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Aufspüren des Unscheinbaren
Neue Zürcher Zeitung

Arbeiten von Meier Leder Architekten aus Baden

Obschon sie auf den ersten Blick unspektakulär erscheinen, überraschen die Bauten und Projekte von Rolf Meier und Martin Leder aus Baden durch ihre überzeugend einfachen und konsequent umgesetzten Ideen. Diese werden aus dem Vorgefundenen entwickelt. Dabei verzichten die Architekten auf jede Effekthascherei.

7. Oktober 2005 - Peter Omachen
Es war eine bescheidene Bauaufgabe: der Ersatzbau für das Pfadiheim Baregg in Baden. Die alte Holzbaracke an der Waldlichtung nahe der Limmat sollte einem grösseren Neubau weichen. Das 2004 ausgeführte Projekt ist als Bestes aus einem Studienauftrag hervorgegangen, der an mehrere Architekten erteilt wurde. Das daraus entstandene Gebäude hat die Form eines schiefwinkligen Quaders mit einem über die Diagonale abfallenden Pultdach. An einer Seite erscheint das Volumen ausgeschnitten und gibt damit einen gedeckten Aussenbereich gegen die Lichtung frei. Tief liegende Fenster suggerieren eine dickwandige Konstruktion, wodurch der Ausdruck einer einfachen Hütte trotz der unregelmässigen, sägerohen Fichtenschalung geschickt vermieden wird. Im Innern entpuppt sich das ungewohnte Erscheinungsbild als kluge Lösung für das Stauraumproblem - das Gebäude wurde nicht unterkellert -: Fast alle Aussenwände konnten mit Einbauschränken belegt werden. Die Fenster sind in derselben Ebene angeordnet wie die raumhohen Schrankfronten. Mit ihren gedämpften Gelb- und Grüntönen orientieren sich die Oberflächen an den Farben der Natur.

Raffiniert und robust

Die Architekten vergleichen ihr Werk mit einem Taschenmesser: raffiniert gearbeitet und doch robust. Diese Charakteristik zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bauten und Projekte von Rolf Meier und Martin Leder. 1968 und 1973 geboren, haben sich die beiden Aargauer nach ihren Studien an der ETH Zürich und der damaligen HTL Brugg-Windisch bei Anstellungen in Baden kennen gelernt. 2001 gründeten sie ihr gemeinsames Büro, das sich seither durch eine erfolgreiche Wettbewerbstätigkeit auszeichnet.

Die Arbeiten von Meier und Leder sind stets unspektakulär. Einfach konzipierte, aber mitunter sehr komplexe Baukörper folgen übergeordneten Themen und sind dabei offensichtlich räumlich gedacht. Dies äussert sich unter anderem in der Leidenschaft für das Entwerfen im Schnitt. Immer wieder tauchen in den Plänen schiefe Winkel auf - nicht aus formalen Gründen, sondern als beabsichtigte Bereicherung der Raumfolgen. Die Architekten fühlen sich in ihrer Arbeit der Bautradition verpflichtet. Sie entwickeln die Projekte als ganzheitliche Lösungen aus dem Bestand heraus und folgen dabei gleichermassen der Logik von Material und Konstruktion, wie sie ihre inneren Bilder und Stimmungen umzusetzen suchen. Ziel ist das Aufspüren des Unscheinbaren; ihre Architektur will berühren.

Dies gelingt auch beim Umbau der Werkschaltanlage des Wasserkraftwerkes Beznau. Der 1932 erstellte, viergeschossige Erweiterungsbau am Industriemonument der Jahrhundertwende hatte seine ursprüngliche Funktion verloren und sollte zu Werkstätten, Lagerräumen und Büros umgenutzt werden. Durch transluzente Trennelemente aus Gussglas bleiben die eindrucksvollen Raumdimensionen und die Stimmungseigenschaften der unverkleideten Stahlkonstruktion präsent. Die geschosshohen Metalldrehtüren vermögen in ihren eindrucksvollen Dimensionen der Dynamik des Raumes standzuhalten und verleihen der Büroetage ungeahnte Würde und Grosszügigkeit.

Markant und passgenau

Derzeit arbeiten Meier und Leder an einem städtebaulichen Entwurf für ein Gebiet am Rand der Badener Altstadt. Es handelt sich um die Placierung zweier Wohn- und Geschäftshäuser an einer neu zu schaffenden Fussgängerverbindung vom Theaterplatz in die untere Altstadt. Das Projekt geht auf einen ersten Preis in einem Studienauftrag zurück, der seinen Ursprung in einem spektakulären, nun schon zehn Jahre zurückliegenden Wettbewerbserfolg von Rolf Meier hat, der damals noch Student war. Das aktuelle Projekt in steiler Hanglage über dem Fluss will den zugebauten mittelalterlichen Stadtgraben wieder erlebbar machen. Dazu werden passgenaue Baukörper erstellt, die gleichzeitig markante Neubauten sind und sich dennoch perfekt in die historisch gewachsene Situation eingliedern.

Es ist bedauerlich, dass die Badener Architekten bisher nur wenige ihrer zahlreichen Wettbewerbserfolge umsetzen konnten. Dies wirft ein ungünstiges Licht auf die Veranstalter solcher Konkurrenzen, die sich nicht immer über ihre Verantwortung und die ungenutzten Chancen im Klaren zu sein scheinen.

[ Rolf Meier und Martin Leder stellen ihre Arbeiten am 12. Oktober um 18.30 Uhr im Architekturforum Zürich am Neumarkt 15 vor. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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