Artikel

Meister der Synergetik
Neue Zürcher Zeitung

Aktuelle Projekte des Genfer Büros Group8 Architectes

Einfach und präzise reagieren die Arbeiten der neun Westschweizer Architekten, die sich im Büro Group8 Architectes zusammengefunden haben, auf die Bedingungen von Ort und Nutzung. Die spezielle Arbeitsmethode schöpft Synergien aus und stellt die Ideen der einzelnen Architekten hinter das gemeinsame Resultat.

6. Mai 2005 - Peter Omachen
Es war die alte Polizeiwache, die sie zusammengebracht hat. Acht junge Architekten zogen als fünf Arbeitsgemeinschaften gleichzeitig in die nüchternen Räume des ehemals von den Ordnungshütern genutzten Gebäudes im zentrumsnahen Genfer Gewerbequartier Les Acacias ein. Kurz darauf, im Jahr 2000, taten sie sich unter dem Namen Group8 Architectes zusammen. Die mittlerweile neun Partner heissen in typisch genferischer Namensvielfalt Laurent Ammeter, Adrien Besson, Tarramo Broennimann, Grégoire Du Pasquier, Manuel Der Hagopian, Oscar Frisk, François de Marignac, Christophe Pidoux und Daniel Zamarbide. Sie sind zwischen 1969 und 1972 geboren und haben an der Universität Genf oder an der ETH Lausanne studiert. Zu Beginn ihrer gemeinsamen Tätigkeit haben sie sich erfolgreich auf die Teilnahme an Architekturwettbewerben konzentriert. Daraus sind unter anderem zwei Grossprojekte hervorgegangen, die demnächst realisiert werden sollen.

Die von Group8 entworfene Erweiterung des WTO-Hauptsitzes in Genf wird der Welthandelsorganisation ein neues Gesicht verleihen. Der Neubau schliesst an der Rückseite des bestehenden Bürogebäudes an und blickt unmittelbar auf die Gleisanlagen des Genfer Hauptbahnhofes. Geschickt spielt der gläserne Kubus mit dem gewohnten Bild internationaler Geschäftshausarchitektur. Die zweischichtige Konstruktion mit sechs unterschiedlichen, teilweise verspiegelten Gläsern verleiht der Fassade eine überraschende Tiefe und Plastizität. Die scheinbar undurchdringliche Hülle ist auf der Höhe des querenden Strassenviaduktes ausgeschnitten und gewährt Zugang zur dahinter liegenden Empfangshalle. Ein verglaster und baumbestandener Innenhof bildet die Kommunikationsplattform des umfangreichen Gebäudekomplexes mit Büros und Konferenzräumen.

Der prägnante Entwurf erweist sich als charakteristisch für die Arbeiten von Group8 Architectes. Das Atelier pflegt mit seinen 25 Mitarbeitern eine eigenständige Arbeitsmethode. Jedes Projekt ist in der Entwicklungsphase einem Partner und drei bis vier Mitarbeitern zugeteilt, die jeweils individuell zusammengestellt werden. Einmal wöchentlich trifft man sich zur gegenseitigen Vorstellung und Diskussion der Projekte. Dieses aus der Architekturausbildung entlehnte System der Zwischenkritiken erweist sich als sehr effektiv und sichert einen hohen und konstanten Qualitätsstandard. Dies belegen die zahlreichen ausgeführten Bauten. Durch die grosse Anzahl Beteiligter können sich individuelle Gestaltungsvorlieben nur bei überzeugenden Konzepten durchsetzen. Nicht der geniale Wurf des Einzelnen, sondern die systematisch erarbeitete Lösung des Kollektivs wird angestrebt.

Ein weiterer Vorteil liegt in der möglichen Ballung der Kräfte. In der Praxis kommt es zunehmend vor, dass nach längerem Projektstillstand innert kürzester Zeit reagiert werden muss. So wartet Group8 derzeit auf grünes Licht für die Ausführung eines weiteren 50-Millionen-Projektes. Dabei handelt es sich um ein kantonales Verwaltungsgebäude für die Genfer Umweltbehörde. Die Volumetrie des siebenstöckigen Neubaus ergibt sich auch hier aus den engen Rahmenbedingungen des innerstädtischen Grundstücks und der ökonomischen Notwendigkeit einer optimalen Ausnutzung. Drei verschiedenartige Fassaden reagieren auf die vielfältige Umgebung: Zur Strasse hin weist das Gebäude eine schallabsorbierende Terracotta-Verkleidung und zum Hof hin eine Vollverglasung auf, während die sonnige Gebäuderückseite zur begrünten Fassade werden soll. Die laubwerfenden Kletterpflanzen, die das vorgestellte Rankgerüst von unten und oben bewachsen werden, spenden im Sommer Schatten und erlauben die Besonnung der Büroräume im Winter. Die gewählten Baustoffe wurden eingehend auf ihre Nachhaltigkeit geprüft.

Das Architekturbüro hat zahlreiche weitere Projekte in Bearbeitung. Die realisierten Bauten reichen von der Veterinärpraxis bis zum Hotel und vom Einfamilienhaus bis zur Fabrikanlage. Die jungen Unternehmer profitieren von der vergleichsweise geringen Architektendichte in der Westschweiz bei gleichzeitig grossem Planungsbedarf. Innert kurzer Zeit hat sich Group8 Architectes einen Namen gemacht. Man wird ihn sich merken müssen.

[ Mitglieder von Group8 stellen ihre Arbeiten am 11. Mai um 18.30 Uhr im Architekturforum Zürich am Neumarkt 15 vor. ]

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: