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Kollektive Strategien
Junge Schweizer Architekten
Das Zürcher Büro „pool Architekten“
7. März 2003 - J. Christoph Bürkle
Von „pool Architekten“ hat man in Fachkreisen schon gehört, und dennoch weiss kaum einer, wer sich in diesem Pool befindet. Der Name ist Programm, denn es geht um eine partnerschaftlich organisierte Architektengruppe, bei der nicht der Einzelne im Vordergrund steht. Im Jahre 1994 hatten sich einige Architekten zusammengefunden, um über Baukunst und Städtebau zu diskutieren. 1996 wurde aus diesem „Debattierklub“ eine Architektengemeinschaft, die 1998 in der Gründung der „pool Architekten“ Genossenschaft mündete, der als Partner Dieter Bachmann, Raphael Frei, Mathias Heinz, Philipp Hirtler, David Leuthold, Andreas Sonderegger, Mischa Spoerri und Matthias Stocker angehören. Die gegenwärtig 18 Mitglieder von „pool Architekten“, die das gesamte Spektrum des Berufsbildes abdecken, sind zwischen 35 und 40 Jahre alt. Sie bringen die unterschiedlichsten Berufserfahrungen mit, haben aber fast alle an der ETH Zürich studiert. Grossen Wert legen sie darauf, dass genossenschaftlich für sie gemeinschaftlich heisst: Jeder ist seinen Erfahrungen und Leistungen entsprechend an den Projekten beteiligt, ohne die oftmals anonyme Hauptarbeit leisten zu müssen, für die dann ein Chef die Lorbeeren erntet. So können „pool Architekten“ eine beachtliche Zahl von Wettbewerbsbeteiligungen vorweisen. In Zürich machten sie bei fast allen grösseren Ausschreibungen mit - etwa beim Maag-Areal oder beim Landesmuseum. Gross ist aber auch die Liste der Prämierungen: Jeweils den ersten Preis erhielten sie für den Ideenwettbewerb des Brüggli-Areals in Romanshorn, die Zentrumsplanung Kriens, den Studienauftrag Furenmatte in Grindelwald und die Wohnüberbauung in Leimbach.
Der erste grosse Achtungserfolg des ehemaligen Debattierklubs war 1998 der dritte Preis im Wettbewerb für das Musée d'Ethnographie in Genf. Den ersten Auftrag erhielten sie daraufhin in Zürich mit der Funktionsentflechtung von zwei einander gegenüberliegenden Schulhäusern in Altstetten. Die von den Gebrüdern Pfister 1909 erbaute Schule Altstetterstrasse wird von „pool Architekten“ weitgehend in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt, während die 1945 von Jacques Schader errichtete und in den sechziger Jahren erweiterte Schule an der Eugen-Huber-Strasse für Sehbehinderte umgebaut wurde. Beide Schulhäuser sind als Schutzobjekte von kommunaler Bedeutung auch für die Architekten zu einem Lernort spezifischer Prägung geworden: Trotz umfassenden Sanierungsmassnahmen versuchten sie ihre Interventionen behutsam der bestehenden Gebäudestruktur unterzuordnen. Farben, Materialien und klare Lichtführung wurden zur besseren Orientierung der Kinder gestaltet.
Innerstädtische Eingriffe und das Schaffen neuer Identitäten an der Peripherie, die städtebaulich durchdacht sein müssen, interessieren „pool Architekten“ besonders. Dazu hatten sie in den letzten Jahren mehrmals Gelegenheit: vom Umbau der Bibliothek der Sammlung Oskar Reinhart in Winterthur und der Büros der Fraumünsterpost in Zürich über die Umgestaltung des Asian Take-Away in Oerlikon, des Cafés Plüsch in Wiedikon und der Bodenseefähre „Meersburg“ bis hin zu Veränderungen von Ein- und Mehrfamilienhäusern. „Unterschiedliche Entwurfsparameter führen zu unterschiedlichen Lösungen“, heisst es denn auch bei „pool Architekten“, die sich nicht auf eine Architektursprache oder auf spezielle Aufgaben festlegen wollen.
Nun können „pool Architekten“ ihr erstes wirklich grosses Projekt realisieren: zwei Wohnblöcke in Leimbach. Die beiden amorphen Baukörper stehen gestaffelt am Fuss des Üetlibergs im Sihltal und fassen mit ihrer Baumasse in bewusster typologischer Anlehnung an Grossformen der sechziger Jahre die umgebenden Streusiedlungen zu neuer Einheit zusammen. Zwei Genossenschaften planen hier 116 grosszügige Wohnungen, darunter 31 Maisonettes mit Sicht auf Zürichsee und Alpen. Das Credo von „pool Architekten“, neue Identitäten in der Agglomeration zu schaffen, wird in diesem ehrgeizigen Vorhaben paradigmatisch umgesetzt. Die schrägen Dachlinien der siebengeschossigen Volumen zeichnen den Geländeverlauf nach und nehmen den Bauten optisch die Schwere. Durch die Vorsprünge von Fassaden und Geschossebenen, aber auch durch das dreispännige Erschliessungssystem entstehen ebenso unterschiedliche wie ungewöhnliche, in der jüngeren Schweizer Architektur nicht eben häufig anzutreffende Grundrisstypen, die eine Planung von innen nach aussen sowie eine Analogie zum Wohnbau der sechziger Jahre zeigen. Die sich teilweise überlagernden Wohnungen haben Balkone oder Dach- bzw. Gartenterrassen und sind auf drei Seiten zur Landschaft ausgerichtet.
Mit Grossformen, aber auch mit versetzten Räumen, die sich aus der Funktion oder der Topographie ergeben, verweisen die Arbeiten von „pool Architekten“ auf das geistige Umfeld von Berliner Architekten wie Hans Scharoun. Auch bei ihrem jüngsten Projekt, einem Einfamilienhaus am See in Altendorf, finden sich gebrochene Geometrien sowie stumpf- und spitzwinklige Räume, die sich aus komplizierten, aber durchdachten Funktionszusammenhängen ergeben. Es geht ihnen aber nicht in erster Linie um die Form. Vielmehr wenden sie sich gegen selbstreferenzielle Bauten und fordern stattdessen deren gesellschaftliche Verankerung.
[ „pool Architekten“ stellen sich im Rahmen eines Vortrags am 12."März um 18.30 Uhr im Architekturforum Zürich vor. ]
Der erste grosse Achtungserfolg des ehemaligen Debattierklubs war 1998 der dritte Preis im Wettbewerb für das Musée d'Ethnographie in Genf. Den ersten Auftrag erhielten sie daraufhin in Zürich mit der Funktionsentflechtung von zwei einander gegenüberliegenden Schulhäusern in Altstetten. Die von den Gebrüdern Pfister 1909 erbaute Schule Altstetterstrasse wird von „pool Architekten“ weitgehend in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt, während die 1945 von Jacques Schader errichtete und in den sechziger Jahren erweiterte Schule an der Eugen-Huber-Strasse für Sehbehinderte umgebaut wurde. Beide Schulhäuser sind als Schutzobjekte von kommunaler Bedeutung auch für die Architekten zu einem Lernort spezifischer Prägung geworden: Trotz umfassenden Sanierungsmassnahmen versuchten sie ihre Interventionen behutsam der bestehenden Gebäudestruktur unterzuordnen. Farben, Materialien und klare Lichtführung wurden zur besseren Orientierung der Kinder gestaltet.
Innerstädtische Eingriffe und das Schaffen neuer Identitäten an der Peripherie, die städtebaulich durchdacht sein müssen, interessieren „pool Architekten“ besonders. Dazu hatten sie in den letzten Jahren mehrmals Gelegenheit: vom Umbau der Bibliothek der Sammlung Oskar Reinhart in Winterthur und der Büros der Fraumünsterpost in Zürich über die Umgestaltung des Asian Take-Away in Oerlikon, des Cafés Plüsch in Wiedikon und der Bodenseefähre „Meersburg“ bis hin zu Veränderungen von Ein- und Mehrfamilienhäusern. „Unterschiedliche Entwurfsparameter führen zu unterschiedlichen Lösungen“, heisst es denn auch bei „pool Architekten“, die sich nicht auf eine Architektursprache oder auf spezielle Aufgaben festlegen wollen.
Nun können „pool Architekten“ ihr erstes wirklich grosses Projekt realisieren: zwei Wohnblöcke in Leimbach. Die beiden amorphen Baukörper stehen gestaffelt am Fuss des Üetlibergs im Sihltal und fassen mit ihrer Baumasse in bewusster typologischer Anlehnung an Grossformen der sechziger Jahre die umgebenden Streusiedlungen zu neuer Einheit zusammen. Zwei Genossenschaften planen hier 116 grosszügige Wohnungen, darunter 31 Maisonettes mit Sicht auf Zürichsee und Alpen. Das Credo von „pool Architekten“, neue Identitäten in der Agglomeration zu schaffen, wird in diesem ehrgeizigen Vorhaben paradigmatisch umgesetzt. Die schrägen Dachlinien der siebengeschossigen Volumen zeichnen den Geländeverlauf nach und nehmen den Bauten optisch die Schwere. Durch die Vorsprünge von Fassaden und Geschossebenen, aber auch durch das dreispännige Erschliessungssystem entstehen ebenso unterschiedliche wie ungewöhnliche, in der jüngeren Schweizer Architektur nicht eben häufig anzutreffende Grundrisstypen, die eine Planung von innen nach aussen sowie eine Analogie zum Wohnbau der sechziger Jahre zeigen. Die sich teilweise überlagernden Wohnungen haben Balkone oder Dach- bzw. Gartenterrassen und sind auf drei Seiten zur Landschaft ausgerichtet.
Mit Grossformen, aber auch mit versetzten Räumen, die sich aus der Funktion oder der Topographie ergeben, verweisen die Arbeiten von „pool Architekten“ auf das geistige Umfeld von Berliner Architekten wie Hans Scharoun. Auch bei ihrem jüngsten Projekt, einem Einfamilienhaus am See in Altendorf, finden sich gebrochene Geometrien sowie stumpf- und spitzwinklige Räume, die sich aus komplizierten, aber durchdachten Funktionszusammenhängen ergeben. Es geht ihnen aber nicht in erster Linie um die Form. Vielmehr wenden sie sich gegen selbstreferenzielle Bauten und fordern stattdessen deren gesellschaftliche Verankerung.
[ „pool Architekten“ stellen sich im Rahmen eines Vortrags am 12."März um 18.30 Uhr im Architekturforum Zürich vor. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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