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Durch Wegschneiden zum Wesentlichen
Neue Zürcher Zeitung

Die Badener Landschaftsarchitekten Zulauf und Partner

Einfamilienhausgärten, öffentliche Anlagen und die Umgebungsgestaltung von Industrie- und Bürobauten bilden das breite Betätigungsfeld des Badener Landschaftsarchitekturbüros Zulauf und Partner, das in jüngster Zeit vor allem durch ungewöhnliche, zeichenartige Parkanlagen von sich reden machte.

5. November 1999 - Suzanne Kappeler
Als Grundlage seiner Arbeit bezeichnet Rainer Zulauf im Gespräch die Kultur oder Kunst des «Kire». Das japanische Wort Kire bedeutet Wegnehmen, Wegschälen. Erst durch den Schnitt, der das Wesentliche vom Unwesentlichen trennt, wird etwas schön. Der Landschaftsarchitekt meint damit, dass mit dem Eingriff in eine Landschaft gleichsam ihre Natürlichkeit abgeschnitten wird, das heisst: durch die Abstraktion wird das Wesentliche der Landschaft oder des Gartens erst lesbar. Von der Architektur - handle es sich dabei um ein Museum, ein Bürogebäude oder ein Wohnhaus - und ihrem Umfeld versucht er, das Wesentliche zu erfassen und so die Grundlage für die dazugehörende Landschafts- oder Gartengestaltung zu formulieren. Besonders wichtig ist ihm die Frage nach dem Räumlichen: Wie kann ein Raum spannungsvoll gestaltet werden? Gartenarchitektur ist für Zulauf die Umsetzung eines Aussenraumes in Farbe und Form.


Wasser und Gartenhöfe

In Arbeiten des privaten und öffentlichen Raumes geht es den Badener Landschaftsarchitekten nicht darum, spektakuläre Eingriffe oder Bauten zu schaffen und damit Kontrapunkte zur Architektur zu setzen. Die Interventionen sollen im Gegenteil wie selbstverständlich wirken, eine Vorgabe, welche zum Beispiel die einfachen Bodenzeichnungen in Form von Wegen aus Betonplatten, Asphaltstreifen und Kies im historischen Park des Stadtkasinos Baden anschaulich einlösen. Für die in verschiedenen Etappen bis 1997 fertiggestellte Anlage erarbeiteten Zulauf und Partner als erstes ein langfristiges Leitbild, vergleichbar einem «Parkpflegewerk», das den mit zahlreichen Rabatten und Einbauten «möblierten» Park «entrümpeln» sollte. Ziel war es, durch sparsam eingefügte neue Elemente die alten Parkbäume wieder in ihrer raumbildenden Wirkung zur Geltung zu bringen. Die horizontalen Wegbilder und Platzgestaltungen wurden an ausgewählten Orten gleichsam in den Park gelegt. Neue Pflanzungen von Reihen seltener Bäume ergänzen den dendrologisch wertvollen Baumbestand. Mit den Jahren werden die Eingriffe kaum mehr als solche wahrnehmbar sein, der Park wird als gewachsenes Ganzes wirken.

Einen aus unterschiedlichen Höfen bestehenden Garten zu einem ungewöhnlich transparenten Betonhaus der Architekten Peter und Christian Frei im aargauischen Buchs realisierten Zulauf und Partner 1998. Die enge Zusammenarbeit mit den Architekten lässt die Farben und Materialien von Haus und Garten wie aus einem Guss erscheinen. Bei der Anlage von Einfamilienhausgärten versuchen die Landschaftsarchitekten aus den Vorstellungen der Bauherrschaft ein Grundmotiv, eine Grundfarbe herauszulesen, um ihre Gestaltung darauf aufbauen zu können. Grundfarben von Belägen und Bepflanzung sind in diesem Fall verschiedene Abstufungen von Grün, die von einem bläulichen Grün der Platten- und Kiesflächen aus Walliser Quarzit über das gelbliche Grün des Laubs der Gleditschienbäume bis zum satten Grün der Irisblätter und Grashalme reichen. Zusammen mit den Wasserflächen, die das Haus umgeben, sind alle horizontalen Teile wie Rasen und Beläge grün und bilden eine fein abgestimmte Ergänzung zum hellen Grau des Betons, der sich durch eine gleichsam seidige Oberfläche auszeichnet. Aus dem schwebenden grünen Teppich von Wasser und Rasen wachsen blaue und weisse Iris sibirica, Beetrosen und im Sommer farbenfrohe Stauden. Aus harten und weichen Belägen, ja sogar aus einem Behälter im Wasser ragen mehrere hohe, elegante Gleditschienbäume empor, deren Blätter als Besonderheit im Austrieb gelb gefärbt sind.

Dominiert auf der Eingangsseite des Hauses das Wasser, öffnet sich der Bau auf der Südseite zu einem mediterranen Garten, den eine geschichtete Trockenmauer abschliesst. Als Vorbild nennt Rainer Zulauf den Ryoan-ji-Tempelgarten in Kyoto, dessen geharkte Sandfläche mit den berühmten Steinsetzungen ebenfalls von einer Mauer begrenzt wird. Verschiedene Kübelpflanzen, Yuccas, Königskerzen, Thymian und duftende Polster beherrschen diesen Gartenhof. Ein Betonbrunnen im Osthof und ein Schwimmbecken auf der Westseite lassen das Thema Wasser dominant erscheinen; auf zwei Seiten markiert es gleichsam den höchsten Punkt des Gartens. Die Flächen von Schwimmbecken und Teich wurden bewusst nach vorne an die Kante gesetzt, von wo sich der Blick in die Landschaft öffnet. Das Haus selbst, dessen Zugang durch eine Betonbrücke erschlossen wird, schwebt über dem Wasser, das nicht zuletzt als Spiegelfäche dient.

Schon vier Jahre zuvor, 1994, hatten sich die Landschaftsarchitekten bei der Gestaltung eines Einfamilienhausgartens in Solothurn von der japanischen Kultur des Reduzierens und Abstrahierens leiten lassen. Eine Wasserrinne, die sich in ein Becken ergiesst, Föhrengruppen mit charakteristisch knorrigen Stämmen, ein Bambushof, Betonplatten- und Rasenflächen sowie ein Kiesbeet mit Sumpfpflanzen bilden das Gerüst des Gartens, der sich in einen offenen, überschaubaren und einen verborgenen Bereich gliedert.


Stadt- und Museumsparks

Zusammen mit der Architektin Sabine Hubacher und dem Bildhauer und Architekten Christoph Haerle gewannen Zulauf und Partner 1997 den Wettbewerb für den Oerliker Park, einen von vier geplanten Freiräumen für das neue Stadtzentrum Zürich Nord. Das Projekt, das sich in der Realisierungsphase befindet, sieht einen zweigeteilten Baumkörper mit eingeschriebener Lichtung vor, die als Klammer zwischen den beiden Parkteilen dient. Eine Brunnenanlage und ein Pavillon laden zum Verweilen auf der Lichtung ein. Ein Aussichtsturm wird die nach und nach ein geschlossenes Dach bildenden Baumkronen durchbrechen und die Vertikale markieren. Die vorgesehenen fünfhundert Eschen und gleich vielen anderen Bäume sollen sehr eng gepflanzt und später ausgedünnt werden, damit ein lichter Wald entsteht, durch den die Parkbesucher lustwandeln können. Die Idee eines Wäldchens als Parklandschaft ist ungewöhnlich, entspricht sie doch kaum den gängigen Vorstellungen eines Stadtparks. Ein - wenn auch künstlich angelegter - naturnaher Freiraum soll etwas von der einstigen Wildnis in das Wohn- und Arbeitsquartier hereinholen.

Mit dem nördlich von Osnabrück gelegenen archäologischen Museumspark Kalkriese realisieren Zulauf und Partner in Zusammenarbeit mit den Zürcher Architekten Annette Gigon und Mike Guyer ein Projekt, das Teil der Weltausstellung Hannover 2000 sein wird. Archäologen fanden in diesem Gebiet das historische Schlachtfeld der Varusschlacht, in der drei römische Legionen vom Germanenfürsten Arminius (Hermann) vernichtend geschlagen wurden. Das L-förmige, mit rostigen Stahlplatten verkleidete Museum mit seinem hohen Turm und der Park werden in einem 20 Hektaren grossen Teilbereich des 17 Kilometer breiten Schlachtfelds gebaut. Ein zurückhaltendes Denkmal, gleichsam eine «Zeichnung in der Landschaft mit Waldinseln», wollen Zulauf und Partner gestalten. Die römischen Legionäre gerieten zwischen einer Wallanlage am Kalkrieser Berg und einer Moorfläche in einen natürlichen Engpass. «Der Weg des Römers» wird von den Landschaftsarchitekten mit rostigen Stahlplatten nachgezeichnet, der germanische Wall mit unterschiedlich dicht gesetzten eisernen Stelen. Um die Landschaft so zu zeigen, wie sie hätte sein können, werden grosse Waldpartien gerodet und an anderer Stelle, etwa entlang des Walls, wieder aufgeforstet. Als weiteres Element bauen die Landschaftsarchitekten eine von Eisenplatten gerahmte, wie ein Fenster wirkende, abgesenkte Landschaft, welche die Spuren der Schlacht mit Sumpf, Rasenmauer und Eichenwald zeigt.


Der Garten als Gefäss

Der Oerliker Park liegt über einem durch Altlasten verseuchten Gebiet und markiert so gleichsam eine Grenze, einen Raum gegen unten, wodurch er dem Ursprung des Gartens als «hortus conclusus» nahekommt. Das Thema des abgeschlossenen, umgrenzten Gartens variiert das Büro Zulauf und Partner in verschiedenen Arbeiten, etwa auf dem Areal der ABB-Immobilien in Baden, wo verschiebbare, mächtige Stahlbehälter mit einheimischen Sträuchern und Kleinbäumen bepflanzt werden. Diese erhalten genügend Platz, um sich üppig zu entwickeln, und sollen einen etwas wilden, ungezügelten Anblick bieten. Die Pflanzengefässe sind eine ehrliche Alternative auf einem Platz, der später möglicherweise überbaut oder umgestaltet wird.

Für die neuen Verwaltungsgebäude des Kantons Zug, die auf einer Art Campus angeordnet sind, entwickelten die Landschaftsarchitekten zusammen mit Christoph Haerle blaue, sackartige «Gewebecontainer», die, mit Erdsubstrat gefüllt, wie eine pralle Mischung aus plasticummantelten Heuballen und Energiekugeln wirken. Die Säcke werden nicht mit exotisch schönen, sondern mit gewöhnlichen, besonders vitalen Gewächsen bepflanzt. Diese sollen die Container mit der Zeit überwuchern, am Boden Ausläufer treiben und durch ihr Blühen und Verwelken den Charakter des Areals prägen. Schotterrasen und Asphalt bilden den Untergrund für den witzig spielerischen «Containerpflanzengarten».

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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