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Becken, Bäder und Beton
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Ins Freibad gehen, das hieß einmal: tropfendes Eis am Stiel und am rauen, knalltürkis getünchten Betonbecken aufgeschürfte Knie. Und heute? Aktuelle Freibadarchitektur in und um Österreich.

24. Juli 2009 - Iris Meder
Ins Freibad gehen – das hieß einmal: Schulferien, brütende Hitze, der Geruch nach Sonnencreme, ein Fettfilm auf der Wasseroberfläche, in altem Öl fritierte Pommes Frites, Ketchupflecken auf dem Badetuch, tropfendes Eis am Stiel. Und an rauen, knalltürkis gestrichenen Betonbecken aufgeschürfte Knie.

Zumindest die müssen Freibadbesucher heute weniger befürchten. An die Stelle der betonierten Becken sind vielfach solche aus Edelstahl getreten, wenn man nicht sowieso in Seen und auch wieder in Flüssen schwimmt, die noch in den Siebzigern oft durch Industrie-Abwässer verseucht waren. Allerorten werden Sommerbäder saniert, erweitert, revitalisiert oder neu gebaut. Dabei gibt es zunehmend Alternativen zum auch schon wieder in die Jahre gekommenen Konzept des „Erlebnisbades“ mit vorbereiteten, fertig gelieferten Attraktionen.

Klassiker der Neunziger sind mittlerweile schon Luger & Mauls unprätentiöse Holzbauten der Badeanlage Häupl in Mühlbach und des Seecamping Gruber in Nussdorf am Attersee. Über ein Seebad der besonderen Art verfügt Lunz: die von Hans Kupelwieser entworfene Seebühne, die außerhalb der Spielzeit als Liegefläche des Bades fungiert. Sie wurde mit dem österreichischen Baupreis 2005 prämiert.

Wer Seebad sagt, muss natürlich auch Kaltern sagen. Das von the next ENTERprise und den Landschaftsplanern Land in Sicht gestaltete Freibad mit seinem schwebenden Becken inklusive Boden-Gucklöchern zu den im Becken strampelnden Beinen ist mittlerweile legendär und ein schönes Beispiel dafür, wie ein „Erlebnis“ auch im Setting ambitionierter Architektur bestehen kann.

Historische Fluss- und Seebäder wie etwa die Holzkonstruktionen im Kamptal, das 1930 angelegte Millstätter Bad oder das 1927 von Franz Gessner entworfene Seebad in Gmunden am Traunsee, das 1994 von Hinterwirth Architekten saniert wurde, sind mit ihren charmanten Holzpavillons nach wie vor attraktiv. Aus den Zwanzigerjahren stammt auch das Freibad in Bleiburg, das 1996 behutsam und zurückhaltend erweitert wurde. Der Entwurf von Peter Fleiß führt mit den Materialien Edelstahl für die Becken, roh belassenem Holz für die Nebengebäude und Beton für die Erschließungsbereiche die dezent expressive Sprache der Zwanziger adäquat mit den Mitteln der Gegenwart weiter.

In Schrems revitalisierten der Architekt Thomas Konrad und der Landschaftsplaner Jakob Fina das naturnahe Moorfreibad. Eingebettet in einen Landschaftspark mit alten Bäumen, genießt das Bad eine privilegierte Lage. Dem Konzept der „Parkbäder“ folgend, wie sie vor allem in der Schweiz seit den Dreißigerjahren angelegt wurden, können hier Architektur und Landschaftsplanung zeigen, wie die Bauaufgabe des Open-Air-Schwimmbades die Landschaftswahrnehmung bereichern kann. Die Bauten von Thomas Konrad geben sich als schlichte Pavillons, Holz und Glas machen die subtil in die Landschaft eingebetteten flachen Quader zusätzlich leicht und transparent. In den unregelmäßig geformten Badebereich führen mehrere Stege, die mit warmen, roh belassenen Holzplanken belegt sind.

Wenig Veränderung war bei der denkmalpflegerisch begleiteten Restaurierung und Sanierung der Sichtbeton-Pavillons des Wiener Gänsehäufels nötig. Max Fellerers und Eugen Wörles Klassiker der Nachkriegsjahre hat sich in seiner Anlage mit teils auf zwei Fußgängerebenen geführter Erschließung bis heute beispielhaft bewährt.

In Linz haben Spittelwiese Architekten gemeinsam mit 3:0 Landschaftsarchitektur das Hummelhofbad von 1960 vorbildlich modernisiert. Die Sanierung und Erweiterung der in einer Waldumgebung gelegenen Anlage mit Frei- und Hallenbad bringt die Qualitäten der Nachkriegsmoderne zur Geltung und bereichert sie durch die infrastrukturellen Ergänzungen, die die Gegenwart verlangt. Die Bepflanzung mit hell blühenden Stauden, Zwiebelpflanzen und dunklen Hecken als Hintergrund inszeniert das Bad vor der Folie des angrenzenden Hummelhofwaldes unaufdringlich als die „Wellness-Oase“, als die ein Freizeitbad zusätzlich zu seinen Sport-Facilities heute fungieren muss.

Jenseits der Landesgrenze ist in Brünn neben dem funktionalistischen städtischen Freibad von Bohuslav Fuchs die Erweiterung mit weitgehendem Neubau des Frei- und Hallenbades Kraví hora sehens- und schwimmenswert. Das vom ortsansässigen Atelier DRNH geplante Bad bietet einen spektakulären Blick über die Stadt und zurückgenommene Architektur mit subtilem Einsatz von Holz und Stein. In der Umgebung finden sich neben dem Jugendstil-Thermalfreibad von Jurkovič Dušan im Kurort Luhačovice neue Freibäder in Litomišl von Hruša & Pelcák, in Mokrá von Petr Hovorák/Aleš Putna sowie in Znaim vom Büro Burián Krivinka.

Für das 1974 nach Entwürfen der Architektin Herta Rottleuthner-Frauneder gebauteWellenbad Gleisdorf in der Oststeiermark gabes keine Rettung. Ein Neubau des Büros Pittino & Ortner setzt auf kompromisslos zeitgenössische Architektur mit geneigten Ebenen, schrägen Sichtbetonwänden und einer auskragenden Restaurant-Terrasse. Auch das ursprünglich ebenfalls von Rottleuthner-Frauneder entworfene Frei- und Hallenbad Graz-Eggenberg konnte nicht erhalten werden. Derzeit entsteht an seiner Stelle der Neubau eines Sport- und Wellnessbades nach Entwürfen des Wiener Büros fasch&fuchs.

Auch beim Frei- und Hallenbad Amstetten lohnte der Erhalt des bestehenden Baus bis auf den jüngsten Saunazubau nicht. Den Neubau des „Naturbades“ planten Zechner & Zechner mit der Landschaftsarchitektin Cordula Loidl-Reisch als filigranen, öffenbaren Stahl-Glas-Quader mit Buchten, Inseln und Uferzonen im Freibereich.

Der jüngste Neuzugang im Bereich Naturbad – so werden die in die Landschaft eingebetteten einstigen „Parkbäder“ heute bezeichnet – findet sich im Pürgg-Trautenfels, Steiermark. Den zurückhaltenden Holzbau des kleinen Bades in idyllischer Lage mit weitem Landschaftspanorama, ausgezeichnet mit dem steirischen Holzbaupreis, entwarf das Büro KREINERarchitektur. Rückgrat der Anlage ist ein Holzsteg, der alle Bereiche erschließt, aber auch – nicht unwichtig in Freibädern – als Bühne für (Selbst-)Inszenierungen aller Art fungiert. Ein Thema der Zukunft werden, im Sinne einer Anpassung des Begriffes Naturbad auch an ökologische Prämissen, selbstreinigende Bäder wie das von den Landschaftsarchitekten Schweingruber Zulauf in Biberstein im Schweizer Kanton Aargau realisierte Bio-Schwimmbad sein. Wir freuen uns darauf. Und jetzt bitte eine große Portion Pommes Frites mit Ketchup.

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