwerk verbunden, plante der Architekt 1959 ein spannungsvoll und leicht in die Landschaft gestelltes Museum für Schäfers herausragende Kunstsammlung, das jedoch - anders als der jetzige Bau von Volker Staab (1998-2000) - nicht zur Ausführung kam. Stattdessen löste Schelling als Verfasser des Generalbebauungsplans für das Kernforschungszentrum Karlsruhe (1955-86) und als Architekt des Hochflussreaktors und Instituts Max von Laue / Paul Langevin in Grenoble (1968-70) zwei der technisch und planerisch aktuellsten Bauaufgaben seiner Zeit.
Die risikofreudigen Wettbewerbsbeiträge des Architekten zeigen, dass es ihm über die gebaute Architektur hinaus stets auch um architektonisches Vordenken ging. Eine Würdigung wichtiger Entwürfe von nicht realisierten Projekten ist denn auch Anliegen der 1992 begründeten Erich-Schelling-Architekturstiftung in Karlsruhe, die alle zwei Jahre ihre mit insgesamt 30 000 Euro dotierten Preise für Architektur und Architekturtheorie verleiht. Unter den bisherigen Preisträgern finden sich Zaha Hadid, Peter Zumthor und Kazuyo Sejima. Der Theoriepreis ging unter anderem an Stanislaus von Moos, nicht zuletzt für Verdienste um die Zeitschrift «archithese» (1998); 2004 erhielt ihn der Soziologe Manuel Castells für seine Analysen aktueller Wandlungsprozesse in den Städten.
[ Bis 3. April. Als Katalog dient die 1994 von der Erich-Schelling-Architekturstiftung edierte Werkmonographie. Euro 29.-. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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