Artikel
Krieg um den Friedensaltar
Die Ara Pacis Augustae in Rom und Richard Meiers Schutzhülle
Moderne Architektur im antiken Rom: Im Zentrum der Ewigen Stadt ist am Freitag ein neues gläsernes Museum rund um den Friedensaltar des römischen Kaisers Augustus feierlich eröffnet worden. Das umstrittene, vom amerikanischen Architekten Richard Meier entworfene Bauwerk gilt bereits als eines der neuen Wahrzeichen Roms.
22. April 2006 - Eva Clausen
Augustus hätte sich kaum träumen lassen, dass sein im Jahre 9 v. Chr. dem Frieden geweihter Altar rund zweitausend Jahre später zum Anlass erbitterter Wortgefechte werden sollte. Dorn im Auge ist freilich gar nicht die kaiserliche Ara Pacis selbst, sondern die neue Glasstruktur, die der amerikanische Architekt Richard Meier um das Meisterwerk errichtet hat. Meier mass sich erstmals mit der Antike, und das Resultat überzeugt offensichtlich nicht alle.
Die Einweihungsfeier gestern, am 21. April, dem offiziellen Jahrestag der Gründung Roms, fand unter lautstarken Protesten einer Gruppe von Demonstranten statt, zum Teil von Alleanza Nazionale.
Im Kreuzfeuer der Kritik
Meiers «Ungeheuer» erhitzt seit Jahren die Gemüter. Noch bevor die ersten Zementblöcke um den Altar gesetzt wurden, ertönte Kritik am Vorgehen der Stadtverwaltung, die ohne einen öffentlichen Wettbewerb und folglich ohne Jury Richard Meier den Auftrag zur Errichtung der Schutzhülle erteilt hatte. Während der siebenjährigen Bauarbeiten glätteten sich die Wogen nicht, im Gegenteil. Angefangen vom damaligen stellvertretenden Kulturminister Vittorio Sgarbi über Italia nostra, den Verband zum Schutz – unter anderem – von Kulturgütern, bis zu bedeutenden Architekten wie Massimiliano Fuksas und Paolo Portoghesi zogen die Gegner von Meiers Bau ins Feld.
Vor zwei Jahren ermittelte der Oberste Rechnungshof gegen die Stadt. Sie sah sich der Verschwendung öffentlicher Gelder bezichtigt, als notwendige Verbesserungen des ursprünglichen Projektes – höhere Glaswände, Verkleidung in Travertin, schalldämpfende Decke – weitere 5 Millionen Euro verschlangen. Die Ermittlungen wurden eingestellt, und heute erhebt sich die insgesamt 16 Millionen Euro schwere Struktur zugegebenermassen nicht unbedingt leichtfüssig über dem Altar.
Gianni Alemanno, Landwirtschaftsminister in der scheidenden Regierung Berlusconi, verkündet, er werde das Ungetüm an die Peripherie verbannen, falls er die Bürgermeisterwahlen vom kommenden 28. Mai gegen Walter Veltroni gewinnen werde. Eugenio La Rocca, verantwortlich für Pflege und Schutz der antiken Denkmäler der Stadt Rom, winkt ab: Weder Hülle noch Altar würden den Standort wechseln, sondern das Projekt müsse seinem glorreichen Ende zugeführt werden. Vorgesehen sind – neben Einzelheiten wie Auditorium, Dachgarten und Brunnen – eine 250 Meter lange Unterführung der Hauptstrasse. Letztere soll einer Promenade Platz machen, die das gläserne Museum des Friedensaltars mit dem Tiberufer verbindet.
Zudem ist ein fliessender Übergang zum Aschenputtel der Antike rechter Hand geplant, dem unkrautüberwucherten Mausoleum von Augustus. Von der Dachterrasse des gläsernen Museums soll der Besucher dereinst den Blick über diese Grabstätte und die Kuppeln der Barockkirchen schweifen lassen, die, laut den Widersachern von Meiers Konzept sträflich vernachlässigt, momentan eher wie Fremdkörper am Rande der Piazza Augusto Imperatore stehen.
Anstehende Arbeiten
Angesichts der unvollständigen Gesamtgestaltung fällt ein Urteil über Meiers Bau zum jetzigen Zeitpunkt schwer. Sehnen sich Nostalgiker nach der alten, schlichten Altar-Verpackung aus dem Jahr 1938 von Vittorio Ballo Morpugo zurück, befürworten andere gerade die Monumentalität der neuen Hülle, welche durch die hohen Glaswände das Sonnenlicht auf die marmornen Reliefarbeiten der Ara Pacis gleiten lässt, und begrüssen die «a taglio» geschnittene Travertinverkleidung als gelungene Kontinuität zwischen Altertum und Gegenwart. Zu hoffen bleibt, dass bald auch der Altar selbst in alter Pracht zu sehen ist, denn er bedarf einer dringenden Restaurierung.
Vielleicht hätte die Stadt, bevor sie sich aufwendig um die Hülle kümmerte, für Erhaltung und Pflege des Kerns sorgen sollen? Sie verspricht baldige Wiedergutmachung. Langwieriger dürfte die Realisierung von Unterführung und Verbindung zum Tiber werden. Angesichts der Sparmassnahmen im Haushaltsplan Roms ist zu befürchten, dass die Gelder – Kostenvoranschlag 35 Millionen Euro – nur spärlich fliessen werden. Sollen weitere sieben Jahre vergehen, bevor die Piazza von Kaiser Augustus wieder ein friedlich-harmonisches Aussehen erhält?
[ Das weitgehend vollendete Museum der Ara Pacis soll in den nächsten Monaten dem Publikum zugänglich gemacht werden. ]
Die Einweihungsfeier gestern, am 21. April, dem offiziellen Jahrestag der Gründung Roms, fand unter lautstarken Protesten einer Gruppe von Demonstranten statt, zum Teil von Alleanza Nazionale.
Im Kreuzfeuer der Kritik
Meiers «Ungeheuer» erhitzt seit Jahren die Gemüter. Noch bevor die ersten Zementblöcke um den Altar gesetzt wurden, ertönte Kritik am Vorgehen der Stadtverwaltung, die ohne einen öffentlichen Wettbewerb und folglich ohne Jury Richard Meier den Auftrag zur Errichtung der Schutzhülle erteilt hatte. Während der siebenjährigen Bauarbeiten glätteten sich die Wogen nicht, im Gegenteil. Angefangen vom damaligen stellvertretenden Kulturminister Vittorio Sgarbi über Italia nostra, den Verband zum Schutz – unter anderem – von Kulturgütern, bis zu bedeutenden Architekten wie Massimiliano Fuksas und Paolo Portoghesi zogen die Gegner von Meiers Bau ins Feld.
Vor zwei Jahren ermittelte der Oberste Rechnungshof gegen die Stadt. Sie sah sich der Verschwendung öffentlicher Gelder bezichtigt, als notwendige Verbesserungen des ursprünglichen Projektes – höhere Glaswände, Verkleidung in Travertin, schalldämpfende Decke – weitere 5 Millionen Euro verschlangen. Die Ermittlungen wurden eingestellt, und heute erhebt sich die insgesamt 16 Millionen Euro schwere Struktur zugegebenermassen nicht unbedingt leichtfüssig über dem Altar.
Gianni Alemanno, Landwirtschaftsminister in der scheidenden Regierung Berlusconi, verkündet, er werde das Ungetüm an die Peripherie verbannen, falls er die Bürgermeisterwahlen vom kommenden 28. Mai gegen Walter Veltroni gewinnen werde. Eugenio La Rocca, verantwortlich für Pflege und Schutz der antiken Denkmäler der Stadt Rom, winkt ab: Weder Hülle noch Altar würden den Standort wechseln, sondern das Projekt müsse seinem glorreichen Ende zugeführt werden. Vorgesehen sind – neben Einzelheiten wie Auditorium, Dachgarten und Brunnen – eine 250 Meter lange Unterführung der Hauptstrasse. Letztere soll einer Promenade Platz machen, die das gläserne Museum des Friedensaltars mit dem Tiberufer verbindet.
Zudem ist ein fliessender Übergang zum Aschenputtel der Antike rechter Hand geplant, dem unkrautüberwucherten Mausoleum von Augustus. Von der Dachterrasse des gläsernen Museums soll der Besucher dereinst den Blick über diese Grabstätte und die Kuppeln der Barockkirchen schweifen lassen, die, laut den Widersachern von Meiers Konzept sträflich vernachlässigt, momentan eher wie Fremdkörper am Rande der Piazza Augusto Imperatore stehen.
Anstehende Arbeiten
Angesichts der unvollständigen Gesamtgestaltung fällt ein Urteil über Meiers Bau zum jetzigen Zeitpunkt schwer. Sehnen sich Nostalgiker nach der alten, schlichten Altar-Verpackung aus dem Jahr 1938 von Vittorio Ballo Morpugo zurück, befürworten andere gerade die Monumentalität der neuen Hülle, welche durch die hohen Glaswände das Sonnenlicht auf die marmornen Reliefarbeiten der Ara Pacis gleiten lässt, und begrüssen die «a taglio» geschnittene Travertinverkleidung als gelungene Kontinuität zwischen Altertum und Gegenwart. Zu hoffen bleibt, dass bald auch der Altar selbst in alter Pracht zu sehen ist, denn er bedarf einer dringenden Restaurierung.
Vielleicht hätte die Stadt, bevor sie sich aufwendig um die Hülle kümmerte, für Erhaltung und Pflege des Kerns sorgen sollen? Sie verspricht baldige Wiedergutmachung. Langwieriger dürfte die Realisierung von Unterführung und Verbindung zum Tiber werden. Angesichts der Sparmassnahmen im Haushaltsplan Roms ist zu befürchten, dass die Gelder – Kostenvoranschlag 35 Millionen Euro – nur spärlich fliessen werden. Sollen weitere sieben Jahre vergehen, bevor die Piazza von Kaiser Augustus wieder ein friedlich-harmonisches Aussehen erhält?
[ Das weitgehend vollendete Museum der Ara Pacis soll in den nächsten Monaten dem Publikum zugänglich gemacht werden. ]
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
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