Artikel
Die Türken in Wien
Das Architekturzentrum Wien ist nicht länger mehr ein Provisorium. Die Institution hat das unbeschadet überstanden. Und präsentiert sich weiterhin neu, aber gelassen. Inmitten des Museumsquartiers öffnet es künftig seine zahlreichen Pforten.
11. Oktober 2001 - Markus Mittringer
Wien - Das Museum moderner Kunst war so ein Provisorium. Da gab es dieses diffuse Wissen um eine so genannte Moderne, die sich draußen in der Welt abgespielt haben soll, während hierzulande einer anderen Wahrheit gefrönt wurde, und da gab es das dumpfe Gefühl, dass der Akt, dieser Moderne Asyl zu gewähren, wieder einmal einen Anschluss ermöglichen könnte. Das Traiskirchen der Moderne in Österreich lag bis vor kurzem nahe dem Südbahnhof. Vorsichtshalber hat man die Asylanten in einem Pavillion beherbergt. Vorteil: Der temporäre Charakter der Architektur symbolisierte vortrefflich die Distanz der Politik zum Geschehen im Haus. Und: Karl Schwanzers Bau hatte, nach der Weltausstellung in Brüssel, seine Schuldigkeit ohnehin schon getan. Eine Mezzie quasi, gerade recht, um sich einer lästigen Pflicht zu entledigen. Nachdem sich die Asylanten als erstens hartnäckig und zweitens als vermehrungsfreudig erwiesen, hat man sich dann dazu durchgerungen, mit einem Fürsten ein Untermietverhältnis einzugehen. (Die Hinwendung des Schokoladefabrikanten Ludwig zum modernen Gestalten und dessen Expansionsdrang erforderten die lokale Erweiterung)
Notwendigkeiten
Die Provisorien 20er-Haus und Palais Liechtenstein hielten sich, immerhin, bis mit heurigem Jahr ein Museumsquartier das Licht der Welt und damit den Rocksaum Maria Theresias erblickte. Dietmar Steiner hat das alles miterlebt, und das mag mit ein Grund dafür gewesen sein, sich 1992 von Ursula Pasterk, Hannes Swoboda und Rudolf Scholten mit der Gründung eines Architekturzentrums beauftragen zu lassen.
Im Jahr darauf nahm dieses dann seine provisorischen Betrieb auf. Dank großzügiger Stuhlspenden aus der Bevölkerung mussten die Teilnehmer am Wiener Architekturkongress dann im Messepalast doch nicht durchtanzen. Woraus sich in Folge ein Programm ergab, das in Zeiten der Ostöffnung auch gleich die Mauern zum Norden, Süden und Westen hin zu Fall brachte. Trotzdem überlebte das AZW und sollte das - auf „dem Privatgrund der Museumsquartier-Errichtungsgesellschaft“ (Steiner) - auch weiterhin tun.
Im unmittelbaren Vergleich zum Museum moderner Kunst war sein Dasein als Provisorium ein kurzes. Gleichwohl mutet es jetzt, wo es sich dauerhaft breit gemacht und herausgeputzt hat, weitaus eingesessener an. Alle anderen Haupt- und parasitären Nutzer der neu errichteten Zentralstelle für österreichische Kultur stehen noch ein wenig verloren im Quartier herum.
Und das kommt auch daher, dass der Dietmar Steiner um die Funktion eines Kaffeehauses Bescheid weiß. Und darum hat er, ohne weiter zu fragen, eines in Auftrag gegeben, dass auch Funktionen jenseits des einnahmenfreundlichen Drapierens von aufgeradeltem Mozzarella erfüllt. Anne Lacatan und Jean-Philippe Vassel haben den Schankraum gestaltet: „Wir hatten die Idee, etwas sehr Leichtes zu machen, etwas sehr Erfrischendes. Wir hatten auch die Idee des türkischen Cafés, wo man sehr bequem sitzt und sehr lang dort sitzen und reden kann.“ Und genau das haben die beiden gemacht. Und damit dem Quartier eine Mitte gegeben, einen Punkt der Gelassenheit inmitten der Aufregung ringsum.
Kaffee mit Satz
Und das Architekturzentrum? Hat damit ganz unspektakulär seine Kompetenz bewiesen. Und eine Ausstellung gibt es auch: „Sturm der Ruhe“ versammelt Gebautes und Geschriebenes zu genau dieser Haltung. Begleitet ist die stille Erlebnisschau von einer Broschüre jenseits der Standardästhetik gängiger Architekturvermarktung: schwarz-weiss und annähernd abbildlos.
Das Café ist mit orientalischen Fliesen ausgekleidet. Das Denkmalamt überlegt, es rückwirkend unter Schutz zu stellen. Una Abraham kocht. Die erste und einzige öffentlich zugängliche Architekturbibliothek Österreichs wird in ein paar Wochen eröffnet. Die AZW-Datenbank verzeichnet ungefähr so viele Zugriffe wie die Homepage von Hermann Maier. Dietmar Steiner hat aus der Türkenbelagerung die richtigen Schlüsse gezogen. Und so kam es zur Metropole im Espressoland.
Notwendigkeiten
Die Provisorien 20er-Haus und Palais Liechtenstein hielten sich, immerhin, bis mit heurigem Jahr ein Museumsquartier das Licht der Welt und damit den Rocksaum Maria Theresias erblickte. Dietmar Steiner hat das alles miterlebt, und das mag mit ein Grund dafür gewesen sein, sich 1992 von Ursula Pasterk, Hannes Swoboda und Rudolf Scholten mit der Gründung eines Architekturzentrums beauftragen zu lassen.
Im Jahr darauf nahm dieses dann seine provisorischen Betrieb auf. Dank großzügiger Stuhlspenden aus der Bevölkerung mussten die Teilnehmer am Wiener Architekturkongress dann im Messepalast doch nicht durchtanzen. Woraus sich in Folge ein Programm ergab, das in Zeiten der Ostöffnung auch gleich die Mauern zum Norden, Süden und Westen hin zu Fall brachte. Trotzdem überlebte das AZW und sollte das - auf „dem Privatgrund der Museumsquartier-Errichtungsgesellschaft“ (Steiner) - auch weiterhin tun.
Im unmittelbaren Vergleich zum Museum moderner Kunst war sein Dasein als Provisorium ein kurzes. Gleichwohl mutet es jetzt, wo es sich dauerhaft breit gemacht und herausgeputzt hat, weitaus eingesessener an. Alle anderen Haupt- und parasitären Nutzer der neu errichteten Zentralstelle für österreichische Kultur stehen noch ein wenig verloren im Quartier herum.
Und das kommt auch daher, dass der Dietmar Steiner um die Funktion eines Kaffeehauses Bescheid weiß. Und darum hat er, ohne weiter zu fragen, eines in Auftrag gegeben, dass auch Funktionen jenseits des einnahmenfreundlichen Drapierens von aufgeradeltem Mozzarella erfüllt. Anne Lacatan und Jean-Philippe Vassel haben den Schankraum gestaltet: „Wir hatten die Idee, etwas sehr Leichtes zu machen, etwas sehr Erfrischendes. Wir hatten auch die Idee des türkischen Cafés, wo man sehr bequem sitzt und sehr lang dort sitzen und reden kann.“ Und genau das haben die beiden gemacht. Und damit dem Quartier eine Mitte gegeben, einen Punkt der Gelassenheit inmitten der Aufregung ringsum.
Kaffee mit Satz
Und das Architekturzentrum? Hat damit ganz unspektakulär seine Kompetenz bewiesen. Und eine Ausstellung gibt es auch: „Sturm der Ruhe“ versammelt Gebautes und Geschriebenes zu genau dieser Haltung. Begleitet ist die stille Erlebnisschau von einer Broschüre jenseits der Standardästhetik gängiger Architekturvermarktung: schwarz-weiss und annähernd abbildlos.
Das Café ist mit orientalischen Fliesen ausgekleidet. Das Denkmalamt überlegt, es rückwirkend unter Schutz zu stellen. Una Abraham kocht. Die erste und einzige öffentlich zugängliche Architekturbibliothek Österreichs wird in ein paar Wochen eröffnet. Die AZW-Datenbank verzeichnet ungefähr so viele Zugriffe wie die Homepage von Hermann Maier. Dietmar Steiner hat aus der Türkenbelagerung die richtigen Schlüsse gezogen. Und so kam es zur Metropole im Espressoland.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom