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Die Sprache des Holzes
Neue Zürcher Zeitung

Alvar Aaltos Möbel in Wien

9. April 2002 - Paul Jandl
Das Design war die Folge seiner Architektur, und die Architektur eine Fortsetzung des Designs. 1928 plante Alvar Aalto für das finnische Paimio ein Sanatorium, in dem die Architektur nicht beim gebauten Raum enden sollte. Das gesamte Mobiliar entwarf Aalto selbst, seine Experimente mit gebogenem Holz führten zu einer radikalen Modernität, die den eigentlichen Zweck des Auftrags vom Funktionellen ins Humane lenkte. Aus freundlichem, hellem Birkenholz liess Aalto die Stühle und Tische des Sanatoriums fertigen, sie sind der Anfang einer designerischen Laufbahn, die schon 1938 mit einer grossen Ausstellung von Aaltos Möbelentwürfen im New Yorker Museum of Modern Art gewürdigt wird. Die weitere Entwicklung von Aaltos Ideen ist jetzt im ehemaligen Kaiserlichen Hofmobiliendepot in Wien zu sehen.

Aalto hat seit 1929 mit den Möglichkeiten des gebogenen Holzes experimentiert. Seine Vorläufer waren die Gebrüder Thonet, zu seinen Zeitgenossen zählten Marcel Breuer, Gerald Summers und Charles Eames. Die Wiener Ausstellung zeigt Aaltos Möbel und ihre Geistesverwandtschaften in unprätentiösem Rahmen, führt doch die private Sammlung von Heinz Kossdorff von frühen Thonetstühlen über Charles Eames' berühmten «Lounge Chair» bis hin zu Frank O. Gehrys «Power Play Chair» von 1990 und dokumentiert so die vielfältigen Beziehungen eines undogmatischen und doch puristischen Stils.

Das gebogene Holz ist über Jahrzehnte das wichtigste Designelement Alvar Aaltos geblieben. Selten in Kombination mit Metall, meist als schlichtes Experiment zum Verhältnis zwischen vertikalen und horizontalen Linien entwickelt Aalto seine frei schwingenden Stühle - wie den berühmten «Hybrid Chair» aus dem Jahr 1929. Später verfeinert Aalto das Holzbiegeverfahren, gründet 1935 die auch kommerziell erfolgreiche Firma Artek. Die zeitlose Maxime seiner Kunst, den Menschen und die Natur in den Mittelpunkt architektonischen Designs zu stellen, hat Aalto immer wieder radikal aktualisiert. Die vielfältigen Möglichkeiten eines neuen Materials, mit dem anderswo längst seine eigene Formensprache variiert wurde, wollte er definitiv nicht nützen: «Plastic spricht nicht die Sprache des Holzes.»


[Bis 21. April. Katalog Euro 22.-.]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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