Artikel
Turnen im Turm
Die neue kantonale Technische Berufsschule am Sihlquai
Das Schulquartier zwischen Ausstellungsstrasse und Sihlquai im Industriequartier wird durch einen markanten Neubau ergänzt: Vor kurzem haben Stücheli Architekten für den Kanton die Technische Berufsschule vollendet. Der Bau überzeugt sowohl in seiner städtebaulichen Einbindung als auch in seiner architektonischen Ausgestaltung. Aus den Turnhallen im Turm bietet er zudem spektakuläre Ausblicke auf die Stadt.
30. März 2005 - Martino Stierli
In Zürich machen architektonisch derzeit vor allem grosse Schulbauten von sich reden: Nachdem im letzten Sommer mit Peter Märklis Schulanlage im Birch das grösste Schulhaus bezogen werden konnte, das die Stadt Zürich je gebaut hat, steht nun am Sihlquai die neue Technische Berufsschule kurz vor der Vollendung. Der prominente Bau, der im Auftrag des Kantons ausgeführt wurde, zieht schon seit einiger Zeit die Aufmerksamkeit auf sich. Insbesondere von der Kornhausbrücke aus wird deutlich, dass die Stadt ein neues urbanes Zeichen erhalten hat, erhebt sich doch der zehngeschossige Turm deutlich über die Bauten der Umgebung. Den Wettbewerb für das Projekt konnte das Zürcher Büro Stücheli Architekten 1997 für sich entscheiden.
Zeichen und massvolle Ergänzung
Dennoch setzt sich der Neubau keineswegs über Massstab, Materialität und formale Ausgestaltung der existierenden Bebauung hinweg. Er ist deutlich in zwei Volumen gegliedert. Neben dem Turm verfügt er über einen langgestreckten Schultrakt entlang dem Sihlquai, der bis an das Hauptgebäude der Berufsschule aus den siebziger Jahren heranreicht. Diesem ordnet sich der Riegel mit seinen lediglich vier Geschossen bescheiden unter und erweist ihm seine Reverenz. Somit wird der Neubau den städtebaulichen Erfordernissen in doppeltem Sinne gerecht: als weithin sichtbares städtebauliches Zeichen wie auch als eine massvolle Ergänzung des bestehenden baulichen Kontexts.
Doch nicht nur im Hinblick auf den Massstab sind die Bezüge des Neubaus zu seiner Umgebung auszumachen. Auch in der Proportionierung der Fensteröffnungen, in der Farbgebung, der rational-orthogonalen Formensprache und im Bauprogramm tritt die Schule mit dem bestehenden Hauptgebäude sowie mit der Schule für Gestaltung in einen Dialog; Letztere errichteten Karl Egender und Adolf Steger zwischen 1930 bis 1933. Auch die Elementbauweise des Nachbars findet im Neubau ihren Niederschlag: Strukturell basiert die neue Schule auf einem streng regelmässigen Betonskelett aus Horizontalen und Vertikalen. Diese Struktur ist an einem Netz aus vorstehenden Stützen und Sturzbändern ablesbar, welche die Fassade in einen regelmässigen Raster unterteilen. Von aussen ergeben die zurückhaltende Formensprache und Materialisierung den Eindruck von selbstverständlicher Eleganz, auch wenn das gesamte Volumen mit seiner Materialisierung aus Sichtbeton recht massiv in Erscheinung tritt.
Das Gebäude wird durch zwei einander diagonal gegenüberliegende Eingänge vom Sihlquai und von der Ausstellungsstrasse her erschlossen, wobei in beiden Fällen eine relativ steile Treppe in ein Hochparterre hinaufführt und somit in einer Würdeformel die höheren Weihen der Schulbildung suggeriert. Die vertikalen Erschliessungszonen an beiden Enden des Baus sind mit einem grosszügigen, breiten Korridor miteinander verbunden, der den Zugang zu den beidseitig angeordneten Schulzimmern erlaubt. Der reguläre Raster des Grundrisses bleibt auch im Innern an den Stützen ablesbar. Zwischen ihnen bilden orangerot eingefärbte Betonwände mit eingelassenen Holztüren die Begrenzungen zu den Klassenräumen; diese wirken wie eingestellte Schubladen. Die Böden der Gänge sind aus hellem Kunststein, die Dekken mit fliesbespannten Metallplatten belegt. Der Kontrast zwischen tragender Konstruktion und Füllelementen wird durch die Farbigkeit und die abgerundeten Kanten an den Wänden zusätzlich betont. Gegenüber der kühlrationalen äusseren Erscheinung des Gebäudes erweckt das Innere den Eindruck von Wärme und Behaglichkeit. Dieser wird durch Details wie die ergonomisch geformten hölzernen Handläufe in den Treppenhäusern noch verstärkt.
Ausblick auf Limmat und Stadt
Für die Organisation der Berufsschule bietet die neue Anlage, die dem Kanton mit rund 65 Millionen Franken zu Buche schlagen wird, einen entscheidenden Vorteil: Gegenüber dem früheren Standort in Oerlikon befinden sich die Elektro- und Elektronik-Abteilungen direkt am Hauptsitz der Technischen Berufsschule, wodurch die internen Abläufe vereinfacht und Synergieeffekte genutzt werden können. Die hohen und lichten Schulräume für die rund 800 Schüler sind alle im viergeschossigen Riegel untergebracht; im Soussol befinden sich zusätzlich Unterrichtszimmer für die Technikerschule, die in der Erwachsenenbildung tätig ist. Das Dach des horizontalen Gebäudeteils dient den Schülern als Pausenfläche und wird vom Turmbau aus erschlossen.
Der Turmbau ist, abgesehen von einem Aufenthaltsraum, dem Sport vorbehalten: Neben einem Gymnastik- und einem Kraftraum sind in den oberen vier Geschossen zwei Sporthallen übereinander gestapelt, die beim Turnen hoch über dem Sihlquai einen spektakulären Blick auf die Limmat und die Stadt erlauben. Diese ungewöhnliche Unterbringung der Turnhallen gehört zu den originellsten Lösungen der Anlage; vom Treppensteigen vor und nach dem Sportunterricht darf man sich vielleicht gar einen zusätzlichen Fitnesseffekt erhoffen. Ohnehin werden die Schüler oben mit einem Blick auf die Stadt belohnt, der nicht nur im Schulbau seinesgleichen sucht.
Zeichen und massvolle Ergänzung
Dennoch setzt sich der Neubau keineswegs über Massstab, Materialität und formale Ausgestaltung der existierenden Bebauung hinweg. Er ist deutlich in zwei Volumen gegliedert. Neben dem Turm verfügt er über einen langgestreckten Schultrakt entlang dem Sihlquai, der bis an das Hauptgebäude der Berufsschule aus den siebziger Jahren heranreicht. Diesem ordnet sich der Riegel mit seinen lediglich vier Geschossen bescheiden unter und erweist ihm seine Reverenz. Somit wird der Neubau den städtebaulichen Erfordernissen in doppeltem Sinne gerecht: als weithin sichtbares städtebauliches Zeichen wie auch als eine massvolle Ergänzung des bestehenden baulichen Kontexts.
Doch nicht nur im Hinblick auf den Massstab sind die Bezüge des Neubaus zu seiner Umgebung auszumachen. Auch in der Proportionierung der Fensteröffnungen, in der Farbgebung, der rational-orthogonalen Formensprache und im Bauprogramm tritt die Schule mit dem bestehenden Hauptgebäude sowie mit der Schule für Gestaltung in einen Dialog; Letztere errichteten Karl Egender und Adolf Steger zwischen 1930 bis 1933. Auch die Elementbauweise des Nachbars findet im Neubau ihren Niederschlag: Strukturell basiert die neue Schule auf einem streng regelmässigen Betonskelett aus Horizontalen und Vertikalen. Diese Struktur ist an einem Netz aus vorstehenden Stützen und Sturzbändern ablesbar, welche die Fassade in einen regelmässigen Raster unterteilen. Von aussen ergeben die zurückhaltende Formensprache und Materialisierung den Eindruck von selbstverständlicher Eleganz, auch wenn das gesamte Volumen mit seiner Materialisierung aus Sichtbeton recht massiv in Erscheinung tritt.
Das Gebäude wird durch zwei einander diagonal gegenüberliegende Eingänge vom Sihlquai und von der Ausstellungsstrasse her erschlossen, wobei in beiden Fällen eine relativ steile Treppe in ein Hochparterre hinaufführt und somit in einer Würdeformel die höheren Weihen der Schulbildung suggeriert. Die vertikalen Erschliessungszonen an beiden Enden des Baus sind mit einem grosszügigen, breiten Korridor miteinander verbunden, der den Zugang zu den beidseitig angeordneten Schulzimmern erlaubt. Der reguläre Raster des Grundrisses bleibt auch im Innern an den Stützen ablesbar. Zwischen ihnen bilden orangerot eingefärbte Betonwände mit eingelassenen Holztüren die Begrenzungen zu den Klassenräumen; diese wirken wie eingestellte Schubladen. Die Böden der Gänge sind aus hellem Kunststein, die Dekken mit fliesbespannten Metallplatten belegt. Der Kontrast zwischen tragender Konstruktion und Füllelementen wird durch die Farbigkeit und die abgerundeten Kanten an den Wänden zusätzlich betont. Gegenüber der kühlrationalen äusseren Erscheinung des Gebäudes erweckt das Innere den Eindruck von Wärme und Behaglichkeit. Dieser wird durch Details wie die ergonomisch geformten hölzernen Handläufe in den Treppenhäusern noch verstärkt.
Ausblick auf Limmat und Stadt
Für die Organisation der Berufsschule bietet die neue Anlage, die dem Kanton mit rund 65 Millionen Franken zu Buche schlagen wird, einen entscheidenden Vorteil: Gegenüber dem früheren Standort in Oerlikon befinden sich die Elektro- und Elektronik-Abteilungen direkt am Hauptsitz der Technischen Berufsschule, wodurch die internen Abläufe vereinfacht und Synergieeffekte genutzt werden können. Die hohen und lichten Schulräume für die rund 800 Schüler sind alle im viergeschossigen Riegel untergebracht; im Soussol befinden sich zusätzlich Unterrichtszimmer für die Technikerschule, die in der Erwachsenenbildung tätig ist. Das Dach des horizontalen Gebäudeteils dient den Schülern als Pausenfläche und wird vom Turmbau aus erschlossen.
Der Turmbau ist, abgesehen von einem Aufenthaltsraum, dem Sport vorbehalten: Neben einem Gymnastik- und einem Kraftraum sind in den oberen vier Geschossen zwei Sporthallen übereinander gestapelt, die beim Turnen hoch über dem Sihlquai einen spektakulären Blick auf die Limmat und die Stadt erlauben. Diese ungewöhnliche Unterbringung der Turnhallen gehört zu den originellsten Lösungen der Anlage; vom Treppensteigen vor und nach dem Sportunterricht darf man sich vielleicht gar einen zusätzlichen Fitnesseffekt erhoffen. Ohnehin werden die Schüler oben mit einem Blick auf die Stadt belohnt, der nicht nur im Schulbau seinesgleichen sucht.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom