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Fehlt nur noch Surround Sound
Das Schwarz der Architekten. Die Schwierigkeit, einen guten Stuhl zu bauen. Der Ziegel des Jahres. Neue Architektur- bücher: über Le Corbusier, Hiesmayr, Mies van der Rohe, die Jungen, die Wilden und die jungen Wilden.
7. Dezember 2008 - Wolfgang Freitag
„Weil sie um ihre Zukunft fürchten“, antwortet Wolf D. Prix. „Weil sie sich scheuen, Farbe zu bekennen“, erwidert Florian Lichtblau. Und Hani Rashid behauptet gar: „Um sich im Raum aufzulösen.“ Die Frage, die ihnen allen und noch gut 100 weiteren Architekten weltweit von Cordula Rau gestellt wurde: „Why Do Architects Wear Black?“ Und die ist zugleich Titel des von ihr herausgegebenen Bandes, der höchst unterschiedliche Annäherungen an die höchst diffizile Fragestellung versammelt: von witzig-polemisch über seriös bis zu bierernst (228S., geb., €18; Springer Verlag, Wien). Rückschlüsse auf die Architektur der jeweiligen Wortspender sind erlaubt, aber nicht immer sinnfällig.
Kennen Sie die Zedlitzhalle?
Ein Prater mit Rotunde. Die Kuppel des Zirkus Schumann in der Märzstraße. Und das Gebäude der Gartenbaugesellschaft am Parkring samt der benachbarten lang gestreckten Zedlitzhalle: „Wien von oben“, will sagen in Flugaufnahmen, entstanden zwischen 1890 und 1935, präsentiert ein ebenso betitelter Band, den der Wiener Album Verlag hervorgebracht hat. Für alle, die wissen wollen, wie das wirklich ausgeschaut hat, damals, als die Zeit zwar alt, aber sicher nicht immer gut war (120S., geb., €22).
Die Jungen und die Wilden.
Die „Architekturkonzepte einer Generation, die bald in Praxis und Theorie der Architektur tonangebend sein wird“, wollte der amerikanische Architekturpublizist Kieran Long porträtieren. Zustande gekommen ist ein mutig disparates Kompendium unterschiedlichster Stile und Herangehensweisen: „Young Architects – Die Avantgarde“ (352S., geb., €49,95; Callwey Verlag, München). Heimische Beiträge unter den 100 vorgestellten Büros: Caramel, Feld72, Next Enterprise und Purpur.
Die Landfresser.
Golfplätze, die aus Wüsten wachsen. Vorstädte, die sich, jedes Stück freies Land verzehrend, ins städtische Umland fressen. Parkplätze, die viel größer sind als der Raum, den sich die Menschen zum Leben zugestehen. All das sind längst keine US-amerikanischen Spezialitäten mehr, aber in den USA hat sie Alex MacLean fotografiert, von seiner kleinen Cessna aus. „Over – Der American Way of Life oder Das Ende der Landschaft“ ist sein Band betitelt: ein Blick über den Atlantik – und in unsere unmittelbare europäische Zukunft (336S., geb., €58; Schirmer/Mosel Verlag, München).
Ein Atlas ohne Österreich.
Ja, es gibt sie auch in Österreich, die zeitgenössische Landschaftsarchitektur. Noch nicht wirklich im allgemeinen Bewusstsein verankert vielleicht. Und vielleicht auch noch nicht durchgängig auf dem Niveau von Ländern, wo dieses Bewusstsein auf jahrhundertelangen Traditionen aufbauen kann (Frankreich! England!). Die findet man auch prominent vertreten im „Atlas der zeitgenössischen Landschaftsarchitektur“, den Àlex Sánchez Vidiella im Dumont Verlag, Köln, herausgegeben hat (600S., geb., €68). Österreich findet man nicht. Noch nicht?
Stadtforscher unterwegs.
Michael Zinganel wandert durch Wien und Graz „zwischen Bildungsauftrag und widerständigen Lesarten“. Meike Günther reist „durch Geschichten chinesischer Gegenwartskünstler“. Und Eberhard Syring beobachtet am Beispiel Bremen den „bebauten städtischen Raum und die Bilder, die wir (uns) von ihm machen“. Alles zusammen und noch etliches mehr haben Elke Krasny und Irene Nierhaus in dem Band „Urbanografien – Stadtforschung in Kunst, Architektur und Theorie“ zusammengefasst (208S., brosch., €39; Reimer Verlag, Berlin), der am 15.Dezember im Wiener Museum auf Abruf (Felderstraße 6–8) im Rahmen einer Podiumsdiskussion vorgestellt wird. Beginn 19 Uhr.
Ein Guter Stuhl? Schwierig!
„Es ist schwieriger, einen guten Stuhl zu bauen als einen Wolkenkratzer“, soll Ludwig Mies van der Rohe einmal bekundet haben. Und der wusste, wovon er da sprach: Schließlich gehören Stühle und anderes Mobiliar gleichermaßen zu seinem weiten Betätigungsfeld wie Hochhäuser. Bei Hatje Cantz, Ostfildern, hat man sie versammelt, den Pavillonsessel für Barcelona, den Freischwinger für Stuttgart, das Lilly-Reich-Geflecht und alles andere, was zu den Innenraumkonzepten Mies van der Rohes zu sagen ist: „Mies und das Neue Wohnen – Räume, Möbel, Fotografie“, herausgegeben von Helmut Reuter und Birgit Schulte (288S., geb., €49,80).
Nachgelassene Welterfahrung.
„Der Architekt beginnt bei Form und Fuge“, notierte er zu Alvar Aaltos Sommerhaus. Und zum Museumsquartier: „Die Zweite Republik hat die Chance verspielt, durch einen Abbruch der Reithalle, einem Dutzendprodukt des Historismus, einen Platz im Kern der Stadt zu bilden.“ Es ist ein Vermächtnis, das uns Ernst Hiesmayr (1920 bis 2006) mit einer Sammlung kommentierter Fotografien von Bauwerken quer durch Länder und Zeiten hinterlassen hat: kommentiert durch ihn selbst und durch von ihm ausgewählte Zitate aus der Philosophie des Orients wie des Okzidents. Jetzt bei Springer, Wien: „Geschautes – Bilder einer Welterfahrung“, herausgegeben von Walter Zschokke, Hildegard Burgstaller und Michael Hiesmayr (272S., geb., €29,95). Präsentiert wird der Band am 9.Dezember in der Wiener Aula der Wissenschaften (Wollzeile 27a). Beginn 18.30 Uhr.
Der Le-Corbusier-Ziegel.
Der Ziegel des Jahres kommt nicht von Wienerberger, sondern vom Berliner Phaidon Verlag. Doch für das Leben eines der ganz Großen ist ein Volumen von 420 mal 320 mal 85 Millimeter allemal angemessen: „Le Corbusier: Le Grand“ von Jean-Louis Cohen und Tim Benton ist nicht noch eine, sondern die visuelle Biografie, und das Übermaß rechtfertigt sich in diesem Fall durch die sinnliche Fülle des Gebotenen: von Zeichnungen bis zu persönlicher Korrespondenz, von Fotografien bis zu Zeitungsartikeln (624S., geb., €150). Architektur in Cinemascope. Fehlt nur noch Surround Sound.
Kennen Sie die Zedlitzhalle?
Ein Prater mit Rotunde. Die Kuppel des Zirkus Schumann in der Märzstraße. Und das Gebäude der Gartenbaugesellschaft am Parkring samt der benachbarten lang gestreckten Zedlitzhalle: „Wien von oben“, will sagen in Flugaufnahmen, entstanden zwischen 1890 und 1935, präsentiert ein ebenso betitelter Band, den der Wiener Album Verlag hervorgebracht hat. Für alle, die wissen wollen, wie das wirklich ausgeschaut hat, damals, als die Zeit zwar alt, aber sicher nicht immer gut war (120S., geb., €22).
Die Jungen und die Wilden.
Die „Architekturkonzepte einer Generation, die bald in Praxis und Theorie der Architektur tonangebend sein wird“, wollte der amerikanische Architekturpublizist Kieran Long porträtieren. Zustande gekommen ist ein mutig disparates Kompendium unterschiedlichster Stile und Herangehensweisen: „Young Architects – Die Avantgarde“ (352S., geb., €49,95; Callwey Verlag, München). Heimische Beiträge unter den 100 vorgestellten Büros: Caramel, Feld72, Next Enterprise und Purpur.
Die Landfresser.
Golfplätze, die aus Wüsten wachsen. Vorstädte, die sich, jedes Stück freies Land verzehrend, ins städtische Umland fressen. Parkplätze, die viel größer sind als der Raum, den sich die Menschen zum Leben zugestehen. All das sind längst keine US-amerikanischen Spezialitäten mehr, aber in den USA hat sie Alex MacLean fotografiert, von seiner kleinen Cessna aus. „Over – Der American Way of Life oder Das Ende der Landschaft“ ist sein Band betitelt: ein Blick über den Atlantik – und in unsere unmittelbare europäische Zukunft (336S., geb., €58; Schirmer/Mosel Verlag, München).
Ein Atlas ohne Österreich.
Ja, es gibt sie auch in Österreich, die zeitgenössische Landschaftsarchitektur. Noch nicht wirklich im allgemeinen Bewusstsein verankert vielleicht. Und vielleicht auch noch nicht durchgängig auf dem Niveau von Ländern, wo dieses Bewusstsein auf jahrhundertelangen Traditionen aufbauen kann (Frankreich! England!). Die findet man auch prominent vertreten im „Atlas der zeitgenössischen Landschaftsarchitektur“, den Àlex Sánchez Vidiella im Dumont Verlag, Köln, herausgegeben hat (600S., geb., €68). Österreich findet man nicht. Noch nicht?
Stadtforscher unterwegs.
Michael Zinganel wandert durch Wien und Graz „zwischen Bildungsauftrag und widerständigen Lesarten“. Meike Günther reist „durch Geschichten chinesischer Gegenwartskünstler“. Und Eberhard Syring beobachtet am Beispiel Bremen den „bebauten städtischen Raum und die Bilder, die wir (uns) von ihm machen“. Alles zusammen und noch etliches mehr haben Elke Krasny und Irene Nierhaus in dem Band „Urbanografien – Stadtforschung in Kunst, Architektur und Theorie“ zusammengefasst (208S., brosch., €39; Reimer Verlag, Berlin), der am 15.Dezember im Wiener Museum auf Abruf (Felderstraße 6–8) im Rahmen einer Podiumsdiskussion vorgestellt wird. Beginn 19 Uhr.
Ein Guter Stuhl? Schwierig!
„Es ist schwieriger, einen guten Stuhl zu bauen als einen Wolkenkratzer“, soll Ludwig Mies van der Rohe einmal bekundet haben. Und der wusste, wovon er da sprach: Schließlich gehören Stühle und anderes Mobiliar gleichermaßen zu seinem weiten Betätigungsfeld wie Hochhäuser. Bei Hatje Cantz, Ostfildern, hat man sie versammelt, den Pavillonsessel für Barcelona, den Freischwinger für Stuttgart, das Lilly-Reich-Geflecht und alles andere, was zu den Innenraumkonzepten Mies van der Rohes zu sagen ist: „Mies und das Neue Wohnen – Räume, Möbel, Fotografie“, herausgegeben von Helmut Reuter und Birgit Schulte (288S., geb., €49,80).
Nachgelassene Welterfahrung.
„Der Architekt beginnt bei Form und Fuge“, notierte er zu Alvar Aaltos Sommerhaus. Und zum Museumsquartier: „Die Zweite Republik hat die Chance verspielt, durch einen Abbruch der Reithalle, einem Dutzendprodukt des Historismus, einen Platz im Kern der Stadt zu bilden.“ Es ist ein Vermächtnis, das uns Ernst Hiesmayr (1920 bis 2006) mit einer Sammlung kommentierter Fotografien von Bauwerken quer durch Länder und Zeiten hinterlassen hat: kommentiert durch ihn selbst und durch von ihm ausgewählte Zitate aus der Philosophie des Orients wie des Okzidents. Jetzt bei Springer, Wien: „Geschautes – Bilder einer Welterfahrung“, herausgegeben von Walter Zschokke, Hildegard Burgstaller und Michael Hiesmayr (272S., geb., €29,95). Präsentiert wird der Band am 9.Dezember in der Wiener Aula der Wissenschaften (Wollzeile 27a). Beginn 18.30 Uhr.
Der Le-Corbusier-Ziegel.
Der Ziegel des Jahres kommt nicht von Wienerberger, sondern vom Berliner Phaidon Verlag. Doch für das Leben eines der ganz Großen ist ein Volumen von 420 mal 320 mal 85 Millimeter allemal angemessen: „Le Corbusier: Le Grand“ von Jean-Louis Cohen und Tim Benton ist nicht noch eine, sondern die visuelle Biografie, und das Übermaß rechtfertigt sich in diesem Fall durch die sinnliche Fülle des Gebotenen: von Zeichnungen bis zu persönlicher Korrespondenz, von Fotografien bis zu Zeitungsartikeln (624S., geb., €150). Architektur in Cinemascope. Fehlt nur noch Surround Sound.
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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