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Architektur ohne Berührungsängste
Der Standard

Die simple Eleganz der Bauten des spanischen Architekten Rafael Moneo kann sich in jedem Umfeld beweisen

8. April 2000 - Gerd Zehetner
Museen bezeugen Rafael Moneos Kompetenz als stiller, sensibler Perfektionist im Umgang mit Materialien ebenso wie Bahnhöfe. Selbst die Organisation seines Einkaufszentrums wird bei ihm zu einer städtischen, menschlichen Umwelt.

Ein bemerkenswertes Konzert- und Kongresshaus in San Sebastian wurde eben fertiggestellt. Dessen raffinierter Minimalismus war großen Teilen der Bevölkerung lange nicht geheuer, was einen sechsjährigen Aufschub nach dem Wettbewerbsgewinn 1989 mit sich brachte. Doch auch die vorerst skeptischen Besucher der beiden gläsernen Blöcke, die sich wie Kristalle aus den Felsbrocken der Küste San Sebastians erheben, verstehen schnell die Qualität seiner Architektur, wenn sie sie durchschreiten.

Ein schlichtes Äußeres bedeutet für Moneo nicht gleichzeitig auch ein einfaches Inneres. Im Gegenteil, durch die Hülle spielt er sich frei für die Gestaltung des Innenraums.

Dualität beschäftigt den Professor in all seinen Werken und Theorien.

Im Inneren schweben Auditorien aus Stahlbeton zwischen einer transluzenten Haut aus gebogenen Glassegmenten und dem massiven Unterbau und bilden ein eigenes, geschütztes städtisches Gefüge in der exponierten Lage an der Küste.

Die salzige Luft des Meeres war unter anderem ein Grund für die Verwendung des chemisch sehr resistenten Werkstoffes Glas. Zudem werden Himmel und See reflektiert - ein unendliches Farbenspiel entsteht, das am Abend in ein inneres Leuchten übergeht.

Ob Ziegelfassade wie beim Davis Museum in Massachusetts oder eine dreihundert Meter lange Steinfassade aus römischen Travertin für ein Büro- und Shopping-Center an der großen Diagonal in Barcelona - ein Material wird ausgewählt, analysiert, variiert, ohne es aber die Architektur dominieren zu lassen. Elegant, dem großen Prachtboulevard angemessen, mit Rücksprüngen und Abtreppungen gegliedert zeigt der spanische Architekt an der Diagonal souveränen Umgang mit Dimensionen. Doch auch im Kontakt mit Bauwerken früherer Meister gibt es keine Berührungsängste. Dem Davis Museum von Paul Rudolph stellte Moneo einen Anbau zur Seite, der einmal mehr durch spektakuläre Lichtführung fasziniert, ohne nach außen hin zu protzen. Seine Fondation Miró in Palma de Mallorca wiederum steht in unmittelbarer Nachbarschaft von Mirós ehemaligem Atelier, einem Werk Josep Lluís Serts. In beiden Fällen erzeugt die von Respekt und theoretischem Wissen gekennzeichnete Annäherung ein neues Spannungsfeld, das die Altbauten in neues Licht setzt. Rafael Moneo weiß um die Schnelllebigkeit der Zeit und schafft moderne Bauwerke, die mit Stolz und Würde altern können. Dies vermittelt der pasionierte 62- jährige Professor auch an seine Schüler, die Lehre stellt einen wichtigen Teil seiner Arbeit dar.

Die zahlreichen internationalen Symposien, Vorträge und Workshops werden vornehmlich von Studenten und Kollegen gestürmt, dennoch - Moneo möchte nicht nur Connaisseure ansprechen.

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