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Platz für den Architekturdiskurs in der Öffentlichkeit
Neue Zürcher Zeitung

Das Architekturforum Zürich eröffnet seine neuen Räumlichkeiten im Kreis 4

Das Architekturforum ist vom Neumarkt 17 in die Räume einer ehemaligen Autowerkstatt an der Brauerstrasse im Kreis 4 gezügelt. Mit einer Ausstellung über Miller & Maranta feiert die Institution ihre Wiedereröffnung.

4. April 2008 - Brigitte Selden
20 Jahre lang hat das Architekturforum Zürich an seinem alten Standort in der Altstadt Ausstellungen und vielerlei Veranstaltungen zu den Themen Architektur und Städtebau durchgeführt. Doch am Neumarkt 17 waren die Räumlichkeiten gerade für grössere Ausstellungen zu klein. Bei Vorträgen, wie etwa der Reihe über junge Schweizer Architekten, platzte das Forum aufgrund der wachsenden Zuhörerzahl buchstäblich aus den Nähten. Mit dem Umzug an die Brauerstrasse im Kreis 4 hat sich die Institution nun den lange gehegten Wunsch nach adäquateren Räumen erfüllt. Seinen neuen Sitz hat das Forum in einer ehemaligen Autowerkstatt gefunden. Dort, wo früher Ferraris und Alfa Romeos in den Schaufenstern standen und im hinteren Werkstattraum repariert wurden, werden nun künftig Ausstellungen zu aktuellen Architekturthemen, Vorträge und Diskussionen stattfinden.

Eröffnet werden die neuen Räumlichkeiten am Samstag mit einer Ausstellung über die Basler Architekten Quintus Miller und Paola Maranta, die auch den Umbau konzipiert und gestalterisch begleitet haben. 180 Quadratmeter, aufgeteilt auf zwei Räume, stehen dem Forum zur Verfügung. Dabei ist der ursprüngliche Laden- und Werkstattcharakter geblieben: Schwarz gestrichene Metallfenster, schlichte weisse Wände, dunkler Gussasphaltboden und die orange Hebebühne im hinteren Teil halten die Erinnerung an die produktive Vergangenheit wach.

Der vordere Raum öffnet sich mit grossen Schaufenstern zur Brauerstrasse hin. Von dieser Öffnung nach aussen erhofft sich Josef Schätti, seit einem Jahr administrativer Leiter des Architekturforums, auch eine breitere Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Bisher wurden die Veranstaltungen des Forums ausschliesslich von Architektenkreisen beachtet. Mit dem Umzug in das belebte, trendige Quartier mit seinen neu entstehenden Galerien, Läden und Cafés wolle man, sagt Vorstandsmitglied Stefan Rotzler, von diesem «Soho-Effekt» profitieren und vermehrt auch ganz allgemein an Architektur- und Städtebau-Themen Interessierte ansprechen. Inhaltlich wird das Architekturforum sein bekanntes Programm weiterführen. Pro Jahr sind vier Schwerpunkt-Ausstellungen geplant sowie Kurse und Vorträge. Neu ist jedoch laut Josef Schätti eine Diskussionsrunde, die «Dienstagsdebatte», die vier- bis sechsmal im Jahr stattfinden soll. Sie startet am 15. April mit einer Diskussion über die Stadtentwicklung in Zürich. Ausserdem sollen künftig Kurzausstellungen gezeigt werden, mit denen das Leitungsteam schneller auf aktuelle Themen und Anlässe wie etwa das Andermatt-Projekt von Samih Sawiris oder wichtige Architekturwettbewerbe reagieren möchte.

Im rückwärtigen Teil des neuen Forums, einige Stufen tiefer gelegen als der strassenseitige Raum, befindet sich die alte Werkstatt, die sich mit einem grossen Metalltor zum Innenhof öffnet. Dieser längliche Raum soll vor allem für Vorträge und Diskussionen dienen, aber auch mit grösseren Ausstellungen bespielt werden. Für diesen Bereich entwarfen die Architekten ein System, das den Raum mit einem rundum verlaufenden schwarzen Vorhang in eine Art Black Box verwandeln kann.

Wie das 40-köpfige Team um Quintus Miller und Paola Maranta genau entwirft und arbeitet, lässt sich in der derzeitigen Werkschau nachvollziehen, mit der das Architekturforum dieses Wochenende seine Wiedereröffnung feiert. Im vorderen Raum sind Zeichnungen, Modelle, Bilder und eine grosse Mustersammlung ausgestellt, welche die Arbeitsmethodik und Denkweise des 1994 gegründeten Büros anschaulich machen: das Abtasten, Suchen, Annähern und Überprüfen der Architekten, das Vergleichen und Abwägen, das Modellieren und ständige Reiben von der ersten Idee bis zum fertigen Bauwerk. Im zweiten Raum zeigt die Schau eine fotografische und literarische Annäherung an die Bauten der Basler Architekten. Zusammen mit dem Fotografen Ruedi Walti wurden vier Schriftsteller – Ruth Schweikert, Ulrich Knellwolf, Ilma Rakusa und Peter Jakob Kelting – zu je einem realisierten Bau von Miller & Maranta geschickt. Ergebnis der Spurensuche sind Bildserien über das Hotel Waldhaus in Sils Maria, die Markthalle Färberplatz in Aarau, die Seniorenresidenz Spirgarten in Zürich und das Wohnhaus Schwarzpark in Basel, die sich mit den literarischen Texten verbinden. Die auf diese Weise entstandenen unterschiedlichen Lesarten der Projekte spiegeln das assoziative Vorgehen von Miller & Maranta beim Entwurf wider.

[ Architekturforum Zürich (www.architekturforum-zuerich.ch), Brauerstrasse 16, Ausstellung Carte Blanche V: Miller & Maranta, 6. April bis 17. Mai. Geöffnet Di, Mi, Fr 12–18, Do 16–22 h. Vernissage der Ausstellung: 5. April, 18 h. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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