Artikel
Natur und Architektur im Dialog
Gestaltete Landschaftsräume von Moser und Nussbaumer
Seit 1997 haben Heinz Moser und Roger Nussbaumer, die Zürcher Repräsentanten des Basler Büros Burckhardt Partner, mit Bauten wie der grossen Park-Laube in Zürich Oerlikon auf sich aufmerksam gemacht. Ihre grösste Herausforderung ist zurzeit das Wukesong Cultural and Sports Center für die Olympischen Spiele 2008 in Peking.
3. Dezember 2004 - Suzanne Kappeler
Die durch Erlebnisse in der Natur und die Auseinandersetzung mit der kultivierten Landschaft gewachsene Beziehung zur Umwelt bestimmt den Dialog zwischen den meist schnörkellosen, transparenten Bauten von Heinz Moser und Roger Nussbaumer und einer bald üppig wachsenden, bald gebändigten und zurechtgestutzten Pflanzenwelt. Diese wird von ihnen im öffentlichen Raum oder in den Übergängen zum halböffentlichen Bereich inszeniert. Den Zwischenräumen, dem Dialog von innen und aussen gilt denn auch die besondere Aufmerksamkeit der beiden Architekten, die seit 1997 Partner und Leiter der Zürcher Zweigstelle des Basler Büros Burckhardt Partner sind. Durch ihre Tätigkeit in aller Welt wurde nicht zuletzt ihr Glaube an die Landschaftsqualität der Schweiz gestärkt, der sie bei ihren Planungen viel Aufmerksamkeit zukommen lassen.
Der Park als Riesenlaube
Der MFO-Park, benannt nach der Maschinenfabrik Oerlikon, ist eine der vier Grünflächen im neuen Zentrum Zürich Nord. Das Areal mit einer Länge von 100 und einer Breite von 35 Metern ist für einen traditionellen Park wohl zu klein, für einen Platz indes eher zu gross. Der 2001 ausgeführte Entwurf von Moser Nussbaumer tritt deshalb als grünes «Park-Haus» in Erscheinung - oder als überdimensionierte Pergola, die aus 33 Tonnen Stahlträgern, 30 Kilometern Drahtseilen, 870 Quadratmetern Holz- und Gitterrosten und 1200 Kletterpflanzen besteht. Eine in zwei Ebenen unterteilte Stahlkonstruktion, die über Wege und Treppen bis aufs Dach begehbar ist, umspannt den Platz und bildet so eine Art Halle. Diese erinnert an barocke Lauben und an die Grossbauten der hier ehemals ansässigen Industrie. Ihre Atmosphäre erhält die zusammen mit dem Landschaftsarchitekturbüro Raderschall realisierte Halle durch die Umhüllung mit unterschiedlich hoch wachsenden Kletterpflanzen: von Rosen über Glyzinien bis zu Jungfernreben. Die Park-Laube entpuppte sich als Wurf, verändert sie doch ständig ihr Aussehen durch die wechselnden Farben von Blüten und Blättern.
Anders als der MFO-Park, der schon dreimal eine internationale Auszeichnung erhielt, obwohl laut Nussbaumer «seine Frisur, seine pflanzliche Umhüllung, noch gar nicht ihre volle Dichte erreicht hat», blieb die Idee für ein Hotel- und Service-Center auf dem Flughafenareal in Zürich Kloten lediglich Projekt. Die Architekten sahen die gezielte Inszenierung eines Hügels vor, der sich im Lauf der Zeit zu einer Vielfalt von Lebensräumen entwickeln sollte. In gebührendem Abstand wollten sie einen dreigeschossigen gläsernen Gebäudekörper ringförmig um den Hügel legen. Dessen Fassade wäre mit einem aus Blüten- und Pflanzenformen gestalteten Ornament geschmückt worden. Das Hügel-Biotop sollte hier zum Thema gemacht und der Grünraum in den Gebäudering hineingeholt werden, wobei die gewachsene Natur - wie auf einer Bühne inszeniert - die Hauptattraktion geblieben wäre.
Vertikale Gärten
Direkt am Ufer des Zürichsees in Küsnacht liegt das 1927 erbaute Kesselhaus der Firma Terlinden. Bei diesem Projekt befanden sich die Architekten auf einer Gratwanderung: Wie viele Eingriffe waren zu verantworten, wie viel Altbausubstanz sollte bestehen bleiben? Beton, Glas und schwarzer Stahl machen nun aus dem Zeugen des Industriezeitalters einen modernen Büroloft. An Stelle der weniger wertvollen Nebenbauten entstand ein transparenter Neubau als Empfangsraum. Um zwei Geschosse aufgestockt und mit Glas verkleidet wurde der ehemalige Öltankraum, der zusammen mit dem imposanten Schornstein einen markanten Akzent setzt. Ein Schilffeld beim Eingang sorgt bei der An- und Abfahrt der Besucher für Bewegung und Geräusche. Gegen den See hin wird das Gelände durch einen Grüngürtel, Kiesflächen und ein Bootshaus bestimmt.
Gegenwärtig im Bau ist ein klassisches Wohn- und Geschäftshaus in Zürich Altstetten, dessen vier Volumen einen luftigen, lärmgeschützten Wohnhof bilden. Statt der üblichen Baumlinie zur Strassenseite bauen die Architekten einen von ihnen «Greenwall» genannten vertikalen Garten. An Kletterhilfen winden sich entlang eines Teils der Gebäudefassade Glyzinien empor. Dazwischen entsteht ein Durchgang für Fussgänger, eine Art Zwischenklimazone. Das Grün verleiht dem einfachen Volumen des Baus den nötigen Akzent und setzt gleichzeitig ein Zeichen zum öffentlichen Raum hin. Hier zeigt sich, wie die Architektur von Moser und Nussbaumer sich durch einen sorgfältigen Umgang mit den Materialien auszeichnet; diese behalten ihren Eigenwert, bleiben stets sichtbar. Hauptthemen sind Raumvolumen und Stimmungen. «Beton ist für uns Beton», meint Moser, «Eisen kann vielleicht schwarz sein, auch Aluminium ist möglich - wir bevorzugen eine gewisse Zeitlosigkeit.» Das heutige Modethema Farbe dagegen behandeln die beiden Architekten mit grosser Zurückhaltung.
Im Jahr 2002 gewannen Moser und Nussbaumer mit Burckhardt Partner den 1. Preis im Wettbewerb für das Wukesong Cultural and Sports Center der Olympischen Spiele in Peking 2008. Seit 50 Jahren wird im Westen der Metropole ein 43 Hektaren grosses, ummauertes Stück Land als grüne Lunge für die darum herum wachsende Stadt freigehalten. Während alle übrigen Anlagen für die Olympischen Spiele im Norden der Stadt entstehen sollen, kommen das Wukesong-Basketball-Stadion und sein Park ziemlich zentral und interessanterweise auf derselben Achse wie die Verbotene Stadt, die ehemalige kaiserliche Residenz, zu liegen. Von chinesischer Seite wurden einerseits grüne Olympische Spiele, anderseits aber auch Bauten gewünscht, die höchsten technischen Ansprüchen genügen. Moser und Nussbaumer entwarfen einen Kubus mit darin eingebautem Stadion. Die Seitenwände dieses Würfels sollen als riesige Bildschirme ausgebildet werden, auf denen die sich im Park aufhaltenden Zuschauer die Vorgänge im Stadion mitverfolgen können. Diese farbigen LED-Wände machen den Würfel gleichsam zu einer Skulptur.
Das Stadion im Obstgarten
Die von ihnen ursprünglich vorgeschlagene Parkidee war ebenso ungewöhnlich wie der Stadion-Würfel: Ein «essbarer Park», eine Art Paradies mit Obstbäumen und Gemüsekulturen sollte es sein! Die «essbaren Gärten» fanden indes bei den chinesischen Verantwortlichen keine Gnade; sie erinnerten wohl zu sehr an Landwirtschaft. Die Idee der Fruchtbaum-Reihen bleibt aber erhalten: Tausende von Bäumen sollen gepflanzt werden. Der Aushub für das Stadion dient der Geländemodellierung; das Wegnetz für die Fussgänger ist leicht erhöht, in den Senken dazwischen sollen verschiedene Grün- und Wasserbereiche als Themengärten entstehen. Zurzeit allerdings herrscht Baustopp für alle olympischen Projekte. Noch ist deshalb nicht klar, wie das Wukesong-Stadion und sein Park am Ende aussehen werden.
Endgültig gescheitert ist ein anderes ungewöhnliches Projekt: das 2003 entwickelte Modell für eine koptische Kirche in Toronto. In einem öden Aussenquartier der kanadischen Metropole planten Moser und Nussbaumer zwei sakral wirkende gläserne Kuben, in deren Innenraum mittels Lampen traditionelle Kuppeln angedeutet werden sollten. Das Gotteshaus hätte sich aus einer Wasserfläche erhoben, die landschaftliche Weite und Abstand von den sie umgebenden Profanbauten schaffen sollte. Einmal mehr hätte hier also die Architektur in der für Moser und Nussbaumer typischen Art in den Landschaftsraum ausgegriffen.
Der Park als Riesenlaube
Der MFO-Park, benannt nach der Maschinenfabrik Oerlikon, ist eine der vier Grünflächen im neuen Zentrum Zürich Nord. Das Areal mit einer Länge von 100 und einer Breite von 35 Metern ist für einen traditionellen Park wohl zu klein, für einen Platz indes eher zu gross. Der 2001 ausgeführte Entwurf von Moser Nussbaumer tritt deshalb als grünes «Park-Haus» in Erscheinung - oder als überdimensionierte Pergola, die aus 33 Tonnen Stahlträgern, 30 Kilometern Drahtseilen, 870 Quadratmetern Holz- und Gitterrosten und 1200 Kletterpflanzen besteht. Eine in zwei Ebenen unterteilte Stahlkonstruktion, die über Wege und Treppen bis aufs Dach begehbar ist, umspannt den Platz und bildet so eine Art Halle. Diese erinnert an barocke Lauben und an die Grossbauten der hier ehemals ansässigen Industrie. Ihre Atmosphäre erhält die zusammen mit dem Landschaftsarchitekturbüro Raderschall realisierte Halle durch die Umhüllung mit unterschiedlich hoch wachsenden Kletterpflanzen: von Rosen über Glyzinien bis zu Jungfernreben. Die Park-Laube entpuppte sich als Wurf, verändert sie doch ständig ihr Aussehen durch die wechselnden Farben von Blüten und Blättern.
Anders als der MFO-Park, der schon dreimal eine internationale Auszeichnung erhielt, obwohl laut Nussbaumer «seine Frisur, seine pflanzliche Umhüllung, noch gar nicht ihre volle Dichte erreicht hat», blieb die Idee für ein Hotel- und Service-Center auf dem Flughafenareal in Zürich Kloten lediglich Projekt. Die Architekten sahen die gezielte Inszenierung eines Hügels vor, der sich im Lauf der Zeit zu einer Vielfalt von Lebensräumen entwickeln sollte. In gebührendem Abstand wollten sie einen dreigeschossigen gläsernen Gebäudekörper ringförmig um den Hügel legen. Dessen Fassade wäre mit einem aus Blüten- und Pflanzenformen gestalteten Ornament geschmückt worden. Das Hügel-Biotop sollte hier zum Thema gemacht und der Grünraum in den Gebäudering hineingeholt werden, wobei die gewachsene Natur - wie auf einer Bühne inszeniert - die Hauptattraktion geblieben wäre.
Vertikale Gärten
Direkt am Ufer des Zürichsees in Küsnacht liegt das 1927 erbaute Kesselhaus der Firma Terlinden. Bei diesem Projekt befanden sich die Architekten auf einer Gratwanderung: Wie viele Eingriffe waren zu verantworten, wie viel Altbausubstanz sollte bestehen bleiben? Beton, Glas und schwarzer Stahl machen nun aus dem Zeugen des Industriezeitalters einen modernen Büroloft. An Stelle der weniger wertvollen Nebenbauten entstand ein transparenter Neubau als Empfangsraum. Um zwei Geschosse aufgestockt und mit Glas verkleidet wurde der ehemalige Öltankraum, der zusammen mit dem imposanten Schornstein einen markanten Akzent setzt. Ein Schilffeld beim Eingang sorgt bei der An- und Abfahrt der Besucher für Bewegung und Geräusche. Gegen den See hin wird das Gelände durch einen Grüngürtel, Kiesflächen und ein Bootshaus bestimmt.
Gegenwärtig im Bau ist ein klassisches Wohn- und Geschäftshaus in Zürich Altstetten, dessen vier Volumen einen luftigen, lärmgeschützten Wohnhof bilden. Statt der üblichen Baumlinie zur Strassenseite bauen die Architekten einen von ihnen «Greenwall» genannten vertikalen Garten. An Kletterhilfen winden sich entlang eines Teils der Gebäudefassade Glyzinien empor. Dazwischen entsteht ein Durchgang für Fussgänger, eine Art Zwischenklimazone. Das Grün verleiht dem einfachen Volumen des Baus den nötigen Akzent und setzt gleichzeitig ein Zeichen zum öffentlichen Raum hin. Hier zeigt sich, wie die Architektur von Moser und Nussbaumer sich durch einen sorgfältigen Umgang mit den Materialien auszeichnet; diese behalten ihren Eigenwert, bleiben stets sichtbar. Hauptthemen sind Raumvolumen und Stimmungen. «Beton ist für uns Beton», meint Moser, «Eisen kann vielleicht schwarz sein, auch Aluminium ist möglich - wir bevorzugen eine gewisse Zeitlosigkeit.» Das heutige Modethema Farbe dagegen behandeln die beiden Architekten mit grosser Zurückhaltung.
Im Jahr 2002 gewannen Moser und Nussbaumer mit Burckhardt Partner den 1. Preis im Wettbewerb für das Wukesong Cultural and Sports Center der Olympischen Spiele in Peking 2008. Seit 50 Jahren wird im Westen der Metropole ein 43 Hektaren grosses, ummauertes Stück Land als grüne Lunge für die darum herum wachsende Stadt freigehalten. Während alle übrigen Anlagen für die Olympischen Spiele im Norden der Stadt entstehen sollen, kommen das Wukesong-Basketball-Stadion und sein Park ziemlich zentral und interessanterweise auf derselben Achse wie die Verbotene Stadt, die ehemalige kaiserliche Residenz, zu liegen. Von chinesischer Seite wurden einerseits grüne Olympische Spiele, anderseits aber auch Bauten gewünscht, die höchsten technischen Ansprüchen genügen. Moser und Nussbaumer entwarfen einen Kubus mit darin eingebautem Stadion. Die Seitenwände dieses Würfels sollen als riesige Bildschirme ausgebildet werden, auf denen die sich im Park aufhaltenden Zuschauer die Vorgänge im Stadion mitverfolgen können. Diese farbigen LED-Wände machen den Würfel gleichsam zu einer Skulptur.
Das Stadion im Obstgarten
Die von ihnen ursprünglich vorgeschlagene Parkidee war ebenso ungewöhnlich wie der Stadion-Würfel: Ein «essbarer Park», eine Art Paradies mit Obstbäumen und Gemüsekulturen sollte es sein! Die «essbaren Gärten» fanden indes bei den chinesischen Verantwortlichen keine Gnade; sie erinnerten wohl zu sehr an Landwirtschaft. Die Idee der Fruchtbaum-Reihen bleibt aber erhalten: Tausende von Bäumen sollen gepflanzt werden. Der Aushub für das Stadion dient der Geländemodellierung; das Wegnetz für die Fussgänger ist leicht erhöht, in den Senken dazwischen sollen verschiedene Grün- und Wasserbereiche als Themengärten entstehen. Zurzeit allerdings herrscht Baustopp für alle olympischen Projekte. Noch ist deshalb nicht klar, wie das Wukesong-Stadion und sein Park am Ende aussehen werden.
Endgültig gescheitert ist ein anderes ungewöhnliches Projekt: das 2003 entwickelte Modell für eine koptische Kirche in Toronto. In einem öden Aussenquartier der kanadischen Metropole planten Moser und Nussbaumer zwei sakral wirkende gläserne Kuben, in deren Innenraum mittels Lampen traditionelle Kuppeln angedeutet werden sollten. Das Gotteshaus hätte sich aus einer Wasserfläche erhoben, die landschaftliche Weite und Abstand von den sie umgebenden Profanbauten schaffen sollte. Einmal mehr hätte hier also die Architektur in der für Moser und Nussbaumer typischen Art in den Landschaftsraum ausgegriffen.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom