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„The era of the skyscraper is not over“
Neue Projekte für Ground Zero in New York
Ein erster Versuch, brauchbare Projekte für Ground Zero zu gewinnen, endete im Fiasko. Nun haben auf Einladung sieben renommierte Büros ihre Entwürfe verfasst, die heute, am 18. Dezember, in New York vorgestellt werden. Sie dienen in erster Linie der Anfertigung eines Masterplans, den die Bauherrschaft am 31. Januar vorlegen will. Ob eines der Projekte wirklich zum Zuge kommt, bleibt derweil völlig offen.
18. Dezember 2002 - Werner Oechslin
Drei Tage nach der Zerstörung des World Trade Center rief Rudolph Giuliani bereits zum Wiederaufbau der Hochhäuser auf. Inzwischen ist Ground Zero zum obligaten Ziel des New-York- Tourismus geworden. Man erkennt dort in der Tiefe, dass schon längst wieder mit Hochdruck gearbeitet wird, dass die Verkehrsstränge nach New Jersey ausgebaut und alle notwendigen Infrastrukturen für ein Welthandelszentrum in verbesserter Version ausgelegt werden. Insofern ist Pragmatismus in Aktion umgeschlagen. Man versteht die Ängste der Verantwortlichen der Lower Manhattan Development Corporation (LMDC), die nun nach langer, aufwendiger Anhörung der «Volksmeinung» das Heft wieder fester in die Hand nehmen möchten. Deshalb halten sie jetzt, da sieben Architektenteams ihre Projekte abgegeben haben, eifersüchtig Informationen zurück, auf dass eine zu breite Diskussion gar nicht erst entstünde. Denn nachdem die LMDC mit der Port Authority handelseinig geworden ist, geht es um Entscheidungen und Termine. Am 31. Januar soll der Masterplan stehen: ganz unabhängig davon, wie die «spatial concepts» der sieben Teams - mehr hält man von Architekturprojekten nicht - nun ausfallen.
Nun sind deren Pläne, Modelle und Videos vergangene Woche abgeliefert worden. Sie sollen heute, am 18. Dezember, der Öffentlichkeit vorgestellt werden. «Spione» haben schon mal von einem Zickzack-Wolkenkratzer Daniel Libeskinds berichtet. Norman Foster liess auf Anfrage mitteilen, «New York verdiene etwas Grosses». Der besondere Ort rufe nach einer «Ikone». Das überrascht alles nicht. Im Vorfeld hielt jetzt die «Daily News», die sich «New York's Hometown Newspaper» nennt, den New Yorkern die Petronas Towers in Kuala Lumpur unter die Nase und forderte unmissverständlich dazu auf, den alten Wettbewerb um den höchsten Turm nicht nur wieder aufzunehmen, sondern ihn auch zu gewinnen. Da darf man sich also fragen, ob Foster vor dem Tokioter «Millennium Tower» noch einen Zwischenrekord in Lower Manhattan einzuschieben gedenkt. Auf alle Fälle passen die «plans for world's tallest» bestens zur Führungsrolle, die in jedem Interview aus Washington unvermindert anklingt. Wer so selbstverständlich von der eigenen Überlegenheit ausgeht, wird sich wohl kaum auf architektonische Nachdenklichkeit oder gar auf Bescheidenheitsformeln wie der von der «Demokratie als Bauherr» einlassen wollen. Immerhin, auf ein «Memorial» will man vorerst nicht verzichten, weil dies Millionen von Besuchern anzieht. Aber auch hier hat man die Realität im Blick: Man könne entsprechende Einrichtungen später mühelos in Büroräume konvertieren.
Wer und was hat Chancen? Libeskind, der sich «emotional, intellektuell und kulturell» engagiert gibt? Die «United Architects» - unter ihnen Greg Lynn -, die atypisch mit dem vordringlichen Kriterium «öffentliche Sicherheit» an die Arbeit gegangen sind? Norman Foster, der sich längst - wenigstens mit Projekten - in sämtliche Rekordlisten der Architektur (der grösste Flughafen, der höchste Turm) eingetragen hat und so der Provokation von Kuala Lumpur am ehesten begegnen könnte? Die mit der New Yorker Bauindustrie am besten verbundenen SOM-Architekten; oder gar die Verfasser des Lower Manhattan Urban Design Plan, das Büro Peterson/Littenberg?
Bleibt da noch das allein schon durch seine Zusammensetzung überraschendste Team: Richard Meier, Peter Eisenman, Charles Gwathmey und Steven Holl. Da haben sich drei der legendären «New York Five» zum ersten Mal wieder zusammengefunden und mit einem jüngeren Partner vereint. Sie schwören darauf, dass sie ihre - zweifellos ausgeprägten - «egos» nunmehr zugunsten des gemeinsamen Anliegens in eine «black box» verbannt hätten. Aus diesem Zusammengehen ist ein Projekt entstanden, das Mahnmal, Turmbau und urbanes Zentrum (in Form von Plazas) zusammenführen will. Diese Architekten kennen noch den Markusplatz in Venedig als Ikone für öffentlichen Raum. Sie wollen die Schatten der eingestürzten Türme als sichtbare Spuren «bauen». Und sie wollen in erster Linie jene Stätte als Raum umgrenzen, statt ihn bloss zu bebauen.
Man wird sehen, welches der Projekte am besten zum Kalkül der «developers» passt, welche «icon» zum neuen «Symbol» erhoben wird. Ob hier - europäisch - der alte neue Traum des Babylonischen «als eine Art Rache am Allzumenschlichen» (J. Ponten in «Architektur, die nicht gebaut wurde») mühsam angepeilt wird oder ob im direkten Gang der amerikanische Traum wieder einmal in Erfüllung geht, wird sich weisen. Mit Le Corbusier kann man - europäisch - sagen: «Craignez les architects américains!», oder eben in seinem Sinne einfach anfügen: «On met du verre autour.» Nichts von alldem, so viel ist sicher, plagt die New Yorker Verantwortlichen. Schliesslich hat man ja schon Fritz Koenigs beschädigte Skulptur «The Sphere» vom Ort der Zerstörung in den Battery Park versetzt und dort am vergangenen 11. März eingeweiht. Jener Park trägt auch den Namen «hope garden», was als «icon of hope and the indestructible spirit of this country» an Ort und Stelle präzisiert und erläutert wird. Jene Weltkugel sei ein Symbol für «world peace through trade». So hat es schliesslich auch Präsident Bush am 22. März in Monterrey in Mexiko der Welt zugerufen: «a new era of global economic growth through free markets and free trade», und dabei handelt es sich - amerikanisch - über jeden Zweifel erhaben und in jenem Papier betont um «moral principles». - Amerika braucht keine Intellektuellen, um seine - ideologischen - Inhalte auszudeuten. Amerikas Ideale und moralischen Überzeugungen zeichnen sich in den Ikonen architektonischer Höchstleistungen dafür umso direkter und unmissverständlicher ab.
Was «innovativere Wolkenkratzer» seien, worüber vor Jahresfrist noch heftig diskutiert wurde, erscheint in Zeiten solcher Eindeutigkeiten obsolet. Damals sprachen auch die Architekten von SOM von halbhohen Wolkenkratzern auf Ground Zero. Man wird bald sehen, ob sich Amerika mit solchen Halbheiten zufriedengeben wird. Zurzeit stehen die Zeichen eher auf den «plans for world's tallest». Alles andere käme jetzt einer Überraschung gleich, so anders dies in der jetzt gerade vorübergehenden Architektenphase auch ausschauen mag. Das letzte Wort aber haben die Verantwortlichen vom LMDC Board und von der Port Authority. Und die haben jetzt schon deutlich gemacht, dass der entscheidende Moment nicht heute, sondern am 31. Januar sein wird. Keine Zeit also für unnötige Diskussionen!
Nun sind deren Pläne, Modelle und Videos vergangene Woche abgeliefert worden. Sie sollen heute, am 18. Dezember, der Öffentlichkeit vorgestellt werden. «Spione» haben schon mal von einem Zickzack-Wolkenkratzer Daniel Libeskinds berichtet. Norman Foster liess auf Anfrage mitteilen, «New York verdiene etwas Grosses». Der besondere Ort rufe nach einer «Ikone». Das überrascht alles nicht. Im Vorfeld hielt jetzt die «Daily News», die sich «New York's Hometown Newspaper» nennt, den New Yorkern die Petronas Towers in Kuala Lumpur unter die Nase und forderte unmissverständlich dazu auf, den alten Wettbewerb um den höchsten Turm nicht nur wieder aufzunehmen, sondern ihn auch zu gewinnen. Da darf man sich also fragen, ob Foster vor dem Tokioter «Millennium Tower» noch einen Zwischenrekord in Lower Manhattan einzuschieben gedenkt. Auf alle Fälle passen die «plans for world's tallest» bestens zur Führungsrolle, die in jedem Interview aus Washington unvermindert anklingt. Wer so selbstverständlich von der eigenen Überlegenheit ausgeht, wird sich wohl kaum auf architektonische Nachdenklichkeit oder gar auf Bescheidenheitsformeln wie der von der «Demokratie als Bauherr» einlassen wollen. Immerhin, auf ein «Memorial» will man vorerst nicht verzichten, weil dies Millionen von Besuchern anzieht. Aber auch hier hat man die Realität im Blick: Man könne entsprechende Einrichtungen später mühelos in Büroräume konvertieren.
Wer und was hat Chancen? Libeskind, der sich «emotional, intellektuell und kulturell» engagiert gibt? Die «United Architects» - unter ihnen Greg Lynn -, die atypisch mit dem vordringlichen Kriterium «öffentliche Sicherheit» an die Arbeit gegangen sind? Norman Foster, der sich längst - wenigstens mit Projekten - in sämtliche Rekordlisten der Architektur (der grösste Flughafen, der höchste Turm) eingetragen hat und so der Provokation von Kuala Lumpur am ehesten begegnen könnte? Die mit der New Yorker Bauindustrie am besten verbundenen SOM-Architekten; oder gar die Verfasser des Lower Manhattan Urban Design Plan, das Büro Peterson/Littenberg?
Bleibt da noch das allein schon durch seine Zusammensetzung überraschendste Team: Richard Meier, Peter Eisenman, Charles Gwathmey und Steven Holl. Da haben sich drei der legendären «New York Five» zum ersten Mal wieder zusammengefunden und mit einem jüngeren Partner vereint. Sie schwören darauf, dass sie ihre - zweifellos ausgeprägten - «egos» nunmehr zugunsten des gemeinsamen Anliegens in eine «black box» verbannt hätten. Aus diesem Zusammengehen ist ein Projekt entstanden, das Mahnmal, Turmbau und urbanes Zentrum (in Form von Plazas) zusammenführen will. Diese Architekten kennen noch den Markusplatz in Venedig als Ikone für öffentlichen Raum. Sie wollen die Schatten der eingestürzten Türme als sichtbare Spuren «bauen». Und sie wollen in erster Linie jene Stätte als Raum umgrenzen, statt ihn bloss zu bebauen.
Man wird sehen, welches der Projekte am besten zum Kalkül der «developers» passt, welche «icon» zum neuen «Symbol» erhoben wird. Ob hier - europäisch - der alte neue Traum des Babylonischen «als eine Art Rache am Allzumenschlichen» (J. Ponten in «Architektur, die nicht gebaut wurde») mühsam angepeilt wird oder ob im direkten Gang der amerikanische Traum wieder einmal in Erfüllung geht, wird sich weisen. Mit Le Corbusier kann man - europäisch - sagen: «Craignez les architects américains!», oder eben in seinem Sinne einfach anfügen: «On met du verre autour.» Nichts von alldem, so viel ist sicher, plagt die New Yorker Verantwortlichen. Schliesslich hat man ja schon Fritz Koenigs beschädigte Skulptur «The Sphere» vom Ort der Zerstörung in den Battery Park versetzt und dort am vergangenen 11. März eingeweiht. Jener Park trägt auch den Namen «hope garden», was als «icon of hope and the indestructible spirit of this country» an Ort und Stelle präzisiert und erläutert wird. Jene Weltkugel sei ein Symbol für «world peace through trade». So hat es schliesslich auch Präsident Bush am 22. März in Monterrey in Mexiko der Welt zugerufen: «a new era of global economic growth through free markets and free trade», und dabei handelt es sich - amerikanisch - über jeden Zweifel erhaben und in jenem Papier betont um «moral principles». - Amerika braucht keine Intellektuellen, um seine - ideologischen - Inhalte auszudeuten. Amerikas Ideale und moralischen Überzeugungen zeichnen sich in den Ikonen architektonischer Höchstleistungen dafür umso direkter und unmissverständlicher ab.
Was «innovativere Wolkenkratzer» seien, worüber vor Jahresfrist noch heftig diskutiert wurde, erscheint in Zeiten solcher Eindeutigkeiten obsolet. Damals sprachen auch die Architekten von SOM von halbhohen Wolkenkratzern auf Ground Zero. Man wird bald sehen, ob sich Amerika mit solchen Halbheiten zufriedengeben wird. Zurzeit stehen die Zeichen eher auf den «plans for world's tallest». Alles andere käme jetzt einer Überraschung gleich, so anders dies in der jetzt gerade vorübergehenden Architektenphase auch ausschauen mag. Das letzte Wort aber haben die Verantwortlichen vom LMDC Board und von der Port Authority. Und die haben jetzt schon deutlich gemacht, dass der entscheidende Moment nicht heute, sondern am 31. Januar sein wird. Keine Zeit also für unnötige Diskussionen!
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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