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Architektur ohne Theorie?
Neue Zürcher Zeitung
7. März 2000 - Jörg Häntzschel
Frank O. Gehry gehört nicht zu den Theoretikern unter den Architekten. Dies betrifft auch sein eigenes Werk. «Das erscheint mir so offensichtlich, dass wir gar nicht darüber zu reden brauchen», gibt er zurück, als ihn der Schweizer Architekturhistoriker und Leiter des Canadian Center for Architecture in Montreal, Kurt W. Forster, nach der Verwandtschaft seiner Bauten mit Tanz und Theater fragt. Dennoch gewährt Forsters Gespräch mit Gehry zahlreiche Einblicke in Werkgeschichte und Einflusssphären des spätestens seit seinem Guggenheim-Museum in Bilbao zum Weltstar aufgestiegenen Kaliforniers. Während die Referenzpunkte Libeskinds oder Eisenmans in der zeitgenössischen Philosophie liegen, hat Gehry seine Vorbilder und Kollaborateure unter den Künstlern gefunden, namentlich Claes Oldenburg und Richard Serra. Doch auch seinen Auftraggebern spricht Gehry einen Teil der Urheberschaft zu. Das Gespräch beschränkt sich weitgehend auf diesen Bereich von Gehrys architektonischem Werdegang. Der Entwurfsprozess selbst und mit ihm Fragen wie jene nach dem Einsatz von Computern, ohne die das Museum von Bilbao gar nicht möglich gewesen wäre, kommen allenfalls am Rande zur Sprache. Die als Einwürfe unvermittelt in den Text montierten Statements befreundeter Künstler sollen als Versuch eines editorischen Dekonstruktivismus verstanden werden.

[ Christina Bechtler (Hrsg.): Frank O. Gehry/Kurt W. Forster. Reihe Kunst und Architektur im Gespräch. Cantz-Verlag, Ostfildern-Ruit 1999. 132 S., Fr. 28.-. ]

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