Artikel
Historische Rekonstruktion und Hyperrealismus
Themen der heutigen Garten- und Landschaftsarchitektur
7. Mai 1999 - Gabriele Reiterer
In der Garten- und Landschaftsarchitektur hat sich ein facettenreicher Diskurs entwickelt. Neben den vielfältigen Gestaltungsprinzipien sind es Fragen des theoretischen Zugangs, der Vorbilder, des Verhältnisses zur Architektur und zur historischen Materie sowie denkmalpflegerische Themen, welche die Diskussion bestimmen. Vermehrt sind aber auch ökologische Fragen wichtig geworden. Ende April diskutierten Fachleute in Wien den Stand der Landschafts- und Gartengestaltung und stellten - «auf der Suche nach zeitgenössischer Gartenkunst» - anhand ausgewählter Projekte unterschiedliche Positionen vor.
Fragen nach Vorbildern beantwortete der französische Gartenarchitekt Gilles Clément mit dem Hinweis auf den «grossen Garten Natur». Bei ihm steht eine Gartenkunst im Mittelpunkt, bei der der Gärtner zum «Erhalter» der Natur wird. Für den 1993 eröffneten Parc André-Citroën in Paris gestaltete Clément den Jardin en mouvement, dessen Charakteristiken die Vorherrschaft der Natur und eine poetische Auffassung des Prinzips der Selbstorganisation sind, wobei sich Eingriffe auf regulierende Massnahmen beschränken. Der holländische Landschaftsarchitekt Piet Oudolf hingegen stellt die Pflanze in den Mittelpunkt. In seinen Entwürfen scheut er sich nicht vor ungewöhnlichen Zusammenstellungen von Formen, Farben und Strukturen. - Von der historischen und kulturgeschichtlichen Auseinandersetzung mit der Landschaft geprägt ist Bernard Lassus. Sein aufwendigstes und extravagantestes Projekt wurde nicht realisiert: Das Konzept zur Neugestaltung der Tuilerien-Gärten sah 1990 einen frei interpretierten «archäologischen» Umgang mit der Geschichte der Anlage vor. Mit der Restaurierung, aber auch mit der Neugestaltung gewisser Teile, basierend «auf einer schlüssigen Wiedererfindung», plante er eine Schichtung des Gartens auf mehreren Ebenen.
Ein problematisches und kontrovers diskutiertes Thema der Garten- und Landschaftsgestaltung bildet die Annäherung an historische Anlagen. Die Fragen der Gartendenkmalpflege drehen sich dabei um Rekonstruktion und Erhaltung beziehungsweise um die Definition dieser Begriffe und die gestalterische Freiheit innerhalb denkmalpflegerischer Grenzen. Das Schaffen des Schweizer Landschaftsarchitekten Guido Hager bewegt sich inmitten dieser Kontroverse. Seine Auffassung von Denkmalpflege lässt Spielraum für eine teilweise Neugestaltung und zeugt von einem imaginativen Umgang mit Alt und Neu. Er wendet sich gegen Rekonstruktionen, tritt aber gleichwohl für die Substanzerhaltung der Gärten ein. Im Zürcher Rechberggarten setzte er seine Auffassung um; unter Rücksichtnahme auf die historische Substanz «baute er am Vorhandenen weiter».
Als seiner Funktion weitgehend entkleidet sieht Franco Zagari den historischen Garten. Diesem begegnet der in Rom lebende Professor für Landschaftsarchitektur mit einem neuen Formenrepertoire. So bei der Villa Lante in Rom: Die 1525 von Giulio Romano erbaute Anlage zählt zu den eindrucksvollsten des italienischen Manierismus. Im Rahmen der Restaurierung des Gebäudes gestaltete Zagari, der sich dabei einzig an den Achsen der alten Anlage orientierte, den Garten neu.
Die in Deutschland tätige Landschaftsarchitektin Anneliese Latz legt Wert auf einen «strukturalistischen Dialog mit der Architektur». Ein Hauptprojekt des Büros Latz + Partner, der auf einem ehemaligen Industriegelände angelegte Landschaftspark Duisburg Nord, bei dem «Prinzipien und Strategien im Umgang mit Zerstörung und Verfall» umgesetzt werden, verabschiedet sich von jeder herkömmlichen Vorstellung von Gartenkunst. Avantgardistische Wege beschreiten auch der Niederländer Adriaan Geuze und das von ihm gegründete Planungsbüro West 8, das Architekten, Industrial-Designer und Botaniker beschäftigt. Ihre Arbeiten sind von einem pragmatischen Zugang zur Landschaft geprägt, dessen Wurzeln im klassischen Nutzungsdenken liegen. «Hyperrealist» nennt sich Geuze, und dies zeigt sich - trotz artifizieller Formensprache - auch in seiner Bereitschaft, sich mit ökologischen Problemstellungen zu befassen.
Fragen nach Vorbildern beantwortete der französische Gartenarchitekt Gilles Clément mit dem Hinweis auf den «grossen Garten Natur». Bei ihm steht eine Gartenkunst im Mittelpunkt, bei der der Gärtner zum «Erhalter» der Natur wird. Für den 1993 eröffneten Parc André-Citroën in Paris gestaltete Clément den Jardin en mouvement, dessen Charakteristiken die Vorherrschaft der Natur und eine poetische Auffassung des Prinzips der Selbstorganisation sind, wobei sich Eingriffe auf regulierende Massnahmen beschränken. Der holländische Landschaftsarchitekt Piet Oudolf hingegen stellt die Pflanze in den Mittelpunkt. In seinen Entwürfen scheut er sich nicht vor ungewöhnlichen Zusammenstellungen von Formen, Farben und Strukturen. - Von der historischen und kulturgeschichtlichen Auseinandersetzung mit der Landschaft geprägt ist Bernard Lassus. Sein aufwendigstes und extravagantestes Projekt wurde nicht realisiert: Das Konzept zur Neugestaltung der Tuilerien-Gärten sah 1990 einen frei interpretierten «archäologischen» Umgang mit der Geschichte der Anlage vor. Mit der Restaurierung, aber auch mit der Neugestaltung gewisser Teile, basierend «auf einer schlüssigen Wiedererfindung», plante er eine Schichtung des Gartens auf mehreren Ebenen.
Ein problematisches und kontrovers diskutiertes Thema der Garten- und Landschaftsgestaltung bildet die Annäherung an historische Anlagen. Die Fragen der Gartendenkmalpflege drehen sich dabei um Rekonstruktion und Erhaltung beziehungsweise um die Definition dieser Begriffe und die gestalterische Freiheit innerhalb denkmalpflegerischer Grenzen. Das Schaffen des Schweizer Landschaftsarchitekten Guido Hager bewegt sich inmitten dieser Kontroverse. Seine Auffassung von Denkmalpflege lässt Spielraum für eine teilweise Neugestaltung und zeugt von einem imaginativen Umgang mit Alt und Neu. Er wendet sich gegen Rekonstruktionen, tritt aber gleichwohl für die Substanzerhaltung der Gärten ein. Im Zürcher Rechberggarten setzte er seine Auffassung um; unter Rücksichtnahme auf die historische Substanz «baute er am Vorhandenen weiter».
Als seiner Funktion weitgehend entkleidet sieht Franco Zagari den historischen Garten. Diesem begegnet der in Rom lebende Professor für Landschaftsarchitektur mit einem neuen Formenrepertoire. So bei der Villa Lante in Rom: Die 1525 von Giulio Romano erbaute Anlage zählt zu den eindrucksvollsten des italienischen Manierismus. Im Rahmen der Restaurierung des Gebäudes gestaltete Zagari, der sich dabei einzig an den Achsen der alten Anlage orientierte, den Garten neu.
Die in Deutschland tätige Landschaftsarchitektin Anneliese Latz legt Wert auf einen «strukturalistischen Dialog mit der Architektur». Ein Hauptprojekt des Büros Latz + Partner, der auf einem ehemaligen Industriegelände angelegte Landschaftspark Duisburg Nord, bei dem «Prinzipien und Strategien im Umgang mit Zerstörung und Verfall» umgesetzt werden, verabschiedet sich von jeder herkömmlichen Vorstellung von Gartenkunst. Avantgardistische Wege beschreiten auch der Niederländer Adriaan Geuze und das von ihm gegründete Planungsbüro West 8, das Architekten, Industrial-Designer und Botaniker beschäftigt. Ihre Arbeiten sind von einem pragmatischen Zugang zur Landschaft geprägt, dessen Wurzeln im klassischen Nutzungsdenken liegen. «Hyperrealist» nennt sich Geuze, und dies zeigt sich - trotz artifizieller Formensprache - auch in seiner Bereitschaft, sich mit ökologischen Problemstellungen zu befassen.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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