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Spannungsfeld Salzburger Stadtraum
Die umstrittenen Raumprogramme fürs Gegenüber des Salzburger Festspielhauses
Die Salzburger Festspiele wünschen sich eine Neugestaltung des Max-Reinhardt-Platzes als Entree zum Festspielbezirk. Seit gut einem Jahr plant das Salzburger Architekturbüro one room an einem Pavillon, der mehr oder weniger seinem Siegerprojekt des Wettbewerbs 2003 entspricht.
26. Februar 2005 - Norbert Mayr
Der Max-Reinhardt-Platz ist als Vorplatz des Kleinen Festspielhauses ein prominenter Ort in der Salzburger Altstadt. Die Verhüttelung des Platzes mit Brunnen, Auto- und Fahrradabstellbereichen kulminiert in den Festspielwochen mit temporärem Postamt, Sektbar und TV-Übertragungswagen. Hofstallgasse und Platz sind auch Pausenfoyer der beiden Festspielhäuser und weisen in der Überlagerung von Passieren und Flanieren eine Tradition einer spezifischen Qualität auf. Dieser Stadtraum an der touristischen Ameisenstraße bildet einen Schnittpunkt zwischen hochkulturellen Blitzlichtern, universitärer Lehre und städtischem Alltag mit Markt und Mittagsjause im Furtwänglergarten.
Als Planungsstadtrat Johann Padutsch 2003 für die städtebaulich anspruchsvolle Neugestaltung einen international geladenen Wettbewerb durchführen ließ, hatten einige Anlieger bereits Tatsachen geschaffen. Den Salzburger Festspielen ging es beim „Haus für Mozart“ weder um eine Einbeziehung des Platzes noch um die bestmögliche Lösung unter den fünf Vorschlägen des Verhandlungsverfahrens, sondern primär um die Beauftragung von Wilhelm Holzbauer. Das Ergebnis ist paradox. Holzbauer opferte bei seinem Neubau des „Kleinen Festspielhauses“ zwar entgegen früherer Beteuerungen die architekturhistorisch bedeutende Fassade seines Lehrers Clemens Holzmeister (1926), nutzte aber nicht die Möglichkeit einer deutlichen Verbreiterung des bekanntlich zu schmalen Zuschauerraums.
Die ARGE Domenig / Eisenköck / Lorenz hatte einen Neubau mit stark verbreitertem Zuschauerraum vorgeschlagen. Den entsprechenden Eingriff in die Fassade lehnte die Sachverständigenkommission für Altstadterhaltung (SVK) am 28. 8. 2002 ab, während sie später Holzbauer zum Komplettabbruch anregte.
Auf der anderen Seite der Hofstallgasse entschied die Universität, den Eingang der Aula Richtung Festspielhaus zu verlegen. Direkt beauftragt, plante Architekt Franz Fonatsch den aufwändigen Kraftakt eines neuen Zugangs mit Foyer und Stiegenhaus. Die Vorteile einer intelligenten Sanierung und Verbesserung unter Nutzung der bestehenden Erschließung wurden von der SVK nicht geprüft, sondern das Projekt von Mitglied Fonatsch abgesegnet. Er stellte in die historische Aula einen raumzerstörenden Tribünenkobel. Der von Stadtrat Padutsch eingeschaltete Gestaltungsbeirat (GB) konnte erreichen, dass die Aulastiege im angrenzenden Furtwänglergarten beim Wettbewerb 2003 mitbehandelt wurde. Neben der Gestaltung von Platz und Hofstallgasse wurde eine Baulichkeit von bis zu 400 Quadratmetern gewünscht, problematischerweise ohne Raumprogramm, da sich die Festspiele zu dessen Erstellung nicht imstande sahen.
Das erfolgreiche Projekt der Salzburger Architekten Georg Huber und Karl Meinhart wurde - wie auch viele andere - am neuen Aulaeingang „angehängt“. Der Stiegenvorbau von one room reagierte in seiner Lagerung ungleich besser auf die Situation in der Gartenecke als das zweiarmig-symmetrische Treppenprojekt von Franz Fonatsch. one room realisierte mittlerweile den Stiegenvorbau als erstes Modul des Gesamtkonzepts. Ein überhöht liegender Screen soll den Beginn eines sich als skulpturales Stahlband entwickelnden Baukörpers markieren. Dieses erstreckt sich am Boden entlang, wird zur Treppe und endet als erhöhte Plattform. Das von versenkbaren Glaswänden umschlossene „Kulturcafé“ darunter sollte größtmögliche Transparenz gewährleisten.
Dann tagte eine Arbeitsgruppe mit Vertretern von Stadt, Festspielen, BIG und Universität. Die Überarbeitung „Kompakt“ Anfang 2004 führte zu einem erdgeschoßigen Café-Pavillon anstelle des abgetreppt-begehbaren Projektes, wurde von SVK und Bundesdenkmalamt akzeptiert und von den Architekten mitgetragen. Sichtdicht und ohne die suggerierte Transparenz und optische Durchlässigkeit des Wettbewerbsmodells formulierte das Projekt eine augenscheinlich massive Zäsur am Übergang des Freiraums vom Platz zum Park.
Die spezifische Qualität dieses Stadtraums - so die präzise Analyse des Stadtforschers Gerhard Plasser - liegt in einem „Oszillieren zwischen Platz, Garten und Vedute“. Daher sind die Durchlässigkeit zwischen Platz, Garten und Richtung Kirche sowie ein sensibles Reagieren auf vorhandene Sichtbeziehungen bei der Standortwahl von großer Bedeutung. Es überrascht nicht, dass der Doyen der Salzburger Architekten einen alternativen, leicht verschobenen Standort entwickelte. Gerhard Garstenauer schlug den Pavillon im Kreuzungsbereich der Achsen des neuen Aulaeingangs und der Kollegienkirche vor.
Auch der GB lehnte den als Schachtel kritisieren Café-Pavillon ab und forderte eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Siegerprojekts. Heftig war auch im Jänner 2005 die Projektkritik von Architekt Klaus Kada, dem Vorsitzenden der Jury 2003, und des Beirats. Eine Reduktion auf die skulpturale Grundkonzeption wurde angesagt. Zurzeit entwickeln die Architekten in Abstimmung mit zwei Mitgliedern des GBs das Projekt weiter, das am 3. März der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Da nun der Bau - großzügig unterstützt von einer Mäzenin - im Untergeschoß einen 400 Quadratmeter großen Ausstellungsraum aufnehmen wird, soll das Foyer mit Café im Erdgeschoß als frei formulierter Körper auf rund 150 Quadratmeter reduziert werden.
Ob damit das Bauwerk jene wünschenswerte Durchlässigkeit erreicht, die eine Verbindung zwischen Park und Platz sicherstellt, ist abzuwarten. Die Option einer Standortveränderung sollte nicht a priori mit dem Totschlagargument Fertigstellung Mozartjahr 2006 vom Tisch gewischt werden. 2006 ist schließlich auch der 350. Geburtstag von Johann Bernhard Fischer von Erlach, dem genialen Architekten der Kollegienkirche. Wichtig wäre, dass die SVK ihre bereits befürwortete Verlängerung des befristet errichteten Pavillons für Kunstwerke von Anselm Kiefer im Furtwänglergarten rückgängig macht. Durch seine zentrale, alles beherrschende Lage macht er nämlich den Frei- zum Umraum
Als Planungsstadtrat Johann Padutsch 2003 für die städtebaulich anspruchsvolle Neugestaltung einen international geladenen Wettbewerb durchführen ließ, hatten einige Anlieger bereits Tatsachen geschaffen. Den Salzburger Festspielen ging es beim „Haus für Mozart“ weder um eine Einbeziehung des Platzes noch um die bestmögliche Lösung unter den fünf Vorschlägen des Verhandlungsverfahrens, sondern primär um die Beauftragung von Wilhelm Holzbauer. Das Ergebnis ist paradox. Holzbauer opferte bei seinem Neubau des „Kleinen Festspielhauses“ zwar entgegen früherer Beteuerungen die architekturhistorisch bedeutende Fassade seines Lehrers Clemens Holzmeister (1926), nutzte aber nicht die Möglichkeit einer deutlichen Verbreiterung des bekanntlich zu schmalen Zuschauerraums.
Die ARGE Domenig / Eisenköck / Lorenz hatte einen Neubau mit stark verbreitertem Zuschauerraum vorgeschlagen. Den entsprechenden Eingriff in die Fassade lehnte die Sachverständigenkommission für Altstadterhaltung (SVK) am 28. 8. 2002 ab, während sie später Holzbauer zum Komplettabbruch anregte.
Auf der anderen Seite der Hofstallgasse entschied die Universität, den Eingang der Aula Richtung Festspielhaus zu verlegen. Direkt beauftragt, plante Architekt Franz Fonatsch den aufwändigen Kraftakt eines neuen Zugangs mit Foyer und Stiegenhaus. Die Vorteile einer intelligenten Sanierung und Verbesserung unter Nutzung der bestehenden Erschließung wurden von der SVK nicht geprüft, sondern das Projekt von Mitglied Fonatsch abgesegnet. Er stellte in die historische Aula einen raumzerstörenden Tribünenkobel. Der von Stadtrat Padutsch eingeschaltete Gestaltungsbeirat (GB) konnte erreichen, dass die Aulastiege im angrenzenden Furtwänglergarten beim Wettbewerb 2003 mitbehandelt wurde. Neben der Gestaltung von Platz und Hofstallgasse wurde eine Baulichkeit von bis zu 400 Quadratmetern gewünscht, problematischerweise ohne Raumprogramm, da sich die Festspiele zu dessen Erstellung nicht imstande sahen.
Das erfolgreiche Projekt der Salzburger Architekten Georg Huber und Karl Meinhart wurde - wie auch viele andere - am neuen Aulaeingang „angehängt“. Der Stiegenvorbau von one room reagierte in seiner Lagerung ungleich besser auf die Situation in der Gartenecke als das zweiarmig-symmetrische Treppenprojekt von Franz Fonatsch. one room realisierte mittlerweile den Stiegenvorbau als erstes Modul des Gesamtkonzepts. Ein überhöht liegender Screen soll den Beginn eines sich als skulpturales Stahlband entwickelnden Baukörpers markieren. Dieses erstreckt sich am Boden entlang, wird zur Treppe und endet als erhöhte Plattform. Das von versenkbaren Glaswänden umschlossene „Kulturcafé“ darunter sollte größtmögliche Transparenz gewährleisten.
Dann tagte eine Arbeitsgruppe mit Vertretern von Stadt, Festspielen, BIG und Universität. Die Überarbeitung „Kompakt“ Anfang 2004 führte zu einem erdgeschoßigen Café-Pavillon anstelle des abgetreppt-begehbaren Projektes, wurde von SVK und Bundesdenkmalamt akzeptiert und von den Architekten mitgetragen. Sichtdicht und ohne die suggerierte Transparenz und optische Durchlässigkeit des Wettbewerbsmodells formulierte das Projekt eine augenscheinlich massive Zäsur am Übergang des Freiraums vom Platz zum Park.
Die spezifische Qualität dieses Stadtraums - so die präzise Analyse des Stadtforschers Gerhard Plasser - liegt in einem „Oszillieren zwischen Platz, Garten und Vedute“. Daher sind die Durchlässigkeit zwischen Platz, Garten und Richtung Kirche sowie ein sensibles Reagieren auf vorhandene Sichtbeziehungen bei der Standortwahl von großer Bedeutung. Es überrascht nicht, dass der Doyen der Salzburger Architekten einen alternativen, leicht verschobenen Standort entwickelte. Gerhard Garstenauer schlug den Pavillon im Kreuzungsbereich der Achsen des neuen Aulaeingangs und der Kollegienkirche vor.
Auch der GB lehnte den als Schachtel kritisieren Café-Pavillon ab und forderte eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Siegerprojekts. Heftig war auch im Jänner 2005 die Projektkritik von Architekt Klaus Kada, dem Vorsitzenden der Jury 2003, und des Beirats. Eine Reduktion auf die skulpturale Grundkonzeption wurde angesagt. Zurzeit entwickeln die Architekten in Abstimmung mit zwei Mitgliedern des GBs das Projekt weiter, das am 3. März der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Da nun der Bau - großzügig unterstützt von einer Mäzenin - im Untergeschoß einen 400 Quadratmeter großen Ausstellungsraum aufnehmen wird, soll das Foyer mit Café im Erdgeschoß als frei formulierter Körper auf rund 150 Quadratmeter reduziert werden.
Ob damit das Bauwerk jene wünschenswerte Durchlässigkeit erreicht, die eine Verbindung zwischen Park und Platz sicherstellt, ist abzuwarten. Die Option einer Standortveränderung sollte nicht a priori mit dem Totschlagargument Fertigstellung Mozartjahr 2006 vom Tisch gewischt werden. 2006 ist schließlich auch der 350. Geburtstag von Johann Bernhard Fischer von Erlach, dem genialen Architekten der Kollegienkirche. Wichtig wäre, dass die SVK ihre bereits befürwortete Verlängerung des befristet errichteten Pavillons für Kunstwerke von Anselm Kiefer im Furtwänglergarten rückgängig macht. Durch seine zentrale, alles beherrschende Lage macht er nämlich den Frei- zum Umraum
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