Zeitschrift
tec21 2006|11
...ist immer der Gärtner
Lustwandeln
Gärtnern ist schwierig geworden, zum Beispiel im Zürcher Arboretum. Der historische Park am See ist inzwischen so beliebt, dass man im Sommer Angst um die Anlage haben muss. Parks sind für die Öffentlichkeit, und nichts ist schlimmer als ein verlassener, öder Park. In Zürich reden Fachleute schon von «Übernutzung». Da wird grilliert und gefeiert, gespielt und konsumiert, übernachtet und Abfall entsorgt. Die Verantwortlichen düngen als Reaktion die Liegewiese wie einen Sportrasen, Blumenbeete werden pro Saison mehrmals neu bepflanzt, und die mobilen WC-Häus-chen sollen jetzt zu veritablen WC-Häusern werden, was in einer geschützten Anlage nicht ganz einfach zu bewerkstelligen ist. Weil Zulieferer für die fliegenden Händler das Fahrverbot missachteten und die Äste der Bäume gefährdeten, verhindern heute schnell installierte Metalltore die Zufahrt von grossen Fahrzeugen. Und wehe, es herrscht wieder sonniges Wetter während der Streetparade. Denn dann tanzen sie wieder im Schatten unter den Bäumen und bedrohen das Wurzelwerk der über hundertjährigen «Grünsubstanz».
Also: Entweder passen die Gärtner die Parks uns an, oder wir versuchen, von den Gärtnern zu lernen. Offenbar suchen wir aber doch immer wieder das kleine Paradies in der Natur und nicht die massentaugliche und cleane Anlage. Bleibt uns noch, das Verhalten zu ändern. Aber wollen wir wirklich wieder ein «Rasen betreten verboten»? Wir lassen uns eben nicht stören bei dem, was inzwischen erlaubt ist. Müssen wir wieder promenieren lernen? Anders als lustwandelnd und naturbetrachtend können Besucher übrigens die Ermitage in Arlesheim gar nicht erfassen. Die Wege durch den diesjährigen Träger des Schulthess-Gartenpreises – ein 1785 konzipierter «Erlebnispark» – führen zu verschiedenen Gartenszenen und Attraktionen. Wie das bei der Gartendenkmalpflege immer häufiger gebrauchte Arbeitsinstrument des Parkpflegewerks in Arlesheim angewendet wird, erläutert Claudia Moll in diesem Heft. Sie hat den kaum bekannten Landschaftsgarten besucht. Begleitet wird der Text mit Bildern von Roger Frei, den wir losgeschickt haben, den Park zu erwandern. Die Gartendenkmalpflege kämpft wie in der Ermitage häufig gegen zu viele Pflanzen und gegen Überwucherung. Sie muss die Arten und Sorten kennen, die sie wieder pflanzen möchte oder die sie in grosser Vielfalt in den historischen Anlagen vorfindet. Dafür benötigt sie ein fundiertes «Gärtnerwissen».
Dieses fehlt ausgerechnet vielen Schweizer Landschaftsarchitekten. Landschaftsarchitektur als Design-Disziplin? Oder ist es nur die Angst vor den Pflegekosten, die auf Pflanzenvielfalt verzichten lässt? Oder aber fürchten sich unsere Landschaftsarchitekten tatsächlich, in die «Gärtnerecke» gestellt zu werden? Hansjörg Gadient zeigt in seinem Artikel, wie heutige Gärten aussehen können, wenn sie üppiger werden und die Pflanzenvielfalt zunimmt. Einen Garten zu entwerfen mit über hundert Arten – statt mit drei bis zehn – setzt solides Pflanzenwissen voraus. Dieses könnte auch das Ende für den Minimalismus in der Schweizer Landschaftsarchitektur bedeuten.
Gute Gärtner wünscht man sich. Schliesslich war es der Pariser Gärtner Joseph Monier, der seine Blumentöpfe aus Zement mit einem Drahtgeflecht verstärkte. 1867 meldete er sein Patent an und gilt damit als der Erfinder des Stahlbetons, eines Werkstoffes, der heute selten in einem Garten fehlt. Am Ende ist es dann doch immer der Gärtner.
Ivo Bösch, boesch@tec21.ch
Das geheimnisvolle Tal
Claudia Moll
Zu Besuch im noch kaum bekannten, aber doch grössten sentimentalen Landschaftsgarten der Schweiz: der Ermitage in Arlesheim. Der Schweizer Heimatschutz zeichnet sie dieses Jahr mit dem Schulthess-Gartenpreis aus.
Städtische Gärten
Hansjörg Gadient
Seit den 1960er-Jahren dominieren minimalistische Ansätze die Aussenraumgestaltungen. Sind sie noch aktuell? Zwei grosse öffentliche Anlagen lassen auf eine zeitgemässere Entwicklung hoffen.
Wettbewerbe
Neue Ausschreibungen und Preise | Zwei Wettbewerbe in Basel: Volta-Zentrum mit Vogesenplatz und die neuen Tramhäuschen | Bewährter Schulgrundriss in Altstätten | Campingkultur in Bern | Olma-Hybrid in St.Gallen
Magazin
Publikationen zur Landschaftsarchitektur | Erster Natur-Kongress | In Kürze | Internationaler Master in Geophysik | Wechsel in der tec21-Umweltredaktion | Alpen-Hochhaus | Regionalbahnhöfe
Aus dem SIA
SIA 118: Kommission prüft Anpassungsbedarf | Der SIA zur Aufhebung der Lex Koller | SIA Form: Kurse im 1. Halbjahr 2006
Produkte
Impressum
Veranstaltungen
Gärtnern ist schwierig geworden, zum Beispiel im Zürcher Arboretum. Der historische Park am See ist inzwischen so beliebt, dass man im Sommer Angst um die Anlage haben muss. Parks sind für die Öffentlichkeit, und nichts ist schlimmer als ein verlassener, öder Park. In Zürich reden Fachleute schon von «Übernutzung». Da wird grilliert und gefeiert, gespielt und konsumiert, übernachtet und Abfall entsorgt. Die Verantwortlichen düngen als Reaktion die Liegewiese wie einen Sportrasen, Blumenbeete werden pro Saison mehrmals neu bepflanzt, und die mobilen WC-Häus-chen sollen jetzt zu veritablen WC-Häusern werden, was in einer geschützten Anlage nicht ganz einfach zu bewerkstelligen ist. Weil Zulieferer für die fliegenden Händler das Fahrverbot missachteten und die Äste der Bäume gefährdeten, verhindern heute schnell installierte Metalltore die Zufahrt von grossen Fahrzeugen. Und wehe, es herrscht wieder sonniges Wetter während der Streetparade. Denn dann tanzen sie wieder im Schatten unter den Bäumen und bedrohen das Wurzelwerk der über hundertjährigen «Grünsubstanz».
Also: Entweder passen die Gärtner die Parks uns an, oder wir versuchen, von den Gärtnern zu lernen. Offenbar suchen wir aber doch immer wieder das kleine Paradies in der Natur und nicht die massentaugliche und cleane Anlage. Bleibt uns noch, das Verhalten zu ändern. Aber wollen wir wirklich wieder ein «Rasen betreten verboten»? Wir lassen uns eben nicht stören bei dem, was inzwischen erlaubt ist. Müssen wir wieder promenieren lernen? Anders als lustwandelnd und naturbetrachtend können Besucher übrigens die Ermitage in Arlesheim gar nicht erfassen. Die Wege durch den diesjährigen Träger des Schulthess-Gartenpreises – ein 1785 konzipierter «Erlebnispark» – führen zu verschiedenen Gartenszenen und Attraktionen. Wie das bei der Gartendenkmalpflege immer häufiger gebrauchte Arbeitsinstrument des Parkpflegewerks in Arlesheim angewendet wird, erläutert Claudia Moll in diesem Heft. Sie hat den kaum bekannten Landschaftsgarten besucht. Begleitet wird der Text mit Bildern von Roger Frei, den wir losgeschickt haben, den Park zu erwandern. Die Gartendenkmalpflege kämpft wie in der Ermitage häufig gegen zu viele Pflanzen und gegen Überwucherung. Sie muss die Arten und Sorten kennen, die sie wieder pflanzen möchte oder die sie in grosser Vielfalt in den historischen Anlagen vorfindet. Dafür benötigt sie ein fundiertes «Gärtnerwissen».
Dieses fehlt ausgerechnet vielen Schweizer Landschaftsarchitekten. Landschaftsarchitektur als Design-Disziplin? Oder ist es nur die Angst vor den Pflegekosten, die auf Pflanzenvielfalt verzichten lässt? Oder aber fürchten sich unsere Landschaftsarchitekten tatsächlich, in die «Gärtnerecke» gestellt zu werden? Hansjörg Gadient zeigt in seinem Artikel, wie heutige Gärten aussehen können, wenn sie üppiger werden und die Pflanzenvielfalt zunimmt. Einen Garten zu entwerfen mit über hundert Arten – statt mit drei bis zehn – setzt solides Pflanzenwissen voraus. Dieses könnte auch das Ende für den Minimalismus in der Schweizer Landschaftsarchitektur bedeuten.
Gute Gärtner wünscht man sich. Schliesslich war es der Pariser Gärtner Joseph Monier, der seine Blumentöpfe aus Zement mit einem Drahtgeflecht verstärkte. 1867 meldete er sein Patent an und gilt damit als der Erfinder des Stahlbetons, eines Werkstoffes, der heute selten in einem Garten fehlt. Am Ende ist es dann doch immer der Gärtner.
Ivo Bösch, boesch@tec21.ch
Das geheimnisvolle Tal
Claudia Moll
Zu Besuch im noch kaum bekannten, aber doch grössten sentimentalen Landschaftsgarten der Schweiz: der Ermitage in Arlesheim. Der Schweizer Heimatschutz zeichnet sie dieses Jahr mit dem Schulthess-Gartenpreis aus.
Städtische Gärten
Hansjörg Gadient
Seit den 1960er-Jahren dominieren minimalistische Ansätze die Aussenraumgestaltungen. Sind sie noch aktuell? Zwei grosse öffentliche Anlagen lassen auf eine zeitgemässere Entwicklung hoffen.
Wettbewerbe
Neue Ausschreibungen und Preise | Zwei Wettbewerbe in Basel: Volta-Zentrum mit Vogesenplatz und die neuen Tramhäuschen | Bewährter Schulgrundriss in Altstätten | Campingkultur in Bern | Olma-Hybrid in St.Gallen
Magazin
Publikationen zur Landschaftsarchitektur | Erster Natur-Kongress | In Kürze | Internationaler Master in Geophysik | Wechsel in der tec21-Umweltredaktion | Alpen-Hochhaus | Regionalbahnhöfe
Aus dem SIA
SIA 118: Kommission prüft Anpassungsbedarf | Der SIA zur Aufhebung der Lex Koller | SIA Form: Kurse im 1. Halbjahr 2006
Produkte
Impressum
Veranstaltungen
Weiterführende Links:
Verlags-AG der akademischen technischen Vereine
Artikel