Artikel

Geflügelte Ideen
Neue Zürcher Zeitung

Gerald Zugmann und Coop Himmelb(l)au in Wien

28. März 2003 - Paul Jandl
Aggressiv und dekonstruktivistisch sind die Bauten von Coop Himmelb(l)au. Dennoch mutet die Arbeitsweise des Wiener Architektenbüros vergleichsweise bedächtig an. In mehreren filigranen Modellen erfährt der Entwurf seine ersten Visualisierungen, aus Papier und Kunststoff montierte Formstudien stehen am Anfang eines Prozesses, an dessen Ende so deutliche Signale stehen wie das spektakuläre Musée des Confluences in Lyon.

Seit Jahrzehnten lässt Coop Himmelb(l)au auch Fotos der Modelle anfertigen. Sie sind die Basis für weitere Eingriffe, für Veränderungen an Experimenten des architektonisch gebrochenen Blicks. Seit 25 Jahren begleitet der Photograph Gerald Zugmann dabei die Arbeit von Coop Himmelb(l)au. Es ist eine eigenwillige Kooperation, die jetzt in der Ausstellung «Blue Universe. Modelle zu Bildern machen» im Wiener Museum für angewandte Kunst dokumentiert wird. Von frühen Arbeiten wie dem Szenelokal «Roter Engel» reicht die photographische Auseinandersetzung herauf bis zur Erweiterung des Wiener Gasometers, zu dem städtischen Unterhaltungszentrum JVC in Guadalajara oder dem Science Center in Wolfsburg. Gerald Zugmanns Photographien dienen der Arbeit von Coop Himmelb(l)au und sind dennoch höchst eigenständige Kunst. Sie nehmen die Architektur des Wiener Büros auf, um sich schnell wieder davon zu emanzipieren. Gerald Zugmann beleuchtet die Modelle von innen oder setzt sie in scharfes Licht. Die daraus entstehende plastische Kontur zeigt die markanten architektonischen Eigenschaften der Projekte, ohne das Moment der Abstraktion, das bei dieser Arbeit entsteht, zu verleugnen. Ganz nah und im Detail photographiert, gewinnen die vielfach geflügelten Ideen von Wolf D. Prix und Helmut Swiczinsky erstmals dort ihren Raum, wo Gerald Zugmann sie festhält.


[Bis 21. April. Katalog: Gerald Zugmann: Blue Universe. Modelle zu Bildern machen. Architectural Projects by Coop Himmelb(l)au. Hrsg. Peter Noever. Hatje-Cantz-Verlag, Ostfildern-Ruit 2002. 160 S., Euro 39.80.]

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: