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Bubble im Sonnengürtel
Der Standard

Gerfried Sperl sprach mit dem Architekten Peter Cook

24. August 2002 - Gerfried Sperl
Was passiert in Graz an einem nassen Tag im Mai? Gegenfrage von Peter Cook auf den vorsichtigen Anstoß, wie er denn das kreative Potential der steirischen Landeshauptstadt einschätzen würde. Der britische Architekt, in den 60er Jahren Mitglied der innovativen Gruppe Archigram und jetzt Professor an der Bartlett School for Architecture, der zusammen mit Colin Fournier den Kunsthaus-Wettbewerb gewonnen hat, illustriert sein regnerisches Bild mit zwei Fakten: Die Konzentration an Künstlern in Wien sei möglicherweise höher als in Paris oder London. Und: Trotz des international hoch bewerteten Festivals sei Edinburgh als Stadt ziemlich konservativ geblieben.

Unterschwellige Hoffnung: Dass das Kunsthaus etwas bewegen könne in einer Region, die über eine enorme Lebensqualität verfüge. Denn das Weinland südlich von Graz erinnere tatsächlich sehr an Landstriche in der nördlichen Toskana. Mit der Gefahr, dass man sich zurücklehne wie in einem Sonnengürtel und nicht einmal mehr ausländische Zeitungen lese.

Peter Cook, der gerne Wiener Schnitzel isst und einen steirischen Wein dazu trinkt, hat sich für Graz nicht einfach irgendein Bauwerk ausgedacht. Der jahrelange Leiter des Londoner Institute for Contemporary Art blickt auf eine reiche Ausstellungserfahrung zurück. Inmitten eines Kunstmarkts, der zu den anspruchsvollsten der Welt gehört. Er und sein Partner Fournier hatten von Anfang an den Zweck des Gebäudes im Sinn - nicht nur ein Haus für Kunstausstellungen zu bauen, sondern viel Attraktivität für das Publikum zu schaffen: „Es wird ein Gebäude, das zu den Leuten spricht.“ Sogar diskursiv.

In seinem Vortrag in Alpbach hat Cook vom Grazer „bubble“ gesprochen wie von einem blauen Fantasiewesen, das da über den Häusern sitzen wird. Als „Einspruch gegen mittelmäßige Architektur.“

In unserem Gespräch schwärmt er vom öffentlichen Raum, der darunter entsteht, von den Rolltreppen, die das Publikum wie in einem Einkaufszentrum von einer Sphäre in die andere führen. Und von der Möglichkeit für die Ausstellungsmacher, sich selbst wie Architekten zu gerieren. „Die Menschen werden dieses Haus sehr mögen.“ Ansätze sieht er bereits - für die Entstehung eines Kultur-Grätzels auf dem linken Murufer. Auch das Haus der Architektur soll dorthin übersiedeln.

Über allem werde „die Nadel“ schweben, Café und Aussichtsplattform zugleich, auf der die Besucher wie auf einer Schiffsreeling beobachten können, wie der Strom hinein- und hinausschwappt.

Angesichts der Widersprüchlichkeit einer Stadt, die sowohl von Universitäten als auch von der Autoproduktion geprägt sei, wundert sich Cook über die große Zahl an Architekten, die sie hervorbringt. Gemessen an der Bevölkerungszahl gebe es in Österreich überhaupt erstaunlich viele gute Architekten. „Liegt es am Verfolgungswahn der Österreicher? Liegt es am Bildungssystem?“ Das Cook für ziemlich autoritär hält, während ihm das britische zu „nunny“-haft vorkommt. Er weiss es nicht genau. Er registriert dieses Übermaß an österreichischer Kreativität. Und man spürt seine Bewunderung.

Bei der Architektur-Biennale in Venedig Anfang September wird es eine große Präsentation des Grazer Projektes geben.

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