Zeitschrift
archithese 2.2008
Transformierte Landschaft
Am nördlichen Stadtrand von Zürich, schon auf dem Gebiet der Gemeinde Opfikon, ist in den vergangenen Jahren der Opfikerpark entstanden. Ein strenges Wasserbecken, das des Sommers zum Baden einlädt, erstreckt sich über 550 Meter von der Haltestelle der Glatttalbahn im Süden bis zur Autobahn im Norden. Auf der Westseite, wo das Becken durch platanenbestandene Plattformen rhythmisiert ist, entsteht die Wohnsiedlung Glattpark, auf der Ostseite führen Wege durch Wiesen zu der durch Bäume abgeschirmten, seit Jahren stillgelegten Kläranlage, deren mögliche Umnutzung zu einer Eventlokalität auf sich warten lässt.
Die Berliner Landschaftsarchitektin Gabriele Kiefer hat mit dem Opfikerpark ein Konzept von starker geometrischer Rigidität durchgesetzt. Damit folgt sie einem Trend, der seit den Achtzigerjahren die zeitgenössische Landschaftsgestaltung dominiert, nämlich der Orientierung an architektonischen Gestaltungsprinzipien. Das Kalkül ist verständlich: In dem profillosen Siedlungsraum der Glatttalstadt geht es darum, durch starke Setzungen Identität zu generieren. Dennoch bleibt die Frage, ob Kiefers Strategie nicht einem fragwürdigen Glauben an die Kraft der Gestaltung verhaftet bleibt. Die Glatttalstadt ist kein dicht besiedelter Raum, der als Antithese einen Park für die Erholung benötigte wie Manhattan den Central Park von Frederick Law Olmsted. Landschaft ist in ausreichendem Masse vorhanden, wenn auch fragmentiert und durchmischt mit den typischen Phänomenen des suburbanen Sprawls. Besteht in der Konfrontation von Relikten früherer bäuerlicher Besiedlung und postindustrieller Landschaft nicht gerade der Reiz der Glatttalstadt? Ist nicht der Patchworkcharakter das eigentliche Potenzial? Und wozu bedarf es eines speziellen Skaterparks, wenn sich der überdimensionierter Parkplatz vor einem Einkaufszentrum dafür ebenfalls anbietet? Ein zeitgemässes Konzept könnte auch darin bestehen, bereits existierende Freiräume zu nutzen und gegebenenfalls durch minimale Interventionen zu stärken.
Die Transformationen, denen das Landschaftsverständnis in der jüngeren Vergangenheit unterliegt, sind der Gegenstand dieses Heftes. Unterscheidet man zwischen einer ursprünglichen ersten, einer bewusst gestalteten zweiten sowie einer zufällig entstandenen dritten Natur, so haben sich zwei Erkenntnisse durchgesetzt: Zum einen, dass es in Europa eine erste Natur letztlich nicht mehr gibt; zum anderen, dass die Frage der Landschaft heute vornehmlich die dritte Natur betrifft postagrikulturelle und postindustrielle Gebiete ebenso wie den Bereich der «Zwischenstadt». Drei einleitende Beiträge suchen die Veränderungen des Landschaftsverständnisses zu fassen, zwei Blöcke mit Ausschnitten aus Quellentexten rahmen Essays zu einzelnen Beispielen, welches Aufgabenspektrum Landschaftsarchitektur heute umfassen kann. Die Panoramen und nicht projektbezogenen Fotos auf den Bildseiten stammen von dem Zürcher Fotografen Chris Wittwer.
Redaktion
02 Editorial
20 Ästhetisierung der Landschaft: Vom Landschaftsgarten zur Stadtlandschaft | Sibylle Hoiman
24 Transformation des Gewöhnlichen: Überlegungen zur Landschaftsgestaltung | Maya Kohte
28 Alles im Fluss: Landschaft und Stadt, Parks und Nicht-Orte | Robert Kaltenbrunner
34 (Kultur-)Landschaften I: Eine Wort- und Theoriecollage
38 «woistdergarten?» In der Stadt, auf Brachen, an vergessenen Orten: Gartenkunst von atelier le balto | Verena Doerfler
44 Wiederkehr der Schönheit: West 8: Projekt Río Manzanares, Madrid | Hubertus Adam
48 Europäische Kulturlandschaften - eine Bildcollage: Metropole Zürich und Agglomerationslandschaft Glattal | Chris Wittwer
50 Leisurescapes: Landschaft und Leisure | Mark Hendriks
56 TirolCITY: Eine neue Perspektive für die Region Nordtirol | Pia Kronberger, Wolfgang Andexlinger
62 Europäische Kulturlandschaften - eine Bildcollage: Agglomerationslandschaft Glattal und Westsizilien | Chris Wittwer
64 Crans-Montana: Ein Fragment der Zwischenstadt | Barbara Boczek
70 Zurück in die Wildnis? Das Nationale Forschungsprogramm 48 «Landschaften und Lebensräume in den Alpen» | Urs Steiger
76 (Kultur-)Landschaften II: Eine Wort- und Theoriecollage
Architektur aktuell
80 CaixaForum, Madrid von Herzog & de Meuron | Hubertus Adam
86 Einfamilienhaus in Wettingen AG von Ken Architekten | Hubertus Adam
Rubriken
95 fsai
97 Architekturgespräche Luzern: «Architektur&Branding oder die Suche nach dem Garten Eden»
98 Neues aus der Industrie
102 Lieferbare Hefte
104 Vorschau und Impressum
Die Berliner Landschaftsarchitektin Gabriele Kiefer hat mit dem Opfikerpark ein Konzept von starker geometrischer Rigidität durchgesetzt. Damit folgt sie einem Trend, der seit den Achtzigerjahren die zeitgenössische Landschaftsgestaltung dominiert, nämlich der Orientierung an architektonischen Gestaltungsprinzipien. Das Kalkül ist verständlich: In dem profillosen Siedlungsraum der Glatttalstadt geht es darum, durch starke Setzungen Identität zu generieren. Dennoch bleibt die Frage, ob Kiefers Strategie nicht einem fragwürdigen Glauben an die Kraft der Gestaltung verhaftet bleibt. Die Glatttalstadt ist kein dicht besiedelter Raum, der als Antithese einen Park für die Erholung benötigte wie Manhattan den Central Park von Frederick Law Olmsted. Landschaft ist in ausreichendem Masse vorhanden, wenn auch fragmentiert und durchmischt mit den typischen Phänomenen des suburbanen Sprawls. Besteht in der Konfrontation von Relikten früherer bäuerlicher Besiedlung und postindustrieller Landschaft nicht gerade der Reiz der Glatttalstadt? Ist nicht der Patchworkcharakter das eigentliche Potenzial? Und wozu bedarf es eines speziellen Skaterparks, wenn sich der überdimensionierter Parkplatz vor einem Einkaufszentrum dafür ebenfalls anbietet? Ein zeitgemässes Konzept könnte auch darin bestehen, bereits existierende Freiräume zu nutzen und gegebenenfalls durch minimale Interventionen zu stärken.
Die Transformationen, denen das Landschaftsverständnis in der jüngeren Vergangenheit unterliegt, sind der Gegenstand dieses Heftes. Unterscheidet man zwischen einer ursprünglichen ersten, einer bewusst gestalteten zweiten sowie einer zufällig entstandenen dritten Natur, so haben sich zwei Erkenntnisse durchgesetzt: Zum einen, dass es in Europa eine erste Natur letztlich nicht mehr gibt; zum anderen, dass die Frage der Landschaft heute vornehmlich die dritte Natur betrifft postagrikulturelle und postindustrielle Gebiete ebenso wie den Bereich der «Zwischenstadt». Drei einleitende Beiträge suchen die Veränderungen des Landschaftsverständnisses zu fassen, zwei Blöcke mit Ausschnitten aus Quellentexten rahmen Essays zu einzelnen Beispielen, welches Aufgabenspektrum Landschaftsarchitektur heute umfassen kann. Die Panoramen und nicht projektbezogenen Fotos auf den Bildseiten stammen von dem Zürcher Fotografen Chris Wittwer.
Redaktion
02 Editorial
20 Ästhetisierung der Landschaft: Vom Landschaftsgarten zur Stadtlandschaft | Sibylle Hoiman
24 Transformation des Gewöhnlichen: Überlegungen zur Landschaftsgestaltung | Maya Kohte
28 Alles im Fluss: Landschaft und Stadt, Parks und Nicht-Orte | Robert Kaltenbrunner
34 (Kultur-)Landschaften I: Eine Wort- und Theoriecollage
38 «woistdergarten?» In der Stadt, auf Brachen, an vergessenen Orten: Gartenkunst von atelier le balto | Verena Doerfler
44 Wiederkehr der Schönheit: West 8: Projekt Río Manzanares, Madrid | Hubertus Adam
48 Europäische Kulturlandschaften - eine Bildcollage: Metropole Zürich und Agglomerationslandschaft Glattal | Chris Wittwer
50 Leisurescapes: Landschaft und Leisure | Mark Hendriks
56 TirolCITY: Eine neue Perspektive für die Region Nordtirol | Pia Kronberger, Wolfgang Andexlinger
62 Europäische Kulturlandschaften - eine Bildcollage: Agglomerationslandschaft Glattal und Westsizilien | Chris Wittwer
64 Crans-Montana: Ein Fragment der Zwischenstadt | Barbara Boczek
70 Zurück in die Wildnis? Das Nationale Forschungsprogramm 48 «Landschaften und Lebensräume in den Alpen» | Urs Steiger
76 (Kultur-)Landschaften II: Eine Wort- und Theoriecollage
Architektur aktuell
80 CaixaForum, Madrid von Herzog & de Meuron | Hubertus Adam
86 Einfamilienhaus in Wettingen AG von Ken Architekten | Hubertus Adam
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95 fsai
97 Architekturgespräche Luzern: «Architektur&Branding oder die Suche nach dem Garten Eden»
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104 Vorschau und Impressum
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