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Rücken an Rücken
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Der Trend zum frei stehenden Einfamilienhaus ist unge-brochen. Dabei würde eine verdichtete Siedlung Bauland, Kosten und Energie sparen. Eine Wohnanlage in Langenlois zeigt, wie es geht.

29. März 2008 - Walter Zschokke
Raumplaner und Architekten wären sich seit vielen Jahrzehnten einig: Verdichteter Flachbau spart Siedlungsinfrastruktur, Bauland, Baukosten und Heizenergie. Doch der Trend zum frei stehenden Einfamilienhaus bleibt ungebrochen, denn Einsicht in die Notwendigkeit entwickelt sich in der Regel erst unter starkem materiellem Druck. Waren es in frühen Jahrhunderten die Gefahren einer noch ungerodeten Wildnis, die ein Zusammenrücken zum Siedlungsverband in geschlossenen Dörfern ratsam erscheinen ließen, sind es heute ökologische und ökonomische Gründe, die dafür sprechen würden.

Gewiss war der habliche Einzelhof freier Bauern in ausgesuchter Lage parallel dazu eine ebenso gepflegte Form der Landnahme, die allerdings entsprechendes Vermögen sowie eine größere Anzahl Knechte und Mägde voraussetzte. Ohne Dienstpersonal und auf kleinsten Parzellen dicht an dicht errichtet, gilt das frei stehende Haus paradoxerweise noch immer als erstrebenswertes Ziel, auch wenn die offenen Restgärten im Vergleich zu den geschützten und daher angenehm privaten Gartenhöfen in einem Angerdorf eindeutig weniger attraktiv sind. Vielleicht wenn sich die Gemeinden der hohen Unterhaltskosten der Infrastruktur einmal bewusst werden, ist zu hoffen, dass eine weitere Zersiedelung gebremst wird.

Konzepte, wie Siedlungsformen in geschlossenem Verband aussehen könnten, gibt es zuhauf. Da und dort wurden sie gebaut und funktionieren, wenn der oft idealistisch vorgeplante Gemeinschaftsgeist nicht die Leistungsbereitschaft der Bewohner überfordert. Doch selbst in diesen Fällen haben sich ideologische Ansprüche verflüchtigt, und die gelebte Wirklichkeit hat sich durchgesetzt. Einer, der sich schon länger mit der Frage verdichteten Wohnens befasst, ist der Wiener Architekt Walter Stelzhammer. Für den Jahre zurückliegenden städtebaulichen Wettbewerb Süßenbrunn hatte er sich ausführlich mit der Aufgabe befasst. Das Projekt wurde beachtet, aber zu einer Realisierung kam es nicht. In besserer Erinnerung, da gebaut, ist hingegen die „Wohnarche“ in Wien-Atzgersdorf, eine kompakte Anordnung von „Reihenhäusern“ Rücken an Rücken, mit je einem integrierten kleinen Hof, dessen Glasdach geöffnet werden kann, sodass die zum Hof orientierten Räume belichtet und belüftbar sind. Großzügige individuelle Dachterrassen erhöhen den Wohnwert.

Entsprechend den gestiegenen wärmetechnischen Anforderungen und der Lage an einer ländlichen Entwicklungsachse mit großen Baukörpern von Einkaufsmärkten und dergleichen wurde das Konzept von Atzgersdorf in Langenlois neu bearbeitet und interpretiert. Zweimal sechs Einheiten stehen Rücken an Rücken und bilden eine lang gestreckte Großform, der die auskragenden Obergeschoße und die schrägen Glasdächer über den Lichthöfen ein differenziertes Erscheinungsbild verleihen. Die beiden Längsseiten blicken nach Osten und nach Westen. Am Südkopf verfügen die dortigen zwei Häuser über zusätzliche Fenster. Die Nordseite ist hingegen geschlossen und zeigt die konkrete Figur des ausladenden Querschnitts. Kleine Vorgärten ziehen sich an beiden Längsseiten vor den durch die Auskragung beschirmten Eingangsvorbereichen. Bepflanzung und Gartengerätehäuschen werden bald von der Individualität der Bewohner künden.

Heutigen Gesetzen folgend, musste die Wohnanlage Passivhausstandard aufweisen, was nur mit Wohnraumlüftung zu erreichen ist. Dies erlaubte, den Hof mit einem geschlossenen Glasdach zu versehen, sodass seine Integration ins Leben der Bewohner leichter fällt als in Atzgersdorf, wo dies von den Jahreszeiten etwas beeinträchtigt wird. Dennoch sind die Wohnräume teils mit verglasten Schiebetüren, teils mit Fenstern zum Hofraum verschließbar, da zu diesem klimatischen Pufferraum eine leichte Temperaturdifferenz besteht. Da er die Treppe enthält und als Erschließungs- und Bewegungsraum dient, stört dies kaum. Umso mehr, als ihn schon wenige Sonnenstrahlen durch das Glasdach erwärmen. Im Sommer lässt es sich beschatten.

Betreten werden die Häuser unter dem ausladenden Obergeschoß, oder einen Halbstock tiefer von der Autoeinstellhalle her. Einen halben Treppenlauf höher liegt die Hauptwohnebene mit Küche, Essplatz und Sitzgruppe sowie dem Boden des Hofraums, der als weiterer Wohnbereich, für Pflanzen, als Spielzone und anderes mehr, dienen kann. Ein tief liegendes Fenster bietet einen Blick auf den Eingangsvorbereich.

Ein halbes Geschoß höher liegen an der Vorderseite des Hauses zwei Kinderzimmer und die separate Toilette. Nach einem weiteren halben Treppenlauf gelangt man an der Innenseite zum Elternzimmer, einem Schrankraum und zum großzügigen Bad. Das Elternzimmer erhält sein Licht durch ein großes Fenster zum Hofraum, belüftet wird es durch die Wohnraumlüftung. Dieser für manche neuartige Sachverhalt erweist sich jedoch als durchaus sinnvoll, da die Raumluft auch am Morgen frisch ist.

Die hauseigene Treppe ist noch nicht zu Ende, denn über einen weiteren halben Lauf erreicht man eine kleine Arbeitsgalerie und den Ausgang auf die Dachterrasse, die sich als geschützter Außenwohnbereich anbietet. Insgesamt sind in diesen dicht aneinander gefügten Häusern die bekannten Wohnfunktionen und Zimmergrößen vorhanden. Zugleich gibt es jedoch diesen auch räumlich interessanten, glasgedeckten Hofraum, der samt Treppe ein polyvalentes Angebot darstellt, das individuell interpretiert und genutzt werden kann.

Die Eigenheit stärker zurückgezogener Räume, die von der dichten Packung der Wohneinheiten bedingt ist, wird kompensiert durch die vortemperierte Belüftung und durch das Plus des hellen Hofraumes. Was den einen als Experiment erscheinen mag, ist jedoch die Weiterentwicklung und Aktualisierung eines uralten Nutzungs- und Bautyps, den man bereits auf der Alpensüdseite kennt und der im Mittelmeerraum als introvertiertes Hofhaus beliebt und verbreitet ist. Dass er bei einer Übertragung in den Norden einer Adaptierung bedarf, ist dem Architekten selbstverständlich. Dass es sich wegen des engen Rahmens der Wohnbauförderung um ein Minimalkonzept handelt, das da und dort mit geringem Aufwand noch verbessert werden kann, was von der Planung vorbedacht wurde, soll nicht verschwiegen werden.

Dennoch hat sich die Kremser Baugenossenschaft unter ihrem Direktor Alfred Graf nach den Siedlungen in Gneixendorf, am Hundsturm und am Langenloiser Berg mit Architekt Ernst Linsberger ein weiteres Mal als innovativ erwiesen. Die Zusammenarbeit mit engagierten Architekten führt jedenfalls zu Resultaten, die sich anschauen und die das Wohnungsangebot in qualitativer Hinsicht breiter werden lassen. Denn eine größere Auswahl an Typen erlaubt individuellen Wohnwünschen die Verwirklichung, die in quasi genormten Grundrissen nach veralteten Konzepten, wie sie leider noch immer errichtet werden, nicht einmal geträumt werden können.

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