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Architektierkundeunterricht
Unter dem Titel „trespassing“ versucht man in der Secession, Architekten aufgrund ihrer Eigenschaften zu klassifizieren. Unterdessen in Kabinett und Keller: Dialoge mit Singvögeln.
19. September 2002 - Markus Mittringer
Wien - Henrik Hakansson beobachtet Vögel und andere Tiere. Sandrine von Klot und Angelika Fitz beobachten Architekten. Im Gegensatz zu Hakansson ist von Klot, was sie beobachtet: Architektin, Mitglied der zumindest sprachdestruktivistischen Gruppe ESCAPE*spHERE. Angelika Fitz ist freie Kulturwissenschafterin „in wechselnden interdisziplinären Konstellationen an den Schnittstellen der Bereiche Kunst, Architektur und Cultural Studies, mit den Schwerpunkten ,öffentliche Handlungsfelder' und ,kulturelle Differenz'“. Jedenfalls hat sie die eigene Praxis übergreifend mit der von Klots zum Projekt Trespassing verschränkt und temporär in den semiöffentlichen Raum der Künstlervereinigung Secession eingeschrieben.
Hakansson verwendet zwecks kritischer Analyse der Schnittmenge von Konrad Lorenz, den Besetzungspraktiken der internationalen Filmindustrie und dem überaus bedrohten Vogel Balistar (unter Ornithologen auch Bali Mynah oder Leucopsar rothschildi genannt) „unterschiedliche Registrierungsapparaturen und Visualisierungsmedien, etwa Überwachungskameras, Hochgeschwindigkeitsfilme und Computerprogramme, zur akustischen und motorischen Analyse, wie sie in wissenschaftlichen Experimenten und Forschungsprojekten eingesetzt werden“.
Woran man schon sehen kann, dass ein Vogerl zu filmen wahrlich ein Mammutprojekt ist. Zumal der Film als solcher seit Andy Warhols Valium-Ersatzprogramm Empire State Building und Sleep ja auch nur mehr durch mehrere bidirektional interagierende Kontexte gebrochen, sinnstiftend anzuschauen, geschweige denn herzustellen ist. Also hat Henrik Hakansson im Zoo von Schönbrunn 18 Stunden lang ein Balistarpärchen gefilmt, womit er jenes grob undemokratische videografische Porträtverfahren kritisch zitiert - Casting! -, mit dem sich bekannterweise dicke Studiobosse Vorteile in Bett und Bank verschaffen.
Es ist erschütternd, angesichts des originalgetreuen Nachbaus der Schönbrunner Voliere im grafischen Kabinett der Secession mit der schmutzigen Wahrheit allein gelassen zu werden, dass Schauspieler am Set gehalten werden wie die Vogerln im Käfig. Ebenso hintergründig angelegt ist Hakanssons auf 16 mm gedrehter Hochgeschwindigkeits-Loop einer Feldlerche im „optimalen“ Flug zwischen „Nirgendwo“ und „Irgendwo“. Den Soundtrack dazu (mit den Schlagern The Blackbird-Song for a new breed und Nightingale-Love two times ) gibt es limitiert auf feinstem Vinyl.
Architekten sind weniger bedrohte Arten. Was - wie trespassing zeigt - an ihrer Anpassungsfähigkeit an wechselnde Lebensbedingungen, ihrer Paarungsfreudigkeit mit anderen Arten und ihrer Absage an das Genie zugunsten der Gruppe liegen mag. Jedenfalls bauen sie am Ende immer noch Häuser. Wie sie dazu kommen, woran sie dabei denken, welche drolligen Schritte sie unternehmen, bis ihr Handeln dann räumliche Konturen annimmt, ist in vielen Stationen eines Erlebnisparcours so fesch wie anschaulich dargelegt.
Das „Universum“ Architektur zeigt in Hör- und Sehstationen, Videos mit Spielhandlung, anhand vieler Pläne, Skizzen und Geistesblitznotate, welch breit gestreutes Forschen und Tun heutzutage auf einen Bau hinausläuft. Konventionelle Architekturmodelle fehlen auch nicht. Als Orientierungshilfe dient eine Kartensammlung in der Art von Farbton-Tabellen. Jedes Architektenteam kann damit aufgrund seiner Methode, Techniken und Effekte bestimmt werden. Bei Pau- hof sieht das dann so aus: „Methode: Implizite Volumen; Techniken: Überlagerungen; Effekt: Polare Oppositionen.“ Schade, dass es für Hakansson keine Karte gibt. Bis 3. 11.
Hakansson verwendet zwecks kritischer Analyse der Schnittmenge von Konrad Lorenz, den Besetzungspraktiken der internationalen Filmindustrie und dem überaus bedrohten Vogel Balistar (unter Ornithologen auch Bali Mynah oder Leucopsar rothschildi genannt) „unterschiedliche Registrierungsapparaturen und Visualisierungsmedien, etwa Überwachungskameras, Hochgeschwindigkeitsfilme und Computerprogramme, zur akustischen und motorischen Analyse, wie sie in wissenschaftlichen Experimenten und Forschungsprojekten eingesetzt werden“.
Woran man schon sehen kann, dass ein Vogerl zu filmen wahrlich ein Mammutprojekt ist. Zumal der Film als solcher seit Andy Warhols Valium-Ersatzprogramm Empire State Building und Sleep ja auch nur mehr durch mehrere bidirektional interagierende Kontexte gebrochen, sinnstiftend anzuschauen, geschweige denn herzustellen ist. Also hat Henrik Hakansson im Zoo von Schönbrunn 18 Stunden lang ein Balistarpärchen gefilmt, womit er jenes grob undemokratische videografische Porträtverfahren kritisch zitiert - Casting! -, mit dem sich bekannterweise dicke Studiobosse Vorteile in Bett und Bank verschaffen.
Es ist erschütternd, angesichts des originalgetreuen Nachbaus der Schönbrunner Voliere im grafischen Kabinett der Secession mit der schmutzigen Wahrheit allein gelassen zu werden, dass Schauspieler am Set gehalten werden wie die Vogerln im Käfig. Ebenso hintergründig angelegt ist Hakanssons auf 16 mm gedrehter Hochgeschwindigkeits-Loop einer Feldlerche im „optimalen“ Flug zwischen „Nirgendwo“ und „Irgendwo“. Den Soundtrack dazu (mit den Schlagern The Blackbird-Song for a new breed und Nightingale-Love two times ) gibt es limitiert auf feinstem Vinyl.
Architekten sind weniger bedrohte Arten. Was - wie trespassing zeigt - an ihrer Anpassungsfähigkeit an wechselnde Lebensbedingungen, ihrer Paarungsfreudigkeit mit anderen Arten und ihrer Absage an das Genie zugunsten der Gruppe liegen mag. Jedenfalls bauen sie am Ende immer noch Häuser. Wie sie dazu kommen, woran sie dabei denken, welche drolligen Schritte sie unternehmen, bis ihr Handeln dann räumliche Konturen annimmt, ist in vielen Stationen eines Erlebnisparcours so fesch wie anschaulich dargelegt.
Das „Universum“ Architektur zeigt in Hör- und Sehstationen, Videos mit Spielhandlung, anhand vieler Pläne, Skizzen und Geistesblitznotate, welch breit gestreutes Forschen und Tun heutzutage auf einen Bau hinausläuft. Konventionelle Architekturmodelle fehlen auch nicht. Als Orientierungshilfe dient eine Kartensammlung in der Art von Farbton-Tabellen. Jedes Architektenteam kann damit aufgrund seiner Methode, Techniken und Effekte bestimmt werden. Bei Pau- hof sieht das dann so aus: „Methode: Implizite Volumen; Techniken: Überlagerungen; Effekt: Polare Oppositionen.“ Schade, dass es für Hakansson keine Karte gibt. Bis 3. 11.
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