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Der Innenarchitekt des Bösen
Der Produktions-designer Ken Adam gab Blofeld ein Zuhause, James Bond sein Auto und dem Kalten Krieg eine Kommando-zentrale: Eine Ausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau und eine neue Biografie würdigen den Weltenschöpfer.
2. Januar 2003 - Dominik Kamalzadeh
Berlin - James Bond wäre ohne sein Zutun wahrscheinlich keine vierzig geworden. Denn der Erfolg des britischen Geheimagenten verdankt sich nicht zuletzt einer wiedererkennbaren Welt, in der ein Guter einen Aston Martin (mit etlichen verborgenen Gadgets und Gimmicks) fährt und die Bösen einen konkreten Ort haben: überdimensionierte, den Größenwahn ihrer Bewohner reflektierende architektonische Ungetüme.
Diese können spinnengleich unter Wasser lauern (Der Spion, der mich liebte), im Inneren eines Vulkans versteckt sein (Moonraker) oder auch einem bisher unentdeckten Bauhaus-Gebäude gleichen (James Bond - 007 jagt Dr. No). Der Mann, der Haus und Spielzeug entworfen hat, heißt Ken Adam, und er ist wohl einer der berühmtesten, da unverwechselbarsten Produktionsdesigner der Filmgeschichte - einer Berufsgattung, die üblicherweise im kollektiven Herstellungsprozess eines Films eher wenig wahrgenommen wird.
Geboren wurde er 1921 als Klaus Hugo Adam, Sohn eines jüdischen Großbürgerlichen, in Berlin. Ebendort, im Martin-Gropius-Bau, ist noch bis zum 24. Februar die Ausstellung „Ken Adam: James Bond - Berlin - Hollywood. Visionäre Filmarchitektur“ zu sehen, die in drei Räumen um die 300 von Adams - stets mit seinem bevorzugten Filzstift, dem Flo-Master - entworfene Skizzen zeigt. Zudem ist im Nicolai Verlag eine reichhaltig bebilderte und gut recherchierte Ken-Adam-Biografie des Spiegel-Redakteurs Alexander Smoltcyzk erschienen:
Durchaus sinnvoll legt dieser Adams Lebenslauf und Filmkarriere wie Folien übereinander - die Flucht aus Deutschland im Jahr 1934, Adams Einsätze als britischer Jagdflieger (der einzige Deutsche unter ihnen) und schließlich seine ersten Kontakte zur Filmbranche und späteren Zusammentreffen mit meist in Handtüchern gewickelten Starregisseuren erscheinen aus heutiger Sicht selbst filmreif.
Es lässt sich aber auch mit Recht darüber spekulieren, wie sehr Adams Ästhetik noch von seiner Jugend in beziehungsweise Flucht aus Deutschland inspiriert war: Nicht nur scheinen seine Räume der Angst vom Expressionismus beeinflusst und die Bösewichte an Dr.-Mabuse-Figuren geschult; womöglich drückt Adams Raumempfinden insgesamt, in seiner Skepsis gegenüber Zentralperspektiven, mit seinen vielen Schrägen und spitzen Winkeln, auch die Erfahrung der Emigration, den Verlust der Heimat aus.
Umgekehrt gibt es kaum einen Produktionsdesigner, der den Nerv seiner Zeit so präzise traf. Das Maß der Abstraktion und der ironische Witz seiner Entwürfe, die immer wieder den Kontrast aus Dreiecken und elliptischen Formen suchen, lässt sie noch heute modern wirken. Gerade die (sieben) James-Bond-Arbeiten ließen ihm große Freiheiten: Von keinem Budget und keinem sich als Autor verstehenden Regisseur eingeschränkt, konnte er darin seiner Fantasie freien Lauf lassen.
Wo ist der Warroom?
Als überzeugter Studiohandwerker baute er eine Welt nach, übertrieb sie noch bis ins Surreale - und bediente doch die Vorstellung der Zuseher: Noch Ronald Reagan soll nach dem - in der Ausstellung nachtapezierten - Warroom aus Stanley Kubricks Dr. Strangelove gefragt haben, als er ins Weiße Haus einzog. Die zweimalige Zusammenarbeit mit Kubrick bedeutete besondere Herausforderungen für Adam, nicht nur aufgrund von dessen Launen: Hier traf ein Naturalist - Kubrick drehte Barry Lyndon bekanntlich bei Kerzenlicht - auf einen Fantasten - der Konflikt war unausweichlich:
„Ständig fragte er mich: ,Was treibt dich an, Ken, wie funktionierst du?' Welches Talent und welche Idee man auch haben mochte, er saugte sie aus einem raus, bis man völlig leer war.“ Ironischerweise erhielt Adam dann gerade für Barry Lyndon seinen ersten Oscar, für einen Film, der vollständig an Realschauplätzen gedreht wurde.
Nach rund 80 Sets ist die Arbeitslust Adams (mittlerweile ist er 81 Jahre alt) noch ungebrochen: Zu seinen jüngeren Arbeiten gehören - eigentlich nahel iegend - Die Addams Family, sein neuester Film, Der Fall Furtwängler/Taking Sides, inszeniert von István Szabó, für dessen Ausstattung er sich auch von Erinnerungen an das Berlin seiner Kindheit leiten ließ, läuft derzeit im Artis-Kino als Vorpremiere und wird im Februar in österreichischen Kinos regulär starten.
Diese können spinnengleich unter Wasser lauern (Der Spion, der mich liebte), im Inneren eines Vulkans versteckt sein (Moonraker) oder auch einem bisher unentdeckten Bauhaus-Gebäude gleichen (James Bond - 007 jagt Dr. No). Der Mann, der Haus und Spielzeug entworfen hat, heißt Ken Adam, und er ist wohl einer der berühmtesten, da unverwechselbarsten Produktionsdesigner der Filmgeschichte - einer Berufsgattung, die üblicherweise im kollektiven Herstellungsprozess eines Films eher wenig wahrgenommen wird.
Geboren wurde er 1921 als Klaus Hugo Adam, Sohn eines jüdischen Großbürgerlichen, in Berlin. Ebendort, im Martin-Gropius-Bau, ist noch bis zum 24. Februar die Ausstellung „Ken Adam: James Bond - Berlin - Hollywood. Visionäre Filmarchitektur“ zu sehen, die in drei Räumen um die 300 von Adams - stets mit seinem bevorzugten Filzstift, dem Flo-Master - entworfene Skizzen zeigt. Zudem ist im Nicolai Verlag eine reichhaltig bebilderte und gut recherchierte Ken-Adam-Biografie des Spiegel-Redakteurs Alexander Smoltcyzk erschienen:
Durchaus sinnvoll legt dieser Adams Lebenslauf und Filmkarriere wie Folien übereinander - die Flucht aus Deutschland im Jahr 1934, Adams Einsätze als britischer Jagdflieger (der einzige Deutsche unter ihnen) und schließlich seine ersten Kontakte zur Filmbranche und späteren Zusammentreffen mit meist in Handtüchern gewickelten Starregisseuren erscheinen aus heutiger Sicht selbst filmreif.
Es lässt sich aber auch mit Recht darüber spekulieren, wie sehr Adams Ästhetik noch von seiner Jugend in beziehungsweise Flucht aus Deutschland inspiriert war: Nicht nur scheinen seine Räume der Angst vom Expressionismus beeinflusst und die Bösewichte an Dr.-Mabuse-Figuren geschult; womöglich drückt Adams Raumempfinden insgesamt, in seiner Skepsis gegenüber Zentralperspektiven, mit seinen vielen Schrägen und spitzen Winkeln, auch die Erfahrung der Emigration, den Verlust der Heimat aus.
Umgekehrt gibt es kaum einen Produktionsdesigner, der den Nerv seiner Zeit so präzise traf. Das Maß der Abstraktion und der ironische Witz seiner Entwürfe, die immer wieder den Kontrast aus Dreiecken und elliptischen Formen suchen, lässt sie noch heute modern wirken. Gerade die (sieben) James-Bond-Arbeiten ließen ihm große Freiheiten: Von keinem Budget und keinem sich als Autor verstehenden Regisseur eingeschränkt, konnte er darin seiner Fantasie freien Lauf lassen.
Wo ist der Warroom?
Als überzeugter Studiohandwerker baute er eine Welt nach, übertrieb sie noch bis ins Surreale - und bediente doch die Vorstellung der Zuseher: Noch Ronald Reagan soll nach dem - in der Ausstellung nachtapezierten - Warroom aus Stanley Kubricks Dr. Strangelove gefragt haben, als er ins Weiße Haus einzog. Die zweimalige Zusammenarbeit mit Kubrick bedeutete besondere Herausforderungen für Adam, nicht nur aufgrund von dessen Launen: Hier traf ein Naturalist - Kubrick drehte Barry Lyndon bekanntlich bei Kerzenlicht - auf einen Fantasten - der Konflikt war unausweichlich:
„Ständig fragte er mich: ,Was treibt dich an, Ken, wie funktionierst du?' Welches Talent und welche Idee man auch haben mochte, er saugte sie aus einem raus, bis man völlig leer war.“ Ironischerweise erhielt Adam dann gerade für Barry Lyndon seinen ersten Oscar, für einen Film, der vollständig an Realschauplätzen gedreht wurde.
Nach rund 80 Sets ist die Arbeitslust Adams (mittlerweile ist er 81 Jahre alt) noch ungebrochen: Zu seinen jüngeren Arbeiten gehören - eigentlich nahel iegend - Die Addams Family, sein neuester Film, Der Fall Furtwängler/Taking Sides, inszeniert von István Szabó, für dessen Ausstattung er sich auch von Erinnerungen an das Berlin seiner Kindheit leiten ließ, läuft derzeit im Artis-Kino als Vorpremiere und wird im Februar in österreichischen Kinos regulär starten.
Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard
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