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Von Londons Blueprint über das Mailänder Domus ist der Architekt Deyan Sudjic nun im Anflug auf die diesjährige Architekturbiennale in Venedig. Als deren Direktor will er Visionen neuen Raum geben - auch denen von gestern.
20. April 2002 - Lilli Hollein
Wie gut, dass Deyan Sudjic schon bei seiner Bestellung zum Herausgeber des renommierten Mailänder Architektur- und Design-Magazins Domus sein Italienisch verbessert hat. Denn er hat als Direktor der Architektur-Biennale einen weiteren prestigereichen Job im Land der Grappa eingestreift, die er, was er auf seine serbischen Vorfahren zurückführt, ohnehin dem schottischen Whisky vorzieht.
Dass sich Mailand und Venedig nur ein paar Autobahnstunden voneinander entfernt liegen, wird dennoch nicht mehr Ruhe in Sudjics Leben bringen: Montag Dienstag Mailand, dazwischen der Rest der Welt, und am Freitag steuert er Familie und die Tageszeitung Observer, für die er als Architekturkritiker tätig ist, in London an. Seine Reisetätigkeit und sein Terminplan sind ebenso legendär wie sein Hang dazu, Gegenstände zu verlieren.
Um so mehr erstaunt es, wie gut die Dinge, die in seiner Hand liegen, funktionieren. Seit der Gründung 1983 und der darauf folgenden elfjährigen Herausgeberschaft des preisgekrönten Monatsblatts Blueprint ist Sudjic ein Fixstarter auf allen großen Design- und Architekturveranstaltungen der Welt. Einzig die Direktorenschaft für „Glasgow UK City of Architecture and Design“ hat es geschafft, ihn für einige Monate zwischen 1996 und 2000 in Schottland festzunageln, wo er auch einst sein Architekturstudium, an der Edinburgh University, absolviert hatte.
Zwischen 1993 und 1997 war Deyan Sudjic regelmäßig in seiner Funktion als Professor für Geschichte und Theorie des Design an der Angewandten auf Wien-Besuch - ein Ort, wo man sich mit der Aussprache des serbischen Familiennamens leichter tut als in Großbritannien, wo Sudjic 1952 geboren wurde.
Seine Kurzvisite dieser Tage in Wien gilt dem Biennale-Programm und einem Stopover in der geliebten Loos-Bar. Sein Biennale-Konzept steht unter der Ansage „next“. Es versammelt unter der Frage, was nachkommt, etwa 100 Projekte, die auf dem Weg sind, realisiert zu werden. Sudjic betont, dass es sich hier um Projekte und nicht vorrangig um die Autoren, also Architekten handelt, was aber nicht heißt, dass es nicht von großen Architektennamen wimmelt.
Das beginnt schon bei der Ausstellungsarchitektur. Diesen Part hat John Pawson, britischer Minimalismuspapst, übernommen, über dessen Werk Sudjic im Vorjahr ein Buch herausgebracht hat. Unterstützt wird er vom Lichtdesigner Arnold Chan und dem Graphikdesigner Simon Esterson, der auch für das Erscheinungsbild von Domus verantwortlich ist.
Das relativ locker geschnürte Korsett von „next“ solle einen kohärenten, simpel erfahrbaren Zusammenhang, einen Schritt von Maßstab zu Maßstab und eine Vielfalt von Zugängen ermöglichen. Ob das „nexte“ Projekt von wem auch immer nun in dichtbesiedeltem Gebiet steht, ob die verschiedenen Positionen zum Thema „housing“ oder unter „educational“ solche der Lehre, des Unterrichtens und Studierens stehen, ist einzig durch eine thematische Zuordnung gegliedert, aber nicht reglementiert.
Platz jedenfalls gibt es genug. Sudjic wird neben den Giardini auch die Corderie Venedigs, die ehemaligen Seilerstätten, bespielen. Im Italienischen Pavillon, der stets neben der nationalen Präsentation dem Direktor einen Teil für eine allgemeine Schau zur Verfügung stellt, bleibt bei Direktor Sudjic beim Thema: Hier geht es um Projekte, die in Italien realisiert werden, aber von Architekten aus aller Welt geplant wurden; das erinnert an den Österreichischen Pavillon bei der letzten Architektur-Biennale.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die physische Qualität, die Erfahrbarkeit des Materials und seiner Oberfläche, die Sudjic mittels Bemusterung dem Besucher näher bringen will. Riesige Materialproben - ein 5 mal 4 Meter großes Betonmodell - werden das im Fall von Peter Zumthors Köln-Projekt sein oder für Nouvels Tower in Barcelona, der mit exquisiten Modellen und rohen Mustern beschrieben wird. In puncto Materialfaszination fallen auch die Namen Herzog und de Meuron und Todd Willams/Billie Tsien, die mit Sicherheit vertreten sein werden. SOM werden vielleicht mit den neuen Twin Towers für New York kommen, auch die politische Dimension, ein Spezialthema Sudjics, wird anhand von Beispielen aus der Mitterand-Ära oder Peter Eisenmans Projekts in Santiago de Compostela erläutert. Und natürlich wird Kohlhaas auch nicht fehlen, diesmal wird er voraussichtlich in der Sektion Stadt auftauchen. Einen Raum mit Grafik wird es ebenso geben, allerdings weniger Videos als vor zwei Jahren.
Letztlich will Sudjic verstärkt den großen Ideen Rechnung getragen, von denen man geglaubt hatte, dass sie einmal die Zukunft der Architektur sein würden: den Visionären, der Geschichte der Zukunft, dem, was einmal „next“ war wie Archigram oder Cedric Price, was nie gebaut, aber in den letzten Jahren mit Enthusiasmus wiederentdeckt wurde.
Dass sich Mailand und Venedig nur ein paar Autobahnstunden voneinander entfernt liegen, wird dennoch nicht mehr Ruhe in Sudjics Leben bringen: Montag Dienstag Mailand, dazwischen der Rest der Welt, und am Freitag steuert er Familie und die Tageszeitung Observer, für die er als Architekturkritiker tätig ist, in London an. Seine Reisetätigkeit und sein Terminplan sind ebenso legendär wie sein Hang dazu, Gegenstände zu verlieren.
Um so mehr erstaunt es, wie gut die Dinge, die in seiner Hand liegen, funktionieren. Seit der Gründung 1983 und der darauf folgenden elfjährigen Herausgeberschaft des preisgekrönten Monatsblatts Blueprint ist Sudjic ein Fixstarter auf allen großen Design- und Architekturveranstaltungen der Welt. Einzig die Direktorenschaft für „Glasgow UK City of Architecture and Design“ hat es geschafft, ihn für einige Monate zwischen 1996 und 2000 in Schottland festzunageln, wo er auch einst sein Architekturstudium, an der Edinburgh University, absolviert hatte.
Zwischen 1993 und 1997 war Deyan Sudjic regelmäßig in seiner Funktion als Professor für Geschichte und Theorie des Design an der Angewandten auf Wien-Besuch - ein Ort, wo man sich mit der Aussprache des serbischen Familiennamens leichter tut als in Großbritannien, wo Sudjic 1952 geboren wurde.
Seine Kurzvisite dieser Tage in Wien gilt dem Biennale-Programm und einem Stopover in der geliebten Loos-Bar. Sein Biennale-Konzept steht unter der Ansage „next“. Es versammelt unter der Frage, was nachkommt, etwa 100 Projekte, die auf dem Weg sind, realisiert zu werden. Sudjic betont, dass es sich hier um Projekte und nicht vorrangig um die Autoren, also Architekten handelt, was aber nicht heißt, dass es nicht von großen Architektennamen wimmelt.
Das beginnt schon bei der Ausstellungsarchitektur. Diesen Part hat John Pawson, britischer Minimalismuspapst, übernommen, über dessen Werk Sudjic im Vorjahr ein Buch herausgebracht hat. Unterstützt wird er vom Lichtdesigner Arnold Chan und dem Graphikdesigner Simon Esterson, der auch für das Erscheinungsbild von Domus verantwortlich ist.
Das relativ locker geschnürte Korsett von „next“ solle einen kohärenten, simpel erfahrbaren Zusammenhang, einen Schritt von Maßstab zu Maßstab und eine Vielfalt von Zugängen ermöglichen. Ob das „nexte“ Projekt von wem auch immer nun in dichtbesiedeltem Gebiet steht, ob die verschiedenen Positionen zum Thema „housing“ oder unter „educational“ solche der Lehre, des Unterrichtens und Studierens stehen, ist einzig durch eine thematische Zuordnung gegliedert, aber nicht reglementiert.
Platz jedenfalls gibt es genug. Sudjic wird neben den Giardini auch die Corderie Venedigs, die ehemaligen Seilerstätten, bespielen. Im Italienischen Pavillon, der stets neben der nationalen Präsentation dem Direktor einen Teil für eine allgemeine Schau zur Verfügung stellt, bleibt bei Direktor Sudjic beim Thema: Hier geht es um Projekte, die in Italien realisiert werden, aber von Architekten aus aller Welt geplant wurden; das erinnert an den Österreichischen Pavillon bei der letzten Architektur-Biennale.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die physische Qualität, die Erfahrbarkeit des Materials und seiner Oberfläche, die Sudjic mittels Bemusterung dem Besucher näher bringen will. Riesige Materialproben - ein 5 mal 4 Meter großes Betonmodell - werden das im Fall von Peter Zumthors Köln-Projekt sein oder für Nouvels Tower in Barcelona, der mit exquisiten Modellen und rohen Mustern beschrieben wird. In puncto Materialfaszination fallen auch die Namen Herzog und de Meuron und Todd Willams/Billie Tsien, die mit Sicherheit vertreten sein werden. SOM werden vielleicht mit den neuen Twin Towers für New York kommen, auch die politische Dimension, ein Spezialthema Sudjics, wird anhand von Beispielen aus der Mitterand-Ära oder Peter Eisenmans Projekts in Santiago de Compostela erläutert. Und natürlich wird Kohlhaas auch nicht fehlen, diesmal wird er voraussichtlich in der Sektion Stadt auftauchen. Einen Raum mit Grafik wird es ebenso geben, allerdings weniger Videos als vor zwei Jahren.
Letztlich will Sudjic verstärkt den großen Ideen Rechnung getragen, von denen man geglaubt hatte, dass sie einmal die Zukunft der Architektur sein würden: den Visionären, der Geschichte der Zukunft, dem, was einmal „next“ war wie Archigram oder Cedric Price, was nie gebaut, aber in den letzten Jahren mit Enthusiasmus wiederentdeckt wurde.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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