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Historisches Kapital
Die Architektur der Expo-Städte
Murten zwischen Denkmalschutz und neuer Architektur
2. August 2002 - Rahel Hartmann Schweizer
Zwei gegenläufigen Entwicklungen verdankt Murten seine Attraktivität: dem Erhalt der Ringmauern und dem Bau der Autobahn. So ist das Städtchen gut mit den Zentren verbunden und bietet zugleich ruhiges und attraktives Wohnen. Eine Bauwut hat die Expo in Murten nicht ausgelöst, aber gewisse Projekte beschleunigt. Im Vorfeld der Expo hatten aber nicht Neubauten Priorität, sondern die 1999 abgeschlossene Restaurierung der Wehranlagen. Die im Lauf von mehreren Jahrhunderten errichtete, durch Kriege zerstörte und wiederaufgebaute Ringmauer blieb trotz Eingriffen im 19. Jahrhundert, denen das Ryftor und das Obere Tor zum Opfer fielen, erhalten. Sie bedarf aber des kontinuierlichen Unterhalts. So galt es bei der neuesten Renovation eine in den zwanziger Jahren mit Beton ausgeführte Sanierung zu korrigieren.
Immer wieder war es die prekäre Finanzlage der Stadt, welche die Mauern vor dem Abbruch bewahrte. So auch 1853, als sie im Zusammenhang mit dem Auftrag einer Quartierplanung in St. Katharinen zur Disposition gestellt wurden. Zu utopisch mutete dann aber den Stadtbehörden der Vorschlag an, unter Verzicht auf die Mauern die Stadt um mehr als das Doppelte zu vergrössern. Von den hochtrabenden Plänen blieben nur vier Arbeiterhäuser übrig, die Hans Rychner für eine Baugesellschaft errichtete. Die Häuser gelten im Kanton Freiburg als das frühste Beispiel für günstigen Wohnungsbau, die auf Empfehlungen für Sozialbauten beruhten, wie sie an der Londoner Weltausstellung präsentiert worden waren.
Die Idylle des Städtchens, in das während der Expo der Garten der Gewalt einbricht, täuscht darüber hinweg, dass die Hauptgasse bis zum Bau der Umfahrungsstrasse im Jahre 1963 den gesamten Verkehr von Bern nach Lausanne schlucken musste. In den achtziger Jahren beauftragte die Stadt das Büro Metron, ein Konzept auszuarbeiten, um den Verkehr in der Altstadt zu reduzieren. Daraus resultierten ein Einbahnsystem sowie die Umgestaltung der Bernstrasse. Ein gepflästerter Mittelstreifen und hohe Kandelaber verleihen ihr heute einen urbanen Charakter. Nun soll der Platz vor dem Berntor auf der Basis eines Wettbewerbs neu gestaltet werden.
Das Terrain des ummauerten, alten Friedhofes, wo die Expo agricole ihr Stahlgerüst aufgebaut hat, könnte auch in Zukunft als Marktplatz dienen. Bedauerlich ist nur, dass die Bauern sich das 3,5-Millionen-Projekt Jean Nouvels nicht leisten wollten. Da das Gelände ausserhalb des für die Expo ausgeschiedenen Plan d'affectation cantonal liegt, hätte der Bau über die Expo hinaus fortdauern können.
Alt und Neu geht in der Stadt kaum auf Konfrontation. Um einen Zusammenklang mittelalterlicher Bauten mit zeitgenössischer Architektur aufzuspüren, muss man die Stadtmauern hinter sich lassen. In unmittelbarer Nachbarschaft und unter funktionaler Integration des gotischen Schlosses Löwenberg errichteten Fritz Haller, Alfons Barth und Hans Zaugg zwischen 1978 und 1982 das Schulungszentrum der SBB. Der Komplex, bestehend aus kubisch angelegten Schulbauten und Unterkünften, die in gedrungenen Türmen untergebracht sind, fügt sich dank der Absenkung des Terrains und dem Grünton der Fassadenelemente trotz der prägnanten Haller-Geometrie in die Landschaft ein. Gegenwärtig renovieren Bauart-Architekten die Bauten.
Bezüglich zeitgenössischer Bauten wird man im Quartier Prehl fündig, wo vor einem Jahr die gleichnamige zweisprachige Schul- und Sportanlage eröffnet wurde - ein Gemeinschaftswerk von 16 Gemeinden der Region Murten. Das Projekt ging aus einem Wettbewerb hervor, den der Thuner Pierre Baeriswyl unter anderem gegen Atelier 5 und Rolf Mühlethaler für sich entschied. Dem äusseren Eindruck, der durch die fabrikartigen Sheddächer geprägt wird, entspricht im Innern der symmetrischen Anlage eine klare, flexible Organisation, basierend auf einem regelmässigen Stützraster und nichttragenden Wandelementen, die variierende Raumgrössen ermöglichen. Kern der Anlage ist eine zentrale Halle, um die sich vier Schultrakte gruppieren, die wiederum je einen kleinen, sparsam begrünten Lichthof umschliessen. Dem Schulhaus angegliedert sind eine Dreifachturnhalle und Sportplätze. Relativiert wird die Nüchternheit der Anlage durch den japanisierend gestalteten Mühlebach, der wie eine Ader das Gelände durchzieht.
Immer wieder war es die prekäre Finanzlage der Stadt, welche die Mauern vor dem Abbruch bewahrte. So auch 1853, als sie im Zusammenhang mit dem Auftrag einer Quartierplanung in St. Katharinen zur Disposition gestellt wurden. Zu utopisch mutete dann aber den Stadtbehörden der Vorschlag an, unter Verzicht auf die Mauern die Stadt um mehr als das Doppelte zu vergrössern. Von den hochtrabenden Plänen blieben nur vier Arbeiterhäuser übrig, die Hans Rychner für eine Baugesellschaft errichtete. Die Häuser gelten im Kanton Freiburg als das frühste Beispiel für günstigen Wohnungsbau, die auf Empfehlungen für Sozialbauten beruhten, wie sie an der Londoner Weltausstellung präsentiert worden waren.
Die Idylle des Städtchens, in das während der Expo der Garten der Gewalt einbricht, täuscht darüber hinweg, dass die Hauptgasse bis zum Bau der Umfahrungsstrasse im Jahre 1963 den gesamten Verkehr von Bern nach Lausanne schlucken musste. In den achtziger Jahren beauftragte die Stadt das Büro Metron, ein Konzept auszuarbeiten, um den Verkehr in der Altstadt zu reduzieren. Daraus resultierten ein Einbahnsystem sowie die Umgestaltung der Bernstrasse. Ein gepflästerter Mittelstreifen und hohe Kandelaber verleihen ihr heute einen urbanen Charakter. Nun soll der Platz vor dem Berntor auf der Basis eines Wettbewerbs neu gestaltet werden.
Das Terrain des ummauerten, alten Friedhofes, wo die Expo agricole ihr Stahlgerüst aufgebaut hat, könnte auch in Zukunft als Marktplatz dienen. Bedauerlich ist nur, dass die Bauern sich das 3,5-Millionen-Projekt Jean Nouvels nicht leisten wollten. Da das Gelände ausserhalb des für die Expo ausgeschiedenen Plan d'affectation cantonal liegt, hätte der Bau über die Expo hinaus fortdauern können.
Alt und Neu geht in der Stadt kaum auf Konfrontation. Um einen Zusammenklang mittelalterlicher Bauten mit zeitgenössischer Architektur aufzuspüren, muss man die Stadtmauern hinter sich lassen. In unmittelbarer Nachbarschaft und unter funktionaler Integration des gotischen Schlosses Löwenberg errichteten Fritz Haller, Alfons Barth und Hans Zaugg zwischen 1978 und 1982 das Schulungszentrum der SBB. Der Komplex, bestehend aus kubisch angelegten Schulbauten und Unterkünften, die in gedrungenen Türmen untergebracht sind, fügt sich dank der Absenkung des Terrains und dem Grünton der Fassadenelemente trotz der prägnanten Haller-Geometrie in die Landschaft ein. Gegenwärtig renovieren Bauart-Architekten die Bauten.
Bezüglich zeitgenössischer Bauten wird man im Quartier Prehl fündig, wo vor einem Jahr die gleichnamige zweisprachige Schul- und Sportanlage eröffnet wurde - ein Gemeinschaftswerk von 16 Gemeinden der Region Murten. Das Projekt ging aus einem Wettbewerb hervor, den der Thuner Pierre Baeriswyl unter anderem gegen Atelier 5 und Rolf Mühlethaler für sich entschied. Dem äusseren Eindruck, der durch die fabrikartigen Sheddächer geprägt wird, entspricht im Innern der symmetrischen Anlage eine klare, flexible Organisation, basierend auf einem regelmässigen Stützraster und nichttragenden Wandelementen, die variierende Raumgrössen ermöglichen. Kern der Anlage ist eine zentrale Halle, um die sich vier Schultrakte gruppieren, die wiederum je einen kleinen, sparsam begrünten Lichthof umschliessen. Dem Schulhaus angegliedert sind eine Dreifachturnhalle und Sportplätze. Relativiert wird die Nüchternheit der Anlage durch den japanisierend gestalteten Mühlebach, der wie eine Ader das Gelände durchzieht.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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