Bauwerk
Kenotaph Hinterweintal
Franz Koppelstätter, Anna Firak - Weilbach (A) - 2015
Gedenkraum
11. Juni 2015 - afo
Ein Kenotaph ist ein leeres Grabmal für Verstorbene deren Körper an einem anderen, mitunter unbekannten Platz liegen. Es dient als Platzhalter für das Abwesende, für das Erinnern, und so wie jedes Grabmal ist es ein Ort an dem man mit den Verstorbenen in Kontakt treten kann. Gleich ob man sie in einem metaphysischen Raum sucht oder in der eigenen Erinnerung, ein konkreter Ort hilft diese Verbindung herzustellen.
Nach der Hofübernahme hatte der neue Bauer in Hinterweintal den Betrieb umstrukturiert. Hinter der Scheune hatte er einige Gebäude aufgebaut um Platz für mehr Vieh und Futter zu haben. In einer der Hallen wurden Heuballen getrocknet. Hier brach der Brand aus, der innerhalb kurzer Zeit die restlichen Bauten in Flammen setzte. Im Stall mit den Tieren schien noch genug Zeit zu sein das Vieh aus den Aufstallungen zu befreien. Beim Versuch das zu tun, starb der Bauer in Hinterweintal. Am Ende waren nur noch verkohlte Holzbalken, verbogene Stahlträger und schwarze Tierkadaver zu sehen.
Die Brandstatt wurde in den Wochen darauf geräumt, die Reste sortiert und weggebracht. Bevor die Fläche wieder mit Erde überdeckt werden konnte, mussten noch die Betonböden aufgestemmt und entfernt werden. Dort wo vorher Stiere standen, war nun eine Schicht aus Asche, darunter Beton und dann Steine. Das sind die Versatzstücke aus denen das Kenotaph errichtet werden soll. Die Betonplatte wurde in Streifen unterschiedlicher Länge und Breite geschnitten und aus dem Schotterbett gehoben. Sichtbar wurde dadurch, was sonst immer verborgen ist – die Unterseite des Hauses, die Perspektive aus der Unterwelt, wenn man so will.
Innviertler Vierseithöfe bestehen typischerweise aus einem Wohnhaus, einer Scheune gegenüber und Ställen an den beiden Seitenflügeln. Rundherum sind kleinere Satelliten wie Backhaus, Hühnerstall, Abort oder Kapellen gruppiert. Solche freistehenden Kapellen waren stets den Ankommenden zugewandt oder lagen am Weg zur nächsten Kirche. Die Lage des Kenotaph greift diese Typologie auf, indem es auf einer Anhöhe vor dem Hof liegt. Dadurch steht es auch Menschen offen, die nicht Teil des Hofverbandes sind. Besucher können diesen Ort aufsuchen, ohne zwangsläufig in die Sphäre der Familie eindringen zu müssen.
Die Form des Kenotaph ist so angelegt, dass es ohne Schwelle betreten wird. Innen und Aussen gehen ineinander über, der Ausblick ist an jeder Stelle möglich, die Einsicht jedoch immer unterbunden. Der Innenraum ist so dimensioniert, dass einzelne Personen sich darin nicht verlieren, aber auch Paare oder kleine Gruppen darin Platz nehmen können.
Die aus der Brandstatt geborgenen Betonplatten werden hochgestellt und übereinander geschlichtete, verwoben. In einer Seite ist eine Sitzbank montiert, gegenüber öffnet sich die Struktur zu einem Panorama über die Wiesen des Bauern in Hinterweintal. Umgeben ist man in diesem Raum von der Unterseite des Stalles, geborgen in den Grundfesten, dem einzigen Teil, der tatsächlich unversehrt geblieben ist. Darüber, abgesetzt ein Dach aus Holz. Die Struktur des Daches besteht aus übereinander gelegte Holzstaffeln. Blickt man hindurch, sieht man die sich überlagernden Muster, bewegt man sich dabei, verschwimmt dieses Muster, löst sich auf und beginnt zu flimmern.
Entstanden mit Unterstützung durch den Otto-Mauer-Fond (Text: Franz Koppelstätter)
Nach der Hofübernahme hatte der neue Bauer in Hinterweintal den Betrieb umstrukturiert. Hinter der Scheune hatte er einige Gebäude aufgebaut um Platz für mehr Vieh und Futter zu haben. In einer der Hallen wurden Heuballen getrocknet. Hier brach der Brand aus, der innerhalb kurzer Zeit die restlichen Bauten in Flammen setzte. Im Stall mit den Tieren schien noch genug Zeit zu sein das Vieh aus den Aufstallungen zu befreien. Beim Versuch das zu tun, starb der Bauer in Hinterweintal. Am Ende waren nur noch verkohlte Holzbalken, verbogene Stahlträger und schwarze Tierkadaver zu sehen.
Die Brandstatt wurde in den Wochen darauf geräumt, die Reste sortiert und weggebracht. Bevor die Fläche wieder mit Erde überdeckt werden konnte, mussten noch die Betonböden aufgestemmt und entfernt werden. Dort wo vorher Stiere standen, war nun eine Schicht aus Asche, darunter Beton und dann Steine. Das sind die Versatzstücke aus denen das Kenotaph errichtet werden soll. Die Betonplatte wurde in Streifen unterschiedlicher Länge und Breite geschnitten und aus dem Schotterbett gehoben. Sichtbar wurde dadurch, was sonst immer verborgen ist – die Unterseite des Hauses, die Perspektive aus der Unterwelt, wenn man so will.
Innviertler Vierseithöfe bestehen typischerweise aus einem Wohnhaus, einer Scheune gegenüber und Ställen an den beiden Seitenflügeln. Rundherum sind kleinere Satelliten wie Backhaus, Hühnerstall, Abort oder Kapellen gruppiert. Solche freistehenden Kapellen waren stets den Ankommenden zugewandt oder lagen am Weg zur nächsten Kirche. Die Lage des Kenotaph greift diese Typologie auf, indem es auf einer Anhöhe vor dem Hof liegt. Dadurch steht es auch Menschen offen, die nicht Teil des Hofverbandes sind. Besucher können diesen Ort aufsuchen, ohne zwangsläufig in die Sphäre der Familie eindringen zu müssen.
Die Form des Kenotaph ist so angelegt, dass es ohne Schwelle betreten wird. Innen und Aussen gehen ineinander über, der Ausblick ist an jeder Stelle möglich, die Einsicht jedoch immer unterbunden. Der Innenraum ist so dimensioniert, dass einzelne Personen sich darin nicht verlieren, aber auch Paare oder kleine Gruppen darin Platz nehmen können.
Die aus der Brandstatt geborgenen Betonplatten werden hochgestellt und übereinander geschlichtete, verwoben. In einer Seite ist eine Sitzbank montiert, gegenüber öffnet sich die Struktur zu einem Panorama über die Wiesen des Bauern in Hinterweintal. Umgeben ist man in diesem Raum von der Unterseite des Stalles, geborgen in den Grundfesten, dem einzigen Teil, der tatsächlich unversehrt geblieben ist. Darüber, abgesetzt ein Dach aus Holz. Die Struktur des Daches besteht aus übereinander gelegte Holzstaffeln. Blickt man hindurch, sieht man die sich überlagernden Muster, bewegt man sich dabei, verschwimmt dieses Muster, löst sich auf und beginnt zu flimmern.
Entstanden mit Unterstützung durch den Otto-Mauer-Fond (Text: Franz Koppelstätter)
Für den Beitrag verantwortlich: afo architekturforum oberösterreich
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom@afo.at