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Roter Faden durch das Dickicht des Designs
Neue Zürcher Zeitung

Das Informationsforum Stylepark im Internet

5. Oktober 2001 - Andrea Eschbach
Welche Bestuhlung passt in das Kongresszentrum? Welche Leuchte eignet sich für ein Dampfbad? Und welcher Teppichboden harmoniert mit der Gestaltung des Tagungszimmers? Fragen, mit denen sich Architekten und Innenarchitekten tagtäglich auseinandersetzen. Mussten bisher Herstellerkataloge aufwendig zu Rate gezogen werden, will nun eine Website Abhilfe schaffen: Unter dem Namen Stylepark geht ein Informationsforum für Architekten, Bauherren und Designliebhaber an den Start. Das Internetprojekt will beim Ausfindigmachen und Lokalisieren der Bezugsquellen von Designprodukten helfen. Bereits vier Monate nach dem Start wurde die Website ausgezeichnet: Das Designzentrum Nordrhein-Westfalen vergab im Juli den Red Dot Award für hohe Designqualität in der Kategorie «Communication Design» an den von der Berliner Corporate-Design-Agentur Meta-Design gestalteten Internetauftritt.

Ein Achtungserfolg für ein ebenso junges wie ambitioniertes Projekt, das aus der Not geboren wurde. Die ETH-Absolventen Nils Becker und Robert Vollhard vermissten bereits während ihres Studiums im Internet ein Angebot, das ihnen half, sich bei der Innenraumplanung in der Überfülle von Möbeln und Accessoires zu orientieren. Kurz: Ein Qualitätsfilter, ein roter Faden durch das Dickicht des Marktes war gesucht. Diese Nische wollen die beiden in Frankfurt ansässigen Architekten nun besetzen. Das mittlerweile auf 25 Mitarbeiter angewachsene Team hat sich - unterstützt von einem Beirat, dem neben dem ETH-Professor Vittorio M. Lampugnani und dem Architekten Christoph Mäckler auch der Produktdesigner Hannes Wettstein angehören - zum Ziel gesetzt, Architekten ihre Arbeit zu erleichtern und gleichzeitig interessierte Laien zu informieren. Eine Auswahl von Gebrauchsgegenständen soll gezeigt werden: Entwürfe namhafter Designer, von Ron Arad bis Marco Zünd.

Kernstück der Website ist eine umfangreiche Produktdatenbank. 1600 Erzeugnisse sind bereits registriert, rund 90 Hersteller konnten bisher für eine Zusammenarbeit gewonnen werden. Versammelt sind renommierte internationale Unternehmen wie die Möbelfirmen Driade, Edra und Wogg sowie die Leuchtenhersteller Zumtobel Staff und Belux, aber auch kleine Labels wie Inflate aus London. Ein verlässliches Recherchewerkzeug für jedes spezielle Segment wollen die Frankfurter Jungunternehmer schaffen. Die Plattform wurde zwar zum professionellen Einsatz konzipiert, aber sie richtet sich an jeden, der sich für Design interessiert. «Unser Ziel ist es, nur solche Gegenstände aufzunehmen, die gestalterisch anspruchsvoll und funktional sind», erläutert Mitbegründer Christian Gärtner. Die fein verästelte Datenbank liefert detaillierte Produktbeschreibungen, gibt über Preisangaben des Herstellers ebenso Auskunft wie über den Designer des Produktes und führt auf Wunsch direkt zur Website des Herstellers. Gesucht werden kann branchen-, hersteller- und produktgruppenübergreifend, der Nutzer findet das aufblasbare Möbel ebenso wie die mit einem Designpreis ausgezeichnete Sanitärarmatur, jedoch weder Computertisch noch PC-Regal. «Wir wollten nicht das Gesamtangebot abbilden, sondern eine differenzierende Suchmaschine anbieten, die den Nutzer zum hochwertigen Wunschprodukt führt», erklärt Gärtner die Lücken im System.

Nur die Besten will man aufnehmen - zum Vorteil der Nutzer. «Der Umgang mit Herstellerkatalogen bereitet nur in sehr wenigen Ausnahmen Vergnügen und bindet für eine gründliche Produktrecherche zu viel Arbeitszeit», fasst Lampugnani zusammen. Stattdessen sollen sich Architekten und Fachplaner sowie an Design interessierte Laien künftig von Stylepark.com inspirieren lassen, aber auch Produkte in «künstlerischen Inszenierungen» anschauen - verzauberte Regale, tanzende Bürostühle und Couchtische in galaktischen Weiten. Dafür und auch für den Datenbankeintrag zahlen die Hersteller und finanzieren so die Plattform. Den Lifestyle näher bringen soll neben diesen digitalen Produktwelten auch ein Online-Magazin, das regelmässig über Design- und Architekturtrends berichten will. Im Mittelpunkt des redaktionellen Angebots steht - gemäss dem Konzept der Site - der Innenraum. So eröffnet die erste Ausgabe des Magazins einen Blick auf die Innenausstattung eines Museumscafés, ein Porträt widmet sich dem dänischen Designer Poul Kjærholm, und eine Case Study analysiert, wie Peter Zumthor die Räume des zur Therme Vals gehörigen Hotelkomplexes in puristische Zimmer verwandelte. Das Magazin ist dabei eng mit der Datenbank verknüpft: Ein Link führt direkt vom Artikel zu Informationen über die Produkte samt Varianten und Produktfamilie. Für James Bradburne, Mitglied des Beirats und Direktor des Museums für angewandte Kunst in Frankfurt, liegt genau in dieser Kombination von Kaufratgeber und Magazin eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zu anderen Webangeboten.

Das Projekt zeigt, wie eine Internetsuchmaschine für Architekten beschaffen sein könnte, auch wenn so manche Suche ins Leere läuft. Noch ist die Site im Aufbau. Neben einer Kooperation mit den Frankfurter Fachmessen «Light + Building» und «ISH» ist eine Materialdatenbank geplant. Hier stossen die Frankfurter zwar auf mächtige Konkurrenz: George Beylerians 1997 in New York gegründete Material Connexion ist mit über 1200 online abrufbaren Materialien derzeit das weltweit grösste Materialarchiv. Dennoch ist das Stylepark-Team davon überzeugt, dass eine europäische Plattform Erfolg haben wird. «Schliesslich sind Materialien für Architekten eine der wichtigsten Inspirationsquellen», gibt sich Gärtner überzeugt. Von Anfang 2002 an will sich Stylepark in Zusammenarbeit mit dem Berliner Materialversender Modulor als Komplettanbieter für die Materialrecherche und Musterbeschaffung etablieren. Für finanzielle Unterstützung ist gesorgt. Nun muss das Unternehmen in Zeiten der Internetkrise beweisen, dass es kein gefürchteter «Geldverbrenner» ist.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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