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Rückkehr der Glühbirne
Was sind intelligente Lichtsteuersysteme, und wie wirkt sich künstliches Licht auf die Gesundheit und Leistungssteigerung der Menschen aus? Diese und andere Fragen zu Lichtkörpern wurden dieser Tage auf der Messe für Licht und Gebäudetechnik in Frankfurt gestellt.
19. März 2016 - Harald Gründl
Die weltgrößte Messe für Licht und Gebäudetechnik findet alle zwei Jahre in Frankfurt statt. Die Messe hat sich selbst den Titel einer „Leitmesse“ verliehen. In dieser Woche war es wieder so weit, und Architektur- und Designschaffende konnten sich über Produktneuheiten auf dem Lampen- und Leuchtensektor informieren und mit den internationalen Herstellern zukünftige Entwicklungen diskutieren. Zu den seitens der Messe formulierten Themensetzungen gehörte die Frage nach intelligenten Lichtsteuersystemen und der Einfluss von künstlichem Licht auf die Gesundheit der Menschen. „Smarte Technologien“ oder „Human Centric Lighting“ heißt das im Branchenjargon. Technologisch herrscht unter denAnbietern Einigkeit. LED ist mittlerweile die dominante Technologie, die bei vielen Herstellern fast 100 Prozent des Produktsortiments ausmacht.
Die LED-Technologie nimmt allerlei unterschiedliche Formen an, und in ihrer massentauglichsten Anwendung verwendet man sie heute in der Urform der Glühlampe. Diese wurde aus Umweltschutzgründen aus dem europäischen Binnenmarkt verbannt und durch Kompaktleuchtstofflampen oder eben durch LED ersetzt. Die sogenannten „Retrofit“-Lampen bewerben sich heute noch mit ihrer am wenigsten ruhmreichen Eigenschaft, der Leistungsangabe in Watt. Der schlechte Wirkungsgrad von Glühlampen führte dazu, dass ein Großteil deraufgenommenen elektrischen Leistung in Wärme umgewandelt wurde. Der Eindruck, dass Glühlampen ein „warmes Licht“machen, stimmt also. Moderne LED-Lampen ersetzten 60-Watt-Glühlampen schon mit einer Leistungsaufnahme von unter zehn Watt. Farbe und Farbwiedergabe von LED sind auch im Konsumentensegment besser geworden.
Es gab ja heftige Kritik bei der Einführung der Glühlampenverordnung, dass die LED-Technologie als Alternative nicht weit genug entwickelt und vor allem zu teuer war. Der Formfaktor von Retrofitleuchten blieben die ikonischen Grundformen der Birne und die Kerzenform. Während die klassische Glühbirne mit ein bisschen Glas, einem Glühfaden und dem auch von Thomas A. Edison erfundenen Lampengewinde auskommt, waren anfänglich die technologischen Alternativen voll von Elektronik und Lichtlenkungsmaßnahmen, die zumeist unter einem wenig attraktiven undurchsichtigen Kunststoffgehäuse verborgen waren.
Somit eigneten sich diese Lampen nicht für Leuchten, welche ihre Leuchtmittel zur Schau stellen. Eine Alternative wurde jetzt von zahlreichen Anbietern auf den Markt gebracht. Es sind LED-Filament-Lampen, die dem Glühbirnenarchetyp verwechselbar ähnlich sind. Die Vorschaltelektronik ist hier zur Gänze im Lampensockel versteckt, in den Glasdom ragen nur die mit Phosphor beschichteten „Glühfäden“. Das technologische Simulakrum hat sichtbare Auswirkungen auf die Leuchtenindustrie. So sah man viele Leuchten im dekorativen Segment, welche die reinkarnierte Glühbirne in Szene setzten. Sichtbar umhüllt von handwerklich gefertigten Glaskugeln, die entweder durchsichtig oder leicht metallbedampft sind, oder als Zentrum vom Metallreflektoren, die mit der natürlichen Materialität von Messing und Kupfer spielen. Selbst Holz scheint bei Leuchten wiederzukommen, heute mit CNC-Formteilen, die komplexe Umhüllungen der Leuchtkörper realisieren. Zum Retrotrend, der auch im Möbelbereich derzeit eine beliebte Stilform ist, passt die LED-Glühlampe im Edison-Design, hergestellt vom weltweit führenden Lichthersteller. DasErinnerungsobjekt wird in naher Zukunft mit bis zu 60 anderen Smart Devices in US-amerikanischen Haushalten seinen Dienst verrichten, wird mit dem Smartphone gesteuert werden und bei Einbrüchen rot blinken. Vielleicht bringen ja die angeschlagenen Autohersteller bald elektrische Pferdewagen auf den Markt, die selbstgesteuert mit handgefertigten Holzrädern umherrumpeln.
Erfreulich ist, dass die Lampengewinde heute noch zur Aufnahme von immer effizienteren Lampentechnologien funktionieren. Die Lebensdauer von LED-Lampen kann derzeit bei 25.000 Stunden liegen; das soll so nicht bleiben. Die Halbleiterbranche kennt nur exponentiellen Fortschritt, und von dem sollen wir alle profitieren. So wird die „geplante Obsoleszenz“ der Lampen wohlin den nächsten Jahren auf 10.000 bis 6000 Stunden reduziert werden. Wir sollen ja nicht nur einmal im Leben vor dem Lampenregal im Bau- oder Elektromarkt stehen.
Im weniger emotionalen Segment der „technischen Leuchten und Lampen“, das den Großteil der Messefläche zum Thema Licht einnimmt, werden Lichtlösungen vor allem für Verkaufsräume, Industrie und Büro vorgestellt. Die Leittechnologie LED realisiert sich hier in der Form, wie sie der Maler Wassily Kandinsky im Bauhausbuch Nummer 9 zusammenfasst: Punkt und Linie zu Fläche. Miniaturisierte Downlights und Strahlerköpfe, die in deckenbündig eingebauten schmalen Lichtschienen verschwinden, sind ästhetischer Grundkonsens. Oder der Lichtpunkt, der zur Lichtlinie wird. Deckenbündig oder abgependelt gerade oder gebogen ziehen sich Lichtlinien durch Supermärkte, Büros und Industriehallen. Die abstrakte Geometrie von Punkt, Linie und Fläche ist mittlerweile so generisch, dass sich Herstelleridentitäten kaum mehr feststellen lassen. Zahllose dünne Leuchtflächen, abgependelt auf zarten Stahlseilen, und ein störendes Stromkabel, das meist als dekorativ geschwungene Linie die Stromversorgung gewährleistet, definieren einen Bürostandard, der so uniform und klassisch ist wie Anzug und Krawatte im Büro.
Menschenbezogen gibt sich die moderne Technologie durch Sensoren, die uns theatralisch immer im normgerechten Licht durchs Büro begleiten. Um uns herum entsteht durch Schwarmintelligenz der Leuchten eine Lichtinsel im Büro, eine Art Heiligenschein für High-Performer, wenn schon alle nach Hause gegangen sind. Während für zu Hause die Selbststeuerung von färbigen gemütlichen Lichtstimmungen Hauptverkaufsargument ist, ist die Biomimikry der tageszeitabhängigen Lichtstimmung der Natur die Inspiration für zukünftige Entwicklungen im Büro. Weißes Licht, das in der Früh und am Abend warm und über den restlichen Taghindurch eher kalt ist, soll unseren natürlichen Rhythmus unterstützen und somit unser Wohlbefinden im Büro steigern.
Nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch Leistungssteigerungen durch Licht sind durch Pilotstudien belegt. Das wäre dann der manipulative Aspekt des Lichts, der durchaus attraktive Anwendungen verspricht: weniger Medikamente bei der Altenbetreuung, weniger Stress bei Arztvisiten im Krankenhaus oder eine Lichttherapie für aufgeregte Schulklassen. Oder eben mehr Verkauf in Shops. Die Grenzen der künstlichen Beleuchtung stellte die Inszenierung in den voll verdunkelten Messehallen eindrucksvoll unter Beweis. Selbst mit den großflächigen Tageslichtsimulationen ist ein Wohlbefinden über einenlangen Messetag nicht herzustellen.
Die LED-Technologie nimmt allerlei unterschiedliche Formen an, und in ihrer massentauglichsten Anwendung verwendet man sie heute in der Urform der Glühlampe. Diese wurde aus Umweltschutzgründen aus dem europäischen Binnenmarkt verbannt und durch Kompaktleuchtstofflampen oder eben durch LED ersetzt. Die sogenannten „Retrofit“-Lampen bewerben sich heute noch mit ihrer am wenigsten ruhmreichen Eigenschaft, der Leistungsangabe in Watt. Der schlechte Wirkungsgrad von Glühlampen führte dazu, dass ein Großteil deraufgenommenen elektrischen Leistung in Wärme umgewandelt wurde. Der Eindruck, dass Glühlampen ein „warmes Licht“machen, stimmt also. Moderne LED-Lampen ersetzten 60-Watt-Glühlampen schon mit einer Leistungsaufnahme von unter zehn Watt. Farbe und Farbwiedergabe von LED sind auch im Konsumentensegment besser geworden.
Es gab ja heftige Kritik bei der Einführung der Glühlampenverordnung, dass die LED-Technologie als Alternative nicht weit genug entwickelt und vor allem zu teuer war. Der Formfaktor von Retrofitleuchten blieben die ikonischen Grundformen der Birne und die Kerzenform. Während die klassische Glühbirne mit ein bisschen Glas, einem Glühfaden und dem auch von Thomas A. Edison erfundenen Lampengewinde auskommt, waren anfänglich die technologischen Alternativen voll von Elektronik und Lichtlenkungsmaßnahmen, die zumeist unter einem wenig attraktiven undurchsichtigen Kunststoffgehäuse verborgen waren.
Somit eigneten sich diese Lampen nicht für Leuchten, welche ihre Leuchtmittel zur Schau stellen. Eine Alternative wurde jetzt von zahlreichen Anbietern auf den Markt gebracht. Es sind LED-Filament-Lampen, die dem Glühbirnenarchetyp verwechselbar ähnlich sind. Die Vorschaltelektronik ist hier zur Gänze im Lampensockel versteckt, in den Glasdom ragen nur die mit Phosphor beschichteten „Glühfäden“. Das technologische Simulakrum hat sichtbare Auswirkungen auf die Leuchtenindustrie. So sah man viele Leuchten im dekorativen Segment, welche die reinkarnierte Glühbirne in Szene setzten. Sichtbar umhüllt von handwerklich gefertigten Glaskugeln, die entweder durchsichtig oder leicht metallbedampft sind, oder als Zentrum vom Metallreflektoren, die mit der natürlichen Materialität von Messing und Kupfer spielen. Selbst Holz scheint bei Leuchten wiederzukommen, heute mit CNC-Formteilen, die komplexe Umhüllungen der Leuchtkörper realisieren. Zum Retrotrend, der auch im Möbelbereich derzeit eine beliebte Stilform ist, passt die LED-Glühlampe im Edison-Design, hergestellt vom weltweit führenden Lichthersteller. DasErinnerungsobjekt wird in naher Zukunft mit bis zu 60 anderen Smart Devices in US-amerikanischen Haushalten seinen Dienst verrichten, wird mit dem Smartphone gesteuert werden und bei Einbrüchen rot blinken. Vielleicht bringen ja die angeschlagenen Autohersteller bald elektrische Pferdewagen auf den Markt, die selbstgesteuert mit handgefertigten Holzrädern umherrumpeln.
Erfreulich ist, dass die Lampengewinde heute noch zur Aufnahme von immer effizienteren Lampentechnologien funktionieren. Die Lebensdauer von LED-Lampen kann derzeit bei 25.000 Stunden liegen; das soll so nicht bleiben. Die Halbleiterbranche kennt nur exponentiellen Fortschritt, und von dem sollen wir alle profitieren. So wird die „geplante Obsoleszenz“ der Lampen wohlin den nächsten Jahren auf 10.000 bis 6000 Stunden reduziert werden. Wir sollen ja nicht nur einmal im Leben vor dem Lampenregal im Bau- oder Elektromarkt stehen.
Im weniger emotionalen Segment der „technischen Leuchten und Lampen“, das den Großteil der Messefläche zum Thema Licht einnimmt, werden Lichtlösungen vor allem für Verkaufsräume, Industrie und Büro vorgestellt. Die Leittechnologie LED realisiert sich hier in der Form, wie sie der Maler Wassily Kandinsky im Bauhausbuch Nummer 9 zusammenfasst: Punkt und Linie zu Fläche. Miniaturisierte Downlights und Strahlerköpfe, die in deckenbündig eingebauten schmalen Lichtschienen verschwinden, sind ästhetischer Grundkonsens. Oder der Lichtpunkt, der zur Lichtlinie wird. Deckenbündig oder abgependelt gerade oder gebogen ziehen sich Lichtlinien durch Supermärkte, Büros und Industriehallen. Die abstrakte Geometrie von Punkt, Linie und Fläche ist mittlerweile so generisch, dass sich Herstelleridentitäten kaum mehr feststellen lassen. Zahllose dünne Leuchtflächen, abgependelt auf zarten Stahlseilen, und ein störendes Stromkabel, das meist als dekorativ geschwungene Linie die Stromversorgung gewährleistet, definieren einen Bürostandard, der so uniform und klassisch ist wie Anzug und Krawatte im Büro.
Menschenbezogen gibt sich die moderne Technologie durch Sensoren, die uns theatralisch immer im normgerechten Licht durchs Büro begleiten. Um uns herum entsteht durch Schwarmintelligenz der Leuchten eine Lichtinsel im Büro, eine Art Heiligenschein für High-Performer, wenn schon alle nach Hause gegangen sind. Während für zu Hause die Selbststeuerung von färbigen gemütlichen Lichtstimmungen Hauptverkaufsargument ist, ist die Biomimikry der tageszeitabhängigen Lichtstimmung der Natur die Inspiration für zukünftige Entwicklungen im Büro. Weißes Licht, das in der Früh und am Abend warm und über den restlichen Taghindurch eher kalt ist, soll unseren natürlichen Rhythmus unterstützen und somit unser Wohlbefinden im Büro steigern.
Nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch Leistungssteigerungen durch Licht sind durch Pilotstudien belegt. Das wäre dann der manipulative Aspekt des Lichts, der durchaus attraktive Anwendungen verspricht: weniger Medikamente bei der Altenbetreuung, weniger Stress bei Arztvisiten im Krankenhaus oder eine Lichttherapie für aufgeregte Schulklassen. Oder eben mehr Verkauf in Shops. Die Grenzen der künstlichen Beleuchtung stellte die Inszenierung in den voll verdunkelten Messehallen eindrucksvoll unter Beweis. Selbst mit den großflächigen Tageslichtsimulationen ist ein Wohlbefinden über einenlangen Messetag nicht herzustellen.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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