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Verzinkt, verhunzt, verbockt
Ein differenziertes Konzept, eine furchtbar schlampige Ausführung und am Ende ein frustrierter Architekt: die neue Gärtner-Unterkunft im Wiener Stadtpark. Anatomie eines Debakels.
10. Mai 2009 - Liesbeth Waechter-Böhm
Man sollte meinen, dass ein kleiner Nutzbau kein Anlass für viele Worte ist. Im Fall der Gärtner-(innen)-Unterkunft im Wiener Stadtpark ist das mitnichten so. Denn die hat nicht nur eine schillernde Vorgeschichte, die wurde im Resultat auch zu einem Debakel. Und das im Stadtpark. Einer der bedeutendsten Parkanlagen Wiens.
Christoph Mayrhofer, der Architekt, machtaus seinem Frust kein Hehl. Er hat eine tadellose Planung vorgelegt, ein ausgesprochen differenziertes Konzept. Ihm ging es vor allem darum, seine architektonische Intervention mit dem Park-Kontext zu verschmelzen, nicht den Auftritt eines Gebäudes zu inszenieren, sondern eine transparente Anlage, die sich mit der grünen Umgebung austauscht. Tatsächlich entdeckt man die Gartenpflegestation gar nicht so leicht, wenn man von der Ringseite her durch den Park schlendert. Es durfte nämlich kein Baum gefällt werden, die Anlage ist in die bestehende Bepflanzung hineinkomponiert.Umso schlimmer ist es dafür an der Wientalseite und an der Eingangsseite bei der Ungarbrücke. Wenn man vor dem Eingang steht, ist der erste Eindruck der einer Mülldeponie. Mitten im Stadtpark.
Nun kann man argumentieren, dass eine solche Anlage eine Arbeitsstätte ist, an der es um die weniger präsentablen Aspekte dieses Grünraums geht: Hier stehen die Fahrzeuge, die man braucht; Erde und Saatgut werden gelagert und natürlich auch der grüne Abfall; im speziellen Fall wird sogar wirklich der Müll aus dem Stadtpark zwischenzeitlich deponiert. Und es gibt das, was das Personal braucht: Duschen und Umkleiden, eine Küche und eine Kantine, den Objektleiter-Stützpunkt, Büros, eine Besprechungseinheit.
Christoph Mayrhofer hat das alles in zwei Gebäuden untergebracht, die zueinander versetzt sind und annähernd den Zuschnitt von Tortenstücken haben. Dadurch ergeben sich, neben dem großen Hof vor der Fahrzeughalle, auch kleiner dimensionierte Außenräume. Eingefasst sollte die freie, der Bepflanzung folgende Form der Anlage von einem unterschiedlich hohen Lamellenzaun aus Lärchenholz werden. Die Betonung liegt auf „sollte“. Denn ausgeführt wurde nicht einmal die Hälfte dieser entscheidenden architektonischen Maßnahme. Der Rest wurde durch einen unglaublich scheußlichen, verzinkten Stabilgitterzaun ersetzt, der an der Innenseite mit einem grünen Plastiknetz, wie man es von Tennisplätzen kennt, bespannt ist. Es ist einfach nicht zu glauben, dass so etwas im Wiener Stadtpark erlaubt wurde. Aber auch der Zaunteil mit den Holzlamellen spottet jeder Beschreibung – und der Planung des Architekten. Da ist die Stahlkonstruktion viel zu massiv, die Abstände zwischen den Lamellen sind zu groß, die Lamellen selbst ganz anders dimensioniert, als vom Architekten vorgegeben. Der hat natürlich am 1:1-Modell ausprobiert, damit der Zaun einerseits Sichtschutz und andererseits doch noch transparent ist.
Jetzt begreift kein Mensch, was dieses Rudiment eines Lamellenzauns überhaupt soll.Er ist furchtbar schlampig ausgeführt – viele Lamellen sind nicht einmal richtig senkrecht –, die Holzqualität ist so miserabel, dassman gar nicht glauben mag, dass es sich wirklich um Lärche handelt; und obendrein wurden die Lamellen nicht einmal sachgerecht befestigt – es wurden nämlich verzinkte Schrauben verwendet, nicht solche aus Edelstahl. Die würde es aber brauchen, weil Lärche sehr aggressive Säuren enthält. Man muss sich die Absurdität der Situation vor Augen führen: Das Wiener Stadtgartenamt hatte im Stadtpark zwei räumlich getrennte Einrichtungen. Eine, die sogenannte „Unterkunft“, steht jetzt noch; die zweite, Glashäuser und Baracken, auf dem jetzigen Standort. Das machte ein ständiges Hin und Her notwendig. Im Zuge der ersten Planung für ein Entlastungsgerinne des Wienflusses entstand auch die Idee für einen neuen Pflegestützpunkt an der Stelle der alten Glashäuser. Nun hätte die ursprüngliche Planungdes Entlastungsgerinnes einen gravierenden Kahlschlag des historischen Grünbestands im Stadtpark bedeutet, was zum Rücktritt der Umweltstadträtin geführt hat. Es gab damals ein Vergabeverfahren unter Landschaftsplanern, die sich jeweils einen Architekten als Spartenplaner wählen mussten und ein Projekt zur Neugestaltung dieses Stadtparkbereichs entwickeln sollten. Cordula Loidl-Reisch hat sich Christoph Mayrhofer ausgesucht, der auf diesem Gebiet schon Erfahrung besitzt. Er hat immerhin zwei solche Stationen – im 21. und im 11. Bezirk – errichtet und damit eine sehr positive mediale Resonanz gefunden.
Die Ausgangslage wurde schlagartig anders, als der Verlauf des Entlastungsgerinnes geändert wurde. Aber immer ging es darum, sowohl den Denkmalschutz als auch den Gestaltungsbeirat zu überzeugen.
Mayrhofer hat alle Bedenken mit seinem Projekt ausgeräumt, das Wiener Stadtgartenamt konnte genau dort bauen, wo es wollte. Erste Kuriosität: Die alte Unterkunft, die angeblich abgerissen werden sollte, steht weiter – laut Objektsleiter noch mindestens zwei Jahre. Denn man braucht ja auch anderswo neue Unterkünfte, da muss das Personal vorübergehend irgendwo untergebracht werden. Wo diese Unterkünfte entstehen sollen? Im Draschepark im 10. Bezirk, also weit weg, und im gar nicht so nahen Rathauspark. Werden sich die Gärtner wirklich im Stadtpark in ihre Arbeitskluft werfen, halb Wien durchqueren und nach getaner Arbeit dreckig zu ihren Duschen und Umkleiden im Stadtpark fahren?
Das wirklich Ärgerliche an der Angelegenheit ist: Da hat ein Architekt mit äußerst sauberen Mitteln geplant. Er hat den Standort in jeder Hinsicht gewürdigt, angemessen auf die bescheidene Nutzung reagiert – mit einfachen Sandwichpaneelen und Acrylstegplatten. Die Delikatesse liegt in der räumlichen Lösung und den Durchblicken. Aber sogar das haben sie ihm verhunzt, eine Glaswand wurde einfach durch Gipskarton ersetzt. Von seiner Einrichtungsplanung gar nicht zu reden. Die Herrschaften vom Wiener Stadtgartenamt betrachten ihre „Unterkunft“ als eine Art Privatwohnung – finanziert aus öffentlichen Geldern.
Und nun kommen wir zum ganz Ärgerlichen: Christoph Mayrhofer hat schon zwei solche Einrichtungen geplant – nicht nur als Architekt, er hat sie als Generalplaner schlüsselfertig übergeben. Dabei ist er immer auf einen Preis von unter 700 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche gekommen. Im Stadtpark hatte die Baudurchführung die MA 34. Und da beträgt der Quadratmeterpreis ungefähr 2100 Euro, also das Dreifache. Klar ist, dass der Aufwand bei einem Bau im Stadtpark größer ist als auf der Simmeringer Haide. Aber das Dreifache?
Christoph Mayrhofer, der Architekt, machtaus seinem Frust kein Hehl. Er hat eine tadellose Planung vorgelegt, ein ausgesprochen differenziertes Konzept. Ihm ging es vor allem darum, seine architektonische Intervention mit dem Park-Kontext zu verschmelzen, nicht den Auftritt eines Gebäudes zu inszenieren, sondern eine transparente Anlage, die sich mit der grünen Umgebung austauscht. Tatsächlich entdeckt man die Gartenpflegestation gar nicht so leicht, wenn man von der Ringseite her durch den Park schlendert. Es durfte nämlich kein Baum gefällt werden, die Anlage ist in die bestehende Bepflanzung hineinkomponiert.Umso schlimmer ist es dafür an der Wientalseite und an der Eingangsseite bei der Ungarbrücke. Wenn man vor dem Eingang steht, ist der erste Eindruck der einer Mülldeponie. Mitten im Stadtpark.
Nun kann man argumentieren, dass eine solche Anlage eine Arbeitsstätte ist, an der es um die weniger präsentablen Aspekte dieses Grünraums geht: Hier stehen die Fahrzeuge, die man braucht; Erde und Saatgut werden gelagert und natürlich auch der grüne Abfall; im speziellen Fall wird sogar wirklich der Müll aus dem Stadtpark zwischenzeitlich deponiert. Und es gibt das, was das Personal braucht: Duschen und Umkleiden, eine Küche und eine Kantine, den Objektleiter-Stützpunkt, Büros, eine Besprechungseinheit.
Christoph Mayrhofer hat das alles in zwei Gebäuden untergebracht, die zueinander versetzt sind und annähernd den Zuschnitt von Tortenstücken haben. Dadurch ergeben sich, neben dem großen Hof vor der Fahrzeughalle, auch kleiner dimensionierte Außenräume. Eingefasst sollte die freie, der Bepflanzung folgende Form der Anlage von einem unterschiedlich hohen Lamellenzaun aus Lärchenholz werden. Die Betonung liegt auf „sollte“. Denn ausgeführt wurde nicht einmal die Hälfte dieser entscheidenden architektonischen Maßnahme. Der Rest wurde durch einen unglaublich scheußlichen, verzinkten Stabilgitterzaun ersetzt, der an der Innenseite mit einem grünen Plastiknetz, wie man es von Tennisplätzen kennt, bespannt ist. Es ist einfach nicht zu glauben, dass so etwas im Wiener Stadtpark erlaubt wurde. Aber auch der Zaunteil mit den Holzlamellen spottet jeder Beschreibung – und der Planung des Architekten. Da ist die Stahlkonstruktion viel zu massiv, die Abstände zwischen den Lamellen sind zu groß, die Lamellen selbst ganz anders dimensioniert, als vom Architekten vorgegeben. Der hat natürlich am 1:1-Modell ausprobiert, damit der Zaun einerseits Sichtschutz und andererseits doch noch transparent ist.
Jetzt begreift kein Mensch, was dieses Rudiment eines Lamellenzauns überhaupt soll.Er ist furchtbar schlampig ausgeführt – viele Lamellen sind nicht einmal richtig senkrecht –, die Holzqualität ist so miserabel, dassman gar nicht glauben mag, dass es sich wirklich um Lärche handelt; und obendrein wurden die Lamellen nicht einmal sachgerecht befestigt – es wurden nämlich verzinkte Schrauben verwendet, nicht solche aus Edelstahl. Die würde es aber brauchen, weil Lärche sehr aggressive Säuren enthält. Man muss sich die Absurdität der Situation vor Augen führen: Das Wiener Stadtgartenamt hatte im Stadtpark zwei räumlich getrennte Einrichtungen. Eine, die sogenannte „Unterkunft“, steht jetzt noch; die zweite, Glashäuser und Baracken, auf dem jetzigen Standort. Das machte ein ständiges Hin und Her notwendig. Im Zuge der ersten Planung für ein Entlastungsgerinne des Wienflusses entstand auch die Idee für einen neuen Pflegestützpunkt an der Stelle der alten Glashäuser. Nun hätte die ursprüngliche Planungdes Entlastungsgerinnes einen gravierenden Kahlschlag des historischen Grünbestands im Stadtpark bedeutet, was zum Rücktritt der Umweltstadträtin geführt hat. Es gab damals ein Vergabeverfahren unter Landschaftsplanern, die sich jeweils einen Architekten als Spartenplaner wählen mussten und ein Projekt zur Neugestaltung dieses Stadtparkbereichs entwickeln sollten. Cordula Loidl-Reisch hat sich Christoph Mayrhofer ausgesucht, der auf diesem Gebiet schon Erfahrung besitzt. Er hat immerhin zwei solche Stationen – im 21. und im 11. Bezirk – errichtet und damit eine sehr positive mediale Resonanz gefunden.
Die Ausgangslage wurde schlagartig anders, als der Verlauf des Entlastungsgerinnes geändert wurde. Aber immer ging es darum, sowohl den Denkmalschutz als auch den Gestaltungsbeirat zu überzeugen.
Mayrhofer hat alle Bedenken mit seinem Projekt ausgeräumt, das Wiener Stadtgartenamt konnte genau dort bauen, wo es wollte. Erste Kuriosität: Die alte Unterkunft, die angeblich abgerissen werden sollte, steht weiter – laut Objektsleiter noch mindestens zwei Jahre. Denn man braucht ja auch anderswo neue Unterkünfte, da muss das Personal vorübergehend irgendwo untergebracht werden. Wo diese Unterkünfte entstehen sollen? Im Draschepark im 10. Bezirk, also weit weg, und im gar nicht so nahen Rathauspark. Werden sich die Gärtner wirklich im Stadtpark in ihre Arbeitskluft werfen, halb Wien durchqueren und nach getaner Arbeit dreckig zu ihren Duschen und Umkleiden im Stadtpark fahren?
Das wirklich Ärgerliche an der Angelegenheit ist: Da hat ein Architekt mit äußerst sauberen Mitteln geplant. Er hat den Standort in jeder Hinsicht gewürdigt, angemessen auf die bescheidene Nutzung reagiert – mit einfachen Sandwichpaneelen und Acrylstegplatten. Die Delikatesse liegt in der räumlichen Lösung und den Durchblicken. Aber sogar das haben sie ihm verhunzt, eine Glaswand wurde einfach durch Gipskarton ersetzt. Von seiner Einrichtungsplanung gar nicht zu reden. Die Herrschaften vom Wiener Stadtgartenamt betrachten ihre „Unterkunft“ als eine Art Privatwohnung – finanziert aus öffentlichen Geldern.
Und nun kommen wir zum ganz Ärgerlichen: Christoph Mayrhofer hat schon zwei solche Einrichtungen geplant – nicht nur als Architekt, er hat sie als Generalplaner schlüsselfertig übergeben. Dabei ist er immer auf einen Preis von unter 700 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche gekommen. Im Stadtpark hatte die Baudurchführung die MA 34. Und da beträgt der Quadratmeterpreis ungefähr 2100 Euro, also das Dreifache. Klar ist, dass der Aufwand bei einem Bau im Stadtpark größer ist als auf der Simmeringer Haide. Aber das Dreifache?
Für den Beitrag verantwortlich: Spectrum
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