Artikel
Vom Wohnhochhaus zum Glasturm
Die Architektur der Expo-Städte
Neue Bauten und Projekte in Neuenburg
7. Juni 2002 - Rahel Hartmann Schweizer
Das Bundesamt für Statistik der Bauart-Architekten und Bottas Centre Dürrenmatt sind Bauten, die auch in der Deutschschweiz gewürdigt wurden. Daneben besitzt Neuenburg seit mehr als einem Jahr auch ein neues, funktionales Theater, das hierzulande allerdings wegen des Trubels um den Zürcher Schiffbau kaum beachtet wurde.
Als in den neunziger Jahren allenthalben Industriebrachen zur Umnutzung freigegeben wurden, standen auch in der Romandie ausgediente Fabrikareale zur Disposition: in Lausanne das Vallée du Flon, in Genf die Charmilles und in Neuenburg das 38 Hektaren umfassende Gelände der Schokoladefabrik Suchard, die zwischen 1988 und 1990 nach Bern dislozierte. Der Kanton, der das Gebiet im Quartier Serrières, das von der Rue de Tivoli durchschnitten wird, gern erworben hätte, musste passen, nachdem ihn die private Artufabe SA überboten und gegen 50 Millionen Franken bezahlt hatte. Das Projekt, das Rodolphe Lüscher im Direktauftrag entwickelte - die Umwandlung des Kakaosilos in einen Bürobau mit vorgehängter Glasfassade und der Bau von drei 40 Meter hohen Türmen - blieb Makulatur.
Mut zum Grossen
Mit Türmen tat sich die Stadt schon früher schwer. 1956 galten zwei Wohnhochhausprojekte als «Miniaturreproduktionen einer dieser aufgestellten Streichholzschachteln (. . .) nach dem Vorbild des Uno-Gebäudes in New York», und auch der 50 Meter hohe Turm, welcher dem Ende der neunziger Jahre errichteten Bundesamt für Statistik (BfS) vorangestellt werden sollte, stiess zunächst auf Widerstand. Dieser konnte indes überwunden werden. Der Glasturm der Bauart- Architekten steht vor der Vollendung.
Das langgestreckte, geschwungene BfS-Gebäude der Berner Bauart-Architekten - sie sind auch die Urheber der Erweiterung des Naturhistorischen Museums - machte den Anfang der Aufwertung des Quartiers rund um den Bahnhof. Dieser wurde seinerseits ausgebaut und sein Vorplatz zu einer Place de la Gare umgestaltet, die den Namen auch verdient. Geninasca Delefortrie und Robert Monnier versahen den Taxistand auf der Westseite mit einem auf schlanken Stahlsäulen montierten Betondach. Ein Kreisel klärt die Verkehrssituation zwischen Place de la Gare und Espace de l'Europe, die ausserdem nach dem Konzept von Paysagestion und Deschamps mit zwei Baumreihen begrünt wurden.
Das BfS ist Teil des «Ecoparc», der nördlich und östlich des Bahnhofs auf industriellem Brachland entstehen soll und sowohl Wohnbauten als auch Geschäftskomplexe umfasst. Die Stadt hat das Gebiet neben Pierrabot, Serrières (mit den Bauten von Suchard) und Monruz, wo die Werke der Luxusuhrenmarke Bulgari stehen, als einen von vier «Poles stratégiques» zur Entwicklungszone erklärt. Ziel ist es, ökonomische Rentabilität, ökologisches Gleichgewicht und soziale Solidarität unter einen Hut zu bringen, was die Nachhaltigkeit des Projekts garantieren soll. Der Association Ecoparc, die im September 2000 von Stadt, Kanton, BfS, SBB und Bauart gegründet wurde, schwebt eine Art Technopark vor.
Obwohl hoch über dem Neuenburgersee angelegt, steht der Bahnhof mit der weiten Wasserfläche in enger Beziehung. Hatte sich Biel mit dem Bahndamm den Zugang zum See verbaut, war der Bahnhofbau 1859 in Neuenburg verbunden mit Landgewinn am See. Das Bahnhofgebiet war einst von einem Hügelzug, der Crêt Taconnet, begrenzt. Dieser wurde abgetragen und zum See verfrachtet. Abgesehen vom Delta, das der Seyon bildete, verdankt die Stadt ihre flachen Ufergebiete fast ausschliesslich diesen Aufschüttungen. Der Bach wurde 1843 rund einen halben Kilometer nach Westen verlegt. Doch seit 1993 ist er im Stadtbild wieder physisch präsent - nicht mehr nur im Strassennamen Rue du Seyon, die das Quartier L'Ecluse am Hang mit der Place Pury am See verbindet, sondern in einer Wasserrinne, die auf die Place Pury führt und eine symbolische Mündung in einem rechteckigen Becken in der Nähe des Belle-Epoque-Kioskes hat. Obwohl es einiger Phantasie bedarf, die künstliche Wasserrinne mit dem einstigen Bach zu assoziieren, trägt der urbanistische Kunstgriff zum Verständnis der Entwicklung der Stadt bei.
Ablesbare Stadtentwicklung
Die Etappen der Aufschüttungen lassen sich anhand der Strassen nachvollziehen. Bis ins 10. Jahrhundert reichte der See an die Ränder der Rue de l'Hôpital, im 17. Jahrhundert bis zum Faubourg du Lac auf der Nordseite des Jardin anglais, und in den folgenden anderthalb Jahrhunderten hatte er bis zur Avenue du Premier- Mars zu weichen. Zwischen 1850 und 1900 wurden die umfangreichsten Aufschüttungen vorgenommen, darunter jene Verfrachtungen von der Crêt Taconnet beim Bahnhof, welche die 500 Meter lange Beaux-Arts-Esplanade mit ihrem intakten Ensemble von Gründerzeithäusern schufen. 20 Hektaren Land musste der See für die im letzten Vierteljahrhundert entstandenen Jeunes Rives hergeben, auf denen heute die Expo residiert. Während Neuenburg das Palais de l'Equilibre der Expo bewahren möchte, soll über das Gelände des gegenwärtigen Fun Park im Jahre 2005 oder 2006 ein Wettbewerb für Neubauten der juristischen Fakultät ausgeschrieben werden.
Der Expo verdankt die Stadt die Fun'ambule genannte neue Standseilbahn zwischen Bahnhof und See. Hier, im Englischen Garten, war in den sechziger Jahren eine neue Spielstätte für Theateraufführungen geplant, die damals im Konzertsaal von 1766-69 südlich vom Rathaus gastierten. Doch das Projekt erwies sich als zu kostspielig. 1988 wurde erneut ein Wettbewerb veranstaltet, wieder mit dem Standort im Englischen Garten. Dem Siegerprojekt von Bétrix & Consolascio hätte die Rotonde weichen müssen. Das Volk schickte den Entwurf bachab. Vor sieben Jahren wagte die Stadt einen neuen Anlauf. Diesmal wählte sie als Gelände für das Théâtre du Passage einen Hinterhof zwischen Faubourg de l'Hôpital, Passage Maximilien-de-Meuron und Avenue de la Gare. Walter Hunziker sowie Anton und Chi Chain Herrmann-Chong entschieden die Ausmarchung für sich. Gefordert war ein Bau, der sich ebenso für Theaterproduktionen wie für Tanz und Oper eignet, was flexibler technischer Installationen und räumlicher Disposition bedurfte. So verfügt der grosse Saal mit 520 Plätzen über einen Orchestergraben, der kleine mit 150 lässt sich variabel bestuhlen, das Foyer mit Restaurant ist öffentlich zugänglich. Stolz verkündet Direktor Robert Bouvier, René Gonzalez, Leiter des Théâtre de Vidy, habe «sein» Haus neidvoll bestaunt. Anschliessend bedauert er jedoch, sein Budget sei indes so bescheiden, dass er die Säle seit der Eröffnung im Oktober 2000 immer wieder auch vermieten muss.
«Blechkiste» statt Monument
Hunziker und Herrmann-Chong entwarfen keinen Repräsentationsbau, sondern ein 25,5 Millionen Franken teures «Werkzeug» mit einer unprätentiösen Fassadenverkleidung aus profiliertem Zink-Titan-Blech. Sie spannten es zwischen zwei bestehende historische Bauten, deren eine sie als Eingang zum Foyer konzipierten und deren anderer sie administrative Funktionen - die Büros der Direktion, eine Wohnung für die Regisseure - zuwiesen. Die Altbauten bewahren ihre Eigenständigkeit, die einzige Anlehnung der «Blechkiste» ist das Blaugrau der Fassade, das mit dem Ton der Fensterläden korrespondiert. Räumlich aber stellten Hunziker und Herrmann-Chong die Verbindung einerseits physisch mit einem Beton- Glas-Kubus zwischen Verwaltungsbau und 25 Meter hohem Bühnenturm her, andererseits visuell mit der Verglasung des Foyers, das den Blick auf einen kleinen Park und einige Bauten aus dem 18. Jahrhundert freigibt.
Wird man des Theaters erst ansichtig, wenn man schon davor steht, lässt sich das BfS der schwarzen kubischen Aufbauten wegen auch vom See her ausmachen. Die im Mai 2001 eröffnete Unimail, die Universität für die naturwissenschaftlichen Fächer, zieht die Aufmerksamkeit mit einer gigantischen Kolonnade auf sich, zwischen die die Fassade des alten kantonalen Gefängnisses gespannt ist. Sie macht den Bau aus der Distanz zum Blickfang, ist aber aus der Nähe nicht wirklich verständlich. Die Säulen sind ausschliesslich Zierwerk, stehen in keiner Verbindung zur Fassade, von der sie leicht abgesetzt sind, und erschöpfen sich in der Funktion, ein gewölbtes Vordach aus Metall zu tragen. Gérard Corti, der mit Philippe Guiony und Eric Ryser 1985/86 den Wettbewerb mit «Fleurs du Mal» gewann, versteckte hinter der Repräsentationsfassade einen nüchternen Bau aus Beton und Glas, der aus zwei durch Höfe getrennten parallelen Riegeln besteht. Ebenfalls auf der Unimail soll ab Mitte 2003 nach Plänen des jungen Genfer Architekten Andrea Bassi eine Primarschule entstehen.
Auf halber Höhe zwischen See und Unimail liegt das von den Lokalmatadoren Robert Monnier, Geninasca Delafortrie und Pierre-Emmanuel Schmid konzipierte Spital Pourtalès. (Monnier und Delafortrie zeichnen ausserdem verantwortlich für den Schulhausbau im Quartier Pierrabot, mit dem die Stadt 1999 den Solarpreis gewann, und werden nach der Expo die Salle du Sport am See errichten.) Der erste Trakt des Baus, der sich mit Laubengängen und einer grosszügigen Verglasung in einem Bogen nach Süden öffnet, wurde im Herbst 2001 fertiggestellt. Die drei weiteren Gebäude sollen 2005 stehen. Der Sockel aus ockerfarbigem Jurakalk erscheint als Hommage an das traditionelle Baumaterial der Stadt, dessen warmes Gelb die Häuser mit mediterranem Flair auflädt. Doch stammt der Stein nicht mehr wie einst aus Hauterive, da die dortigen Vorkommen erschöpft sind. Dafür wurde 2001 in Hauterive das Laténium der Genfer Architektengemeinschaft Laurent Chenu, Pierre Jéquier, Bruce Dunning, Pieter Versteegh und Philippe Vasserot eröffnet (NZZ 2. 11. 01). Das archäologische Museum befindet sich fast genau an dem Ort, wo vor knapp 6000 Jahren ein steinzeitliches Dorf stand.
Als in den neunziger Jahren allenthalben Industriebrachen zur Umnutzung freigegeben wurden, standen auch in der Romandie ausgediente Fabrikareale zur Disposition: in Lausanne das Vallée du Flon, in Genf die Charmilles und in Neuenburg das 38 Hektaren umfassende Gelände der Schokoladefabrik Suchard, die zwischen 1988 und 1990 nach Bern dislozierte. Der Kanton, der das Gebiet im Quartier Serrières, das von der Rue de Tivoli durchschnitten wird, gern erworben hätte, musste passen, nachdem ihn die private Artufabe SA überboten und gegen 50 Millionen Franken bezahlt hatte. Das Projekt, das Rodolphe Lüscher im Direktauftrag entwickelte - die Umwandlung des Kakaosilos in einen Bürobau mit vorgehängter Glasfassade und der Bau von drei 40 Meter hohen Türmen - blieb Makulatur.
Mut zum Grossen
Mit Türmen tat sich die Stadt schon früher schwer. 1956 galten zwei Wohnhochhausprojekte als «Miniaturreproduktionen einer dieser aufgestellten Streichholzschachteln (. . .) nach dem Vorbild des Uno-Gebäudes in New York», und auch der 50 Meter hohe Turm, welcher dem Ende der neunziger Jahre errichteten Bundesamt für Statistik (BfS) vorangestellt werden sollte, stiess zunächst auf Widerstand. Dieser konnte indes überwunden werden. Der Glasturm der Bauart- Architekten steht vor der Vollendung.
Das langgestreckte, geschwungene BfS-Gebäude der Berner Bauart-Architekten - sie sind auch die Urheber der Erweiterung des Naturhistorischen Museums - machte den Anfang der Aufwertung des Quartiers rund um den Bahnhof. Dieser wurde seinerseits ausgebaut und sein Vorplatz zu einer Place de la Gare umgestaltet, die den Namen auch verdient. Geninasca Delefortrie und Robert Monnier versahen den Taxistand auf der Westseite mit einem auf schlanken Stahlsäulen montierten Betondach. Ein Kreisel klärt die Verkehrssituation zwischen Place de la Gare und Espace de l'Europe, die ausserdem nach dem Konzept von Paysagestion und Deschamps mit zwei Baumreihen begrünt wurden.
Das BfS ist Teil des «Ecoparc», der nördlich und östlich des Bahnhofs auf industriellem Brachland entstehen soll und sowohl Wohnbauten als auch Geschäftskomplexe umfasst. Die Stadt hat das Gebiet neben Pierrabot, Serrières (mit den Bauten von Suchard) und Monruz, wo die Werke der Luxusuhrenmarke Bulgari stehen, als einen von vier «Poles stratégiques» zur Entwicklungszone erklärt. Ziel ist es, ökonomische Rentabilität, ökologisches Gleichgewicht und soziale Solidarität unter einen Hut zu bringen, was die Nachhaltigkeit des Projekts garantieren soll. Der Association Ecoparc, die im September 2000 von Stadt, Kanton, BfS, SBB und Bauart gegründet wurde, schwebt eine Art Technopark vor.
Obwohl hoch über dem Neuenburgersee angelegt, steht der Bahnhof mit der weiten Wasserfläche in enger Beziehung. Hatte sich Biel mit dem Bahndamm den Zugang zum See verbaut, war der Bahnhofbau 1859 in Neuenburg verbunden mit Landgewinn am See. Das Bahnhofgebiet war einst von einem Hügelzug, der Crêt Taconnet, begrenzt. Dieser wurde abgetragen und zum See verfrachtet. Abgesehen vom Delta, das der Seyon bildete, verdankt die Stadt ihre flachen Ufergebiete fast ausschliesslich diesen Aufschüttungen. Der Bach wurde 1843 rund einen halben Kilometer nach Westen verlegt. Doch seit 1993 ist er im Stadtbild wieder physisch präsent - nicht mehr nur im Strassennamen Rue du Seyon, die das Quartier L'Ecluse am Hang mit der Place Pury am See verbindet, sondern in einer Wasserrinne, die auf die Place Pury führt und eine symbolische Mündung in einem rechteckigen Becken in der Nähe des Belle-Epoque-Kioskes hat. Obwohl es einiger Phantasie bedarf, die künstliche Wasserrinne mit dem einstigen Bach zu assoziieren, trägt der urbanistische Kunstgriff zum Verständnis der Entwicklung der Stadt bei.
Ablesbare Stadtentwicklung
Die Etappen der Aufschüttungen lassen sich anhand der Strassen nachvollziehen. Bis ins 10. Jahrhundert reichte der See an die Ränder der Rue de l'Hôpital, im 17. Jahrhundert bis zum Faubourg du Lac auf der Nordseite des Jardin anglais, und in den folgenden anderthalb Jahrhunderten hatte er bis zur Avenue du Premier- Mars zu weichen. Zwischen 1850 und 1900 wurden die umfangreichsten Aufschüttungen vorgenommen, darunter jene Verfrachtungen von der Crêt Taconnet beim Bahnhof, welche die 500 Meter lange Beaux-Arts-Esplanade mit ihrem intakten Ensemble von Gründerzeithäusern schufen. 20 Hektaren Land musste der See für die im letzten Vierteljahrhundert entstandenen Jeunes Rives hergeben, auf denen heute die Expo residiert. Während Neuenburg das Palais de l'Equilibre der Expo bewahren möchte, soll über das Gelände des gegenwärtigen Fun Park im Jahre 2005 oder 2006 ein Wettbewerb für Neubauten der juristischen Fakultät ausgeschrieben werden.
Der Expo verdankt die Stadt die Fun'ambule genannte neue Standseilbahn zwischen Bahnhof und See. Hier, im Englischen Garten, war in den sechziger Jahren eine neue Spielstätte für Theateraufführungen geplant, die damals im Konzertsaal von 1766-69 südlich vom Rathaus gastierten. Doch das Projekt erwies sich als zu kostspielig. 1988 wurde erneut ein Wettbewerb veranstaltet, wieder mit dem Standort im Englischen Garten. Dem Siegerprojekt von Bétrix & Consolascio hätte die Rotonde weichen müssen. Das Volk schickte den Entwurf bachab. Vor sieben Jahren wagte die Stadt einen neuen Anlauf. Diesmal wählte sie als Gelände für das Théâtre du Passage einen Hinterhof zwischen Faubourg de l'Hôpital, Passage Maximilien-de-Meuron und Avenue de la Gare. Walter Hunziker sowie Anton und Chi Chain Herrmann-Chong entschieden die Ausmarchung für sich. Gefordert war ein Bau, der sich ebenso für Theaterproduktionen wie für Tanz und Oper eignet, was flexibler technischer Installationen und räumlicher Disposition bedurfte. So verfügt der grosse Saal mit 520 Plätzen über einen Orchestergraben, der kleine mit 150 lässt sich variabel bestuhlen, das Foyer mit Restaurant ist öffentlich zugänglich. Stolz verkündet Direktor Robert Bouvier, René Gonzalez, Leiter des Théâtre de Vidy, habe «sein» Haus neidvoll bestaunt. Anschliessend bedauert er jedoch, sein Budget sei indes so bescheiden, dass er die Säle seit der Eröffnung im Oktober 2000 immer wieder auch vermieten muss.
«Blechkiste» statt Monument
Hunziker und Herrmann-Chong entwarfen keinen Repräsentationsbau, sondern ein 25,5 Millionen Franken teures «Werkzeug» mit einer unprätentiösen Fassadenverkleidung aus profiliertem Zink-Titan-Blech. Sie spannten es zwischen zwei bestehende historische Bauten, deren eine sie als Eingang zum Foyer konzipierten und deren anderer sie administrative Funktionen - die Büros der Direktion, eine Wohnung für die Regisseure - zuwiesen. Die Altbauten bewahren ihre Eigenständigkeit, die einzige Anlehnung der «Blechkiste» ist das Blaugrau der Fassade, das mit dem Ton der Fensterläden korrespondiert. Räumlich aber stellten Hunziker und Herrmann-Chong die Verbindung einerseits physisch mit einem Beton- Glas-Kubus zwischen Verwaltungsbau und 25 Meter hohem Bühnenturm her, andererseits visuell mit der Verglasung des Foyers, das den Blick auf einen kleinen Park und einige Bauten aus dem 18. Jahrhundert freigibt.
Wird man des Theaters erst ansichtig, wenn man schon davor steht, lässt sich das BfS der schwarzen kubischen Aufbauten wegen auch vom See her ausmachen. Die im Mai 2001 eröffnete Unimail, die Universität für die naturwissenschaftlichen Fächer, zieht die Aufmerksamkeit mit einer gigantischen Kolonnade auf sich, zwischen die die Fassade des alten kantonalen Gefängnisses gespannt ist. Sie macht den Bau aus der Distanz zum Blickfang, ist aber aus der Nähe nicht wirklich verständlich. Die Säulen sind ausschliesslich Zierwerk, stehen in keiner Verbindung zur Fassade, von der sie leicht abgesetzt sind, und erschöpfen sich in der Funktion, ein gewölbtes Vordach aus Metall zu tragen. Gérard Corti, der mit Philippe Guiony und Eric Ryser 1985/86 den Wettbewerb mit «Fleurs du Mal» gewann, versteckte hinter der Repräsentationsfassade einen nüchternen Bau aus Beton und Glas, der aus zwei durch Höfe getrennten parallelen Riegeln besteht. Ebenfalls auf der Unimail soll ab Mitte 2003 nach Plänen des jungen Genfer Architekten Andrea Bassi eine Primarschule entstehen.
Auf halber Höhe zwischen See und Unimail liegt das von den Lokalmatadoren Robert Monnier, Geninasca Delafortrie und Pierre-Emmanuel Schmid konzipierte Spital Pourtalès. (Monnier und Delafortrie zeichnen ausserdem verantwortlich für den Schulhausbau im Quartier Pierrabot, mit dem die Stadt 1999 den Solarpreis gewann, und werden nach der Expo die Salle du Sport am See errichten.) Der erste Trakt des Baus, der sich mit Laubengängen und einer grosszügigen Verglasung in einem Bogen nach Süden öffnet, wurde im Herbst 2001 fertiggestellt. Die drei weiteren Gebäude sollen 2005 stehen. Der Sockel aus ockerfarbigem Jurakalk erscheint als Hommage an das traditionelle Baumaterial der Stadt, dessen warmes Gelb die Häuser mit mediterranem Flair auflädt. Doch stammt der Stein nicht mehr wie einst aus Hauterive, da die dortigen Vorkommen erschöpft sind. Dafür wurde 2001 in Hauterive das Laténium der Genfer Architektengemeinschaft Laurent Chenu, Pierre Jéquier, Bruce Dunning, Pieter Versteegh und Philippe Vasserot eröffnet (NZZ 2. 11. 01). Das archäologische Museum befindet sich fast genau an dem Ort, wo vor knapp 6000 Jahren ein steinzeitliches Dorf stand.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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