Artikel
Von roher Schönheit
15. August 2008 - Georges Waser
Endlich hat der mit dem Guggenheim Museum in Bilbao und der Disney Concert Hall in Los Angeles berühmt gewordene Frank Gehry auch in England einen Bau stehen. Aus seinem Siedlungsprojekt mit Sportzentrum für den Küstenort Hove wurde nichts, und sein Maggie's Centre Dundee - ein Haus für Krebskranke - steht in Schottland. Wohlgemerkt, Gehrys erste in England entstandene Struktur wird nur gerade einen Sommer überdauern: Es ist der Ende Juli eingeweihte Serpentine Gallery Pavilion, dessen Standort die an den Londoner Hyde Park grenzenden Kensington Gardens sind. Übrigens entsprang das Konzept der erstmaligen Zusammenarbeit Gehrys mit seinem Sohn Samuel.
Schaufenster für Baukunst
Die Serpentine Gallery, 1934 als Teestube erbaut, ist in London seit geraumer Zeit eines der vorrangigen Ausstellungslokale für Kunst der Moderne und der Gegenwart - Louise Bourgeois, Damien Hirst, Piero Manzoni, Man Ray, Cindy Sherman, Cy Twombly und Andy Warhol, sie alle wurden seit 1970 hier gezeigt. Seit dem Jahr 2000 aber versteht sich die Galerie auch als Schaufenster für Grössen, die der Baukunst neue Wege weisen. Genauer noch: für Stararchitekten aus der ganzen Welt, die - wie eben Gehry - in England noch nie gebaut haben. Der für drei Monate auf dem die Gallery umgebenden Grasland zu errichtende Pavillon, mit dem jedes Jahr ein anderer Architekt beauftragt wird, soll tagsüber als Café und nachts als Forum für Debatten und Unterhaltungszwecke genutzt werden können. Ein Budget für dieses Unternehmen hat die Serpentine Gallery nicht; das Geld für den Pavillon kommt von Sponsoren und aus dem Verkauf der jeweiligen Struktur, die nach rund drei Monaten ihren Dienst erfüllt hat.
Obschon sie relativ wenig Geld kosten dürfen, seien die Pavillons unglaublich gut - dieses Kompliment kommt von keinem Geringeren als Richard Rogers. Und wer sind die Vorgänger von Gehry, dem diesjährigen Architekten? Sie heissen Olafur Eliasson und Kjetil Thorsen (2007), Rem Koolhaas (2006), Álvaro Siza und Eduardo Souto de Moura (2005), Oscar Niemeyer (2003), Toyo Ito (2002), Daniel Libeskind (2001) sowie Zaha Hadid (2000). Bereits siebenmal war übrigens die Ingenieurfirma Arup mitbeteiligt. Einzig ein Pavillon in der Form eines Berges, für den 2004 das niederländische Architekturbüro MVRDV den Auftrag bekommen hatte, kam nicht zustande.
Laut Gehry sollen ihm bei der Konzeption seines Pavillons Leonardo da Vincis Zeichnungen für riesige Katapulte eine Anregung gewesen sein - und in der Tat denkt, wer sich der Struktur nähert, an einen gewaltigen, zur Belagerung einer Stadt dienenden Mechanismus. Die Konstruktion besteht aus kolossalen, in bizarren Winkeln aufragenden Holzbalken, aus stachelig anmutenden Stahlelementen und grossen, sich überschneidenden Glasplatten - Letztere ein Schutz gegen Regen und Wind und zugleich eine Art Lichtfilter. Obschon scheinbar zufällig, ist die Struktur geometrisch komplex. So sind denn die beiden Zugänge auch nach der Kuppel der Serpentine Gallery ausgerichtet. Um diejenigen, welche hindurchpromenieren, greift der Pavillon wie ein Amphitheater aus: Die Sitzgelegenheiten steigen in Terrassen an, und über diese erheben sich zwei kleine, eigentlichen Aussichtspunkten ähnliche Podien, die von den beiden Längsseiten des Baus her zugänglich sind. Gehrys Pavillon wohnen sowohl eine rohe Schönheit als auch verspielte Einfälle inne - dank denen er als Aufführungsort für Shakespeares «Sommernachtstraum» gut denkbar wäre.
Langgehegte Idee
An der Pressekonferenz in der Serpentine Gallery bemerkte Gehry, er habe nichts zu sagen; was er habe sagen wollen, stehe draussen vor der Galerie. Einem Journalisten hatte er allerdings gestanden, mit derart bizarr aneinandergefügten Holzbalken habe er einst für sich selbst ein Haus bauen wollen. Aus der Idee sei nichts geworden - und vielleicht sei eben jetzt der Serpentine Gallery Pavilion dieses Haus. Jedenfalls hat damit Frank Gehry einmal mehr bewiesen, wie sehr die Einheit von Form und Funktion seine ikonischen Bauten auszeichnet. Der Reihe der Serpentine Gallery Pavilions steht der seine gut an - als ein vortreffliches Glied in der von der Gallery begründeten Tradition kurzlebiger Londoner Wahrzeichen.
Schaufenster für Baukunst
Die Serpentine Gallery, 1934 als Teestube erbaut, ist in London seit geraumer Zeit eines der vorrangigen Ausstellungslokale für Kunst der Moderne und der Gegenwart - Louise Bourgeois, Damien Hirst, Piero Manzoni, Man Ray, Cindy Sherman, Cy Twombly und Andy Warhol, sie alle wurden seit 1970 hier gezeigt. Seit dem Jahr 2000 aber versteht sich die Galerie auch als Schaufenster für Grössen, die der Baukunst neue Wege weisen. Genauer noch: für Stararchitekten aus der ganzen Welt, die - wie eben Gehry - in England noch nie gebaut haben. Der für drei Monate auf dem die Gallery umgebenden Grasland zu errichtende Pavillon, mit dem jedes Jahr ein anderer Architekt beauftragt wird, soll tagsüber als Café und nachts als Forum für Debatten und Unterhaltungszwecke genutzt werden können. Ein Budget für dieses Unternehmen hat die Serpentine Gallery nicht; das Geld für den Pavillon kommt von Sponsoren und aus dem Verkauf der jeweiligen Struktur, die nach rund drei Monaten ihren Dienst erfüllt hat.
Obschon sie relativ wenig Geld kosten dürfen, seien die Pavillons unglaublich gut - dieses Kompliment kommt von keinem Geringeren als Richard Rogers. Und wer sind die Vorgänger von Gehry, dem diesjährigen Architekten? Sie heissen Olafur Eliasson und Kjetil Thorsen (2007), Rem Koolhaas (2006), Álvaro Siza und Eduardo Souto de Moura (2005), Oscar Niemeyer (2003), Toyo Ito (2002), Daniel Libeskind (2001) sowie Zaha Hadid (2000). Bereits siebenmal war übrigens die Ingenieurfirma Arup mitbeteiligt. Einzig ein Pavillon in der Form eines Berges, für den 2004 das niederländische Architekturbüro MVRDV den Auftrag bekommen hatte, kam nicht zustande.
Laut Gehry sollen ihm bei der Konzeption seines Pavillons Leonardo da Vincis Zeichnungen für riesige Katapulte eine Anregung gewesen sein - und in der Tat denkt, wer sich der Struktur nähert, an einen gewaltigen, zur Belagerung einer Stadt dienenden Mechanismus. Die Konstruktion besteht aus kolossalen, in bizarren Winkeln aufragenden Holzbalken, aus stachelig anmutenden Stahlelementen und grossen, sich überschneidenden Glasplatten - Letztere ein Schutz gegen Regen und Wind und zugleich eine Art Lichtfilter. Obschon scheinbar zufällig, ist die Struktur geometrisch komplex. So sind denn die beiden Zugänge auch nach der Kuppel der Serpentine Gallery ausgerichtet. Um diejenigen, welche hindurchpromenieren, greift der Pavillon wie ein Amphitheater aus: Die Sitzgelegenheiten steigen in Terrassen an, und über diese erheben sich zwei kleine, eigentlichen Aussichtspunkten ähnliche Podien, die von den beiden Längsseiten des Baus her zugänglich sind. Gehrys Pavillon wohnen sowohl eine rohe Schönheit als auch verspielte Einfälle inne - dank denen er als Aufführungsort für Shakespeares «Sommernachtstraum» gut denkbar wäre.
Langgehegte Idee
An der Pressekonferenz in der Serpentine Gallery bemerkte Gehry, er habe nichts zu sagen; was er habe sagen wollen, stehe draussen vor der Galerie. Einem Journalisten hatte er allerdings gestanden, mit derart bizarr aneinandergefügten Holzbalken habe er einst für sich selbst ein Haus bauen wollen. Aus der Idee sei nichts geworden - und vielleicht sei eben jetzt der Serpentine Gallery Pavilion dieses Haus. Jedenfalls hat damit Frank Gehry einmal mehr bewiesen, wie sehr die Einheit von Form und Funktion seine ikonischen Bauten auszeichnet. Der Reihe der Serpentine Gallery Pavilions steht der seine gut an - als ein vortreffliches Glied in der von der Gallery begründeten Tradition kurzlebiger Londoner Wahrzeichen.
Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung
Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroom