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Orientalischer Glanz und modernes Chaos
Neue Zürcher Zeitung

Urbanistische Visionen für das Kairo von übermorgen

7. Oktober 2006 - Gabriele Hoffmann
Kairo - eine Megacity? Ungern lassen wir uns den orientalischen Klang des Namens durch den statistischen Befund von 17 Millionen Einwohnern trüben. Doch der internationale Wettbewerb zum Neubau des Ägyptischen Museums in Gizeh hat der Metropolenentwicklung Kairos neue Aufmerksamkeit beschert. In diesem Kontext ist auch die Ausstellung «Kairo - Bauen und Planen für übermorgen» im Stuttgarter Institut für Auslandsbeziehungen (IfA) zu sehen. Iris Lenz, Kuratorin der Reihe «Stadtansichten», korrigiert mit ausgewählten Projekten zur Kairoer Stadtentwicklung einseitige Vorstellungen von orientalischem Glanz und modernem Chaos.

Beispielhaft für das Prinzip der punktuellen Stadterneuerung ist der 2003 eröffnete Al-Azhar- Park, ein Geschenk des Aga Khan, das die Restaurierung der fatimidischen Stadtmauer und die Revitalisierung des benachbarten Darb al- Ahmar, eines der ärmsten Altstadtquartiere, nach sich zog. Im Jahre 1967 war infolge des Bevölkerungszuwachses die erste «informelle Siedlung» Kairos entstanden; 1995 lagen 80 Prozent des seither neu erstellten Wohnraums in Gebieten ohne Wasser- und Elektrizitätsversorgung, ohne Abwasser- und Abfallbeseitigung. Manshiet Nasser, die 600 000 Einwohner zählende Spontansiedlung auf dem innerstädtischen Mokattam-Felsen, bekommt durch ein von der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) planerisch und finanziell gefördertes Projekt eine moderne Infrastruktur. Die ausgestellten Dokumentarfotos lassen ein «partizipatorisches Modell» erkennen, das die Bewohner, von denen viele für wenig Geld den bebauten Grund nachträglich erwerben, in die Planung einbezieht und so zu Eigeninitiativen anregt.

In eine ganz andere Richtung weisen Pläne für New Cairo City. Die für 2,5 Millionen Einwohner projektierte Stadt in der Wüste soll durch Abnabelung von Kairo das Pendlerproblem der Metropole lösen helfen. Die diesbezüglichen Exponate, ein Flächennutzungsplan und Ansichten von einer streng hierarchisch gegliederten Wohnbebauung, werfen freilich Fragen nach dem urbanen Konzept auf. Hoffnungsfroh stimmen die Ergebnisse eines Kooperationsprojekts, das Architekturstudenten aus Stuttgart und Kairo zusammenführte. Ihre Entwürfe für das geschichtsträchtige Maspiro am Nilufer sind Versuche, das Alte durch eine konsequent neue Bebauungsstruktur zu retten.

[ Bis 29. Oktober in der IfA-Galerie Stuttgart, anschliessend vom 10. November bis 14. Januar 2007 in der IfA-Galerie Berlin. Katalog: Stadtansichten. Kairo - Bauen und Planen für übermorgen. Hrsg. IfA-Galerie, Stuttgart 2006. 132 S., Euro 12.-. ]

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