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Buntes Treiben am Wasser
Neue Zürcher Zeitung

Der Innenhafen als Herz von Duisburgs Stadterneuerung

Dem Phänomen des Einwohnerschwunds antworten die Städte des Ruhrgebiets mit einem Ausbau der Geschäftszonen. Gleichzeitig wird in Duisburg das Gebiet rund um den Innenhafen neu belebt.

2. März 2007 - Klaus Englert
«Duisburg baut Zukunft», ist auf einer Tafel im Zentrum der Stadt zu lesen. Tatsächlich ist am König-Heinrich-Platz, in zentraler Lage, das Baufieber ausgebrochen. Hier entsteht das City Palais, ein multifunktionales Stadthaus mit Philharmonie, Spielkasino, Hotel, Büros, Geschäften und Parkhaus. Nach Abschluss der Arbeiten im Frühjahr wird Duisburg, so hofft man, das schmuddlige Ruhrgebiet-Image abgestreift haben. Für das neue Stadtbild liessen die Kommunalpolitiker sogar die denkmalgeschützte Mercator-Halle abreissen. Dabei war der Flachbau des Duisburger Büros Stumpf und Voigtländer ein gelungenes Beispiel der Nachkriegsmoderne.

Banaler Stadtpalast

Realisiert wird nun der konventionelle Vorschlag des Londoner Büros Chapman Taylor. Dieses setzt auf banale Geschäftsarchitektur. Aus der Mitte des Ensembles stösst ein gläserner Bug auf den König-Heinrich-Platz vor. Der fünfgeschossige, elliptische Office-Riegel bildet den Blickfang des City Palais. Doch den für die Innenstadt erhofften architektonischen Mehrwert bietet er nicht. Positiv ist einzig die Tatsache, dass das Gebäude die Bezüge zwischen Liebfrauenkirche, Theater und Landgericht klärt. Bald wird noch das von Chapman Taylor zusammen mit dem Wiener Büro Ortner und Ortner entworfene Forum Duisburg hinzukommen. Vom Forum, das als multifunktionales Zentrum für Büro, Einzelhandel und Gastronomie geplant ist, erhofft sich die Stadt den entscheidenden Anstoss zum wirtschaftlichen Aufschwung. Das österreichisch-englische Gemeinschaftsprojekt weist eine ähnlich bewegte Geschichte auf wie das City Palais. Denn zunächst hatte man den extravaganten Japaner Shin Takamatsu beauftragt, neben dem strengen Klinkerbau des Hauptbahnhofs die bizarre Shopping-Mall Multi Casa zu bauen. Doch dann bevorzugte der niederländische Investor plötzlich die Innenstadt als Standort.

Der geplante Abriss eines Nachkriegs-Kaufhauses am König-Heinrich-Platz kam den Investoren entgegen. Chapman Taylor übernahm die Grundrissgestaltung, Ortner und Ortner entwarfen die Fassaden der Shopping-Mall. Die Wiener konzipierten ein Ensemble aus drei- bis viergeschossigen Gebäuden, die einen kontrastreichen Wechsel von einfachen Prismen und ondulierenden Baukörpern mit rhythmischer Fassadengestaltung bilden. Das Forum, das Ende 2007 fertig sein wird, soll der Stadt zusätzlich 57 000 Quadratmeter Verkaufsfläche sowie überdachte Passagen, Arkaden, Plätze und Terrassen mit grossstädtischem Flair bringen. Mit diesem «grössten in einer deutschen Innenstadt realisierten Projekt» begibt man sich in Konkurrenz zu Essen, Oberhausen und Dortmund, die bereits um die grössten Shopping-Malls wetteifern.

Nach der Entscheidung für die Neugestaltung der Innenstadt muss es den Duisburger Planern gedämmert haben, dass sich das glitzernd neue Zentrum stark vom städtischen Umfeld abheben wird. Der Bereich zwischen dem König-Heinrich- Platz und dem seit den neunziger Jahren durch Wohn-, Büro- und Kulturbauten aufgewerteten Innenhafen blieb bis heute unverändert öde. Dem soll nun abgeholfen werden. Schaut man sich die Pläne an, liegt die Vermutung nahe, die Duisburger seien auf dem besten Weg, ihre Stadt in eine Foster-City zu verwandeln. Die Begeisterung für Norman Foster begann, als der britische Lord 1991 den Masterplan für den neuen Innenhafen vorlegte und wenig später das Microelectronic- Center sowie das Haus der Wirtschaftsförderung baute. Nun soll auch das damals konzipierte Eurogate, ein markantes Office-Center am Holzhafen, folgen. Vor wenigen Tagen nun stellte Foster in Duisburg seinen Masterplan für die Innenstadt vor.

Eigentlich wollte der Duisburger Stadtentwicklungsdezernent den Entwurf des neuen Masterplans für den Stadtraum zwischen Innenhafen und Zentrum jüngeren Architekten anvertrauen. Doch die Liebe der Duisburger zu Foster war grösser. Foster möchte nun die Verkehrsflächen reduzieren, eine umweltfreundliche Mobilität stärken und die alte Montanstadt in eine «pulsierende, grüne und umweltbewusste Stadt umwandeln». Sicherlich profitiert Foster davon, dass er an seinen alten Masterplan für den Innenhafen anknüpfen kann. Dieser hatte die klare Vorgabe, die alten Getreidespeicher zu erhalten, eine Mischnutzung mit hochwertiger Infrastruktur sowie anspruchsvolle baukünstlerische Akzente durchzusetzen. Foster liess Grachten anlegen und entlang der Kanäle Zeilenbauten mit ausgedehnten Innenhöfen errichten. Diese Wohnbauten, die unter anderem von Foster, von Auer & Weber sowie von Ingenhoven & Overdiek stammten, wurden international gelobt. Breite Unterstützung bekam Foster auch für seinen Plan, die Bebauung und Umnutzung des Innenhafens in kleinen Schritten vorzunehmen. Unter den Gesichtspunkten Diversität und kontinuierliches Wachstum entstanden so unterschiedliche Einrichtungen wie Zvi Heckers Synagoge, Dani Karavans «Garten der Erinnerung» oder die Küppersmühle, ein nach den Plänen von Herzog & de Meuron für die Sammlung Hans Grothe umgenutzter Industriebau.

Vielfältiges Erscheinungsbild

Die angestrebte Diversität lässt sich vornehmlich an den neuen Bürogebäuden der beiden Hamburger Büros Bothe Richter Teherani sowie von Gerkan, Marg & Partner ablesen. Das eine steht für Investorenarchitektur mit einprägsamer, symbolhafter Fassadengestaltung, das andere für moderne Klinkerbaukunst, die sich den Kubaturen, Materialeigenschaften und Traufhöhen der alten Getreidesilos anpasst. Foster setzte bewusst auf unterschiedliche Handschriften, die den Innenhafen beleben. Beispielhaft sind die Five Boats seines Landsmanns Nicholas Grimshaw.

Das langgestreckte Glasprisma mit den fünf abgerundeten Querriegeln, die an angelegte Boote erinnern, avancierte mit seiner nächtlichen Beleuchtung zum werbewirksamen Stadtsignet. Neben den Five Boats soll sich demnächst Fosters Eurogate erheben, auf das die Duisburger nun schon seit 15 Jahren warten. Für Dieter Steffen, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Innenhafen, ist der Foster-Bau, der Hotel, Shopping-Mall und Büros vereinen wird, «ein Symbol für den Duisburger Strukturwandel». Er soll als grosse Sichel den Bogen des Holzhafens umschliessen. Mit der Wahl Fosters setzten die Duisburger auf Nummer sicher. Bedenklich ist demgegenüber der politische Beschluss, trotz dem Bevölkerungsschwund im Ruhrgebiet weiter auf Shopping-Malls zu setzen und den Renditeversprechungen der Investoren zu vertrauen. Woher all die Kunden für City Palais, Forum und Eurogate kommen sollen, ist unklar.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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